Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

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27.02.2013 Aufrufe

256 8 Zusammenfassung Reibung und Luftwiderstand die Geschwindigkeit beeinflussen, wurden sie nachher mehr als spezielle Kräfte gesehen. So lässt sich zusammenfassend sagen, dass durch die graphische Modellbildung strukturelles Verständnis gefördert wurde. 8.4 Erfahrungen der Lehrer mit dem Gesamtunterrichtskonzept Nach diesen Ideen wurde ein Gesamt-Unterrichtskonzept entwickelt (Kapitel 5) und insgesamt 13 Lehrer in 17 Klassen haben danach unterrichtet, für die eine vorbereitende und begleitende Fortbildung angeboten wurde (Kapitel 6.1). Die teilnehmenden Lehrer zeigten, dass das Kinematik- Konzept in der vorgeschlagenen Zeit von 14 Unterrichtsstunden für ein- und zweidimensionale Kinematik durchführbar ist (Kapitel 6.3.1). Die Lehrer lobten das Konzept als inhaltlich geschlossen mit erkennbarem roten Faden. Das Herausarbeiten des zentralen Beschleunigungsbegriffes in Abgrenzung zur Geschwindigkeit gelinge hier deutlich besser als beim traditionellen Vorgehen. Im Gegensatz zur Einführung in die Kinematik über eindimensionale Bewegungen seien Ort und Weglänge klar unterscheidbar, ebenso Geschwindigkeit und Geschwindigkeitsbetrag. Fast alle Lehrer waren überzeugt, dass die Schüler bei diesem Vorgehen die Begriffe Geschwindigkeit und insbesondere Beschleunigung besser als nach traditionellem Vorgehen verstanden hätten. Es schien so, als ob aus Sicht der Lehrer die Einführung der kinematischen Größen anhand zweidimensionaler Bewegungen der wesentliche Unterschied zwischen diesem Unterrichtskonzept und dem traditionellen Vorgehen sei, d.h. der gravierendste, aber auch überzeugendste Unterschied. � � Die Lehrer fanden gut, dass beim Grundgesetz der Mechanik in der Form a = ΣF / m nun die Summe aller angreifenden Kräfte betont wird, da dies realitätsnäher sei und in Wirklichkeit immer mehrere Kräfte angreifen (Kapitel 6.3.2). Insgesamt meinten die Lehrer, dass die Schüler bei diesem Unterrichtskonzept den Begriff „Kraft“ und insbesondere den Zusammenhang mit der Beschleunigung besser als nach einem traditionellen Vorgehen verstanden hätten. Sie waren der Meinung, dass die Visualisierungsmöglichkeiten, insbesondere die Darstellung der Größen und ihrer Änderungen durch Vektoren, also die dynamisch ikonischen Repräsentationen sich positiv auf das Lernen ausgewirkt hätten. Es bestand die Möglichkeit, Videos der Versuche zu zeigen und die Messung in PAKMA als Reproduktion in Echtzeit ablaufen zu lassen, was von den meisten Lehrern bei den wirklich komplexen Versuchen mit guten Erfahrungen genutzt wurde. Dies ist wohl die einzige Möglichkeit, solche neuen, komplexen Versuche, die bisher nicht gemacht werden, effizient und motivierend im Unterricht einzusetzen. Die Videos dienen der Anschauung und verdeutlichen jeweils Versuchsaufbau und -ablauf. Alle Lehrer, die die graphische Modellbildung einsetzten, waren davon begeistert (Kapitel 6.3.3). Zwei Referendarinnen nutzten die positiven Erfahrungen für eine Schriftliche Hausarbeit zum Zweiten Staatsexamen und zeigten damit, dass der vorgeschlagene Ansatz ein motivierender und erweiterbarer Ansatz ist. Des Weiteren zeigte sich, dass es möglich ist, in Prüfungsaufgaben Wirkungsgefüge erstellen zu lassen. Das Unterrichtskonzept wurde also von den Lehrern gut angenommen, die auch in Zukunft wieder entsprechend unterrichten werden. Die Kombination aus Materialien-CD und Präsenzveranstaltungen kann damit auch als gelungene Lehrerfortbildung aufgefasst werden.

