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Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

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108 5 Entwicklung <strong>eines</strong> Gesamtkonzeptes <strong>zur</strong> <strong>Kinematik</strong> <strong>und</strong> <strong>Dynamik</strong><br />

im mathematischen Sinn noch ein Gesetz, also auch nicht verifizierbar (Kuhn, 2001, S. 219). Wenn<br />

man annimmt, dass „Masse“ bereits definiert ist (NEWTON definierte sie atomistisch (Stegmüller,<br />

1970, S. 135).), dann definiert das zweite newtonsche Axiom, was „Kraft“ ist – zunächst ohne Bezug<br />

zu irgendwelchen Naturphänomenen. Der Sinn dieser Definition muss sich dann in Anwendungen<br />

zeigen. Auch ATKINS (1986, S. 88 f.) sieht das zweite newtonsche Bewegungsgesetz nur als<br />

präzise Definition des Begriffes „Kraft“, d.h. als anderen Namen für das Produkt aus Masse <strong>und</strong><br />

Beschleunigung (Für NEWTON dagegen waren Kräfte physikalische Realität). Diese „leere Hülse“<br />

füllt sich erst durch Hinzunahme von speziellen Kraftgesetzen mit wertvollem Inhalt (Kuhn, 2001,<br />

S. 219). DIJKSTERHUIS nennt diese moderne Auffassung „nominalistisch“ im Gegensatz <strong>zur</strong> „realistischen“<br />

Auffassung NEWTONs (Dijksterhuis, 1983, S. 530). Es wurde versucht, die logischen Unzulänglichkeiten<br />

der newtonschen Axiomatik zu beheben. WESTPHAL (1967, S. 558 f.) unterscheidet<br />

dazu zwei Möglichkeiten, die <strong>Dynamik</strong> aufzubauen: Beim induktiven Aufbau steht das Wechsel-<br />

� �<br />

wirkungsgesetz m1<br />

⋅ a1<br />

= −m2<br />

⋅ a2<br />

als Naturgesetz am Anfang, worüber die Masse definiert wird, <strong>und</strong><br />

Kraft wird als Produkt von Masse <strong>und</strong> Beschleunigung definiert. Beim deduktiven Aufbau steht<br />

� �<br />

F = m⋅<br />

a als Axiom am Anfang, wobei man sich noch Gedanken über die Additivität von Massen<br />

� �<br />

<strong>und</strong> Kräften machen muss. In beiden Fällen ist F = m⋅<br />

a nicht beweisbar <strong>und</strong> kein Gesetz.<br />

Eine genauere wissenschaftstheoretische Untersuchung der drei newtonschen Gesetze findet sich<br />

bei STEGMÜLLER (1970, S. 110 - 138), der der Frage nachgeht, ob es sich bei den drei Gesetzen um<br />

Tatsachenbehauptungen oder um Festsetzungen handelt. STEGMÜLLER fasst zusammen: „In allen<br />

wichtigeren <strong>und</strong> interessanteren Theorien sind die Rollen von Festsetzungen <strong>und</strong> hypothetischen<br />

Annahmen weitgehend vertauschbar. […] die endlosen Diskussionen über Fragen wie die, ob das<br />

zweite Newtonsche Bewegungsgesetz auf eine Nominaldefinition des Begriffes der Kraft hinauslaufe<br />

oder ob es sich dabei um eine theoretische Hypothese handle, [sind] unfruchtbar […], weil diese<br />

Frage überhaupt nicht eindeutig beantwortet werden kann.“ (S. 111). Eine Deutung <strong>eines</strong> Gesetzes<br />

als Definition/Konvention ist demnach möglich, wenn andere, als Konvention geltende Sätze eine<br />

empirische Deutung bekommen, also andere empirische oder theoretische Tatsachenhypothesen<br />

vorausgesetzt werden.<br />

In der Mittelstufe wird heute „Kraft“ sinnvollerweise nicht mehr über die Statik, sondern dynamisch<br />

eingeführt. Entsprechend dem zweiten newtonschen Axiom wird in den meisten Schulbüchern definiert,<br />

dass jede Einwirkung auf einen Körper, die dessen Geschwindigkeit oder Bewegungsrichtung<br />

ändert, als „Kraft“ bezeichnet wird (Eigentlich ist es immer ein anderer Körper der einwirkt, Kraft<br />

ist nur ein Maß für die Stärke der Einwirkung). Anschließend wird ungeschickterweise ausführlich<br />

die Statik behandelt, was Fehlvorstellungen festigt (eine Übersicht der dadurch bedingten Fehlvorstellungen<br />

gibt WODZINSKI (1996, S. 53 f.)). Schließlich werden auch Reibungskräfte behandelt.<br />

Den Schülern bleibt sicher eher in Erinnerung, dass Kraft mit einem Federkraftmesser gemessen<br />

wird als die dynamische Definition über die Beschleunigung. In der elften Klasse wird Kraft dann<br />

im traditionellen Vorgehen als etwas Bekanntes angenommen <strong>und</strong> der Zusammenhang mit der Beschleunigung<br />

aufgezeigt. Als Ergebnis erhält man ein Gesetz. Dies wird heute kritisiert <strong>und</strong> gefor-

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