Betrifft: Betreuung 10
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B. Kommentare aus Sicht der Gerichte<br />
<strong>Betreuung</strong>sverfahren einzubringen, sehr zu begrüßen und für die gerichtliche Entscheidungsfindung<br />
von großer Bedeutung.<br />
Der Katalog, der hier erarbeitet worden ist, ist sehr aufwendig. Es ist darauf zu achten,<br />
dass bei dem Umfang der zu ermittelnden Fakten die eigentliche Fragestellung „Was<br />
ist dem Wunsch und Willen der Betroffenen entsprechend zu regeln?“ im Vordergrund<br />
bleibt. Außerdem dürfte es kaum möglich sein, in allen Verfahren einen so<br />
umfangreichen Bericht zu erstellen.<br />
Bei den meisten Behörden wird es darum gehen müssen, zunächst eine Auswahl zu<br />
treffen, in welchen Fällen ein Hausbesuch und weitere Recherche notwendig sind<br />
und in welchen Fällen einige Telefonate ausreichen müssen.<br />
Wenn durch das Gericht die genannte Erstverfügung genutzt wurde, d.h. die Behörde<br />
den Auftrag hat, die Verhältnisse zu überprüfen und gleichzeitig ein Gutachtenauftrag<br />
erteilt wurde, erwartet das Gericht vermutlich keinen umfangreichen Sozialbericht.<br />
Dann muss die Behörde in eigener Verantwortung entscheiden, wie gründlich sie<br />
ermittelt. Das Problem ist allerdings, dass es einer knappen Anregung nicht anzusehen<br />
ist, wie umfangreich der Regelungsbedarf tatsächlich ist. In der Regel wird dies<br />
durch ein Telefonat mit der anregenden Person zu besprechen sein, sodass die MitarbeiterIn<br />
danach entscheiden kann, ob ein Haus- oder Heimbesuch erforderlich ist.<br />
Aus Sicht des Gerichts sind umfangreiche Ermittlungen hilfreich – es sei denn, sie<br />
werden von den Betroffenen als unangenehmer Eingriff erlebt. Da die Kapazitäten<br />
begrenzt sind, ist eine sinnvolle Auswahl zu treffen – bei diesen „offenen“ Aufträgen<br />
durch das Gericht.<br />
Zu beachten ist, dass die GutachterIn und das Gericht ebenfalls einen Hausbesuch<br />
durchführen.<br />
Es kann in einigen Fällen aber auch sinnvoll sein, die Ermittlungen inhaltlich zu<br />
beschränken – und zwar im Interesse der Betroffenen. Die Fragestellung ist: Worin<br />
besteht der rechtliche Regelungsbedarf, der nur durch eine <strong>Betreuung</strong>seinrichtung<br />
erledigt werden kann?<br />
Vielen <strong>Betreuung</strong>sanregungen geht ein konkretes Ereignis voraus oder es gibt einen<br />
konkreten Anlass. Dann ist die Frage, ob sich die Ermittlungen und dann auch die<br />
<strong>Betreuung</strong>sbestellung auf diesen Anlass beschränken sollten. Ziel der <strong>Betreuung</strong>seinrichtung<br />
ist es nicht, die Lebenssituation der Betroffenen komplett besser zu organisieren<br />
und alle Mängel der Vergangenheit zu bearbeiten. Daher ist es notwendig,<br />
bei allen Fragestellungen innerhalb der Berichtserstattung im Auge zu behalten, dass<br />
es um die Herstellung der Selbstbestimmung geht und nicht um eine Optimierung der<br />
Lebensbedingungen aus unserer Sicht. Der allgemeine Grundsatz, dass das <strong>Betreuung</strong>srecht<br />
dazu dienen soll, es den Erkrankten oder Behinderten zu ermöglichen, ihr<br />
Leben nach ihren Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 BGB), hat bei<br />
allen Ermittlungsschritten handlungsleitend zu sein. Es muss nicht immer alles geregelt<br />
werden, was uns regelungsbedürftig erscheint.<br />
Es ist genau festzustellen, wo die Betroffenen eine Änderung selber möchten oder<br />
diese zur Abwendung einer Gefahr wirklich notwendig ist und wo Dinge auch „im<br />
Argen“ bleiben können, weil die Betroffenen gar keine Änderung wünschen. (Häufiger<br />
Fall, wenn die Anregung vom besorgten Vermieter oder Angehörigen kommt,<br />
wegen drohender Verwahrlosung.)<br />
Zu prüfen ist auch, ob ein Regelungsbedarf tatsächlich im Interesse der Betroffenen<br />
erledigt werden muss oder ob es sich nicht eher um Drittinteressen handelt. Es<br />
besteht bei umfangreichen Recherchen die Gefahr, ganz viele Mängel in der Lebens-