Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...
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18 2 Schülervorstellungen zur Kinematik und Dynamik Unterschied zwischen diesen Begriffen. Er lernt im Unterricht häufig nur, in Standardaufgaben an der richtigen Stelle das richtige Wort bzw. die richtige Formel zu verwenden, ohne den Clusterbegriff in klar getrennte physikalische Begriffe zu differenzieren. Demnach geht es nun darum, die physikalisch wichtigsten Facetten des Clusterbegriffs „Kraft“ in den Schülervorstellungen zu erläutern. Insgesamt lässt sich die Bedeutung, in der das Wort „Kraft“ meist gebraucht wird, vielleicht am besten mit „Wirkungsfähigkeit“ beschreiben, was eher dem physikalischen Energiebegriff nahe kommt (Schecker, 1985, S. 270, oder Duit, 1976, S. 10). Wir verwenden auch als Physiker das Wort „Kraft“ im Alltag meistens im Zusammenhang mit „Kraft haben“ und in der Bedeutung „die Fähigkeit haben, etwas zu tun“. „Kraft“ wird also mit den Voraussetzungen zur Ausübung einer Tätigkeit bzw. mit den Voraussetzungen zur Wechselwirkung, nicht aber mit der unmittelbaren Wechselwirkung selbst in Verbindung gebracht (Weber, 1985, S. 283). 2.2.4.2 Schülervorstellungen vom Begriff „Kraft“ Eine Gliederung der Schülervorstellungen gestaltet sich recht schwierig, da verschiedene Vorstellungen eng vernetzt sind und - wie gezeigt - die Bedeutung des Begriffs nicht scharf abgegrenzt ist. Die hier getroffene Gliederung orientiert sich vor allem an SCHECKER (1985, S. 270 – 320) und JUNG (1980a, S. 110 – 115). Da sich die beschriebenen Vorstellungen in den Arbeiten sehr vieler Autoren finden, wird auf weitere Quellenangaben weitgehend verzichtet. Sich bewegende Körper haben Kraft: Häufig wurde und wird bei Schülern die Vorstellung gefunden, dass ein sich in Bewegung befindender Körper eine Kraft besitzt, die man auch Wucht, Schwung oder innere Kraft nennen könnte. Man spürt diese Kraft, wenn man z.B. von einem sich bewegenden Körper getroffen wird, wie einem Fußball oder einem Auto. „Man erkennt diese Kraft einmal in seiner Eigenbewegung (Durchsetzung gegen Bewegungswiderstände) und zum anderen in der Beeinflussung anderer Körper beim Stoß“ (Schecker, 1985, S. 286). Beim Stoß wird aber nur die Kraft sichtbar, die der Körper schon davor in sich hatte. Diese Kraft ist eine Eigenschaft des bewegten Körpers und abhängig von der Masse und der Geschwindigkeit des Körpers. Er hat die Kraft beim In-Bewegung-Setzen erhalten und kann sie bei Gelegenheit abgeben. HERICKS spricht hier von der Kraft (bzw. Energie) in der Bewegung (Hericks, 1993, S. 131). Man könnte diesen Kraftbegriff annähernd mit dem physikalischen Begriff „Energie“ oder auch „Impuls“ beschreiben. Diese Kraft ist nach Schülervorstellungen proportional zur Gesamtwirkung bei einem Stoß, die z.B. an der Verformung eines Körpers zu sehen ist. Dabei spielt die Zeit der Einwirkung keine Rolle, sondern nur das Ergebnis. So hängt die Größe der Kraft z.B. auch von der erreichten Endgeschwindigkeit eines Beschleunigungsvorgangs ab, aber nicht vom Beschleunigungsvorgang selbst. Diese Kraft kann beim Stoß auch von einem Körper auf einen anderen übertragen werden („Kraftübertragung“). Man kann also sagen, dass hier eine Vermischung mit den Begriffen „Energie“ oder „Impuls“ vorliegt und Erfahrungen mit Kraftstößen eine Rolle spielen.
