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Betrifft: Betreuung 10

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Teil I Der 11. VGT Diskussionsbeiträge und Arbeitsergebnisse<br />

Reduzierung von Fixierung in Pflegeheimen – das<br />

Programm ReduFix<br />

Prof. Dr. Doris Bredthauer<br />

I. Einführung<br />

Fixierungen und andere freiheitseinschränkende Maßnahmen (FEM) 1 gehören in<br />

bundesdeutschen Altenpflegeheimen nach wie vor zur alltäglichen Routine. Betroffen<br />

sind insbesondere ältere gebrechliche Menschen mit Demenz. Obwohl ein positiver<br />

Wirksamkeitsnachweis bisher aussteht und diese Maßnahmen schwerwiegende Risiken,<br />

Gefahren und Sekundärfolgen bergen, findet eine kritische Prüfung durch die an<br />

der Entscheidung beteiligten Akteure bisher kaum statt. Die Anregung des Rechtsvertreters<br />

gründet sich hierbei in aller Regel auf der Einschätzung der Pflegefachkräfte<br />

vor Ort; der richterliche Beschluss auf das ärztliche Zeugnis bzw. Gutachten. Ein<br />

gerichtliches „Darf“ wird dann von den Ausführenden im Pflegeheim wiederum meist<br />

als „Muss“ verstanden, häufig vor dem Hintergrund einer fehlverstandenen Pflegefachlichkeit<br />

und weit verbreiteter Haftungsängste.<br />

Im Projekt ReduFix – Reduzierung von körpernaher Fixierung – wurde erfolgreich<br />

gezeigt, wie es gelingen kann, auf Fixierungen zu verzichten oder die zeitliche Anwendung<br />

zu reduzieren. Für Betreuer eröffnet das Projekt Zugangswege und Argumentationshilfen<br />

in der Entscheidung für oder wider FEM, im Besonderen unter dem<br />

Gesichtspunkt der bisher wenig bekannten Alternativen zu Fixierungen. Es setzt<br />

gleichzeitig Standards für den verantwortlichen Umgang mit FEM sowohl für die<br />

<strong>Betreuung</strong>spraxis als auch für die <strong>Betreuung</strong>sgerichte.<br />

II. Stand des Wissens<br />

Aktuelle Daten belegen eine Häufigkeit von 26 bis 47% für mechanische FEM, wobei<br />

die Fixierraten in den Einrichtungen erheblich variieren. Bettgitter stellen hierbei die<br />

häufigste Maßnahme dar. Von sog. „körpernahen“ FEM – wie Gurten an Stuhl und<br />

Bett, Tischsteckbrettern und anderen Maßnahmen – sind ca. 5-<strong>10</strong>% der Altenpflegeheimbewohner<br />

betroffen (Klie 2004, Meyer 2008, ReduFix 2006). Ist die Entscheidung<br />

über den Einsatz von FEM erst gefallen, werden sie in aller Regel langfristig und dauerhaft<br />

über viele Stunden täglich durchgeführt (Evans 2002, Bredthauer 2005).<br />

Beispiele von FEM sind:<br />

• Bettgitter: Beidseitig hochgezogene durchgehende Bettgitter; einseitig hochgezogenes<br />

Bettgitter bei Begrenzung durch die Wand auf der anderen Seite;<br />

1 Der Begriff Freiheitseinschränkende Maßnahmen wird hier fortan im Sinne des bundesdeutschen<br />

Verfassungsrechts gemäß Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) verwendet und umfasst alle<br />

medizinischen, pflegerischen und sonstigen sich aus der <strong>Betreuung</strong> und Alltagsgestaltung<br />

ergebenden Eingriffe in die körperliche Bewegungsfreiheit, seien sie auch noch so kurzfristig. In<br />

Deutschland darf die Freiheit einer Person nur aufgrund einer juristischen Legitimation<br />

beschränkt werden (Art. <strong>10</strong>4 GG). Nach bundeseinheitlichem Zivilrecht werden freiheitsentziehende<br />

Maßnahmen definiert, die als solche eine körperliche Bewegungsfreiheit ausschließen<br />

und über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig oder mit hoher Intensität erfolgen. Das BGB<br />

unterscheidet hier Unterbringung (§ 1906 Abs. 1) und unterbringungsähnliche Maßnahmen<br />

(§ 1906 Abs. 4). Beide unterliegen der Zustimmung des Betreuers und der gerichtlichen Genehmigung<br />

und erfordern eine vorliegende Selbstgefährdung des Betroffenen.<br />

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