Betrifft: Betreuung 10
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C. Wille des Betreuten und Handeln gegen den Willen<br />
• In einer akuten Notfallsituation, wenn sich die Person infolge von z.B. akutem<br />
Erregungs- oder Verwirrtheitszustand oder Suizidalität erheblich selbst Schaden<br />
zufügt oder gegen eine dringend notwendige Behandlung wehrt.<br />
Neben der zu klärenden Frage einer erforderlichen Legalisierung (ggfs. auch für Alternativen,<br />
s.o.) ist für eine fach- und sachgerechte Durchführung der Maßnahmen zu<br />
sorgen. Auch hierüber sollte der Betreuer zumindest insoweit über Grundkenntnisse<br />
verfügen, die ihm eine kritische Überprüfung der Situation ermöglichen: Jede FEM<br />
(ebenso natürlich jede Alternative) muss einem klaren Handlungskonzept folgen, welches<br />
in einer institutionsinternen Handlungsanweisung oder Richtlinie festgeschrieben<br />
sein sollte (vorlegen lassen!). Erlaubt sind nur Maßnahmen, die dem anerkannten<br />
aktuellen Standard medizinisch-pflegerischen Wissens entsprechen. Hierzu zählt u.a.<br />
auch, dass nur für diesen Zweck zugelassene Fixiergurtsysteme verwendet und nach<br />
Hersteller- und bundesüblichen Handlungsempfehlungen angewendet werden (z.B.<br />
BfArm 2004, Segufix® 2008). Es ist grundsätzlich die Maßnahme zu wählen, die die<br />
Person am wenigsten einschränkt, aber den Zweck noch erfüllt. Die fixierte Person<br />
muss während der Maßnahme kontinuierlich und in besonderer Art und Weise – unter<br />
bestmöglichem Schutz der Intimsphäre und der Situation entsprechend angemessen<br />
– beobachtet und betreut werden. In Abhängigkeit der Maßnahme und dem Zustand<br />
der betroffenen Person sind geeignete Prophylaxemaßnahmen durchzuführen (z.B.<br />
Pneumonie-, Dekubitusprophylaxe).<br />
Anordnung und Durchführung der FEM sind sorgfältig zu dokumentieren. Mindestens<br />
festzuhalten sind: Begründung und ggfs. Rechtsgrundlage, erfolglose Alternativen,<br />
Art, Dauer, Zeitpunkt (Beginn, Beendigung) und Überwachung der Maßnahme,<br />
Wege des Entscheidungsprozesses und verantwortliche Personen. Die Dauer jeder<br />
FEM ist von vornherein zeitlich (Stunden, Tage bis Wochen, keinesfalls Jahre!) zu<br />
begrenzen. Generell soll die Durchführung von FEM nur kurzfristig und solange als<br />
unbedingt erforderlich erfolgen. Dies sollte durch den Betreuer regelmäßig kontrolliert<br />
und überprüft werden.<br />
Die aktuellen Standards und fachlichen Vorgaben geben für Entscheidungssituationen<br />
für oder wider FEM vor, dass die Fixierung immer ein Sonderfall bleibt und alle<br />
anderen Möglichkeiten eines fachgerechten Umgangs mit dem Spannungsverhältnis<br />
zwischen Mobilität und Sicherheit ausgeschöpft werden müssen (DNQP 2006,<br />
BUKO-QS 2008). Darüber hinaus belegen aktuelle Urteile des obersten Gerichtshofes,<br />
dass die Wahrung von Selbstbestimmungs- und Freiheitsrechten von Pflegeheimbewohnern<br />
höchste Priorität hat und zum Schutz von sturzgefährdeten Heimbewohnern<br />
weder Fixierungsmaßnahmen, noch ständige Überwachung, als regelhafte<br />
und zumutbare Maßnahmen gelten. 3<br />
Um Entscheidungen aus Angst oder Unsicherheit vorzubeugen und der Beliebigkeit<br />
Grenzen zu setzen, ist es daher an der Zeit, dass sich die vorliegenden aktuellen Wissensbestände<br />
zum Thema FEM in der Breite etablieren, um allen Handelnden –<br />
gerade im interdisziplinären Zusammenwirken – eine gemeinsame Grundlage für<br />
qualitätsgesichertes Handeln zu geben – zum Wohle der betreuten Pflegeheimbewohner.<br />
3 BGH-Urteil III ZR 391/04 v. 14.7.2005; BGH-Urteil III ZR 399/04 vom 28.4.2005.<br />
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