Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...
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6 <strong>Evaluation</strong> <strong>eines</strong> Unterrichtskonzeptes 203<br />
gen befindet sich nun auf dem Schlitten ein Propeller, mit dem mit Hilfe der Fernsteuerung auf den<br />
Schlitten eine bestimmte Kraft unabhängig von der Schlittenbewegung ausgeübt werden kann. Doch<br />
auch hier trat bei einigen Schülern ein unnötiges Realisationsdenken auf, die sich z.B. fragten, in welche<br />
Richtung sich der Propeller drehen müsste. Weiter überlegten sie - vielleicht in Erinnerung an das<br />
3. newtonsche Gesetz (actio = reactio) -, dass der Propeller z.B. eine Kraft nach links ausüben müsste<br />
(wobei wohl eine Kraft auf die Luft gemeint ist), damit der Schlitten eine Kraft nach rechts erfährt.<br />
Insgesamt gibt es bei jedem Item neben Antworten, die der newtonschen <strong>und</strong> der aristotelischen Sichtweise<br />
entsprechen würden, auch Antworten mit jeweils der entgegengesetzten Richtung. Darauf entfallen<br />
jedoch jeweils nur 2 % bis 5 % der Antworten, wobei nicht gesagt werden kann, ob dies von dem<br />
beschriebenen Realisationsdenken kommt oder ob ein Verwechseln von rechts <strong>und</strong> links vorliegt. Im<br />
persönlichen Interview stellte sich letztlich noch heraus, dass es <strong>zur</strong> Idealisierung nicht genügt anzugeben,<br />
dass die Reibung vernachlässigt werden kann, wobei jede Reibung einschließlich Luftreibung<br />
gemeint ist. Da es eine interviewte Schülerin gewohnt war, dass es bei solchen Aufgaben sonst stets<br />
heißt, dass Reibung <strong>und</strong> Luftwiderstand vernachlässigbar sind, nahm sie an, dass der Luftwiderstand<br />
hier nicht vernachlässigt werden darf <strong>und</strong> argumentierte entsprechend. Deshalb wurde die Aufgabenstellung<br />
entsprechend ergänzt.<br />
WILHELM, 1994, BLASCHKE, 1997, WILHELM, 2002,<br />
188 Gymnasiasten, 433 Gymnasiasten, 373 Gymnasiasten,<br />
Textitems zum 10 Klassen<br />
21 Klassen,<br />
18 Klassen,<br />
Kraftverständnis nach trad. Unterricht nach trad. Unterricht vor 11. Klasse<br />
newtonsche aristotelische newtonsche newtonsche aristotelische<br />
Sichtweise Sichtweise Sichtweise Sichtweise Sichtweise<br />
rechts, v konstant 49 % 41 % 51 % 29 % 51 %<br />
rechts, schneller 38 % 55 % 29 % 13 % 74 %<br />
rechts, langsamer 20 % 58 % 22 % 9 % 63 %<br />
links, v konstant 35 % 54 % 33 % 16 % 68 %<br />
links, schneller 34 % 55 % 28 % 10 % 73 %<br />
links, langsamer 29 % 42 % 27 % 10 % 52 %<br />
bremsen mit konst.<br />
Beschl. nach rechts<br />
16 % 17 % 10 %<br />
Tab. 6.26: Auswahlhäufigkeiten bei der Schlittenaufgabe mit Textantworten vor <strong>und</strong> nach konventionellem Unterricht<br />
(Bewegungen beschrieben, passende Kraft auszuwählen, mögliche Antworten im Textformat)<br />
Quelle: Eigene Erhebung <strong>und</strong> BLASCHKE (1999) (Die Angaben wurden aus den Angaben für die einzelnen Klassen<br />
berechnet. Gemittelt wurde dabei über die Schüler, nicht wie bei BLASCHKE über die Klassenergebnisse.)<br />
In der Untersuchung von WILHELM nach einem traditionellem Unterricht gaben je nach Aufgabe nur<br />
zwischen 17 % <strong>und</strong> 49 % der Schüler (im Durchschnitt 32 %) eine newtonsche Antwort, während 41%<br />
bis 58 % (im Durchschnitt 51 %) eine aristotelische Antwort gaben, also eine Kraft in Bewegungsrichtung<br />
angaben, die sich entsprechend der Geschwindigkeit verändert („aristotelisch“ steht als<br />
Sammelbegriff für vornewtonsche Vorstellungen, insbesondere auch für Impetustheorien). Abgesehen<br />
von dem speziellen Item, das unten diskutiert wird, haben nur 7 % bis 30 % eine andere Antwort gegeben.<br />
Vergleicht man physikalisch äquivalente Items unterschiedlicher Bewegungsrichtung, stellt man<br />
fest, dass hier in der Regel die Items mit einer Bewegung nach rechts häufiger richtig beantwortet werden<br />
als die mit einer Bewegung nach links (siehe Tab. 6.26). Hier ist jedoch keine Richtung ausge-