2 Schülervorstellungen zur Kinematik und Dynamik 19 Für eine konstante Geschwindigkeit ist eine konstante Antriebskraft nötig: Ebenso weit verbreitet ist die Vorstellung, dass für eine Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit der Einfluss einer von außen wirkenden, konstanten Kraft in Bewegungsrichtung nötig ist, die man mit Triebkraft, Bewegungskraft oder Antriebskraft bezeichnen könnte. HERICKS spricht hier von der Kraft (bzw. Energie) zum Bewegen (Hericks, 1993, S. 131). Diese wirkende Kraft ist proportional zu der Geschwindigkeit des Körpers und eine Zu- oder Abnahme der Geschwindigkeit kommt von einer Zu- oder Abnahme der Kraft. Ist jedoch kein externer Beweger vorhanden, bewegt der Körper sich zwar noch weiter durch die innere Kraft, die er von der vorher wirkenden äußeren Kraft gespeichert hat, wird aber immer langsamer und kommt zum Stillstand, weil er die gespeicherte Antriebskraft verbraucht. Diese Vorstellung hängt sehr eng mit der erstgenannten Vorstellung „Sich bewegende Körper haben Kraft“ zusammen. Ohne Antriebskräfte befindet sich ein Körper also in Ruhe oder kommt zur Ruhe. Diese Vorstellungen entsprechen unseren Erfahrungen in einer Welt, in der es stets Reibung gibt, und ohne Antrieb jede Bewegung zur Ruhe kommt. Wirken mehrere Kräfte auf einen Körper gleichzeitig ein, bewegt er sich je nach Vorstellung in Richtung der resultierenden oder in Richtung der stärksten Kraft. Aktive Körper üben Kräfte aus, passive Körper leisten Widerstand: Allgemein findet man bei Schülern die Tendenz, die Körper, die bei einem Vorgang beteiligt sind, in aktive und passive Körper einzuteilen. Nur den aktiven Körpern wird die Fähigkeit zugesprochen, eine Kraft auszuüben, während ein passiver Körper keine Kraft ausüben kann, sondern lediglich aktive Kräfte oder Bewegungen hemmen kann. In einer engeren Vorstellung zählen nur belebte Körper als aktive, in einer weiteren Vorstellung auch solche, die sich in Bewegung befinden oder sich wie eine Feder in einem Spannungszustand befinden. Schließlich gehören auch magnetische Körper oder eventuell bei Fallvorgängen schwere Körper durch ihre Gewichtseigenschaft dazu. Passive Körper sind dagegen solche, die sich nicht bewegen und sich in entspannten, stabilen Lagen befinden. BAO ET AL. (2002) untersuchten bei Problemlöseaufgaben zum dritten newtonschen Gesetz, von welchen Merkmalen die Antworten von Studenten nach entsprechendem Unterricht abhängen: Zu einem großen Teil werden falsche Antworten gegeben gemäß den stabilen Vorstellungen „Der schwere Körper übt eine größere Kraft aus.“ und „Der schnellere Körper übt eine größere Kraft aus.“ Ebenfalls noch häufig, aber abhängig vom erhaltenen Unterricht zeigt sich die Vorstellung „Der Aktive übt die größere Kraft aus.“, wobei hier aber auch die Erfahrung eine Rolle spielen kann, dass der Stoßende ebenso gestoßen wird. OPITZ zeigt an dem Beispiel zweier unterschiedlich schwerer schwimmender Magnete, dass die Mehrheit (69 %) der Studienanfänger naturwissenschaftlicher und technischer Fachrichtungen (N = 81) die Bewegung, d.h. die Geschwindigkeit, richtig voraussagen können (schwerer Magnet ist langsamer). Dennoch geben 43 % dieser Studenten, die die richtigen Geschwindigkeiten angeben, falsche Kräfte im Sinne von „leichterer Magnet erfährt geringere Kraft“ an (Opitz, 1997, S. 209). Das bedeutet, dass diese Schüler so antworten, als wäre nach der Beschleunigung der Körper statt nach der auf ihnen einwirkenden Kräfte gefragt. Insgesamt geben nur 31 % aller Studenten richtige Kräfte an.
