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Betrifft: Betreuung 10

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C. Wille des Betreuten und Handeln gegen den Willen<br />

werde halbtot geschlagen und niemand hilft mir. Dieses ist ein Notruf an die Polizei.<br />

Bitte weiterleiten an Arzt, Klinikum, Krankenhaus.“ Aufgrund der nun als akut eingeschätzten<br />

Situation bei ausgeprägtem psychotischem Erleben kam es zu einer Eilunterbringung<br />

im Rahmen des <strong>Betreuung</strong>srechtes. Im schließlich extern erstellten Gutachten<br />

wurden die Zwangsunterbringung und Zwangsmedikation befürwortet, da der<br />

Patientin bei jahrelang streckenweise unbehandelter chronifizierter Schizophrenie<br />

krankheitsbedingt die Einsicht in die Notwendigkeit der Therapie fehle und eine weitere<br />

Chronifizierung mit zunehmender Problematik der sozialen Eingliederung resultieren<br />

werde. Es sei aufgrund der teils positiven Vorerfahrungen mit medikamentösen<br />

Behandlungen zumindest eine Teilremission zu erwarten. Schon bei der Beantragung<br />

der stationären Unterbringung wurde angestrebt, zunächst eine Beziehungsaufnahme<br />

mit der Patientin derart zu gestalten, dass es gelingen möge, dass sie sich<br />

auf die Medikation einlassen werde. Dieses war schließlich möglich, indem sie regelmäßig<br />

ein neuroleptisches Depotpräparat und ein orales Neuroleptikum erhielt. Im<br />

Verlauf der Behandlung konnte erreicht werden, dass die Patientin sich schließlich<br />

entscheiden konnte, in eine betreute Wohneinrichtung zu ziehen. Es kam sehr langsam<br />

zu einer Besserung des psychopathologischen Befundes, und durch den<br />

Umzug in eine Wohneinrichtung wurde angestrebt, den Rückzug und die Isolation<br />

der Patientin durch eine Tagesstruktur und soziale Kontakte sowie Gewährleistung<br />

einer regelmäßigen Medikation zu verhindern. Im Verlauf der letzten Jahre ist Frau B.<br />

jeweils nach Absetzen von Medikationen erneut kurzfristig stationär behandelt worden,<br />

zumeist jedoch ohne Zwangsunterbringung – und es handelte sich um kürzere<br />

Aufenthalte. Eine wesentliche Besserung der Gesamtsituation konnte nicht erreicht<br />

werden.<br />

IV. Voraussetzungen zur Zwangsbehandlung<br />

Welche Voraussetzungen sind nun festzustellen, bevor eine Zwangsbehandlung aus<br />

psychiatrischer Sicht als sinnvoll und geboten erachtet werden kann? Als Grundlage<br />

können hier die ethischen Prinzipien nach Beauchamp und Childress (1999) 7 gelten:<br />

1. Autonomie (autonomy),<br />

2. Nichtschädigung (non-maleficence),<br />

3. Wohltun (beneficence) und Nutzenrisikoabwägung,<br />

4. Gerechtigkeit (justice) und Fairness, auch bezogen auf die Zugangsmöglichkeit<br />

zur Nutzenrisikoabwägung.<br />

Leitlinien im engeren Sinne zur Frage, wann eine Zwangsmedikation indiziert sei,<br />

existieren im deutschen Sprachraum nicht. Es gibt jedoch einige Vorschläge. Steinert<br />

und Kallert erwähnen 20068 drei Grundannahmen, auf der die Option zur Zwangsbehandlung<br />

basiere,<br />

1. „Der partiellen oder vollständigen Aufhebung der Freiheit zur autonomen Willensbildung<br />

aufgrund der Erkrankung (und damit dem Verlust der Fähigkeit, vernünftig<br />

über die Behandlungsnotwendigkeit zu entscheiden),<br />

2. einer möglichen Selbst- und Fremdgefährdung als Folge der Erkrankung,<br />

3. der Aussicht, den Krankheitszustand durch die erzwungene Behandlung zu verbessern.“<br />

7 Beauchamp TL. The philosophical basis of psychiatric ethics. In: Bloch S, Chodoff P, Green SA<br />

(eds.) Psychiatric ethics. Oxford: Oxford University Press 1999: 25–48.<br />

8 Steinert T, Kallert TW. Ebd. S. e6.<br />

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