Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...
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102 5 Entwicklung eines Gesamtkonzeptes zur Kinematik und Dynamik pulssatz, der elastische und unelastische Stoß und andere Themen behandeln (Groeneveld, 1968). Die gleichen Versuche mit eindimensionalen Bewegungen nach prinzipiell gleichem Prinzip sind mit den Zeit-Registriergerät von Phywe oder dem „Zeit-Registriergerät mit Klemmreiter“ der Firma Leybold möglich, bei dem der Wagen einen Streifen Thermopapier mitzieht und ein Taktgeber 50 Punkte pro Sekunde auf das Papier zeichnet. Die Idee mit den Schwefelstaubfiguren hatte früher den Vorteil, dass damit auch kleine Zeiten bei Bewegungen gemessen werden konnten, die nicht auf der Fahrbahn stattfinden. Dazu gab es von Kröncke (nun bei Elwe oder identisch bei Kronas) eine eloxierte Metallplatte, genannt Spurenplatte, und einen Handschreiber. Über je einen 1 MΩ-Widerstand wurden früher beide an die zwei Pole der Netzspannung angeschlossen. Der heute kaufbare „Taktgeber und Transformator“ hat zusätzlich einen Sicherheitstrenntrafo gemäß VDE. Schließt man Spurenplatte und Handschreiber kurz, können keine Spuren aufgezeichnet werden. Zieht man den Handschreiber über die bestaubte Platte, entstehen Spuren so lange, wie der Kurzschluss nicht besteht. Die kurze Zeitdauer ohne Kurzschluss kann durch Auszählen der Streifen ermittelt werden. Mit Hilfe eines Fallgerätes konnte daraus z.B. die Fallbeschleunigung ermittelt werden. Mit weiteren Schaltungen und einem Doppelschreiber ist es sogar möglich, die Frequenzen akustischer und elektrischer Schwingungen aus den Streifen auf der Platte zu ermitteln (Groeneveld, 1968). Wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten dieses alten Messsystems waren, sieht man daran, dass GROENEVELD von 1952 bis 1967 allein in der Praxis der Naturwissenschaften 39 Beiträge dazu veröffentlichte. Diese Spurenplatte (technische Realisierung siehe Anhang 11.1.2) wird hier nach einer Idee von KOCH nicht für die quantitative Ermittlung einzelner Werte, sondern für eine qualitative Schülerübung genutzt (Willhelm, Koch, 2004). Man zeichnet mit einem trockenen Finger zweidimensionale Bahnkurven in den Schwefelstaub und nutzt nicht nur die Zeitinformation, sondern auch die Ortsinformation. Wenn der Finger positiv geladen ist, zieht er den Staub an, die Platte stößt ihn ab. 1/100 s später ist der Finger negativ, die Platte positiv - der Staub wird abgestoßen und bleibt liegen. Dadurch entstehen die Spuren, die als ästhetisch ansprechend empfunden werden (siehe Abb. 5.11). Es geht dann nicht darum, welchen Wert, sondern welche Richtung die Größen Geschwindigkeit und Beschleunigung haben. Da die Streifen recht eng beieinander liegen, zählt man von einem Startpunkt aus immer zehn Streifen ab und zeichnet mit der Pinselrückseite eine Zeitmarke, womit die Zeitmarken dann jeweils einen Abstand von 0,1 s haben. Auch hier wird deutlich, dass „Ort“ einen Punkt auf der Bahnkurve meint, während „Weg“ für die Länge der Bahnkurve steht. Die Änderung des Ortes in den 0,1 s macht man nun mit einem Ortsänderungsvektor x � ∆ oder r � Abb. 5.11: Foto einer Spur auf der Schwefelplatte ∆ deutlich. Dieser Vektor gibt die Be-
5 Entwicklung eines Gesamtkonzeptes zur Kinematik und Dynamik 103 wegungsrichtung an und seine Länge hängt von der durchschnittlichen Schnelligkeit in dem Zeitintervall ab. Um einen von ∆t unabhängigen Geschwindigkeitsvektor zu erhalten, müsste man den Vektor durch das Zeitintervall ∆t = 0,1 s dividieren. Die Länge des Ortsänderungsvektors wird aber hier nicht durch 0,1 dividiert, da die Vektoren damit zu lange werden. Man erklärt, dass für die Geschwindigkeitsvektoren ein solcher Maßstab gelten soll, dass sie die gleiche Länge wie die Ortsänderungsvektoren haben. Der Ortsänderungsvektor wird quasi einfach als Geschwindigkeitsvektor v � an die Bahnkurve ungefähr in der Mitte des betrachteten Intervalls gezeichnet (siehe Abb. 5.12). Den Betrag einer Größe erhält man stets aus der Länge des Vektors zusammen mit dem entsprechenden Maßstab. Etwas mehr zu tun ist, wenn man die Beschleunigungsvektoren ermitteln will. Man verschiebt einen Geschwindigkeitsvektor parallel an den „Fuß“ des nächsten Geschwindigkeitsvektors, um so den Geschwindigkeitsänderungsvektor v � ∆ zu erhalten. Er gibt an, was in dem Zeitintervall an Geschwindigkeit „dazukam“. Um einen von ∆t unabhängigen Beschleunigungsvektor zu erhalten, müsste man wieder den Vektor durch das Zeitintervall ∆t = 0,1 s dividieren. Das Dividieren der Länge des Geschwindigkeitsänderungsvektors durch 0,1 entfällt wie oben. Der Geschwindigkeitsänderungsvektor wird als Beschleunigungsvektor a � Abb. 5.12: Auswertung der Bewegung mit Ortsänderungsvektoren und Geschwindigkeitsvektoren an die Bahnkurve ungefähr in der Mitte des Intervalls zwischen den beiden Geschwindigkeitsvektoren gezeichnet (siehe Abb. 5.13). Hier wird nun deutlich, dass der Beschleunigungsvektor eine Richtung hat, während im traditionellen Unterricht den Schü- Abb. 5.13: Auswertung der Bewegung mit Geschwindigkeitsänderungsvektoren und Beschleunigungsvektoren � lern Beschleunigung als Änderung des Geschwindigkeitsbetrages a = ∆ v / ∆t nur als eine Zahl erscheint, bei der positives Vorzeichen Schnellerwerden und negatives Vorzeichen Langsamerwerden bedeutet. Man erkennt an den gezeichneten Vektoren, dass die Beschleunigung bei einer Kurvenfahrt nach innen zeigt, beim Schnellerwerden einen Anteil nach vorne und beim Langsamerwerden einen Anteil nach hinten hat.
