27.02.2013 Aufrufe

Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2 Schülervorstellungen <strong>zur</strong> <strong>Kinematik</strong> <strong>und</strong> <strong>Dynamik</strong> 9<br />

recht verständlich, da die oben dargelegten Quellen für die Alltagserkenntnisse ständig vorhanden<br />

sind. So wurden auch prinzipiell gleiche Vorstellungen bei Menschen unterschiedlichen Alters <strong>und</strong><br />

unterschiedlicher Vorbildung - lediglich mit verschiedenen Häufigkeiten - gef<strong>und</strong>en. Die Vorstellungen<br />

bleiben außerdem dadurch stabil, dass Schüler im Unterricht in Experimenten häufig genau<br />

das sehen, was sie aufgr<strong>und</strong> ihrer Vorstellungen erwarten (Ein Beispiel beschriebt SCHLICHTING,<br />

(1991, S. 77), weitere nennt DUIT (1992, S. 283, oder 1989, S. 37 f., oder 1996, S. 154)). Aber<br />

selbst wenn sie sehen, dass ein einziger Versuchsausgang ihren Vorstellungen widerspricht, ändern<br />

sie deshalb noch nicht ihre Sichtweise (Duit, 1993a, S. 5). Die bekannte Tendenz, von den vorhandenen<br />

Ansichten <strong>und</strong> Bewertungen möglichst wenig abzuweichen, wird in der Psychologie „Perseverationstendenz“<br />

genannt.<br />

Bei Schülern sind aber nicht nur inkorrekte oder unvollständige Vorstellungen zu finden, sondern<br />

auch der unangemessene Einsatz <strong>eines</strong> an sich korrekten Konzeptes, d.h. ein richtiges Konzept wird<br />

überstrapaziert <strong>und</strong> auch dann immer wieder verwendet, wenn gerade ein anderes Konzept angemessen<br />

wäre (Mandl, Gruber, Renkl, 1993a, S. 25).<br />

2.1.4 Kompartmentalisierung von Schülervorstellungen<br />

Der Physikunterricht in der Schule geht häufig nicht auf die vorhandenen Schülervorstellungen ein,<br />

sondern stellt das physikalische Konzept vor, das sich jeder Schüler anzueignen hat. Das führt zum<br />

Entstehen gewisser Wissensstrukturen, die von MANDL, GRUBER <strong>und</strong> RENKL (1993a, S. 27) mit<br />

dem Begriff „Wissenskompartmentalisierung“ (im Englischen: „knowledge compartmentalization“<br />

(Mandl, Gruber, Renkl, 1993b, S. 162)) bezeichnet werden. Gemeint ist, dass das Wissen über einen<br />

bestimmten Bereich aus verschiedenen, separat gehaltenen <strong>und</strong> nicht miteinander verknüpften<br />

Teilen zusammengesetzt ist. MANDL, GRUBER <strong>und</strong> RENKL unterscheiden drei Arten von Wissenskompartmentalisierung:<br />

Als erstes ist die Kompartmentalisierung von korrekten <strong>und</strong> inkorrekten Konzepten zu nennen. Im<br />

Schulunterricht wird häufig nicht versucht, die vorhandenen Fehlkonzepte durch korrekte Konzepte<br />

zu ersetzen, sondern es wird ein zusätzliches Wissen vermittelt, so dass dann korrekte <strong>und</strong> inkorrekte<br />

Konzepte unberührt nebeneinander stehen bleiben. Das größte Problem bei dieser Art von Wissenskompartmentalisierung<br />

ist, dass in Situationen, in denen Wissen angewendet werden soll, die<br />

Schüler oft auf ihre alten Fehlkonzepte vertrauen, anstatt auf das neu erworbene, adäquatere wissenschaftliche<br />

Wissen. Im Gespräch mit Schülern ist häufig auch ein Hin- <strong>und</strong> Herspringen zwischen<br />

den zwei Theorien festzustellen. Spontan verwendet der Schüler eher sein altes Modell, wechselt<br />

aber bei einem kleinen Hinweis sofort zum neugelernten Modell über.<br />

WILHELM (1994, S. 81) berichtet von einem Beispiel für dieses Verhalten in einem Interview, bei<br />

dem zwei Schülerinnen mit lautem Denken den Fragebogen „Fragen zu Kraft <strong>und</strong> Bewegung“ bearbeiten<br />

sollten (siehe Kapitel 6.4.2.1). Dabei haben sie fast durchgehend <strong>und</strong> überzeugt aristotelisch<br />

geantwortet. Anschließend wollten sie die richtigen Antworten wissen. Nachdem mit wenigen<br />

Worten das newtonsche Konzept in Erinnerung gerufen wurde, konnte eine Schülerin plötzlich<br />

selbst die gleichen Aufgaben richtig beantworten. Solche Verständnistests zeigen also nur, welche

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!