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Betrifft: Betreuung 10

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Teil I Der 11. VGT Diskussionsbeiträge und Arbeitsergebnisse<br />

Betreuer bzw. Bevollmächtigter haben die Patientenverfügung auszulegen, um eine<br />

antizipierende Entscheidung des Betroffenen umzusetzen oder eine stellvertretende<br />

Entscheidung treffen zu können. Lebenspartnern, Ehegatten und Kindern kommt in<br />

erster Linie eine Kontrollfunktion 26 gegenüber dem Handeln von Betreuer bzw. Bevollmächtigten<br />

und Arzt sowie Pflegepersonal zu. Für Ärzte und andere an der Behandlung<br />

beteiligte Personen ist die Patientenverfügung wie für Betreuer bzw. Bevollmächtigte<br />

im Rahmen ihrer Verantwortung handlungsleitende Verpflichtung aus dem<br />

Vertrag mit dem Betroffenen. 27 Legen Arzt und Pflegende sowie Betreuer bzw. Bevollmächtigten<br />

die Verfügung unterschiedlich aus, wird nach der Rechtssprechung des<br />

BGH und ebenso nach dem Gesetzentwurf von Stünker et al., § 1904 Abs. 4, 5<br />

BGB-E28 , eine Auslegung der Verfügung durch das <strong>Betreuung</strong>sgericht29 erforderlich.<br />

An dieser Stelle ist auf eine Konsequenz des Gesetzentwurf-Stünker et al. hinzuweisen,<br />

die erhebliche Auswirkungen auf die Praxis im Umgang mit Patientenverfügungen<br />

haben könnte: Nach den Empfehlungen der Bundesärztekammer sind – wie dargestellt<br />

– auch mündliche Patientenverfügungen und mündliche Vorsorgevollmachten<br />

wirksam. Nach ihnen ist demnach ein Verzicht auf eine weitere Behandlung bzw. den<br />

Beginn einer Behandlung bereits dann möglich, wenn sich aus dem Gespräch zwischen<br />

Arzt und Angehörigen für den Arzt eine Bevollmächtigung des Angehörigen<br />

ergibt und beide übereinstimmend einen entsprechenden Willen des Betroffenen<br />

annehmen. Von der Vorgaben der Bundesärztekammer gedeckt wäre zudem ein ärztliches<br />

Handeln, das allein auf einer (mündlichen) Patientenverfügung des Betroffenen<br />

beruht, sofern die Verfügung nach Ansicht des Arztes eine antizipierende Entscheidung<br />

enthält. 30 Der Gesetzentwurf-Stünker et al. schließt diese Praxis aus: Zum einen<br />

macht der Entwurf Schriftform zur Wirksamkeitsvoraussetzung sowohl von Patientenverfügungen<br />

als auch von Vorsorgevollmachten, §§ 1901a Abs. 1 Satz 1, 1904 Abs. 5<br />

BGB-E. Zum anderen ist ein ärztliches Handeln allein aufgrund einer antizipierenden<br />

Erklärung bei Einwilligungsunfähigkeit des Patienten nicht mehr zulässig. 31 Es ist zu<br />

vermuten, dass das Inkrafttreten einer derartigen Regelung dazu führen wird, dass<br />

Einrichtungen Betroffene aktiver über Patientenverfügungen beraten werden.<br />

V. Feststellen der Auslegungsbedürftigkeit einer Patientenverfügung<br />

Bei der Auslegung einer Patientenverfügung als einseitiger Erklärung ist auf die für<br />

rechtsgeschäftliche Willenserklärungen geltenden Grundsätze zurückzugreifen. 32<br />

Eine erste Besonderheit von Patientenverfügungen stellt dar, dass der Erklärende<br />

selbst nicht mehr unmittelbar zur Auslegung der Erklärung beitragen kann.<br />

26 Diese Funktion wird auch im Entwurf von Zöller et al. betont, 19 f.<br />

27 Gesetzentwurf-Stünker, BT-Drs. 16/8442, 15.<br />

28 Ebenso Entwurf Zöller et al. § 1904 Abs. 2 BGB-E; hingegen ist nach dem Entwurf Bosbach et<br />

al. eine Genehmigung auch dann erforderlich, wenn noch keine unheilbare, tödlich verlaufende<br />

Krankheit vorliegt – beispielsweise bei Patienten im Wachkoma, § 1904 Abs. 2, Abs. 3 BGB-E,<br />

jetzt § 1904 Abs. 4 BGB.<br />

29 In diesem Beitrag wird sich auf das FamFG bezogen.<br />

30 Nach BÄK DÄBl. A 2004, 1298, 1299 ist bei Patienten im Wachkoma, die keine Person bevollmächtigt<br />

haben, (Verfasserin: nur) in der Regel die Bestellung eines Betreuers erforderlich; nach<br />

Coeppicus FPR 2007, 63, 67 ist beim Vorliegen einer Patientenverfügung, in der eine Entscheidung<br />

für die aktuelle Situation getroffen wird, die Bestellung eines Betreuers nicht erforderlich;<br />

ebenso Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, § 1904, Rn. 181 f.<br />

31 Gesetzentwurf-Stünker, BT-Drs. 16/8442, 11: „Zudem wird festgelegt, wer bei aktueller Entscheidungsunfähigkeit<br />

des Betroffenen die Entscheidung über die Durchführung und die Fortdauer<br />

einer ärztlichen Maßnahme treffen kann (und) wer einer vom Betroffenen in einer Patientenverfügung<br />

getroffenen Entscheidung gegebenenfalls Ausdruck und Geltung verschaffen soll.<br />

32 Gesetzentwurf-Stünker, BT-Drs. 16/8442, <strong>10</strong>.<br />

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