Betrifft: Betreuung 10
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D. Kommentar aus rechtswissenschaftlicher Sicht<br />
Es hat Konsequenzen aber auch für die Formulierung des Aufgabenkreises. Wird er<br />
zu eng formuliert, entsteht ein Vakuum: Angelegenheiten, die der Betroffene nicht<br />
selbst wahrnehmen kann und sein Betreuer ebenfalls nicht. Die – dann notwendige –<br />
Erweiterung des Aufgabenkreises kann bedeuten, dass Gericht und Behörde solche<br />
Angelegenheiten einer Vorab-Zweckmäßigkeitskontrolle unterwerfen. Privatautonomie<br />
ist aber eben Privatautonomie ohne solche Einschränkung durch staatliche Institutionen.<br />
Ein Betreuer muss in allen Bereichen, in denen der Betreute seiner<br />
Rechtsfürsorge bedarf, agieren und darf nicht nur reagieren können. Daher ist es<br />
nach wie vor richtig, dem Betreuer alle Angelegenheiten des Betroffenen explizit zur<br />
Wahrnehmung zu übertragen, wenn sein Zustand einer ist, in dem er keine seiner<br />
Angelegenheiten selbst besorgen kann. Auch hier muss es „so eng wie möglich, aber<br />
so weit wie nötig“ heißen.<br />
II. Verfahrensstellung der <strong>Betreuung</strong>sbehörde<br />
Die <strong>Betreuung</strong>sbehörde kann im erstinstanzlichen Verfahren des Vormundschaftsgerichts<br />
– ab 1. September 2009: des <strong>Betreuung</strong>sgerichts – in zwei unterschiedlichen<br />
Rollen tätig werden, nämlich<br />
• als Erkenntnisquelle für das Gericht im Sinne von § 68a Satz 1 FGG (§ 279 Abs. 2<br />
FamFG-E),<br />
• als Verfahrensbeteiligte.<br />
Ob die Behörde als Erkenntnisquelle vonnöten ist, entscheidet das Gericht im Rahmen<br />
der allgemeinen Amtsaufklärungspflicht (§ 12 FGG, §§ 26, 29 Abs. 1 FamFG-E),<br />
wenn es nicht durch ein entsprechendes Anhörungsverlangen des Betroffenen<br />
gebunden ist.<br />
Die Behörde gehört darüber hinaus aber zu den Stellen, die vom Gericht als Beteiligte<br />
zum Verfahren hinzugezogen werden oder aufgrund einer eigenen Entscheidung ihre<br />
Beteiligung verlangen können3 . Sie kann dann sowohl Sach- als auch Verfahrensanträge<br />
stellen. Sie ist nicht mehr nur Unterstützerin des Gerichts i.S.v. § 8 Satz 1 BtBG,<br />
sondern trägt dann selbst Mitverantwortung für die Rechtmäßigkeit sowohl des Verfahrens<br />
als auch der verfahrensabschließenden Entscheidung, wie aus der besonderen<br />
Beschwerdebefugnis des § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG (§ 303 Abs. 1 FamFG-E) folgt.<br />
Diese Aufgabe ist durch § 9 BtBG im Verwaltungsrecht der Behörde verankert.<br />
Die Standards zu § 8 BtBG sollten m.E. um einen Passus ergänzt werden, der die<br />
„Wachsamkeit“ der Behörde hinsichtlich des <strong>Betreuung</strong>sverfahrens im Ganzen<br />
anregt und ihr Hinweise darauf gibt, ab wann es sinnvoll sein kann, in die Beteiligtenrolle<br />
zu schlüpfen.<br />
Soweit die Behörde konkrete Entscheidungsvorschläge unterbreitet – wozu sie m.E.<br />
aufgrund von § 8 BtBG nur hinsichtlich der in Frage kommenden Personen (Betreuer<br />
oder Verfahrenspfleger) verpflichtet, wohl aber auch sonst berechtigt ist – muss klar<br />
sein, ob sie dies nur als Entscheidungshilfe für das Gericht verstanden wissen will<br />
oder als Antrag, bei dem sie sich die Durchsetzung durch Anrufung der nächsten<br />
Instanz vorbehält.<br />
Wird die Behörde auf Verlangen des Betroffenen angehört, verändert dies ihre Verfahrensstellung<br />
nicht. Sie wird dadurch nicht zum Interessenvertreter des Betroffenen,<br />
sondern unterstützt auch dann das Gericht als Erkenntnisquelle mit dem<br />
3 Vgl. §§ 7 Abs. 3, 274 Abs. 3 FamFG-E, dazu dass dies in etwa auch schon jetzt geltendes Recht<br />
ist: Fröschle/Fröschle § 13 FGG Rn. 3 f.<br />
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