Betrifft: Betreuung 10
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E. Perspektiven<br />
Für die sozialpolitischen Perspektiven der Ambulantisierung bedeutet dies, dass die<br />
Suche nach neuen Lösungs- und Bewältigungsstrategien für die wachsenden sozialen<br />
Probleme neu durch Daten gestützt werden sollte und vermehrt einer regionalen<br />
Strategie und Koordination folgen muss. Hier müssen Sozialberichterstattung, strategische<br />
Kommunalpolitik und Sozialplanung, basierend auf Prognosen über die<br />
demografische Entwicklung – unter Integration des Bürgerwillens –, konsequenter<br />
Weise ineinander greifen. Wie sich an einigen Ambulantisierungsprojekten bereits<br />
beobachten lässt, droht die Realisierung daran zu scheitern, dass nicht nur Menschen<br />
mit Behinderung aus stationären Wohnsituationen in ambulante Wohnformen<br />
überführt werden sollen, sondern gleichzeitig andere Projekte (Altenhilfe, Familienhilfe,<br />
Jugendhilfe, Pflege) auf den gleichen Wohnraum zugreifen und einfach nicht<br />
genügend Wohnungen zur Verfügung stehen. Gleichzeitig ist vollkommen ungeklärt,<br />
wie ggf. leer stehender Wohnraum, Nachbelegung und das Wusch- und Wahlrecht<br />
der Menschen mit Behinderung in ambulanten Wohngruppen geregelt werden können.<br />
• Das neue Verteilungsproblem: Kommunale Sozialpolitik als<br />
Konsolidierung in einer vielfältigen Trägerlandschaft<br />
Der Übergang von der korporatistischen Handlungslogik zu einem Wohlfahrtspluralismus<br />
lässt die Bedeutung der vielfältigen Träger im kommunalen Wohlfahrtsstaat<br />
wachsen. Trotz der augenblicklichen Möglichkeit für die Kommunen, wieder investieren<br />
zu können, stehen den „wachsenden Anforderungen an den kommunalen Sozialstaat<br />
(...) zunehmend restriktive Rahmenbedingungen für kommunale Politik<br />
gegenüber“ (Hanesch 1999, 48). Als erste Konsequenz richten sich die kommunalen<br />
„Sparstrategien“ vor allem auf die Ausgabenseite. Als zweite Konsequenz hat bei<br />
gleich bleibend knappen Ressourcen auch auf kommunaler Ebene ein Verteilungskampf<br />
eingesetzt, „bei dem um die Neudefinition von Prioritäten“ (Hanesch 1999, 49)<br />
innerhalb des kommunalen Gesamtetats gerungen wird, der aber auch einen Suchprozess<br />
nach dem jeweils richtigen Akteur in Gang gesetzt hat. Die entscheidende<br />
Frage aus Sicht des öffentlichen Trägers ist es nun, für welches Problemfeld die passenden<br />
organisationalen Akteure mit den passenden Leistungen gefunden werden<br />
können. Von Seiten der freien Träger stellt sich dagegen eher die Frage, wie das passende<br />
Produkt zwischen Wirtschaftlichkeit, Bedarfsorientierung und kommunaler<br />
Nachfrage angeboten werden kann.<br />
Den Weg der Ambulantisierung zu gehen, bedeutet eine grundlegende Umsteuerung<br />
der Institutionenlandschaft, vor allem bei den beteiligten Wohlfahrtsverbänden und<br />
freien Trägern. Die unterschiedlichen Finanzierungsarten, stationäre Maßnahmenpauschalen<br />
gegenüber Grundpauschalen und ambulanten Stundenvergütungen,<br />
lassen bei einer ambulanten Leistungsart im Augenblick keine Rücklagen für Innovationen<br />
zu. Die Frage danach, wie Wohnschulen, sozialräumlich gedachte Unterstützungsangebote<br />
bis zu geeignetem Wohnraum geschaffen werden können, ist bislang<br />
nicht geklärt und hängt jeweils von der Fähigkeit kommunaler Finanzierung ab.<br />
Die Weiterentwicklung der Selbstbestimmung und Teilhabe bedeutet also eine kommunale<br />
Vernetzung und Integration der zuständigen Ämter und Träger sowie eine<br />
Absicherung der Innovationsleistungen. Es geht nicht nur um neue Leistungsarten,<br />
sondern um die Rahmenbedingungen, durch die Leistungen erst wirksam werden<br />
können.<br />
„Ambulant und stationär“ sind unter den heutigen Rahmenbedingungen keine wirkliche<br />
Entscheidungsalternative für die Beteiligten. Mit dem Beibehalten dieser Alternative<br />
ist das Leistungsangebot immer noch institutions- und nicht personenorientiert.<br />
Die Alternative ambulant scheidet im praktischen Vollzug häufig aus, wenn die