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Betrifft: Betreuung 10

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Teil II Göttinger Workshop zur Sachverhaltsaufklärung nach § 8 BtBG<br />

einzigen Unterschied, dass es der Betroffene ist, der die Erkenntnisse der Behörde für<br />

das Verfahren für notwendig hält, und nicht das Gericht.<br />

III. <strong>Betreuung</strong>sbehörde als Fachbehörde<br />

„Fachliche Autonomie“ bezieht sich, richtig verstanden, auf das eigene Fach, im Falle<br />

der <strong>Betreuung</strong>sbehörde daher auf die Soziale Arbeit. Deren Fach ist es, den Menschen<br />

in seinen gesamten Lebensbezügen zu erfassen, soziale Problemlagen zu<br />

erkennen und deren Ursachen sowie ggf. Mittel zur Bewältigung zu benennen. Es ist<br />

dagegen nicht ihr Fach, spezifisches Fachwissen anderer Disziplinen selbst anzuwenden.<br />

Es ist daher auch nicht sinnvoll, eine Stellungnahme nach § 8 BtBG „unabhängig<br />

von ...medizinischen und psychiatrischen4 Stellungnahmen“ zu erarbeiten,<br />

denn dazu müsste die <strong>Betreuung</strong>sbehörde entweder die Voraussetzungen des<br />

§ 1896 Abs. 1 BGB ignorieren oder sich psychiatrisches Fachwissen selbst anmaßen:<br />

Eine <strong>Betreuung</strong> darf nämlich nicht schon deshalb eingerichtet werden, weil der<br />

Betroffene unfähig ist, seine Angelegenheiten zu besorgen, sondern nur, wenn diese<br />

Unfähigkeit kausal auf eine Krankheit oder Behinderung zurückzuführen ist5 . Das<br />

setzt eine zweifache Diagnose6 voraus, nämlich:<br />

• die medizinische Diagnose des Bestehens einer psychischen Krankheit oder eine<br />

Behinderung;<br />

• die sozialpädagogische Diagnose der Folgen dieser Krankheit oder Behinderung<br />

für die soziale Integration des Betroffenen.<br />

Die sozialpädagogische Diagnose baut auf die medizinische auf, ohne sie kann sie<br />

lediglich eine mehr oder minder vorhandene soziale Desintegration aufzeigen, ohne<br />

die für § 1896 Abs. 1 BGB entscheidende Frage beantworten zu helfen, ob diese in<br />

der Krankheit oder Behinderung eine Ursache im juristischen Sinne – nämlich im<br />

Sinne einer conditio sine qua non – hat. Ignoriert die Behörde medizinische Stellungnahmen,<br />

muss sie hierzu die Diagnose der Krankheit oder Behinderung ebenfalls treffen,<br />

wozu sie aber fachlich nicht berufen ist. Die einzelnen Voraussetzungen des<br />

§ 1896 Abs. 1 BGB können weder isoliert voneinander beurteilt7 noch aufgeklärt werden.<br />

IV. Zusammenarbeit mit dem Betroffenen<br />

Ein Mandat zur Beratung des Betroffenen mag aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht<br />

abgeleitet werden können. Aus § 14 SGB I folgt es übrigens nicht, denn die<br />

<strong>Betreuung</strong>sbehörde ist keine Sozialbehörde. Dass die <strong>Betreuung</strong>sbehörde den<br />

Betroffenen vor seiner Befragung darüber aufklärt, weswegen er befragt wird, welche<br />

Bedeutung das gerichtliche Verfahren für ihn haben kann und übrigens auch darüber,<br />

dass er zur Mitwirkung nicht verpflichtet ist, folgt schon aus allgemeinen Verfahrensgrundsätzen<br />

8 . Ein Verfahren ist nur „fair“, wenn derjenige, den es betrifft, die Gelegenheit<br />

zur aktiven Mitwirkung hat.<br />

Hier endet dann aber auch die „Zusammenarbeit“. Hat die Behörde den Eindruck,<br />

dass der Betroffene eines Beistandes bedarf, weist sie ihn auf die Möglichkeit zur Ein-<br />

4 Das ist, nebenbei bemerkt, auch sprachlich verunglückt, denn psychiatrische sind medizinische<br />

Stellungnahmen.<br />

5 Münchener Kommentar-BGB/Schwab § 1896 Rn. 21.<br />

6 Erman/A.Roth § 1896 Rn. 18 drückt dies so aus: „Der medizinische Befund muss ein sozio-juridisches<br />

Defizit zur Folge haben.“<br />

7 Heidelberger Kommentar – <strong>Betreuung</strong>s- und Unterbringungsrecht/Bauer § 1896 Rn. 139.<br />

8 Es folgt im Übrigen auch aus dem Datenschutzrecht, vgl. z.B. § 12 Abs. 2 Satz 1 LDSG-NRW.<br />

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