8 Zusammenfassung 257 Die Ideen und Materialien dieses Unterrichtskonzeptes, die ursprünglich im Hinblick auf den Physikunterricht in bayerischen Gymnasialklassen entwickelt wurden, wurden auch in anderem Zusammenhang unter anderen Bedingungen eingesetzt und es wurden dabei einige Erfahrungen gesammelt (Kapitel 7). Auf besonderes Interesse stieß dabei die Einführung der kinematischen Größen anhand allgemeiner zweidimensionaler Bewegungen, die stets sehr positiv eingeschätzt wurde und die mit unterschiedlicher Software realisiert werden kann (JPAKMA: Kapitel 7.1; Coach 5: Kapitel 7.3). Viele Ideen (zweidimensionale Kinematik, Modellbildung) wurden sowohl im eher lehrerzentrierten Unterricht als auch in einem stark schülerorientierten Unterricht (Kapitel 7.3.1) eingesetzt. 8.5 Empirischer Vergleich der Treatmentgruppe mit Vergleichsgruppen In der Treatmentgruppe, die nach dem gesamten Konzept unterrichtet wurde, wurden verschiedene paper-pencil-Tests gestellt, wobei zu akzeptieren war, dass nicht alle Klassen an allen Tests teilnahmen, denn es ist für Lehrer aufgrund der Stofffülle schwer möglich, viele zusätzliche Tests in den Unterricht einzubeziehen. Die Testergebnisse wurden mit Ergebnissen aus herkömmlich unterrichteten Klassen verglichen. In der Treatmentgruppe wurde viel Wert auf das Verständnis der kinematischen Größen gelegt und ausführlich zweidimensionale Bewegungen behandelt, während im herkömmlichen Unterricht intensiv eindimensionale Bewegungen mit Grapheninterpretation behandelt und geübt werden. Bei Aufgaben, in denen zu einer beschriebenen Bewegung der passende Zeit-Geschwindigkeits-Graph oder Zeit-Beschleunigungs-Graph zu wählen ist, ist aber kein signifikanter Unterschied nachweisbar (NTreat = 211, NKontr = 188) (Kapitel 6.4.2.4). Dass in diesem Konzept eindimensionale Bewegungen weniger als im herkömmlichen Unterricht behandelt wurden und stattdessen das Verständnis für die Größen an zweidimensionalen Bewegungen geschult wurde, wirkt sich also nicht auf das Lösen dieser Aufgaben zu eindimensionalen Bewegungen aus. Anders sieht es aus, wenn nicht nach Graphen, sondern nach der Richtung der Beschleunigung gefragt wird. Beim senkrechten Münzwurf (mit Richtungsumkehr) wurde nach der Richtung der Beschleunigung in Form von Vorzeichen bei gegebenem Koordinatensystem und in Form von Pfeilen � gefragt, so dass sich die Schüler zwischen einer „Schneller/langsamer-Vorstellung“ a = ∆ v / ∆t � � (Beschleunigung als Änderung der Schnelligkeit) und einer Richtungsvorstellung a = ∆v / ∆t entscheiden mussten. Hier waren die Schüler der Treatmentgruppe hoch signifikant besser (NTreat = 151, NKontr = 188) (Kapitel 6.4.3.2): Beim Vorzeichen gaben 39 % eine richtige Antwortkombination gegenüber 7 % in der Kontrollgruppe. Bei den Pfeilen gaben 42 % eine richtige Antwortkombination gegenüber 9 % in der Kontrollgruppe. Pfeile, die der Geschwindigkeit entsprechen, wurden nur von 27 % gegenüber 62 % in der Kontrollgruppe angegeben. Eine angemessenere Richtungsvorstellung zeigte sich bei der Treatmentgruppe auch bei Testaufgaben zur Beschleunigung bei einer zweidimensionalen Bewegung. Die Schüler sollten dabei nur die Beschleunigungsrichtung als Pfeil angeben, wobei die Veränderung der Schnelligkeit mit Worten angegeben war. Bei geradlinigen Bewegungen konnte kein großer Unterschied zwischen der Treat-

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Reibung <strong>und</strong> Luftwiderstand die Geschwindigkeit beeinflussen, wurden sie nachher mehr als spezielle<br />

Kräfte gesehen. So lässt sich zusammenfassend sagen, dass durch die graphische Modellbildung<br />

strukturelles Verständnis gefördert wurde.<br />

8.4 Erfahrungen der Lehrer mit dem Gesamtunterrichtskonzept<br />

Nach diesen Ideen wurde ein Gesamt-Unterrichtskonzept entwickelt (Kapitel 5) <strong>und</strong> insgesamt 13<br />

