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Betrifft: Betreuung 10

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Teil I Der 11. VGT Eröffnungsvorträge<br />

Aus der wachsenden Vielfalt sollen zwei lokale Projekte herausgegriffen werden:<br />

• Lea-Lese-Club<br />

Behinderte und nichtbehinderte Mitglieder des Clubs – initiiert von der Heilpädagogischen<br />

Fakultät der Universität Köln – treffen sich regelmäßig abends in einem Café,<br />

um gemeinsam ein Buch zu lesen. Man muss nicht lesen können, um daran teilzunehmen,<br />

kann aber Hilfestellung durch einen Assistenten erhalten. Es geht um eine<br />

kulturelle Betätigung in der Öffentlichkeit, nicht um das Pauken von Kulturtechniken.<br />

• Dubbel (= Ansammlung von Wohnungen im selben Gebäude)<br />

Die Lebenshilfe in Münster/Westfalen verhandelt mit Bauträgern von Wohnungsbauprojekten,<br />

um darin mehrere, nah bei einander liegende, für behinderte Menschen<br />

geeignete Wohnungen zu belegen, die dann an Menschen mit Behinderung weiter<br />

vermietet werden. So können sie nebeneinander, aber nicht miteinander wohnen und<br />

erhalten neben der Freiheit auch Geborgenheit. 2<br />

3. Rechtliche <strong>Betreuung</strong>, gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung<br />

von Menschen mit geistiger Behinderung<br />

Die Pflicht des Gerichts und der rechtlichen Betreuer, die Wünsche und Vorstellung<br />

behinderter Menschen im <strong>Betreuung</strong>sverfahren zu berücksichtigen, findet zunehmend<br />

Beachtung. Prägend für die Umsetzung dieser Ziele sind dabei die Kenntnisse<br />

und Haltungen der Richter, Behördenmitarbeiter und Verfahrenspfleger einerseits<br />

und das Engagement der zumeist ehrenamtlichen Angehörigenbetreuer andererseits.<br />

Es leuchtet ein, dass Gerichte und Behörden, die der oben beschriebenen, etwas verkitschten<br />

Sicht behinderter Menschen anhängen, <strong>Betreuung</strong>sverfahren eher durchwinken,<br />

wenn sich die Angehörigen nur „rührend“ um ihre Betreuten kümmern. Da<br />

werden Chancen vertan.<br />

Während die <strong>Betreuung</strong> alter Menschen die Vergangenheit in den Blick nimmt, die<br />

<strong>Betreuung</strong> von Menschen mit psychischen Erkrankungen durch die Dynamik der<br />

Gegenwart bestimmt wird, ist die <strong>Betreuung</strong> von Menschen mit geistiger Behinderung<br />

auf die Zukunft gerichtet. Diese gilt es zu gestalten, darin sind Selbstbestimmung<br />

und Teilhabe zu verwirklichen. Für die Umsetzung dieser Ziele reicht es nicht<br />

aus, nur die Wünsche von Betroffenen, die nie zu einer eigenen Lebensplanung<br />

ermuntert worden sind, abzufragen. Hier müssen die Kontakte zu den oben skizzierten<br />

Beratungs- und Hilfestrukturen geknüpft werden. Konkret gesprochen: Alle Beteiligten<br />

des <strong>Betreuung</strong>sverfahrens sollten Flyer der Beratungsstellen und Kalender der<br />

Fortbildungen und Freizeitangebote verfügbar haben, um Betreute und Betreuer<br />

damit bekannt zu machen und sie mit der Erwartung der Umsetzung zu konfrontieren.<br />

Wird die „Teilhabe nach SGB IX“ mit in den Aufgabenkreis aufgenommen, kann vom<br />

Gericht abgefragt werden, welche Tätigkeit der Betreuer hier entfaltet hat. Es macht<br />

Freude zu sehen, wie neugierig Menschen mit Behinderung auf diese Horizonterweiterung<br />

reagieren und eine Verschiebung der Gewichte zu ihren Gunsten eifrig nutzen.<br />

Im Bereich der körperlichen Unversehrtheit hat die deutliche Erschwerung der Sterilisation<br />

(§ 1905 BGB) eine erhebliche Verbesserung der Selbstbestimmung von Menschen<br />

mit Behinderung erbracht: Anträge auf Genehmigung der Einwilligung in eine<br />

Sterilisation sind sehr selten geworden und können im Regelfall im Vorfeld durch entsprechende<br />

Aufklärung abgewendet werden. Selbst wenn es eine Dunkelziffer geben<br />

2 Hoppe in: Theunissen uund Schirbort, Inklusion von Menschen mit geistiger Behinderung,<br />

Stuttgart 2006, 170.<br />

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