27.02.2013 Aufrufe

Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

10 2 Schülervorstellungen <strong>zur</strong> <strong>Kinematik</strong> <strong>und</strong> <strong>Dynamik</strong><br />

Vorstellung Schüler spontan nutzen. Es ist durchaus möglich, dass sie trotz physikalisch falschen<br />

Antworten auch über das physikalische Konzept verfügen.<br />

Zweitens gibt es eine Kompartmentalisierung unterschiedlicher korrekter Konzepte. Im Unterricht<br />

wird ein komplexes Thema in der Regel stark vereinfacht dargestellt <strong>und</strong> in verschiedene Themen<br />

aufgeteilt. Nach MANDL ET AL. (1993a, S. 28) werden möglicherweise unterschiedliche wissenschaftliche<br />

Konzepte, die eng miteinander verknüpft sind, als separate Wissenseinheiten erworben<br />

<strong>und</strong> unabhängig voneinander gespeichert. Die Gefahr dabei ist, dass die Komplexität des Gegenstandes<br />

in der realen Welt nicht gewürdigt wird <strong>und</strong> es in der Anwendung dieser Wissensstrukturen<br />

zu unangemessenen Übervereinfachungen kommt.<br />

Schließlich gibt es noch die Kompartmentalisierung von Symbolsystemen <strong>und</strong> Dingen der wirkli-<br />

chen Welt, d.h. es fehlt der Transfer zwischen diesen beiden. „Die Gesetze der Physik werden bei<br />

dieser Form der Kompartmentalisierung also im Prinzip wie die Spielregeln <strong>eines</strong> erf<strong>und</strong>enen<br />

Spiels aufgefasst, die überhaupt nichts mit den Entitäten <strong>und</strong> Prozessen der wirklichen Welt zu tun<br />

haben“ (Perkins et al., 1988, zitiert nach Mandl et al., 1993a, S. 28). Daraus folgt, dass einerseits<br />

Alltagsvorstellungen in der Schule nicht zum Lösen arithmetischer Probleme verwendet werden -<br />

sondern bedeutungslose Formelmanipulationen ohne Verständnis der Relevanz für das tägliche Leben<br />

durchgeführt werden -, <strong>und</strong> auf der anderen Seite die Schulkenntnisse nicht zum Erklären der<br />

alltäglichen Geschehnisse benutzt werden.<br />

Man kann davon ausgehen, dass es nach einem Lernprozess immer ein komplexes Nebeneinander<br />

verschiedener Vorstellungen (alter <strong>und</strong> neu erworbener) gibt. Die Frage ist, ob es ein unberührtes<br />

<strong>und</strong> unbewusstes oder ein bewusstes, reflektiertes Nebeneinander ist. Des Weiteren ist die Frage, ob<br />

die Schüler auch über die physikalische Vorstellung verfügen <strong>und</strong> welche Vorstellung sie bei physikalischen<br />

Fragestellungen als erstes verwenden.<br />

HARTMANN zeigt, dass Schüler <strong>zur</strong> gleichen mechanischen Fragestellung, wenn man ihnen Zeit<br />

lässt, verschiedene (meist zwei) <strong>und</strong> miteinander konkurrierende Erklärungen erzeugen (Hartmann,<br />

Niedderer, 2003 <strong>und</strong> 2004; Hartmann, 2004). Über 70 % der Schüler der elften Jahrgangsstufe mit<br />

Physik-Leistungskurs geben so bei typischen qualitativen Aufgaben mehrere Erklärungen ab <strong>und</strong><br />

zwar sowohl vor als auch nach dem Unterricht (Hartmann, Niedderer, 2003, S. 4). Der Anteil der<br />

physikalischen Erklärungselemente in den Interviews steigt dabei durch den Unterricht der elften<br />

Jahrgangsstufe von 32 % vor dem Unterricht auf 47 % direkt nach dem <strong>Dynamik</strong>unterricht. Sind die<br />

gleichen Aufgaben schriftlich als Multiple-Choice-Aufgaben zu lösen, ist der Anteil mit 12 % (vorher)<br />

bzw. 41 % (nachher) geringer, so dass die Ergebnisse von Multiple-Choice-Aufgaben das Wissen<br />

<strong>und</strong> die Fähigkeiten der Schüler nicht völlig korrekt beschreiben.<br />

2.1.5 Lernertheorien in der Entwicklung physikalischer Kompetenz<br />

Durch den Unterricht <strong>und</strong> das dadurch angeregte Lernen entstehen beim Schüler Vorstellungen, die<br />

sich von den Alltagsvorstellungen unterscheiden, aber noch nicht den angestrebten Vorstellungen<br />

entsprechen (z.B. in der geometrischen Optik: siehe Goldberg, 1994, S. 45 – 49). NIEDDERER nennt<br />

dies Zwischenzustände (Niedderer, 1999, S. 56). Beim Lernen durchläuft ein Lerner evtl. mehrere<br />

Zwischenzustände, so dass auch von einem Lernpfad gesprochen wird.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!