Betrifft: Betreuung 10
Betrifft: Betreuung 10
Betrifft: Betreuung 10
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
C. Wille des Betreuten und Handeln gegen den Willen<br />
Für die stationäre Zwangsbehandlung gelten die folgenden Grundsätze: 8<br />
• Die rechtliche Kompetenz des Betreuers für eine Unterbringung des Betreuten<br />
und für die Zwangsbehandlung selbst ergibt sich aus der Zuweisung eines entsprechenden<br />
Aufgabenkreises in Verbindung mit § 1901 Abs. 2 und 3 BGB. Der<br />
Aufgabenkreis muss sowohl die Behandlung als auch die Regelung der Fortbewegungsfreiheit<br />
umfassen. Neben der Gesundheitssorge ist daher die Befugnis<br />
zur Aufenthaltsbestimmung erforderlich.<br />
• Bei der Entscheidung des Betreuers über die Unterbringung und über die<br />
Zwangsbehandlung gelten die bereits dargelegten Regeln über die Entscheidung<br />
gegen den Willen des Betreuten (oben 4.c.).<br />
• Der Betreuer bedarf für die Unterbringung zur Zwangsbehandlung der Genehmigung<br />
nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Der Widerstand des Betreuten richtet sich<br />
in aller Regel gegen die Unterbringung und die Behandlung. Deshalb muss die<br />
Genehmigung im Hinblick auf eine bestimmte (Zwangs-) Behandlung erteilt werden<br />
und sie nach Art, Dauer und Inhalt festlegen.<br />
• Die Gesundheitssorge berechtigt den Betreuer, nach § 1901 Abs. 3 Satz 1 BGB<br />
anstelle des einwilligungsunfähigen Betreuten auch gegen dessen Widerspruch<br />
in die stationäre (Zwangs-) Behandlung einzuwilligen. Notwendigkeit und Zulässigkeit<br />
einer solchen Behandlung sind bereits bei der Genehmigung nach § 1906<br />
Abs. 1 Nr. 2 BGB geprüft worden. Der Betreuer benötigt daher i.d.R. keine weitere<br />
Genehmigung für die Behandlung. Soweit dem Betreuten jedoch durch die<br />
Behandlung erhebliche gesundheitliche Gefahren drohen, muss eine Genehmigung<br />
nach § 1904 Abs. 1 BGB eingeholt werden. Entsprechendes gilt, wenn zur<br />
Durchführung der Behandlung Maßnahmen eingesetzt werden, die (wie z.B.<br />
regelmäßige Fixierungen) eine zusätzliche Freiheitsentziehung darstellen und<br />
deshalb nach § 1906 Abs. 4 BGB genehmigungsbedürftig sind.<br />
V. Die Rollen von Arzt, Betreuer, Gericht und Sachverständigem 9<br />
Auf dieser Grundlage lassen sich die Aufgaben bzw. die Rollen des behandelnden<br />
Arztes, des Betreuers, des Gerichts und dem Sachverständigen im Genehmigungsverfahren<br />
wie folgt charakterisieren:<br />
• Der behandelnde Arzt ist für die Behandlung seines Patienten verantwortlich. Er<br />
muss daher die Notwendigkeit einer zwangsweisen Behandlung aus ärztlicher<br />
Sicht beurteilen, d.h. die ärztliche Indikation für die Behandlung und für ihre<br />
zwangsweise Durchführung stellen. Auch die Behandlung selbst fällt in seine Verantwortung.<br />
• Der Betreuer hat die Aufgabe, die Rechte des Patienten im Behandlungsverhältnis<br />
wahrzunehmen. Hält der Arzt eine Zwangsbehandlung für geboten (indiziert),<br />
muss er zunächst kritisch nachfragen, ob sie notwendig ist oder ob es eventuell<br />
andere Alternativen gibt. Ist er ebenfalls von der Notwendigkeit überzeugt, muss<br />
er in einem zweiten Schritt eine eigene Entscheidung treffen, ob er der Zwangsbehandlung<br />
zustimmt. Dafür gelten die oben dargelegten Grundsätze.<br />
• Der Betreuer benötigt zu seiner Einwilligung die Genehmigung des Gerichts<br />
nach § 1906 BGB. Der Betreuer trifft eine eigene Entscheidung über die Zwangs-<br />
8 BGH BtPrax 2006, 145 ff.; BGH BtPrax 2008, 115 ff.; vgl. Brosey, BtPrax 2008, <strong>10</strong>8 ff.; Lipp,<br />
BtPrax 2008, 51 (55 f.).<br />
9 Der nachfolgende Abschnitt fasst die Arbeitspapiere von Joachim Homeyer-Broßat und Annette<br />
Loer zusammen.<br />
117