Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ... Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

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27.02.2013 Aufrufe

2 1 Einleitung Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurde ein neues Gesamtkonzept für den Kinematik- und Dynamikunterricht entwickelt, dessen Grundideen in Kapitel 5 dargelegt werden und verschiedene Aspekte integriert. Nach WODZINSKI (1996, S. 5) lassen sich unter allen Untersuchungen zur Frage, welche Konsequenzen aus der Schülervorstellungsforschung für den Unterricht zu ziehen sind, zwei Stränge unterscheiden: Zum einen Untersuchungen, die neue Elementarisierungen vorschlagen und überprüfen, und zum anderen Untersuchungen, die sich mit geeigneten Unterrichtsstrategien beschäftigen. Darüber hinaus gibt es nach WODZINSKI (1996, S. 5) Untersuchungen zu den Möglichkeiten, Schülervorstellungen durch den Einsatz des Computers als Medium zu ändern. Die hier vorliegende Untersuchung betrifft alle drei erwähnten Richtungen: Ausgehend von neuen Möglichkeiten des Computereinsatzes werden für den Mechanikunterricht der beginnenden Oberstufe neue Elementarisierungen unter Nutzung dynamisch ikonischer Repräsentationen vorgeschlagen und dazu ein neues Unterrichtskonzept entwickelt. In diesem Unterrichtskonzept werden auch Aspekte neuer Unterrichtsstrategien verwendet, die z.T. ebenso erst durch den Computereinsatz und durch dynamisch ikonische Repräsentationen möglich werden. MANDL beschreibt drei Funktionen neuer Medien für das Lehren und Lernen (Mandl et al., 1998, S. 5 und S. 19-26): Erstens als innovatives Tool im Sinne eines Werkzeugs für die Anregung und Unterstützung von Lehr-Lernprozessen im Unterricht, zweitens als Anlass für die Entwicklung und Anwendung neuer Lehr-Lernformen und drittens als Unterrichtsgegenstand. In diesem Unterrichtskonzept wird der Computer hauptsächlich im Sinne der ersten Funktion genutzt. Es geht dabei nicht darum, den traditionellen Unterricht mit Multimedia-Elementen zu bereichern, sondern mit den Möglichkeiten der dynamisch ikonischen Repräsentationen neue Vorgehensweisen, neue Elementarisierungen, neue Unterrichtsstrategien und neue Schwerpunktsetzungen zu realisieren. Dazu werden den Lehrern viele Hilfen für den Unterricht an die Hand gegeben. Kapitel 6 enthält die Evaluation dieses Unterrichtskonzeptes, das von 13 Lehrern in 17 Klassen eingesetzt wurde. Dabei interessiert sowohl, welche Erfahrungen die Lehrer mit diesem Konzept machten, als auch welche Ergebnisse die Schüler in verschiedenen Verständnistests im Vergleich zu herkömmlich unterrichteten Klassen erzielten. Das Vorbereitungs- und Begleitseminar für die teilnehmenden Lehrer in Kombination mit den erstellten Unterrichtsmaterialien und erläuternden Texten, die von den Lehrern in deren Unterrichtsvorbereitung durchgearbeitet wurde, ist außerdem eine neue wirkungsvolle Art der Lehrerfortbildung mit Langzeitwirkung. In Kapitel 7 wird noch von weiterem Einsatz von Teilen des Unterrichtskonzeptes in anderen Projekten berichtet. Neben der Zusammenstellungen einiger theoretischer physikdidaktischer Grundlagen (Kapitel 2, 3 und 4.1 bis 4.3) wird in dieser Arbeit vor allem ein Konzept entworfen, begründet (Kapitel 4.4 und 5) und empirisch evaluiert (Kapitel 4.5, 6. und 7) (Konzeption und Entwicklung sowie Implementation und Evaluation). 1.2 Zielsetzung der Arbeit Ein Ziel dieser Arbeit war, ein Unterrichtskonzept für den Kinematik- und Dynamikunterricht zu Beginn der Oberstufe des Gymnasiums zu entwickeln, das durch den Einsatz geeigneter bildlicher Repräsentationen den Schülern das Verstehen der newtonschen Mechanik erleichtert. Im Zusam-

