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Betrifft: Betreuung 10

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Teil I Der 11. VGT Diskussionsbeiträge und Arbeitsergebnisse<br />

Nach den Empfehlungen der Bundesärztekammer 36 sollte eine Patientenverfügung<br />

die Situationen, in denen sie greifen soll, beispielsweise durch Verwendung der<br />

Worte Sterbephase, nicht aufhaltbare schwere Leiden, dauernder Verlust der Kommunikationsfähigkeit<br />

(z.B. Demenz, apallisches Syndrom, Schädelhirntrauma, akute<br />

Lebensgefahr, irreversible Bewusstlosigkeit) konkret beschreiben. Hinsichtlich der<br />

Formulierung von konkreten Vorgaben für Umfang durchzuführender bzw. zu beendigender<br />

ärztlicher Maßnahmen37 käme die Verwendung von Begriffen wie künstliche<br />

Ernährung, Beatmung, Dialyse, Organersatz, Wiederbelebung, Verabreichung von<br />

Medikamenten (Antibiotika, Psychopharmaka oder Zytostatika, Schmerzbehandlung)<br />

Art der Unterbringung und Pflege, andere betreuerische Maßnahmen, Hinzuziehung<br />

eines oder mehrerer weiterer Ärzte, alternative Behandlungsmaßnahmen,<br />

Gestaltung des Sterbeprozesses etc. in Betracht. Diese Beschreibungen würden im<br />

Idealfall zudem durch eine Darstellung der Lebenseinstellungen und Überzeugung<br />

des Verfassers sowie seiner individuellen Bewertung von Schmerzen und schweren<br />

Schäden in der verbleibenden Lebenszeit ergänzt.<br />

Von Bedeutung ist ferner, ob es sich um eine individuell verfasste Erklärung oder um<br />

die Übernahme von Beschreibungen aus einem Formular handelt. Auch die Mehrzahl<br />

der bisher als Voraussetzungen einer Bindungswirkung einer Patientenverfügung diskutierten<br />

Punkte – auf eine Anknüpfung wurde im Gesetzentwurf-Stünker et al.<br />

bewusst verzichtet38 – wie eine vorherige ärztliche und/oder rechtliche Aufklärung<br />

des Betroffenen, eine notarielle Beurkundung der Erklärung, eine Bestätigung der<br />

Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen zum Zeitpunkt des Verfassens der Patientenverfügung<br />

durch Arzt oder Notar, der Zeitraum, der seit der Errichtung der Patientenverfügung<br />

bzw. ihrer Aktualisierung vergangen ist, usw. sind wichtige Anhaltspunkte<br />

und daher zu ermitteln, soweit dies möglich ist. 39<br />

2. Weitere Erkenntnisquellen<br />

Bereits in seiner strafrechtlichen Entscheidung aus dem Jahr 1994 stellt der BGH40 fest, dass als Erkenntnisquellen für den mutmaßlichen Willen des Betroffenen neben<br />

seinen früheren schriftlichen Äußerungen frühere mündliche Äußerungen, dessen<br />

religiöse Überzeugung und sonstige persönlichen Wertvorstellungen, seine altersbedingte<br />

Lebenserwartung oder das Erleiden von Schmerzen in Betracht kommen.<br />

Die vom BGH genannten Kriterien entsprechen – mit Ausnahme der altersbedingten<br />

Lebenserwartung – den im Gesetzentwurf-Stünker et al. in § 1901a Abs. 2 BGB-E und<br />

den in den Empfehlungen der Bundesärztekammer genannten Anhaltspunkten, die<br />

ein Betreuer bzw. Bevollmächtigter bei der Orientierung ihrer Entscheidung am mutmaßlichen<br />

Willens des Betroffenen zu beachten haben. Es ist zu begrüßen, dass im<br />

36 Empfehlungen der BÄK und der Zentralen Ethikkommission der BÄK zum Umgang mit Vorsorgevollmacht<br />

und Patientenverfügung in der ärztlichen Praxis, DÄBl. A 2007, 891, 894.<br />

37 Nach dem österreichischen Patientenverfügungsgesetz können in einer verbindlichen Patientenverfügung<br />

„medizinische Behandlungen“ nur abgelehnt werden, § 4 PatVG.<br />

38 BT-Drs. 16/8442, 14; anders der österreichische Gesetzgeber, der als Voraussetzungen einer<br />

Bindungswirkung beispielsweise eine vorherige ärztliche Aufklärung, § 5 PatVG, und eine<br />

Errichtung, die nicht länger als fünf Jahre zurückliegt, § 7 PatVG, benennt.<br />

39 Nach dem Entwurf Zöller et al. soll in einer Patientenverfügung angegeben werden, zu welcher<br />

Zeit und an welchem Ort sie verfasst wurde, § 1901c Satz 1 BGB-E. Hingegen kennt der Entwurf<br />

von Bosbach et al. Vorgaben wie eine ärztliche und rechtliche Aufklärung und eine notarielle<br />

Beurkundung, deren Nichteinhalten dazuführt, dass dem Inhalt der Erklärung nur dann Geltung<br />

zu Verschaffen ist, wenn eine unheilbar, tödlich verlaufende Krankheit vorliegt oder der Betroffene<br />

ohne Bewusstsein ist und dieses mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch<br />

nicht mehr wiedererlangen wird, § 1901b Abs. 3 BGB-E, jetzt § 1901a Abs. 3 BGB.<br />

40 BGH, BGHST 40, 257 ff. = NJW 1995, 204 = MedR 1995, 72= ArztR 1995, 184 = R & P 1995,<br />

34 = MDR 1995, 80 = JR 1995.<br />

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