Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

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32 3 Ikonische Repräsentationen schen Bildern ist es möglich, abstrakte Strukturen, Relationen, Mengen, Abläufe und Konzepte zu visualisieren, ohne auf äußere Begleitfaktoren, die Oberflächenstruktur, einzugehen. Sie sind Zeichensysteme, die durch Konvention ihre Bedeutung erlangt haben. Dabei wird zwischen der Visualisierung qualitativer und quantitativer Zusammenhänge unterschieden (Schnotz, 1994, S. 97 ff.). Qualitative Zusammenhänge werden dargestellt durch Venn-Diagramme (Flächen für Objektmengen) und durch Graphen, die aus Knoten und Kanten bestehen (Knoten durch Ellipsen, Rechtecke oder andere geometrische Formen dargestellt; ungerichtete Kanten durch Linien, gerichtete Kanten durch Pfeile dargestellt). Sie werden bei der graphischen Modellbildung genutzt. Für quantitative Zusammenhänge werden im physikalisch-wissenschaftlichen Bereich vor allem Liniendiagramme genutzt. Zu nennen sind aber auch Histogramme, Balken-, Säulen-, Kreis-, Streu- und Isotyp- Diagramme. Aber auch die unten erläuterten dynamisch ikonischen Repräsentationen (siehe Kapitel 3.2), bei denen physikalische Größen durch Pfeile, Flächen oder Positionen dargestellt werden, sind logische Bilder. Bilder erfüllen verschiedene Funktionen, wobei man in der Literatur viele Funktionen von Bildern findet (siehe z.B. Issing, 1983, S. 14). Klassischen Funktionen von Bildern sind nach LEVIN (1981, S. 211 - 217) die dekorative Funktion, die Motivations-, Wiederholungs-, Repräsentations-, Organisations-, Interpretations- und Transformationsfunktion. Bezüglich Wissensvermittlung nennt GIR- WIDZ die Zeigefunktion, Fokusfunktion, Konstruktionsfunktion, Situierungsfunktion, physikspezifische Visualisierungen und die Motivationsfunktion (Kircher, Girwidz et al., 2000, S. 226 ff.). Eine andere Liste gibt WEIDENMANN (1991, S. 34 - 39). Die Zeigefunktion meint die Vermittlung angemessener bildhafter Vorstellungen von Gegenständen und Abläufen. Unter Fokusfunktion versteht man die Darstellung von Details und das Hinweisen auf Teilbereiche, wenn bereits Vorkenntnisse vorhanden sind. Mit der Konstruktionsfunktion konstruiert ein Bild beim Lernenden neues Wissen, indem es hilft, bekannte Sachverhalte oder mentale Modelle aus bereits bekannten zusammenzusetzen. Physikspezifische Visualisierungen bieten optische Vorstellungshilfen (Beispiele: Vektoren für physikalische Größen, Feldlinienbilder, Elektronendichteverteilungen). Diese können direkt an experimentelle Messwerte anknüpfen, können bildhafte Analogien sein oder räumliche oder mehrdimensionale Zusammenhänge aufzeigen. Bekommt ein Lernender zu einem Thema, zu dem er kein Vorwissen hat, ein mentales Modell in Bildform bereitgestellt, übt das Bild eine Ersatzfunktion aus, wobei solche Bilder durch viele Informationen häufig eine Überforderung darstellen. Wird durch die Bildwahrnehmung kein neues Wissen erworben, aber die bereits vorhandene Wissensstruktur aktiviert, spricht man von der Aktivierungsfunktion. Je nach Ausprägung der Wissensstrukturen erfüllt ein und dasselbe Bild unterschiedliche Funktionen bei den Lernenden. Die Gestaltung eines Bildes sollte sich nach der Funktion richten, die es beim Betrachter erfüllen soll und nach dessen Vorwissen. Bilder sind auch Ergänzung von und Hilfe zum Verständnis von Texten (Weidenmann, 1991, S. 39 – S. 43) und können so eine multiple Codierung unterstützen. Dabei fungiert die Abbild- oder dar- stellende Funktion zur Konkretisierung der Textinformation, zur Ergänzung und Veranschaulichung des Materials. Die interpretierende Funktion hilft bei der Erklärung und dem Verständnis von schwierigen Textinhalten, durch Aktivieren von Vorwissen. Unter der Verwandlungsfunktion oder

