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Betrifft: Betreuung 10

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Teil I Der 11. VGT Diskussionsbeiträge und Arbeitsergebnisse<br />

chung von 2006 4 fest, dass etwa 2 bis 8 % der stationär behandelten Patienten medikamentös<br />

zwangsbehandelt wurden. Die meisten Untersuchungen, die zur Zwangsbehandlung<br />

publiziert wurden, sind solche, die v.a. die Unterbringung nach dem<br />

länderspezifischen PsychKG beinhalten.<br />

2. Begriff<br />

Von einer Zwangsbehandlung ist zu sprechen, wenn eine Behandlung trotz verbaler<br />

oder gezeigter Ablehnung des Patienten gegen seinen Willen durchgeführt wird.<br />

Gewaltanwendung kann bei der Unterbringung eines Patienten, bei der Fixierung und<br />

bei der medikamentösen Zwangsbehandlung vorkommen. Allerdings ist die Definition<br />

der Maßnahmen, die als Zwangsbehandlung gelten, etwas uneindeutig: Schon<br />

eine Unterbringung, bei der der Patient mit physischer Gewalt in die Klinik verbracht<br />

wird, hat therapeutische Auswirkungen. Man geht davon aus, dass die Anwesenheit<br />

in einem therapeutischen Setting, distanziert von der üblichen sozialen Umgebung,<br />

einen therapeutischen Effekt haben kann. Insofern kann man bereits die Unterbringung<br />

als solche als Zwangsbehandlung bezeichnen. Wie sind therapeutische Verfahren<br />

wie Überreden, Suggestion oder Restriktionsandrohungen (z.B. durch Ausgangsverkürzung)<br />

zu werten?<br />

3. Indikation<br />

Eine Indikation zur Zwangsbehandlung ist häufig eine akute Fremdgefährdung, die<br />

nicht in den Bereich des <strong>Betreuung</strong>srechtes fällt. Eine akute Eigengefährdung, z.B.<br />

aktiv herbeigeführt durch Suizidversuch oder passiv durch Verweigerung von Nahrungsaufnahme,<br />

jedoch auch eine psychische Erkrankung, die durch krankheitsimmanente<br />

fehlende Krankheitseinsicht eine Verschlimmerung eines somatischen Leidens<br />

herbeiführt, können Indikationen für die Zwangsbehandlung im Rahmen des<br />

<strong>Betreuung</strong>srechts darstellen. Weiterhin erscheint die Heilbehandlung sinnvoll, wenn<br />

eine Behandlungsunterlassung zu einer dauerhaften Beeinträchtigung mit ernsten<br />

gesundheitlichen und/oder sozialen Folgen führen kann, und es ist vorauszusetzen,<br />

dass die geplante Therapie eine hohe Wahrscheinlichkeit hat, dass eine Besserung<br />

der Symptome und eine Leidensreduktion zu erzielen ist.<br />

Steinert et al. führten 20035 eine Vergleichsuntersuchung durch, indem sie in<br />

Deutschland und England tätige Psychiater anhand dreier Fallvignetten zur Thematik<br />

der Zwangsunterbringung und Einweisung befragten. Hierbei wurde deutlich, bei<br />

allerdings sehr unterschiedlichen Fallzahlen, dass bei Fremdgefährdung die Einschätzungen<br />

sehr ähnlich waren, bei drohender Eigengefährdung jedoch die<br />

Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung in Großbritannien eher als indiziert<br />

gesehen wurden als in Deutschland.<br />

4. Sicht der Betroffenen<br />

In einer von Längle und Beier 20076 publizierten Arbeit zur psychiatrischen Zwangsbehandlung<br />

aus Sicht der Patienten benannten 45 % zwangsbehandelter Patienten<br />

in einem Zeitraum von bis zu vier Tagen nach Behandlung, dass die Behandlung<br />

wider Willen gar nicht gerechtfertigt gewesen sei, 28 % empfanden die Behandlung<br />

4 Steinert T, Kallert TW. Medikamentöse Zwangsbehandlung in der Psychiatrie. Psychiat Prax<br />

2006; 33:e1-12.<br />

5 Steinert T, Lepping P, Gebhardt R-P. Entscheidungen zur Zwangseinweisung und Zwangsmedikation<br />

schizophrener Patienten bei Psychiaternund Deutschland und England, Psychiat Prax<br />

2003; 30:114–8.<br />

6 Längle G, Bayer W. Psychiatrische Zwangsbehandlung und die Sichtweise der Patienten. Psychiat<br />

Prax 2007; 34, Suppl. 2: S203–7.<br />

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