Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

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thomas.wilhelm.net
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27.02.2013 Aufrufe

110 5 Entwicklung eines Gesamtkonzeptes zur Kinematik und Dynamik und auswerten und dadurch die Arbeit erleichtern. Wie im traditionellen Vorgehen ist auch in dem hier dargelegten Konzept vorgesehen, zunächst kurz zu zeigen, dass bei konstanter Gesamtmasse die Beschleunigung in unterschiedlichen Versuchen direkt proportional zur jeweiligen (während des Ablaufs konstanten) Zugkraft ist und dass bei konstanter Zugkraft die Beschleunigung in unterschiedlichen Versuchen direkt proportional zur jeweiligen Gesamtmasse ist. An einem Faden hängende Gewichtsstücke ziehen dabei über eine Umlenkrolle an einem Gleiter auf einer Luftkissenfahrbahn. Entgegen dem Standardvorgehen soll hier nicht nur die schnellerwerdende Bewegung bis zur am Ende der Fahrbahn angebrachten Feder betrachtet werden, sondern auch die langsamerwerdende Rückwärtsbewegung soll mit aufgenommen werden, denn auf Grund des Kinematikkurses sollten die Schüler hier keine Probleme haben, auch dies als positive Beschleunigung zu akzeptieren. Das hat drei Vorteile: 1. Die Versuchsauswertung umfasst eine längere Messzeit. 2. Es wird deutlich, dass es im Federrückstoß noch andere Einflüsse gibt, von denen nun abgesehen wird. 3. Der Einfluss der noch vorhandenen Reibung wird eliminiert, indem bei der Beschleunigung zwischen Hin- und Rückbewegung gemittelt wird. Auf Wunsch kann aber über einen Schalter die Rückwärtsbewegung in der Darstellung unterdrückt werden. So erhält man zunächst das Gesetz a = F / m . Man sollte dieses Gesetz gemäß dem Ursache-Wirkungskonzept in der Form a = F / m schreiben, da sich aus wirkender Kraft und bewegter Masse eine Beschleunigung ergibt. Die Formulierung F = m� a, die sich aus der newtonschen Definition ergibt, betont nicht den Wirkungszusammenhang und verführt Schüler, dies so zu interpretieren, dass die Abb. 5.15: Wirkungszusammenhang zwischen Kraft und Beschleunigung Masse und die Beschleunigung eine Kraft „ergibt“. Diese kleine Umformung der Standardgleichung hilft den Schülern zum Verständnis des Zusammenhangs zwischen Kraft und Beschleunigung. Zusätzlich sollte man den Zusammenhang noch symbolisch wie in Abb. 5.15 darstellen. Genauso wäre es sinnvoll zu formulieren, dass bei ohmschen Widerständen (R = U / I = konstant) der Wirkungszusammenhang I = U / R (mit R konstant) gilt, da sich aus angelegter Spannung U und vorhandenem konstantem Widerstand R eine bestimmte Stromstärke I ergibt. Analog zur Kinematik hätte man natürlich auch hier mit zweidimensionalen Bewegungen beginnen können. Es gibt aber wenig überzeugende zweidimensionale Experimente, bei denen die wirkenden Kräfte bekannt sind, damit der Zusammenhang zu der gemessenen Beschleunigung gezeigt werden kann (sei es als Bestätigung eines „Gesetzes“ oder als Veranschaulichung einer Definition). Da in diesem Lehrgang auch gezeigt werden soll, dass das zweite newtonsche Gesetz auch bei veränderlichen Kräften, mehreren Kräften und Reibung gilt, wurde mit eindimensionalen Bewegungen begonnen und später auf zweidimensionale erweitert.

5 Entwicklung eines Gesamtkonzeptes zur Kinematik und Dynamik 111 Obige Ergebnisse lassen noch den Eindruck zu, die Gleichung gelte nur für konstante Kräfte oder bei nicht konstanten Kräften nur im Mittel. Dass die Proportionalität von F � und a � in jedem Augenblick gilt, kann man für den eindimensionalen Fall direkt aufzuzeigen, wenn man die Größe der Kraft F � während eines Versuchsablaufs beliebig ändern kann und dabei a � und F � quasi kontinuierlich misst. Dazu wurde in einem von WILHELM (1994, S. 156) entwickelten Versuch als Kraft die Hangabtriebskraft genutzt, die auf einer kippbaren Luftkissenbahn auf einen Gleiter wirkt. Die Hangabtriebskraft ist zum einen aus der Mittelstufe bekannt und wird intuitiv hangabwärts angenommen und kann zum anderen über die Fahrbahn-Neigung leicht variiert und gemessen werden (siehe auch Wilhelm, Heuer, 1995, S. 164 - 165 und Heuer, 1996a, S. 15). Dazu wird in jedem Moment des Versuchs die Strecke bestimmt, die ein Fahrbahnende über die Horizontale angehoben bzw. gesenkt wird, woraus man F � berechnen kann. Die Bewegung wird wieder über ein Präzisionslaufrad (Heuer, 1992a) gemessen, das über einen umlaufenden Faden über zwei Umlenkrollen mit dem Gleiter verbunden ist (siehe Abb. 5.16), und daraus die Beschleunigung a � ermittelt. Die Hubhöhe wird über ein zweites Laufrad erfasst (technische Details sowie Vor- und Nachteile siehe Wilhelm, 1994, S. 157 ff.). Wenn die Fahrbahn nach oben oder unten beschleunigt wird, tritt zwar eine weitere Kraft auf den Gleiter auf, die aber aufgrund der kleinen Neigungswinkel und den geringen Beschleunigungen völlig vernachlässigt werden kann. Mit dynamisch ikonischen Darstellungen kann nun die Proportionalität von a � und F � Abb. 5.16: Versuchsaufbau für den Schlüsselversuch zu � � a ~ F anschaulich deutlich werden: Während eines Versuchsdurchgangs sieht man nun in Echtzeit in einer Animation, wie die Luftkissenbahn gekippt wird und sich der Gleiter bewegt (siehe Abb. 5.17 oben oder Abb. 3.9a). Gemessene Geschwindigkeit, die aus den Messdaten ermittelte Beschleunigung sowie die wirkende Hangabtriebskraft können dann als Pfeile an den Gleiter angezeichnet wer- Abb. 5.17: Ein Momentbild der dynamisch ikonischen Darstellung des Versuchsablaufs den und auch ortsfest gezeigt werden (siehe Abb. 5.17 unten oder Abb. 3.9b). Bei der ortsfesten Darstellung sieht man, dass die Endpunkte der parallelen Pfeile F � und a � stets auf einem Strahl liegen, der sich um seinen Ursprung dreht. F � und a � gehen also durch zentrische Streckung auseinander hervor, daher ist a � ~ F � und zwar völlig unabhängig von der momentanen Geschwindigkeit v � . Bei diesem Versuch muss nur darauf geachtet werden, dass der Gleiter nicht am Fahrbahnende anstößt, da sonst zusätzliche Kräfte wirken, die

