Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...
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6 <strong>Evaluation</strong> <strong>eines</strong> Unterrichtskonzeptes 149<br />
Ein Lehrer außerhalb Bayerns entwickelte eine zum Unterrichtskonzept passende Schülerübung<br />
ohne Computer mit Hilfe der in 5.3.3.4 bereits erwähnten Spurenplatte. Ausgehend von der Idee,<br />
Ortsänderungen bzw. Geschwindigkeitsänderungen zu betrachten, verwendete er die alte Schwefelbahn<br />
(eindimensional) <strong>und</strong> die Spurenplatte (für zweidimensionale Bewegungen) der Firma Kröncke,<br />
um Ortsänderungen als Streifen im Schwefelstaub sichtbar zu machen, was im zweidimensionalen<br />
Fall auch leicht selbst nachgebaut werden kann. Bei sanfter Bewegung des Fingers über die<br />
Platte entsteht eine Spur aus schwarzen <strong>und</strong> gelben Streifen, die jeweils 0,01 s dauern. Damit wurde<br />
eine sinnvolle qualitative Schülerübung durchgeführt, von der der Lehrer berichtete: "Ich habe kurz<br />
vorgemacht, wie man eine Spur mit dem Finger erzeugt, habe wiederholen lassen, wie die Spuren<br />
entstehen <strong>und</strong> wie man prinzipiell das Tempo bestimmen könnte bzw. welcher Zusammenhang zwischen<br />
Spurdichte <strong>und</strong> Tempo besteht. [...] Aufgabe an die Schüler war: Stellt mit dem Finger schöne<br />
Spuren her <strong>und</strong> interpretiert sie in Richtung Geschwindigkeit <strong>und</strong> Beschleunigung. Dann bin ich<br />
herumgegangen <strong>und</strong> habe mehr oder weniger sanft mit den Gruppen qualitative Auswertungen betrieben,<br />
mit der Spitze der Pinselrückseite haben wir tangential Geschwindigkeitsvektoren eingezeichnet<br />
<strong>und</strong> je zwei dann am selben Bezugspunkt angesetzt daneben noch einmal gezeichnet um<br />
daraus die Beschleunigung zu ermitteln (dabei haben wir ∆v <strong>und</strong> a sprachlich gleich behandelt<br />
[...]). Verschiedene Spuren wurden erzeugt: Spiralen, Herze, Ovale mit deutlich unterschiedlicher<br />
Bahngeschwindigkeit, Weihnachtsbäume <strong>und</strong> Engel, Namen wurden geschrieben. Eine Gruppe<br />
stellte systematisch gleichförmige, gleichmäßig beschleunigte <strong>und</strong> gebremste, kreisförmige mit konstantem<br />
Tempo <strong>und</strong> mit variablem Tempo her. Am Schluss stellen verschiedene Gruppen ihre Kurven<br />
vor <strong>und</strong> erläuterten daran Geschwindigkeits- <strong>und</strong> Beschleunigungsvektoren. Bei der Zerlegung<br />
in tangentiale <strong>und</strong> radiale Komponente habe ich dann etwas stärker gelenkt. Besprochen wurde in<br />
der St<strong>und</strong>e noch die Rennbahn-Aufgabe - das passte ganz gut." Dies zeigt, dass das <strong>Kinematik</strong>-<br />
Konzept ausbaubar <strong>und</strong> auch ohne Computer behandelbar ist, obwohl es dann viel mühsamer ist,<br />
die Vektoren zu erhalten.<br />
Der gleiche Lehrer verwendete in der St<strong>und</strong>e vor den Ferien auch das Spiel „Autorennen“ <strong>zur</strong> zweidimensionalen<br />
<strong>Kinematik</strong> (siehe Kapitel 5.3.3.5). Auch dieses Beispiel zeigt, dass die Gr<strong>und</strong>idee<br />
des Konzeptes vielfältig angewandt <strong>und</strong> variiert eingesetzt werden kann.<br />
Im Allgemeinen, aber nicht in jedem Fall wurde anerkannt, dass reine Rechenaufgaben <strong>und</strong> Gleichungsmanipulieren<br />
nicht so sinnvoll sind. Entsprechend dem Konzept wurden quantitative Aufgaben<br />
häufiger über Diagramme statt über allgemeine Bewegungsfunktionen gelöst, indem z.B. Flächen<br />
unter dem Graphen berechnet wurden. Etliche Lehrer haben die Stegreifaufgaben <strong>und</strong> Schulaufgaben,<br />
die sie gehalten haben, <strong>zur</strong> Verfügung gestellt. Diese Prüfungen unterscheiden sich von<br />
traditionellen Aufgabenstellungen. Neben traditionellen Rechenaufgaben <strong>und</strong> Grapheninterpretation<br />
wurden mehr qualitative, Verständnis verlangende Aufgaben gestellt. Dabei wurden zum einen<br />
Vorschläge aus den Materialien übernommen, wie z.B. die Aufgabe zum Beschleunigungsvektor<br />
aus Abb. 5.7 (siehe Kapitel 5.3.2.), <strong>und</strong> zum anderen neue Ideen entwickelt. Es wurde das Zeichnen<br />
von Vektoren verlangt, die Ergänzung <strong>eines</strong> Modells, Begründungen, Erklärungen oder die Entscheidung,<br />
ob Aussagen richtig sind (z.B. „Ist bei einer Bewegung der Beschleunigungsvektor ungleich<br />
dem Nullvektor so ändert sich die Schnelligkeit.“, „Bei einer eindimensionalen Bewegung