Betrifft: Betreuung 10
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Teil I Der 11. VGT Eröffnungsvorträge<br />
werden meist wieder nach Hause entlassen, wo sie sich erholen und in der Sicherheit<br />
ihrer Umgebung an Selbstbewusstsein gewinnen. Die <strong>Betreuung</strong>sbehörde hat genug<br />
Zeit, um mit den Betroffenen und ihren Angehörigen über Alternativen zu sprechen.<br />
Oft ist die Heimfrage dann vom Tisch.<br />
2. Unterbringungsähnliche Maßnahmen insbesondere körpernahe<br />
Fixierungen<br />
Die Verfahren zur Genehmigung (oder Ablehnung!) der Einwilligung in unterbringungsähnliche<br />
Maßnahmen, speziell körpernahen Fixierungen nach § 1906 Abs. 4<br />
BGB verlaufen noch recht unbefriedigend. Heime und Betreuer glauben zu Unrecht,<br />
sie hafteten immer für Verletzungen, die auf Stürzen beruhen und vergessen, dass sie<br />
auch für Schäden haften können, die aus Fixierungen folgen. Mit Bettgitter und<br />
Bauchgurt ist man keineswegs auf „Nummer Sicher“! M.E. werden Atteste, die Fixierungen<br />
befürworten, zu leichfertig erteilt, z.T. auf telefonischen Zuruf der Altenpflegerin<br />
an die Sprechstundenhilfe. Eine Abwägung der Vor- und Nachteile ist bei solchen<br />
Vorgängen nicht erkennbar. Die Gerichte entscheiden zumeist antragsgemäß, weil<br />
ihnen die Möglichkeiten der Vermeidung von unterbringungsähnlichen Maßnahmen<br />
nicht präsent sind und/oder in ihrem Bezirk auch niemand daran interessiert ist, solche<br />
Möglichkeiten, wie z.B. von Guy Walther4 beschrieben, auch auszuprobieren.<br />
Der Umgang mit unterbringungsähnlichen Maßnahmen ist ein System, welches das<br />
Gericht nicht im Alleingang verändern kann, übernimmt es damit doch Verantwortung<br />
für einen Bereich, den es tatsächlich nicht beeinflussen kann. Hier müssen alle Beteiligten<br />
in die Verantwortung eingebunden werden. Es kann damit beginnen, alle Beteiligten<br />
auf denselben Kenntnisstand zu bringen, etwa in gemeinsamen, durch die<br />
<strong>Betreuung</strong>sbehörde initiierten Veranstaltungen. Bei Zweifeln ist es sinnvoll, sich nicht<br />
mit Attesten zufrieden zu geben, sondern Gutachten einzuholen, womöglich durch<br />
Pflegesachverständige, die Ursachen und Begleitumstände z.B. einer Unruhe weit<br />
differenzierter ausmachen und Empfehlungen zur Abhilfe praxisorientierter aussprechen<br />
können als ärztliche Gutachter. Schließlich sollten die Überprüfungsfristen kürzer<br />
gewählt werden, um deutlich zu machen, dass Fixierungen nicht zur Routine<br />
werden dürfen.<br />
3. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung<br />
Dem Gericht werden Vorsorgevollmachten vorgelegt bei Anträgen auf Genehmigung<br />
unterbringungsähnlicher Maßnahmen, bei Nichtanerkennung der Vollmacht durch<br />
Dritte, bei Zweifeln des Bevollmächtigten an Wirksamkeit und Reichweite der Vollmacht<br />
– und wenn Dritte den Eindruck haben, dass die Vollmacht nicht im Sinne des<br />
betroffenen Menschen verwendet wird.<br />
Es wächst die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für die Art und Weise, in der fremde<br />
Abgelegenheiten besorgt werden. Dieses Interesse reicht vom ärgerlichen Skandalformat<br />
im Fernsehen über ernsthafte Annäherung in Rundfunk und Fernsehen bis zu<br />
Vortragsveranstaltungen und dem Hinschauen im Alltag. So schlug zum z.B. die<br />
„Abteilung Geldwäsche“ einer Bank Alarm, als sie die Bewegung großer Summen<br />
von einem Konto einer alten Dame auf das Konto einer Kundin, die bei ihr einen notleidenden<br />
Kredit hatte, bemerkte. Die Kundin hatte die alleinstehende Dame im Wartezimmer<br />
eines Arztes kennen gelernt und sich von ihr umfangreich bevollmächtigen<br />
lassen.<br />
4 Walther, Freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB, BtPrax 2006, 8.<br />
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