1 Einleitung 3 menhang mit den Möglichkeiten ikonischer Repräsentationen am Computer sollten Möglichkeiten für neue Elementarisierungen und neue Unterrichtsstrategien aufgezeigt werden. Da nicht davon ausgegangen wird, dass eine doppelte Codierung im Unterricht mit Sprache und Bild bzw. allgemein eine Multicodierung immer automatisch zu besserem Lernen führt, war zu überlegen, wo und wie ikonische Repräsentationen sinnvoll erscheinen. Beispielsweise ermöglicht heute der Einsatz eines Computers zur Messwerterfassung und zur dynamischen Darstellung der Messwerte mittels Vektorpfeilen die didaktisch sinnvolle Einführung der kinematischen Größen anhand allgemeiner zweidimensionaler Bewegungen (Kapitel 5.3.1 bis 5.3.3), um so bei den Schülern ein vektorielles Verständnis dieser Größen zu erreichen. Ein anderes Einsatzgebiet ikonischer Repräsentationen betrifft die graphische Modellbildung, bei der die berechneten Abläufe durch Animationen dargestellt werden. Diese graphische Modellbildung hilft den Schülern in der Dynamik, die entscheidenden Wirkungszusammenhänge zu erfassen und damit ein strukturelles Verständnis zu gewinnen (Kapitel 4). Das Unterrichtskonzept sollte aber nicht nur die Schüler, die danach unterrichtet wurden, erreichen, d.h. deren Vorstellungen verändern, sondern auch die Lehrer erreichen, d.h. dass sie dieses Konzept aufgrund ihrer Unterrichtserfahrungen so überzeugt, dass sie es weiterhin einsetzen und weiterempfehlen. Dazu muss es nicht nur in der augenblicklichen Schulsituation gemäß dem gerade gültigen Lehrplan durchführbar sein. Für die Lehrer muss das Konzept auch einsichtig, die Grundideen ohne großen Aufwand umsetzbar sein und sie müssen bei diesem Vorgehen genügend positive Rückmeldung von den Schülern erhalten. Um den Transfer der Ideen in den Unterricht zu unterstützen, wurden Unterrichtsmaterialien für die Lehrer erstellt (siehe Kapitel 5.5) und eine Lehrerfortbildung durchgeführt. Um zu prüfen, inwieweit beide Ziele erreicht werden, nämlich einerseits das Verständnis der newtonschen Mechanik bei den Schülern zu fördern und anderseits die Lehrer von dem Konzept zu überzeugen, wurden zwölf Lehrer gewonnen, die den gesamten Unterricht in insgesamt 16 Klassen durchführten. Abschließend wurden die Akzeptanz und die Einschätzung der Lehrer, die entsprechend unterrichteten, erhoben (siehe Kapitel 6.3). Damit sollte die Umsetzbarkeit des Konzeptes bzw. einzelner Aspekte durch Lehrer, die das Konzept nicht mit entwickelten, überprüft werden. Um zu ermitteln, ob die Schüler bei diesem Unterricht mehr Verständnis der newtonschen Mechanik erreichten, wurden Veränderungen in den Schülervorstellungen (Vor-/Nachtest-Design) mit Veränderungen in konventionell unterrichteten Klassen verglichen (Trainings-/Kontrollgruppen- Design). Aufgrund der Rahmenbedingungen waren nur paper-and-pencil-Tests möglich. Dabei war bewusst, dass nicht alle Bedingungen in den Versuchsklassen und Vergleichsklassen genau kontrolliert werden konnten. Da es sich nicht um wenige Prinzipien und um keine kurze Unterrichtssequenz handelte, sondern um ein Unterrichtskonzept für mindestens ein halbes Schuljahr, ist dies im gegebenen finanziellen und organisatorischen Rahmen nicht möglich. Die Arbeit verfolgt also einen globalen Ansatz aus physikdidaktischer Sicht, der den Unterricht in ganzen Klassen im Blick hat, und nicht spezielle Fragestellungen zum Lernen mit dynamisch ikonischen Repräsentationen aus psychologischer Sicht (siehe Kapitel 3.2.3, letzter Absatz).

