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Betrifft: Betreuung 10

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Teil II Göttinger Workshop zur Sachverhaltsaufklärung nach § 8 BtBG<br />

tigt. Dies ist insofern problematisch, als nicht nur die Diagnostik, sondern auch<br />

Interventionsansätze an den Selbstdeutungen der Klientel anknüpfen müssen, um in<br />

der Praxis wirksam zu sein. Für die Profession Sozialer Arbeit „besteht der Gewinn in<br />

der Sensibilisierung für die Bedeutung biographischer Wissenskontexte und Sinnhorizonte<br />

sowie der Aussicht auf eine erfolgreiche Unterstützungsleistung“ (Hanses,<br />

2002, S. 98). Dies gilt m. E. in besonderem Maße für das <strong>Betreuung</strong>swesen.<br />

Um die oben genannten Fragen der Sozialberichterstattung zu beantworten, muss<br />

überdies die ‚Passung’ zwischen Subjekt und ‚objektiver’ Außenwelt erfasst werden.<br />

Dafür sind sozial- und lebensweltorientierte diagnostische Instrumente ein zentrales<br />

Element. Besonders lebensnah lässt sich das Ausmaß der Beeinträchtigung auf der<br />

Ebene der ‚Person-in-der-Situation’ mit den ‚fünf Säulen der Identität’ aus dem Konzept<br />

der Integrativen Therapie und Beratung erheben (vgl. u. a. Petzold et al., 2000).<br />

Die fünf Säulen der Identität – Leiblichkeit bzw. Gesundheitszustand, soziales Umfeld,<br />

Arbeit/Freizeit/Leistung, materielles und kulturelles Kapital’ (Bourdieu, 1992) und<br />

Wertvorstellungen – werden entlang den inneren Repräsentanzen durch den/die KlientIn<br />

bildlich oder durch Sprache dargestellt (vgl. dazu anschaulicher Gahleitner,<br />

2005). Jede der Säulen lässt sich auf Bedarf vertiefen. Das soziale Umfeld und seine<br />

Bedeutung für die Betroffenen z. B. lässt sich mit Hilfe des sozialen oder sozio-kontextuellen<br />

Atoms (Gahleitner, 2005; Märtens, 1997) diagnostisch erfassen oder – je<br />

nach Zeit und Ressourcen – zu einer Ecomap (Cournoyer, 1996; vgl. ausführliche<br />

Beschreibung des Vorgehens bei Pauls, 2004) ausweiten, die in den sozialen Kontext<br />

einer Person zusätzlich die beteiligten Institutionen und das Hilfenetzwerk integriert<br />

und damit die umgebende soziale Welt repräsentiert (vgl. weitere Instrumente bei<br />

Pantucek, 2008; Bullinger & Nowak, 1998). An dieser Stelle könnten künftig kreativ<br />

geeignete Instrumente für spezifische Zielgruppen in der <strong>Betreuung</strong> angepasst werden.<br />

IV. Komplexität reduzieren und kreativ vorgehen als Aufgabe des<br />

<strong>Betreuung</strong>swesens<br />

Nach Pantucek (2008) sollte soziale Diagnostik (a) Komplexität abbilden und Strukturierung<br />

ermöglichen, (b) (Nicht-)Intervention fachlich begründen, (c) sich an Fragen<br />

der Inklusion orientieren, (d) Selbstaneignungsprozesse fördern und (e) den Dialog<br />

unterstützen. In ihrer Summe muss Diagnostik daher auf eine Strukturierung der komplexen<br />

Informationen hinauslaufen, die die Dimensionen ‚Individuum – soziale<br />

Umwelt’ sowie die Dimensionen ‚Defizite – Ressourcen’ möglichst umfassend, aber<br />

auch prägnant zuweist, damit sie in einen Punktekatalog, wie er von der AG Standards<br />

für die Sozialberichterstattung vorgestellt wurde, eingebracht werden können.<br />

Bei den von Pauls (2004) entwickelten Koordinaten psycho-sozialer Diagnostik und<br />

Intervention handelt es sich um eine Problem- und Ressourcenanalyse, die auf unterschiedliche,<br />

in den vorherigen Abschnitten dargestellte diagnostische Daten zurückgreift.<br />

Dadurch wird sie zu mehr als einem weiteren Instrument, nämlich zum<br />

strukturierenden und ordnenden Orientierungsmodell für den anstehenden Entscheidungsprozess,<br />

sozusagen als ‚diagnostisches Substrat’ aus den bisher gewonnenen<br />

Informationen (vgl. ausführlich an einem Fallbeispiel Gahleitner, 2005).<br />

Insgesamt ermöglicht das geschilderte Vorgehen die dialogisch angelegte Klärung<br />

der Frage, welche Hilfebereiche in der Dimension ‚Klient – primäres soziales System’<br />

bearbeitet werden sollten, mit welchen Ressourcen der beiden Dimensionen gearbeitet<br />

werden kann und welche Defizite auf die Notwendigkeit von spezifischer Unterstützung<br />

verweisen (vgl. dazu im <strong>Betreuung</strong>swesen auch Cremer, 2007). Die<br />

Vorgehensweise der Sozialberichterstattung sollte dialogischem Vorgehen grundsätzlich<br />

verpflichtet sein, sodass Transparenz, Kontrollierbarkeit, Mitsprache und<br />

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