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Betrifft: Betreuung 10

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Teil I Der 11. VGT Diskussionsbeiträge und Arbeitsergebnisse<br />

Art. 12 BRK im Widerspruch stehen. 51 Danach genießen behinderte Menschen<br />

gleichberechtigt mit anderen in allen Lebensbereichen Rechts- und Geschäftsfähigkeit<br />

(Art. 12 Abs. 2 BRK). Das Recht der selbstbestimmten Teilnahme am Rechtsverkehr<br />

wird für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen einerseits durch §§ <strong>10</strong>4<br />

ff. BGB eingeschränkt. Danach sind ihre Willenserklärungen nichtig, wenn sie sich in<br />

einem andauernden „ die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter<br />

Störung der Geistestätigkeit“ befinden (§<strong>10</strong>4 Ziff. 2 BGB). Eine Ausnahme<br />

besteht nur für Geschäfte des täglichen Lebens, die mit geringwertigen Mitteln<br />

bewirkt werden (§ <strong>10</strong>5a BGB). Die natürliche Geschäftsunfähigkeit wird im Gesetz<br />

ausdrücklich nicht an bestimmten medizinischen Diagnosen festgemacht. Entscheidend<br />

ist vielmehr, ob die betreffende Person ihre freie Willensbestimmung ausüben<br />

kann oder nicht. 52 Problematisch ist aber die Totalität der Entscheidung „Geschäftsunfähigkeit“,<br />

die mit Ausnahme der Tatbestände des §<strong>10</strong>5a BGB53 zu einem völligen<br />

Ausschluss vom Rechtsverkehr führt. Damit wird den Betroffenen jedwede Möglichkeit<br />

der selbstbestimmten Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse genommen. Selbst<br />

das Bundesverfassungsgericht hat deshalb im Jahre 2002 bei zwei geistig behinderten<br />

geschäftsunfähigen Personen, die heiraten wollten, eine partielle Geschäftsfähigkeit<br />

angenommen und § <strong>10</strong>4 Ziff. 2 BGB entsprechend korrigiert. Eine solche Auslegung<br />

sei im Lichte der von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Eheschließungsfreiheit<br />

geboten. 54<br />

Ob diese korrigierende Auslegung den Anforderungen der BRK genügt, müsste im<br />

Rahmen des Implementierungsprozesses weiter überprüft werden. Problematisch<br />

erscheint der gänzliche Ausschluss vom Wahlrecht bei einigen gesetzlich Betreuten<br />

gem. § 13 Abs. 2 BWahlG, auch wenn sich hier vermutlich Sachzwänge hinsichtlich<br />

der Praktikabilität der Führung des Wählerverzeichnisses ergeben. 55 Möglicherweise<br />

liegt hierin jedoch eine Verletzung von Art. 29 BRK ( Teilnahme am politischen und<br />

öffentlichen Leben). Eine Reform des Rechtsgebiets der Geschäftsfähigkeit bietet<br />

sich aber auch aus der Problematik der Sachverständigenpraxis an, die sehr durch<br />

das Festhalten am medizinischen Modell von Behinderung geprägt ist. 56<br />

• Insbesondere Freiheits- und Teilhaberechte/Barrierefreiheit<br />

Die Bewegungsfreiheit im Alltag, die persönliche Mobilität und Freizügigkeit und die<br />

umfassende Teilhabe von Millionen behinderter Frauen und Männer an Gütern und<br />

Dienstleistungen ist vor allem durch fehlende barrierefreie Gestaltung stark eingeschränkt:<br />

Wer etwa zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen ist, scheitert an<br />

Stufen, Treppen, fehlenden Aufzügen und fehlenden oder zu engen Toiletten. Blinde<br />

Menschen scheitern an nur visuell ausgerichteten Informationen und fehlenden Leitsystemen.<br />

Sehbehinderte Personen scheitern an zu kleiner Schrift und fehlenden<br />

kontrastreichen Markierungen. Schwerhörige Bürgerinnen und Bürger scheitern an<br />

fehlender technischer Hörverstärkung oder am nicht vorhandenen Hörersatz. Wer<br />

51 So die Auffassung von Lachwitz, Klaus: UNO – Generalversammlung verabschiedet Konvention<br />

zum Schutz der Rechte behinderter Menschen – Teil II, RdL 2/07, S. 37 – 40 (37).<br />

52 BGH vom 18.6.1970, NJW 1970, S. 1681.<br />

53 Der aufgrund der Kritik der Behindertenverbände an der diskriminierenden Wirkung der §§ <strong>10</strong>4<br />

ff. BGB im Jahre 2002 in das Gesetz aufgenommen wurde!.<br />

54 BVerfG vom 18.12.2002 , NJW 2003, S. 1383.<br />

55 So Castendiek, Jan / Hoffmann, Günther : Das Recht der behinderten Menschen, 2. Aufl.<br />

Baden-Baden: Nomos, 2005, Rn. 489.<br />

56 Sponsel, Rudolf:(DAS). Zur Theorie und Praxis des Sachverständigengutachtens der Geschäftsunfähigkeit.<br />

Konzepte der Geschäftsunfähigkeit in Psychologie und Psychopathologie. Aus der<br />

Abteilung Forensische Psychologie, Psychopathologie und Therapie. Eine Serviceleistung der<br />

Allgemeinen und Integrativen PsychologInnen und PsychotherapeutInnen. Erlangen IP-GIPT:<br />

http://www.sgipt.org/forpsy/guf.html (aufgerufen am 23.11.07).<br />

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