2 1 Einleitung<br />

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurde ein neues Gesamtkonzept für den <strong>Kinematik</strong>- <strong>und</strong> <strong>Dynamik</strong>unterricht<br />

entwickelt, dessen Gr<strong>und</strong>ideen in Kapitel 5 dargelegt werden <strong>und</strong> verschiedene<br />

Aspekte integriert. Nach WODZINSKI (1996, S. 5) lassen sich unter allen Untersuchungen <strong>zur</strong> Frage,<br />

welche Konsequenzen aus der Schülervorstellungsforschung für den Unterricht zu ziehen sind, zwei<br />

Stränge unterscheiden: Zum einen Untersuchungen, die neue Elementarisierungen vorschlagen <strong>und</strong><br />

überprüfen, <strong>und</strong> zum anderen Untersuchungen, die sich mit geeigneten Unterrichtsstrategien beschäftigen.<br />

Darüber hinaus gibt es nach WODZINSKI (1996, S. 5) Untersuchungen zu den Möglichkeiten,<br />

Schülervorstellungen durch den Einsatz des Computers als Medium zu ändern. Die hier vorliegende<br />

Untersuchung betrifft alle drei erwähnten Richtungen: Ausgehend von neuen Möglichkeiten<br />

des Computereinsatzes werden für den Mechanikunterricht der beginnenden Oberstufe neue<br />

Elementarisierungen unter Nutzung dynamisch ikonischer Repräsentationen vorgeschlagen <strong>und</strong><br />

dazu ein neues Unterrichtskonzept entwickelt. In diesem Unterrichtskonzept werden auch Aspekte<br />

neuer Unterrichtsstrategien verwendet, die z.T. ebenso erst durch den Computereinsatz <strong>und</strong> durch<br />

dynamisch ikonische Repräsentationen möglich werden.<br />

MANDL beschreibt drei Funktionen neuer Medien für das Lehren <strong>und</strong> Lernen (Mandl et al., 1998, S.<br />

5 <strong>und</strong> S. 19-26): Erstens als innovatives Tool im Sinne <strong>eines</strong> Werkzeugs für die Anregung <strong>und</strong> Unterstützung<br />

von Lehr-Lernprozessen im Unterricht, zweitens als Anlass für die Entwicklung <strong>und</strong><br />

Anwendung neuer Lehr-Lernformen <strong>und</strong> drittens als Unterrichtsgegenstand. In diesem Unterrichtskonzept<br />

wird der Computer hauptsächlich im Sinne der ersten Funktion genutzt. Es geht dabei nicht<br />

darum, den traditionellen Unterricht mit Multimedia-Elementen zu bereichern, sondern mit den<br />

Möglichkeiten der dynamisch ikonischen Repräsentationen neue Vorgehensweisen, neue Elementarisierungen,<br />

neue Unterrichtsstrategien <strong>und</strong> neue Schwerpunktsetzungen zu realisieren. Dazu werden<br />

den Lehrern viele Hilfen für den Unterricht an die Hand gegeben.<br />

Kapitel 6 enthält die <strong>Evaluation</strong> dieses Unterrichtskonzeptes, das von 13 Lehrern in 17 Klassen eingesetzt<br />

wurde. Dabei interessiert sowohl, welche Erfahrungen die Lehrer mit diesem Konzept<br />

machten, als auch welche Ergebnisse die Schüler in verschiedenen Verständnistests im Vergleich zu<br />

herkömmlich unterrichteten Klassen erzielten. Das Vorbereitungs- <strong>und</strong> Begleitseminar für die teilnehmenden<br />

Lehrer in Kombination mit den erstellten Unterrichtsmaterialien <strong>und</strong> erläuternden Texten,<br />

die von den Lehrern in deren Unterrichtsvorbereitung durchgearbeitet wurde, ist außerdem eine<br />

neue wirkungsvolle Art der Lehrerfortbildung mit Langzeitwirkung. In Kapitel 7 wird noch von<br />

weiterem Einsatz von Teilen des Unterrichtskonzeptes in anderen Projekten berichtet.<br />

Neben der Zusammenstellungen einiger theoretischer physikdidaktischer Gr<strong>und</strong>lagen (Kapitel 2, 3<br />

<strong>und</strong> 4.1 bis 4.3) wird in dieser Arbeit vor allem ein Konzept entworfen, begründet (Kapitel 4.4 <strong>und</strong><br />

5) <strong>und</strong> empirisch evaluiert (Kapitel 4.5, 6. <strong>und</strong> 7) (<strong>Konzeption</strong> <strong>und</strong> Entwicklung sowie Implementation<br />

<strong>und</strong> <strong>Evaluation</strong>).<br />

1.2 Zielsetzung der Arbeit<br />

Ein Ziel dieser Arbeit war, ein Unterrichtskonzept für den <strong>Kinematik</strong>- <strong>und</strong> <strong>Dynamik</strong>unterricht zu<br />

Beginn der Oberstufe des Gymnasiums zu entwickeln, das durch den Einsatz geeigneter bildlicher<br />

Repräsentationen den Schülern das Verstehen der newtonschen Mechanik erleichtert. Im Zusam-

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