3 Ikonische Repräsentationen 33 auch transformierenden Funktion versteht man originelle bildliche Neuschöpfungen, die als Eselsbrücken das Behalten von Begriffen oder Aussagen durch eine konkretere und leichter erinnerbare Form erleichtern sollen (auch gedächtnisstützende Funktion). Werden komplexe Sachverhalte oder Situationsbeschreibungen statt verbal nur durch ein Bild dargestellt, hat man eine Ersatzfunktion für komplexe Beschreibungen. Wird der Inhalt des Textes visuell widergespiegelt, handelt es sich um eine Repräsentationsfunktion. Bei Bildanleitungen sind dagegen die Bilder die primäre Informationsquelle und der Text organisiert die Bilder. Eine dekorative Funktion liegt vor, wenn nur Interesse für den Text geweckt werden soll. Aus den unterschiedlichen Funktionen von Bildern in Zusammenhang mit Texten sieht man, dass die Beziehung zwischen Bilder und Texten sehr unterschiedlich sein kann. Die Informationen in Text und Bild können redundant sein (Kongruenz), sie können sich wechselseitig ergänzen (Komplementarität) oder aus der Text-Bild-Information können durch das Vorwissen Schlüsse über das Dargestellte hinaus gezogen werden (Elaboration). Nicht nur beim Verarbeiten eines Textes spielt die Organisationsfunktion von Bildern und die Strukturierung kognitiver Inhalte durch Bilder eine Rolle. Bilder mit dieser Funktion verbessern z.B. Struktur und Zusammenhang von Textinhalten oder heben einen solchen hervor. Allgemein lenken Bilder die Aufmerksamkeit und strukturieren die Informationsaufnahme, wodurch sie die Effektivität des Arbeitsgedächtnisses verbessern. Als konkrete Ausführungsformen sind zu nennen (Girwidz, 2001, S. 7): • Concept maps (Begriffslandkarten), die Inhalte und Konzepte mit ihrem Beziehungsgefüge räumlich-bildhaft angeordnet zeigen, • Advanced Organizer, die der Vorstrukturierung dienen und die Gliederung neuer Inhalte aufzeigen, oder • clickable charts bei Computeranwendungen, die strukturierte, bildhafte Übersichten anbieten und beim Anwählen von Bildabschnitten entsprechende Erweiterungen anzeigen. Schließlich können Bilder auch zu einer intensiven Beschäftigung mit Lerninhalten motivieren. Sie können Interesse wecken und Gefühle ansprechen. LEVIN ET AL. (1987) verglichen in einer Metaanalyse die Bildfunktionen hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Reproduzierbarkeit eines Textes (jeweils Kontrollgruppe nur Text, Experimentalgruppe Text und Bild). Dabei zeigten sich keine positiven Lerneffekte bei rein dekorativen Funktionen. Positive Effekte gab es bei repräsentierenden, organisierenden und interpretierenden Bildfunktionen. Texte mit Bildern mit transformierender Funktion (Eselsbrücken) ergaben die größte Effektstärke und damit die höchste Wirkung auf das Erinnern des dazugehörenden Textes. Die meisten bisherigen Untersuchungen im Zusammenhang von Lernen mit Bildern konzentrieren sich auf das Verstehen von Texten und die gedächtnisstützende Funktion von Bildern. Weniger untersucht ist, wie Bilder zum Verständnis eines Sachverhaltes beitragen, wie es in dieser Arbeit intendiert ist. Bilder können eine höhere Informationsdichte als Texte erreichen und durch zuviel Information zu einer kognitiven Überlastung führen. Deshalb seien einige Aspekte zur Wahrnehmung von Bildern, zur Bildinterpretation und zur kognitiven Verarbeitung genannt (eine Übersicht gibt GIRWIDZ, 2001, S. 20 - 27). Die Aufnahme von Bildern kann prä-attentiv (Winn, 1993, S. 58 – 65; Weidenmann, 1994, S. 28 - 32), d.h. unbewusst ohne Belastung kognitiver Ressourcen und ohne die Möglichkeit einer kogniti-

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auch transformierenden Funktion versteht man originelle bildliche Neuschöpfungen, die als Eselsbrücken<br />

das Behalten von Begriffen oder Aussagen durch eine konkretere <strong>und</strong> leichter erinnerbare<br />

Form erleichtern sollen (auch gedächtnisstützende Funktion). Werden komplexe Sachverhalte oder<br />