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pulssatz, der elastische <strong>und</strong> unelastische Stoß <strong>und</strong> andere Themen behandeln (Groeneveld, 1968).<br />
Die gleichen Versuche mit eindimensionalen Bewegungen nach prinzipiell gleichem Prinzip sind<br />
mit den Zeit-Registriergerät von Phywe oder dem „Zeit-Registriergerät mit Klemmreiter“ der Firma<br />
Leybold möglich, bei dem der Wagen einen Streifen Thermopapier mitzieht <strong>und</strong> ein Taktgeber 50<br />
Punkte pro Sek<strong>und</strong>e auf das Papier zeichnet.<br />
Die Idee mit den Schwefelstaubfiguren hatte früher den Vorteil, dass damit auch kleine Zeiten bei<br />
Bewegungen gemessen werden konnten, die nicht auf der Fahrbahn stattfinden. Dazu gab es von<br />
Kröncke (nun bei Elwe oder identisch bei Kronas) eine eloxierte Metallplatte, genannt Spurenplatte,<br />
<strong>und</strong> einen Handschreiber. Über je einen 1 MΩ-Widerstand wurden früher beide an die zwei Pole<br />
der Netzspannung angeschlossen. Der heute kaufbare „Taktgeber <strong>und</strong> Transformator“ hat zusätzlich<br />
einen Sicherheitstrenntrafo gemäß VDE. Schließt man Spurenplatte <strong>und</strong> Handschreiber kurz, können<br />
keine Spuren aufgezeichnet werden. Zieht man den Handschreiber über die bestaubte Platte,<br />
entstehen Spuren so lange, wie der Kurzschluss nicht besteht. Die kurze Zeitdauer ohne Kurzschluss<br />
kann durch Auszählen der Streifen ermittelt werden. Mit Hilfe <strong>eines</strong> Fallgerätes konnte daraus<br />
z.B. die Fallbeschleunigung ermittelt werden. Mit weiteren Schaltungen <strong>und</strong> einem Doppelschreiber<br />
ist es sogar möglich, die Frequenzen akustischer <strong>und</strong> elektrischer Schwingungen aus den<br />
Streifen auf der Platte zu ermitteln (Groeneveld, 1968). Wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten<br />
dieses alten Messsystems waren, sieht man daran, dass GROENEVELD von 1952 bis 1967 allein in<br />
der Praxis der Naturwissenschaften 39 Beiträge dazu veröffentlichte.<br />
Diese Spurenplatte (technische Realisierung siehe Anhang 11.1.2) wird hier nach einer Idee von<br />
KOCH nicht für die quantitative Ermittlung einzelner Werte, sondern für eine qualitative Schülerübung<br />
genutzt (Willhelm, Koch, 2004). Man zeichnet mit einem trockenen Finger zweidimensionale<br />
Bahnkurven in den Schwefelstaub <strong>und</strong> nutzt nicht nur die Zeitinformation, sondern auch die<br />
Ortsinformation. Wenn der Finger positiv<br />
geladen ist, zieht er den Staub an,<br />
die Platte stößt ihn ab. 1/100 s später<br />
ist der Finger negativ, die Platte positiv<br />
- der Staub wird abgestoßen <strong>und</strong> bleibt<br />
liegen. Dadurch entstehen die Spuren,<br />
die als ästhetisch ansprechend empf<strong>und</strong>en<br />
werden (siehe Abb. 5.11). Es<br />
geht dann nicht darum, welchen Wert,<br />
sondern welche Richtung die Größen<br />
Geschwindigkeit <strong>und</strong> Beschleunigung<br />
haben.<br />
Da die Streifen recht eng beieinander liegen, zählt man von einem Startpunkt aus immer zehn Streifen<br />
ab <strong>und</strong> zeichnet mit der Pinselrückseite eine Zeitmarke, womit die Zeitmarken dann jeweils<br />
einen Abstand von 0,1 s haben. Auch hier wird deutlich, dass „Ort“ einen Punkt auf der Bahnkurve<br />
meint, während „Weg“ für die Länge der Bahnkurve steht. Die Änderung des Ortes in den 0,1 s<br />
macht man nun mit einem Ortsänderungsvektor x �<br />
∆ oder r �<br />
Abb. 5.11: Foto einer Spur auf der Schwefelplatte<br />
∆ deutlich. Dieser Vektor gibt die Be-