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Betrifft: Betreuung 10

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Teil I Der 11. VGT Diskussionsbeiträge und Arbeitsergebnisse<br />

gen und Überzeugungen Dritter das Verständnis einer Patientenverfügung prägen –<br />

wie dies nach Studien vielfach der Fall ist. 12<br />

II. Ziele der Auslegung einer Patientenverfügung<br />

Die Auslegung des Inhalts einer Patientenverfügung betrifft zwei zu unterscheidende<br />

Problemstellungen: 13 zum einen die Frage, für welche Lebens- und Behandlungssituation<br />

der Betroffene welche Maßnahme wünscht oder ablehnt, und zum anderen<br />

die, ob die Verfügung für einen Betreuer bzw. Bevollmächtigten bindend sein soll, der<br />

Betroffene eine antizipierende Entscheidung treffen wollte. Die genannten, die Auslegung<br />

der Patientenverfügung selbst betreffenden Fragestellungen sind von zwei weiteren<br />

Problemen abzugrenzen: nämlich einerseits, ob eine Patientenverfügung zum<br />

Zeitpunkt einer zu treffenden Entscheidung noch gültig ist, da sie nicht zwischenzeitlich<br />

vom Betroffenen widerrufen wurde, und anderseits, ob die Patientenverfügung<br />

eine Aussage gerade auch für die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation trifft.<br />

Dieser Beitrag befasst sich ausschließlich mit der Auslegung einer Patientenverfügung.<br />

Kriterien und Verfahren zur Auslegung einer Patientenverfügung werden sich<br />

jedoch vielfach auf solche zur Feststellung des Widerrufs einer Patientenverfügung<br />

und ihrer Passgenauigkeit auf eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation übertragen<br />

lassen. In der Praxis werden die genannten Feststellungen meist gleichzeitig<br />

zu treffen sein, da sie alle vor einer Entscheidung von Betreuer und Bevollmächtigten<br />

bzw. vor der Durchsetzung einer Entscheidung des Betroffenen geklärt sein müssen.<br />

Sie sind gleichwohl zu unterscheiden, denn bereits ihr Vermischen birgt die Gefahr<br />

einer Fehlinterpretation der Patientenverfügung.<br />

III. Was ist eine Patientenverfügung (im Sinne dieses Beitrags)?<br />

In diesem Beitrag umfasst der Begriff Patientenverfügung jede mündliche oder<br />

schriftliche Erklärung: auch diejenige, durch die der Betroffene keine antizipierende<br />

Entscheidung treffen wollte, obwohl er konkrete Vorgaben gemacht hat, auch solche,<br />

durch die der Betroffene zwar eine bindende Regelung anstrebte, ihm dies jedoch<br />

nicht gelungen ist, da er den Inhalt der Patientenverfügung nicht konkret genug<br />

gefasst hat, und dergleichen die, durch die er von vornherein nur allgemeine Vorgaben<br />

treffen wollte. 14 Zudem sind auch Erklärungen einwilligungsfähiger Minderjähriger<br />

umfasst, die ebenfalls entscheidender Maßstab für das stellvertretende Handeln<br />

ihrer sorgeberechtigten Eltern, eines Vormunds oder Pflegers sind. 15<br />

Der Begriff wird weit gefasst, da sich nach hier vertretener Ansicht erst aus einer Auslegung<br />

der Verfügung ergibt, ob die Patientenverfügung hinreichend konkrete Vorgaben<br />

und eine antizipierende Entscheidung enthält und sie daher bei Vorgaben auch<br />

für die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Betroffenen eine stellvertre-<br />

12 Befragungen von Vormundschaftsrichtern durch Simon/Lipp/Tietze/Nickel/van Oorschot MedR<br />

2004, 303 ff. sowie Höfling/Schäfer, Leben und Sterben in Richterhand?, 2006; von Ärzten durch<br />

van Oorschot/Nickel/Simon Deutsche DMW 135 (2005), 261 ff. Höfling/Schäfer ermittelten beispielsweise<br />

eine signifikante Abhängigkeit des Inhalts der gerichtlichen Entscheidungen vom<br />

Umfang der Kenntnisse über die Befindlichkeit eines Menschen im Wachkoma, dem Vorhandensein<br />

bzw. Fehlen einer eigenen Patientenverfügung, 98 f., sowie von Alter, Familienstand,<br />

Konfession und betreuungsrechtlicher Berufserfahrung des Richters, 95 f.<br />

13 Ähnlich Lipp, Patientenautonomie und Lebensschutz, 2005, 24 f.<br />

14 Einen ähnlich weiten Begriff kennen die Empfehlungen der BÄK und der Zentralen Ethikkommission<br />

der BÄK, DÄBl. A 2007, 891, 893, 896, sowie der Entwurf Zöller et al. § 1901b BGB-E.<br />

15 Nach hier vertretener Ansicht sollte einer Erklärung Minderjähriger unter den gleichen Voraussetzungen<br />

wie die von Volljährigen Bindungswirkung zugesprochen werden.<br />

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