Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...
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216 6 <strong>Evaluation</strong> des Unterrichtskonzeptes<br />
6.6 Schülerstudien zu Vorstellungen über Physiklernen<br />
6.6.1 Epistemologische Tests <strong>und</strong> der MPEX-Test<br />
Ziel des entwickelten Unterrichtskonzeptes war, die Vorstellungen der Schüler über physikalische<br />
Begriffe wie „Geschwindigkeit“, „Beschleunigung“ oder „Kraft“ <strong>und</strong> deren Zusammenhänge zu<br />
verändern. Es war hingegen nicht die Aufgabe, die Vorstellungen über die Natur der Naturwissenschaften<br />
zu verändern bzw. die Vorstellungen, wie man Physik am Besten lernt. Das hätte den Rahmen<br />
dieser Arbeit gesprengt. Es wäre aber durchaus möglich, Aspekte der Wissenschaftstheorie<br />
explizit zu unterrichten oder auf eine immanente Weise im Unterricht zu integrieren (Priemer, 2003,<br />
S. 162). PRIEMER meint z.B., dass Schüler, die eigenständig Hypothesen aufstellen <strong>und</strong> diese unter<br />
Umständen falsifizieren müssen, weniger geneigt sind, Wissen als exakt <strong>und</strong> absolut zu bezeichnen.<br />
In dem hier evaluierten Unterricht sollten die Schüler sehr häufig Hypothesen über Versuchsabläufe<br />
aufstellen <strong>und</strong> waren dann häufig gezwungen, diese selbst zu falsifizieren (siehe Kapitel 5.4.4). So<br />
sollten bei ihnen aktive Lernprozesse angestoßen werden. Alltagsvorstellungen wurden nicht ignoriert,<br />
sondern als ein mögliches (aber weniger weit tragendes) Denkmodell dargestellt. Es wurde<br />
insbesondere versucht, die physikalischen Vorstellungen als ein zusammenhängendes Konzept darzustellen<br />
<strong>und</strong> weniger Einzelfakten zu betonen. Schließlich wurde versucht, die Relevanz der behandelten<br />
Themen für die Alltagswelt zu zeigen. Somit ist es denkbar, dass dieser Unterricht auch<br />
Vorstellungen über die Physik bzw. das Lernen der Physik anders beeinflusste als traditioneller Unterricht.<br />
Einen geschichtlichen Überblick über die Erforschung epistemologischer Überzeugungen geben<br />
URHAHNE <strong>und</strong> HOPF (2004, S. 72 – 74). Zu den Messverfahren gehören qualitative Interviews <strong>und</strong><br />
Fragebögen. Die paper-and-pencil-Tests sind besonders geeignet, wenn nicht die Vorstellungen in<br />
großer Tiefe erforscht werden sollen, sondern mehrere bekannte Dimensionen erhoben werden sollen.<br />
LEDERMAN ET AL. (1998, S. 332 – 343) geben einen Überblick über solche Tests, die zwischen<br />
1954 <strong>und</strong> 1995 verwendet wurden, <strong>und</strong> über ihre Schwierigkeiten. An neueren Tests seien hier<br />
beispielhaft genannt: „Views About Science Survey“ (VASS), „Epistemological Beliefs Assessment<br />
for Physical Science“ (EBAPS) <strong>und</strong> „Maryland Physics Expectations Survey“ (MPEX).<br />
Der Test „Views About Science Survey“ (VASS) (siehe CD im Anhang) wurde von HALLOUN entwickelt<br />
sowie auf Validität <strong>und</strong> Reliabilität überprüft <strong>und</strong> schließlich von PRIEMER ins Deutsche<br />
übersetzt (Priemer, 2003, S. 164). Es werden die Ansichten der Schüler <strong>zur</strong> Physik in den Dimensionen<br />
1. Struktur (zusammenhängendes Konstrukt von Wissen contra lose Sammlung von Fakten),<br />
2. Methoden (systematisch <strong>und</strong> personunabhängig, Mathematik als Werkzeug contra Mathematik<br />
als Quelle von Wissen) <strong>und</strong> 3. Gültigkeit (Wissen ist näherungsweise <strong>und</strong> vorübergehend gültig<br />
contra exakt <strong>und</strong> endgültig wahr) erfasst. Außerdem werden die Ansichten der Schüler zum Lernen<br />
der Physik in den Dimensionen 1. Lernbarkeit (Physik kann von jedem gelernt werden contra nur<br />
von besonders Talentierten), 2. reflektierendes Denken (auf Methoden stützen contra Fakten auswendig<br />
lernen, Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten contra vorgegebenen Ansatz<br />
verfolgen, Unstimmigkeiten im eigenen Wissen suchen contra Neues dazulernen, Neues auf eigene<br />
Art strukturieren contra auswendig lernen) <strong>und</strong> 3. persönliche Relevanz (Physik hat im Leben Rele-