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Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

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12 2 Schülervorstellungen <strong>zur</strong> <strong>Kinematik</strong> <strong>und</strong> <strong>Dynamik</strong><br />

Kritisch regredierte Konzeptualisierung der Mechanik (KM 0): Viele Schüler verlieren in der unterrichtlichen<br />

Konfrontation mit Physik die Fähigkeit, das Interesse oder den Mut, mechanische Sachverhalte<br />

unter Einsatz von Alltagstheorien zu konzeptualisieren <strong>und</strong> in entsprechender Weise über<br />

sie zu reden. Die Alltagstheorien werden also nicht weiterentwickelt, sondern es geschieht ein erlernter<br />

Rückgang der Kompetenz unter die Ausgangsbasis. Schüler auf dem Niveau der Alltagstheorien<br />

können unbefangen mit diesen Alltagsvorstellungen argumentieren. Schüler auf dem Niveau<br />

der kritisch regredierten Konzeptualisierung haben die Unzulänglichkeiten der Alltagstheorie <strong>und</strong><br />

Alltagssprache aus der Sicht der Physik gelernt <strong>und</strong> erfahren. Sie wissen aber nicht, wie sie Fachsprache<br />

<strong>und</strong> Fachkonzepte an ihre Alltagstheorien anpassen können. Es bilden sich keine neuen<br />

Lernertheorien, sondern es bleibt ein „physikalisch sprachloser“ Schüler <strong>zur</strong>ück.<br />

2.1.6 Zielsetzung des Physikunterrichts bezüglich Schülervorstellungen<br />

Man ist sich in der Didaktik einig, dass es weder möglich noch sinnvoll ist, Alltagsvorstellungen bei<br />

den Schülern vollständig zu eliminieren. In diesem Fall hätten die Schüler ja auch Probleme, im<br />

Alltag mit anderen über die Phänomene zu kommunizieren. „Auch der angehende Physiker wird<br />

weiterhin [...] sich in alltäglichen Gesprächen, in denen seine Partner in aller Regel Nichtphysiker<br />

sind, zweckmäßig der angemessenen Alltagssprache bedienen“ (Hericks, 1993, S. 132). Außerdem<br />

ermöglichen diese Vorstellungen ja ein Zurechtkommen in der Umwelt.<br />

NIEDDERER unterscheidet hier zwei Varianten der Veränderung von Schülervorstellungen: „- Die<br />

Weiterentwicklung <strong>und</strong> Veränderung bestehender (Alltags-) Strukturen (‚conceptual change’) [in<br />

Richtung der physikalischen Konzepte]. - Den Aufbau paralleler ‚wissenschaftlicher’ Denkstrukturen<br />

neben den weiter bestehenden Alltagsstrukturen, wobei im Sinne <strong>eines</strong> bewussten Nebeneinander<br />

auch mitgelernt werden muss, wann welche Begriffe <strong>und</strong> Strukturen angemessen sind“ (Niedderer,<br />

1988, S. 88). Dabei hält er die zweite Zielrichtung für angemessener, weil er eine echte, vollständige<br />

Überwindung von Alltagsvorstellungen, also einen echten Wechsel des Konzeptes, oft als<br />

uneffektiv <strong>und</strong> wenig aussichtsreich ansieht.<br />

Beim Aufbau <strong>eines</strong> physikalischen Konzeptes zusätzlich <strong>zur</strong> Alltagsvorstellung ist das bewusste<br />

Nebeneinander wichtig, denn ein unberührtes Nebeneinander wissenschaftlicher <strong>und</strong> alltagsnaher<br />

Vorstellungen im Sinne einer Kompartmentalisierung (siehe Kapitel 2.1.4) führt zu dem Problem,<br />

dass doch das falsche Konzept verwendet wird, wenn das richtige benötigt wird. Die Schüler sollen<br />

zwischen den verschiedenen Konzepten unterscheiden können <strong>und</strong> die jeweiligen Stärken <strong>und</strong><br />

Schwächen kennen, so dass sie beurteilen können, welche Erklärung wann sinnvoll ist. In vielen<br />

Alltagssituationen können ihre Vorstellungen als Gr<strong>und</strong>lage zum Handeln genutzt werden, während<br />

sie in anderen Situationen kein erfolgreiches Handeln ermöglichen.<br />

Ein solches nicht-unberührtes, bewusstes Nebeneinander erfordert jedoch auch im gewissen Sinn<br />

einen Konzeptwechsel, also eine Veränderung oder Weiterentwicklung des Vorverständnisses, so<br />

dass man den Begriff „Konzeptwechsel“ auch weiter fassen kann, wie es häufig auch gemacht wird.<br />

D.h. der Begriff „Konzeptwechsel“ oder „conceptual change“ ist unglücklich gewählt, da ein<br />

Wechsel im Sinne <strong>eines</strong> Austausches nicht gelingen kann (Häußler et al., 1998, S. 193 <strong>und</strong> Duit,<br />

1996, S. 146). Jeder Lernweg von Schülervorstellungen hin zu wissenschaftlichen Vorstellungen

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