Betrifft: Betreuung 10
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E. Perspektiven<br />
Berufsbetreuer als gesetzlicher Betreuer bestellt wird. So ist aus der <strong>Betreuung</strong>sstatistik<br />
sowie aus der Evaluation des Zweiten <strong>Betreuung</strong>srechtsänderungsgesetzes<br />
(vgl. Köller et.al. 2007) zu entnehmen, dass 43% der <strong>Betreuung</strong>en im Jahr 2006 aufgrund<br />
einer Behinderung erfolgen. Nimmt man die psychischen Krankheiten hinzu,<br />
steigt die Zahl auf 76%. Der größte Anteil an Zugängen in das System betreffen mit<br />
knapp 53% psychische Krankheiten und Behinderungen. Hier ist jedoch zu vermuten,<br />
dass immer mehr Menschen auch kurzfristig aufgrund von psychischer Krankheit in<br />
das Hilfesystem eintreten, nicht wenige von ihnen wegen Überlastung im Arbeitsoder<br />
Privatleben. Dies übt weiteren Druck auf die Eingliederungshilfe-Kosten aus. Es<br />
ist außerdem festzuhalten, dass der „relative Anteil ehrenamtlicher <strong>Betreuung</strong>en im<br />
Gegensatz zu professionell und institutionell geführten <strong>Betreuung</strong>en deutlich zurückgegangen<br />
ist“ (Deinert/Walther 2006, 44).<br />
Nach dem Blick auf die statistischen Daten fasse ich die Analyse zu den Lebenslagen<br />
und veränderten Bedarfen in einer sozialpolitischen Perspektive für Menschen mit<br />
Behinderung kurz zusammen. Die Diskrepanz zwischen den normativen Grundlagen<br />
und den Orientierungen an Selbstbestimmung und Teilhabe sowie den Lebenslagen<br />
von Menschen mit Behinderung wird noch deutlicher. Behindertenpolitik steht mehr<br />
denn je vor einem Implementierungsproblem. Dieses Problem resultiert aus veränderten<br />
Bedarfen sowie den steigenden Fallzahlen. Maßgebliche Gründe hierfür sind:<br />
• Die Alterung und Vergreisung der Bevölkerung und dadurch ein erhöhtes Risiko<br />
der Behinderung.<br />
• Veränderung der möglichen Versorgungsstruktur für Menschen mit Behinderung<br />
aufgrund des demografischen Wandels und der veränderten Lebenslagen.<br />
• Die Altersstruktur in der Eingliederungshilfe in Kombination mit der verbesserten<br />
medizinischen Versorgung der Menschen mit Behinderung (eine weiteres ‚natürliches’<br />
Steigen der Fallzahlen in den nächsten 15-20 Jahren).<br />
• Menschen mit Behinderung werden in den nächsten Jahren vermehrt in den<br />
Ruhestand gehen.<br />
• Eine starke Zunahme der seelischen und psychischen Erkrankungen und damit<br />
erhöhter Druck auf die Eingliederungshilfe.<br />
• Weitere Exklusion in entscheidenden Lebensbereichen (z.B. auch Arbeitsmärkten<br />
mit Relevanz für Werkstätten für Behinderung).<br />
• Anhaltende Steigerung der rechtlichen <strong>Betreuung</strong> sowie Verberuflichung dieses<br />
Bereiches.<br />
IV. Perspektiven der Umsetzung von Behindertenpolitik<br />
Vor dem Hintergrund der genannten Zahlen tritt die Eingliederungshilfe aufgrund der<br />
Kostensteigerung verstärkt in den Mittelpunkt des Interesses von Kommunen, denn<br />
diese Leistungsart macht mittlerweile mehr als die Hälfte des entsprechenden Sozialhilfe-Budgets<br />
aus. Außerdem verweisen diese Herausforderungen bislang auf die<br />
kommunale Ebene der sozialen Sicherung und auf das steuerlich finanzierte System.<br />
Die Verortung der Behindertenhilfe in der Armutsbekämpfung und die Konzentration<br />
auf ortsnahe und ambulante Angebote für Menschen mit Behinderung schaffen eine<br />
strukturell ungünstige Ausgangssituation für Erfolg versprechende Implementierungsstrategien<br />
angesichts eines gesellschaftlichen Wandels und knapper öffentlicher<br />
Kassen. Dies soll mit einem Blick auf die Zahlen betrachtet werden, um danach<br />
die Probleme der kommunalen Ebene deutlicher in den Blick zu nehmen.