Betrifft: Betreuung 10
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201<br />
E. Perspektiven<br />
insgesamt bereits in Deutschland diskutierten Reformbedarf bezüglich der Eingliederungshilfe<br />
gesehen werden. 63<br />
IV. Fazit<br />
Die BRK markiert einen Meilenstein in der internationalen Behindertenpolitik, aber<br />
auch für die Menschenrechtspolitik. In der Behindertenpolitik markiert sie den Übergang<br />
zum menschenrechtsbasierenden Ansatz, der der Autonomie, Selbstbestimmung<br />
und Gleichberechtigung behinderter Menschen, insbesondere behinderter<br />
Frauen und behinderter Kinder dienen soll. Zu Recht wurde die BRK vom Direktor des<br />
Deutschen Instituts für Menschenrechte, Heiner Bielefeldt, als eine Empowermentkonvention<br />
bezeichnet. 64 Für die Menschenrechtspolitik setzt die BRK mindestens<br />
zwei wichtige Impulse. Durch ihre außergewöhnlich häufige Bezugnahme auf die<br />
Menschenwürde erinnert sie daran, dass die Menschenwürde zentraler Bezugspunkt<br />
der Menschenrechtspolitik sein muss. Der andere Impuls betrifft das Überwachungsverfahren<br />
von Menschenrechtskonventionen. Die Innovationen, die diesbezüglich<br />
eingeführt werden – insbesondere das nationale Monitoringsystem –, können Wegweiser<br />
für den Reformbedarf des UN-Menschenrechtssystems insgesamt sein. 65<br />
Rechtlich stellt die BRK hohe Anforderungen an die Bundesregierung – nicht nur,<br />
aber vor allem auch in legislativer Hinsicht. Anders als in der Denkschrift zum Ratifikationsgesetz<br />
zur BRK festgestellt, gibt es auch in der deutschen Rechtsordnung<br />
gesetzlichen Reformbedarf. Die hier vorgeschlagenen Veränderungen haben keineswegs<br />
den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern können allenfalls als Beispiele verstanden<br />
werden. In den acht vorgestellten Themenfeldern der BRK lässt sich zusammenfassend<br />
in folgenden Themenfeldern legislativer Handlungsbedarf ausmachen:<br />
Im Themenfeld der allgemeinen Behindertenpolitik empfiehlt sich die Weiterentwicklung<br />
des SGB IX, des AGG und des BGG hinsichtlich des Begriffs der Diskriminierung.<br />
Art. 5 Abs. 2 BRK verpflichtet die Staaten, wirksame und umfassende Diskriminierungsschutzvorschriften<br />
zu erlassen. Die im deutschen Recht unklare Rechtslage<br />
hinsichtlich der Frage, ob die Verweigerung angemessener Vorkehrungen (denial of<br />
reasonable accommodations) eine Diskriminierung darstellt, sollte durch klare<br />
gesetzliche Definitionen geklärt werden.<br />
Gesetzlichen Reformbedarf gibt es weiterhin bezüglich der Behindertenstatistik in<br />
Deutschland, da die gegenwärtige Rechts- und Praxislage den Erfordernissen des<br />
Art. 31 BRK nicht entspricht. Weder gibt es ausreichend Informationen und Daten zur<br />
Ausarbeitung und Umsetzung aller notwendigen Maßnahmen zur Durchführung der<br />
BRK, noch werden die Daten ausreichend disaggregiert.<br />
Im Themenfeld „Behinderte Frauen“ erscheint eine Weiterentwicklung des SGB IX<br />
und des BGG – sowie der Landesgleichstellungsgesetze – erforderlich, um einen<br />
wirksamen Schutz vor Mehrfachdiskriminierung gem. Art. 6 Abs. 1 BRK zu gewähren.<br />
Handlungsbedarf gibt es auch in Bezug auf den Bedarf an Elternassistenz. Hier wären<br />
z.B. klarstellende Normen im SGB IX und im SGB VIII angezeigt, um den Staatenpflichten<br />
aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 BRK nachzukommen.<br />
63 Die Reform der Eingliederungshilfe durch den Bundesgesetzgeber liegt zunächst auf Eis! In:<br />
RdL 1/08, S.3 f.<br />
64 Bielefeldt, Heiner: Zum Innovationspotenzial der UN – Behindertenkonvention, Deutsches Institut<br />
für Menschenrechte, Essay No 5, Dezember 2006.<br />
65 Degener, Theresia: Menschenrechtsschutz für behinderte Menschen. Vom Entstehen einer<br />
neuen Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen. In: Vereinte Nationen, 3/06,<br />
S. <strong>10</strong>4–1<strong>10</strong>.