Lehrer in 17 Klassen haben danach unterrichtet, für die eine vorbereitende <strong>und</strong> begleitende Fortbildung<br />

angeboten wurde (Kapitel 6.1). Die teilnehmenden Lehrer zeigten, dass das <strong>Kinematik</strong>-<br />

Konzept in der vorgeschlagenen Zeit von 14 Unterrichtsst<strong>und</strong>en für ein- <strong>und</strong> zweidimensionale <strong>Kinematik</strong><br />

durchführbar ist (Kapitel 6.3.1). Die Lehrer lobten das Konzept als inhaltlich geschlossen<br />

mit erkennbarem roten Faden. Das Herausarbeiten des zentralen Beschleunigungsbegriffes in Abgrenzung<br />

<strong>zur</strong> Geschwindigkeit gelinge hier deutlich besser als beim traditionellen Vorgehen. Im<br />

Gegensatz <strong>zur</strong> Einführung in die <strong>Kinematik</strong> über eindimensionale Bewegungen seien Ort <strong>und</strong> Weglänge<br />

klar unterscheidbar, ebenso Geschwindigkeit <strong>und</strong> Geschwindigkeitsbetrag. Fast alle Lehrer<br />

waren überzeugt, dass die Schüler bei diesem Vorgehen die Begriffe Geschwindigkeit <strong>und</strong> insbesondere<br />

Beschleunigung besser als nach traditionellem Vorgehen verstanden hätten. Es schien so,<br />

als ob aus Sicht der Lehrer die Einführung der kinematischen Größen anhand zweidimensionaler<br />

Bewegungen der wesentliche Unterschied zwischen diesem Unterrichtskonzept <strong>und</strong> dem traditionellen<br />

Vorgehen sei, d.h. der gravierendste, aber auch überzeugendste Unterschied.<br />

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Die Lehrer fanden gut, dass beim Gr<strong>und</strong>gesetz der Mechanik in der Form a = ΣF<br />

/ m nun die<br />

Summe aller angreifenden Kräfte betont wird, da dies realitätsnäher sei <strong>und</strong> in Wirklichkeit immer<br />

mehrere Kräfte angreifen (Kapitel 6.3.2). Insgesamt meinten die Lehrer, dass die Schüler bei diesem<br />

Unterrichtskonzept den Begriff „Kraft“ <strong>und</strong> insbesondere den Zusammenhang mit der Beschleunigung<br />

besser als nach einem traditionellen Vorgehen verstanden hätten. Sie waren der Meinung,<br />

dass die Visualisierungsmöglichkeiten, insbesondere die Darstellung der Größen <strong>und</strong> ihrer<br />

Änderungen durch Vektoren, also die dynamisch ikonischen Repräsentationen sich positiv auf das<br />

Lernen ausgewirkt hätten. Es bestand die Möglichkeit, Videos der Versuche zu zeigen <strong>und</strong> die Messung<br />

in PAKMA als Reproduktion in Echtzeit ablaufen zu lassen, was von den meisten Lehrern bei<br />

den wirklich komplexen Versuchen mit guten Erfahrungen genutzt wurde. Dies ist wohl die einzige<br />

Möglichkeit, solche neuen, komplexen Versuche, die bisher nicht gemacht werden, effizient <strong>und</strong><br />

motivierend im Unterricht einzusetzen. Die Videos dienen der Anschauung <strong>und</strong> verdeutlichen jeweils<br />

Versuchsaufbau <strong>und</strong> -ablauf.<br />

Alle Lehrer, die die graphische Modellbildung einsetzten, waren davon begeistert (Kapitel 6.3.3).<br />

Zwei Referendarinnen nutzten die positiven Erfahrungen für eine Schriftliche Hausarbeit zum<br />

Zweiten Staatsexamen <strong>und</strong> zeigten damit, dass der vorgeschlagene Ansatz ein motivierender <strong>und</strong><br />

erweiterbarer Ansatz ist. Des Weiteren zeigte sich, dass es möglich ist, in Prüfungsaufgaben Wirkungsgefüge<br />

erstellen zu lassen.<br />

Das Unterrichtskonzept wurde also von den Lehrern gut angenommen, die auch in Zukunft wieder<br />

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