5 Entwicklung <strong>eines</strong> Gesamtkonzeptes <strong>zur</strong> <strong>Kinematik</strong> <strong>und</strong> <strong>Dynamik</strong> 111<br />

Obige Ergebnisse lassen noch den Eindruck zu, die Gleichung gelte nur für konstante Kräfte oder<br />

bei nicht konstanten Kräften nur im Mittel. Dass die Proportionalität von F � <strong>und</strong> a � in jedem Augenblick<br />

gilt, kann man für den eindimensionalen Fall direkt aufzuzeigen, wenn man die Größe der<br />

Kraft F � während <strong>eines</strong> Versuchsablaufs beliebig ändern kann <strong>und</strong> dabei a � <strong>und</strong> F � quasi kontinuierlich<br />

misst. Dazu wurde in einem von WILHELM (1994, S. 156) entwickelten Versuch als Kraft die<br />

Hangabtriebskraft genutzt, die auf einer kippbaren Luftkissenbahn auf einen Gleiter wirkt. Die<br />

Hangabtriebskraft ist zum einen aus der Mittelstufe bekannt <strong>und</strong> wird intuitiv hangabwärts angenommen<br />

<strong>und</strong> kann zum anderen über die Fahrbahn-Neigung leicht variiert <strong>und</strong> gemessen werden<br />

(siehe auch Wilhelm, Heuer, 1995, S. 164 - 165 <strong>und</strong> Heuer, 1996a, S. 15). Dazu wird in jedem<br />

Moment des Versuchs die Strecke bestimmt, die ein Fahrbahnende über die Horizontale angehoben<br />

bzw. gesenkt wird, woraus man F � berechnen kann. Die Bewegung wird wieder über ein Präzisionslaufrad<br />

(Heuer, 1992a) gemessen, das über einen umlaufenden Faden über zwei Umlenkrollen<br />

mit dem Gleiter verb<strong>und</strong>en ist (siehe Abb. 5.16), <strong>und</strong> daraus die Beschleunigung a � ermittelt. Die<br />

Hubhöhe wird über ein zweites Laufrad erfasst<br />

(technische Details sowie Vor- <strong>und</strong><br />

Nachteile siehe Wilhelm, 1994, S. 157 ff.).<br />

Wenn die Fahrbahn nach oben oder unten<br />

beschleunigt wird, tritt zwar eine weitere<br />

Kraft auf den Gleiter auf, die aber aufgr<strong>und</strong><br />

der kleinen Neigungswinkel <strong>und</strong> den geringen<br />

Beschleunigungen völlig vernachlässigt<br />

werden kann.<br />

Mit dynamisch ikonischen Darstellungen<br />

kann nun die Proportionalität von a � <strong>und</strong> F �<br />

Abb. 5.16: Versuchsaufbau für den Schlüsselversuch zu<br />

� �<br />

a ~ F<br />

anschaulich deutlich werden: Während <strong>eines</strong><br />

Versuchsdurchgangs sieht man nun in Echtzeit<br />

in einer Animation, wie die Luftkissenbahn<br />

gekippt wird <strong>und</strong> sich der Gleiter bewegt<br />

(siehe Abb. 5.17 oben oder Abb. 3.9a).<br />

Gemessene Geschwindigkeit, die aus den<br />

Messdaten ermittelte Beschleunigung sowie<br />

die wirkende Hangabtriebskraft können dann<br />

als Pfeile an den Gleiter angezeichnet wer- Abb. 5.17: Ein Momentbild der dynamisch ikonischen<br />

Darstellung des Versuchsablaufs<br />

den <strong>und</strong> auch ortsfest gezeigt werden (siehe<br />

Abb. 5.17 unten oder Abb. 3.9b). Bei der ortsfesten Darstellung sieht man, dass die Endpunkte der<br />

parallelen Pfeile F � <strong>und</strong> a � stets auf einem Strahl liegen, der sich um seinen Ursprung dreht. F � <strong>und</strong><br />

a � gehen also durch zentrische Streckung auseinander hervor, daher ist a � ~ F � <strong>und</strong> zwar völlig unabhängig<br />

von der momentanen Geschwindigkeit v � . Bei diesem Versuch muss nur darauf geachtet<br />

werden, dass der Gleiter nicht am Fahrbahnende anstößt, da sonst zusätzliche Kräfte wirken, die

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