Betrifft: Betreuung 10
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C. Wille des Betreuten und Handeln gegen den Willen<br />
Die Zwangsbehandlung eines Betreuten aus ärztlicher Sicht<br />
Beitrag: Prof. Dr. Petra Garlipp 1<br />
„Gibt es Umstände, unter denen Menschen ihrer Freiheit beraubt werden sollten<br />
und ohne ihre Zustimmung psychiatrischer Behandlung ausgesetzt werden? (…)<br />
Eine Behandlung, die – obgleich sehr hilfreich für einige – für einige keine Hilfe<br />
und für andere eine teilweise Hilfe darstellt, und die wenige vielleicht auf Dauer<br />
schädigen wird?“ „Wenn man betroffene Personen oder die Umgebung vor den<br />
gefährlichen Konsequenzen psychischer Erkrankungen schützen will, ist dann lediglich<br />
die physische Zurückhaltung und Trennung ausreichend, oder sollte die<br />
Öffentlichkeit insistieren, dass Behandlung die Kraft besitzt, Menschen von<br />
schmerzlichen und einschränkenden psychiatrischen Erkrankungen befreien?“<br />
(übersetzt nach Peele und Chodoff 1999, S. 4232 ).<br />
I. Vorbemerkung<br />
Eine Zwangsbehandlung ist im Rahmen des <strong>Betreuung</strong>srechtes bei gleichzeitiger<br />
Zwangsunterbringung im Sinne einer Heilbehandlung möglich und bedarf diverser<br />
juristischer und medizinischer Voraussetzungen. Inhalt dieses Beitrages ist die Beantwortung<br />
der Fragen, welche medizinischen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung<br />
erfüllt sein müssen, und in welchen Situationen eine Zwangsbehandlung<br />
angemessen ist bzw. welche Möglichkeiten es gibt, alternative therapeutische Maßnahmen<br />
zu ergreifen.<br />
Eine Zwangsbehandlung im Rahmen des <strong>Betreuung</strong>sgesetzes setzt bei Einwilligungsunfähigkeit<br />
des Patienten nach Lipp zusammengefasst voraus, dass der Arzt<br />
die Indikation zur Behandlung und zu ihrer zwangsweisen Durchführung stellt, der<br />
Betreuer sich für die Zwangsbehandlung entscheidet, ein externer Gutachter die Indikation<br />
des Arztes überprüft und das Gericht die Zwangsbehandlung genehmigt. Die<br />
Zwangsbehandlung kommt nur im Rahmen einer genehmigten Freiheitsentziehung<br />
(§ 1906 BGB) in Betracht. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei, dass der<br />
Betreuer den mutmaßlichen Willen des Betroffenen zu berücksichtigen hat, d.h. in<br />
seine Entscheidung mit einbeziehen muss, wie der Patient sich mutmaßlich selbst<br />
entscheiden würde. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass der<br />
Betreuer das Recht des Betroffenen auf eine Behandlung wahrnehmen kann.<br />
II. Stand der psychiatrischen Diskussion und Sicht der<br />
Betroffenen<br />
1. Literatur<br />
Beschäftigt man sich aus psychiatrischer Sicht mit der Thematik, so ist auffallend,<br />
dass bis vor kurzem wenig Literatur zur Thematik der Zwangsbehandlung generell,<br />
noch weniger zur Zwangsbehandlung im Rahmen des <strong>Betreuung</strong>srechtes existiert<br />
(Kallert 20073 ). Nur wenige psychiatrische Lehrbücher widmen sich der Thematik der<br />
Zwangsunterbringung und -therapie. Steinert und Kallert stellten in ihrer Untersu-<br />
1 Siehe BtPrax 2009, 55 ff.<br />
2 Peele R, Chodoff P. The ethics of involuntary treatment and deinstitutionalization. In: Bloch S,<br />
Chodoff P, Green SA (eds.). Oxford: Oxford University Press 1999: 423–440, S. 423.<br />
3 Kallert TW. Zwangsmaßnahmen im psychiatrischen Alltag – und die Kultur der (wissenschaftlichen)<br />
Beschäftigung damit. Psychiat Prax 2007; 34, Suppl. 2: S179–80.<br />
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