Situationsbeschreibungen statt verbal nur durch ein Bild dargestellt, hat man eine Ersatzfunktion für<br />

komplexe Beschreibungen. Wird der Inhalt des Textes visuell widergespiegelt, handelt es sich um<br />

eine Repräsentationsfunktion. Bei Bildanleitungen sind dagegen die Bilder die primäre Informationsquelle<br />

<strong>und</strong> der Text organisiert die Bilder. Eine dekorative Funktion liegt vor, wenn nur Interesse<br />

für den Text geweckt werden soll. Aus den unterschiedlichen Funktionen von Bildern in Zusammenhang<br />

mit Texten sieht man, dass die Beziehung zwischen Bilder <strong>und</strong> Texten sehr unterschiedlich<br />

sein kann. Die Informationen in Text <strong>und</strong> Bild können red<strong>und</strong>ant sein (Kongruenz), sie<br />

können sich wechselseitig ergänzen (Komplementarität) oder aus der Text-Bild-Information können<br />

durch das Vorwissen Schlüsse über das Dargestellte hinaus gezogen werden (Elaboration).<br />

Nicht nur beim Verarbeiten <strong>eines</strong> Textes spielt die Organisationsfunktion von Bildern <strong>und</strong> die<br />

Strukturierung kognitiver Inhalte durch Bilder eine Rolle. Bilder mit dieser Funktion verbessern<br />

z.B. Struktur <strong>und</strong> Zusammenhang von Textinhalten oder heben einen solchen hervor. Allgemein<br />

lenken Bilder die Aufmerksamkeit <strong>und</strong> strukturieren die Informationsaufnahme, wodurch sie die<br />

Effektivität des Arbeitsgedächtnisses verbessern. Als konkrete Ausführungsformen sind zu nennen<br />

(Girwidz, 2001, S. 7): • Concept maps (Begriffslandkarten), die Inhalte <strong>und</strong> Konzepte mit ihrem<br />

Beziehungsgefüge räumlich-bildhaft angeordnet zeigen, • Advanced Organizer, die der Vorstrukturierung<br />

dienen <strong>und</strong> die Gliederung neuer Inhalte aufzeigen, oder • clickable charts bei Computeranwendungen,<br />

die strukturierte, bildhafte Übersichten anbieten <strong>und</strong> beim Anwählen von Bildabschnitten<br />

entsprechende Erweiterungen anzeigen.<br />

Schließlich können Bilder auch zu einer intensiven Beschäftigung mit Lerninhalten motivieren. Sie<br />

können Interesse wecken <strong>und</strong> Gefühle ansprechen.<br />

LEVIN ET AL. (1987) verglichen in einer Metaanalyse die Bildfunktionen hinsichtlich ihrer Bedeutung<br />

für die Reproduzierbarkeit <strong>eines</strong> Textes (jeweils Kontrollgruppe nur Text, Experimentalgruppe<br />

Text <strong>und</strong> Bild). Dabei zeigten sich keine positiven Lerneffekte bei rein dekorativen Funktionen.<br />

Positive Effekte gab es bei repräsentierenden, organisierenden <strong>und</strong> interpretierenden Bildfunktionen.<br />

Texte mit Bildern mit transformierender Funktion (Eselsbrücken) ergaben die größte Effektstärke<br />

<strong>und</strong> damit die höchste Wirkung auf das Erinnern des dazugehörenden Textes.<br />

Die meisten bisherigen Untersuchungen im Zusammenhang von Lernen mit Bildern konzentrieren<br />

sich auf das Verstehen von Texten <strong>und</strong> die gedächtnisstützende Funktion von Bildern. Weniger untersucht<br />

ist, wie Bilder zum Verständnis <strong>eines</strong> Sachverhaltes beitragen, wie es in dieser Arbeit intendiert<br />

ist.<br />

Bilder können eine höhere Informationsdichte als Texte erreichen <strong>und</strong> durch zuviel Information zu<br />

einer kognitiven Überlastung führen. Deshalb seien einige Aspekte <strong>zur</strong> Wahrnehmung von Bildern,<br />

<strong>zur</strong> Bildinterpretation <strong>und</strong> <strong>zur</strong> kognitiven Verarbeitung genannt (eine Übersicht gibt GIRWIDZ, 2001,<br />

S. 20 - 27).<br />

Die Aufnahme von Bildern kann prä-attentiv (Winn, 1993, S. 58 – 65; Weidenmann, 1994, S. 28 -<br />

32), d.h. unbewusst ohne Belastung kognitiver Ressourcen <strong>und</strong> ohne die Möglichkeit einer kogniti-

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