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2 Schülervorstellungen <strong>zur</strong> <strong>Kinematik</strong> <strong>und</strong> <strong>Dynamik</strong> 19<br />
Für eine konstante Geschwindigkeit ist eine konstante Antriebskraft nötig:<br />
Ebenso weit verbreitet ist die Vorstellung, dass für eine Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit<br />
der Einfluss einer von außen wirkenden, konstanten Kraft in Bewegungsrichtung nötig ist, die man<br />
mit Triebkraft, Bewegungskraft oder Antriebskraft bezeichnen könnte. HERICKS spricht hier von der<br />
Kraft (bzw. Energie) zum Bewegen (Hericks, 1993, S. 131). Diese wirkende Kraft ist proportional<br />
zu der Geschwindigkeit des Körpers <strong>und</strong> eine Zu- oder Abnahme der Geschwindigkeit kommt von<br />
einer Zu- oder Abnahme der Kraft. Ist jedoch kein externer Beweger vorhanden, bewegt der Körper<br />
sich zwar noch weiter durch die innere Kraft, die er von der vorher wirkenden äußeren Kraft gespeichert<br />
hat, wird aber immer langsamer <strong>und</strong> kommt zum Stillstand, weil er die gespeicherte Antriebskraft<br />
verbraucht. Diese Vorstellung hängt sehr eng mit der erstgenannten Vorstellung „Sich bewegende<br />
Körper haben Kraft“ zusammen. Ohne Antriebskräfte befindet sich ein Körper also in Ruhe<br />
oder kommt <strong>zur</strong> Ruhe. Diese Vorstellungen entsprechen unseren Erfahrungen in einer Welt, in der<br />
es stets Reibung gibt, <strong>und</strong> ohne Antrieb jede Bewegung <strong>zur</strong> Ruhe kommt. Wirken mehrere Kräfte<br />
auf einen Körper gleichzeitig ein, bewegt er sich je nach Vorstellung in Richtung der resultierenden<br />
oder in Richtung der stärksten Kraft.<br />
Aktive Körper üben Kräfte aus, passive Körper leisten Widerstand:<br />
Allgemein findet man bei Schülern die Tendenz, die Körper, die bei einem Vorgang beteiligt sind,<br />
in aktive <strong>und</strong> passive Körper einzuteilen. Nur den aktiven Körpern wird die Fähigkeit zugesprochen,<br />
eine Kraft auszuüben, während ein passiver Körper keine Kraft ausüben kann, sondern lediglich<br />
aktive Kräfte oder Bewegungen hemmen kann. In einer engeren Vorstellung zählen nur belebte<br />
Körper als aktive, in einer weiteren Vorstellung auch solche, die sich in Bewegung befinden oder<br />
sich wie eine Feder in einem Spannungszustand befinden. Schließlich gehören auch magnetische<br />
Körper oder eventuell bei Fallvorgängen schwere Körper durch ihre Gewichtseigenschaft dazu.<br />
Passive Körper sind dagegen solche, die sich nicht bewegen <strong>und</strong> sich in entspannten, stabilen Lagen<br />
befinden.<br />
BAO ET AL. (2002) untersuchten bei Problemlöseaufgaben zum dritten newtonschen Gesetz, von<br />
welchen Merkmalen die Antworten von Studenten nach entsprechendem Unterricht abhängen: Zu<br />
einem großen Teil werden falsche Antworten gegeben gemäß den stabilen Vorstellungen „Der<br />
schwere Körper übt eine größere Kraft aus.“ <strong>und</strong> „Der schnellere Körper übt eine größere Kraft<br />
aus.“ Ebenfalls noch häufig, aber abhängig vom erhaltenen Unterricht zeigt sich die Vorstellung<br />
„Der Aktive übt die größere Kraft aus.“, wobei hier aber auch die Erfahrung eine Rolle spielen<br />
kann, dass der Stoßende ebenso gestoßen wird.<br />
OPITZ zeigt an dem Beispiel zweier unterschiedlich schwerer schwimmender Magnete, dass die<br />
Mehrheit (69 %) der Studienanfänger naturwissenschaftlicher <strong>und</strong> technischer Fachrichtungen (N =<br />
81) die Bewegung, d.h. die Geschwindigkeit, richtig voraussagen können (schwerer Magnet ist<br />
langsamer). Dennoch geben 43 % dieser Studenten, die die richtigen Geschwindigkeiten angeben,<br />
falsche Kräfte im Sinne von „leichterer Magnet erfährt geringere Kraft“ an (Opitz, 1997, S. 209).<br />
Das bedeutet, dass diese Schüler so antworten, als wäre nach der Beschleunigung der Körper statt<br />
nach der auf ihnen einwirkenden Kräfte gefragt. Insgesamt geben nur 31 % aller Studenten richtige<br />
Kräfte an.