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Betrifft: Betreuung 10

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Teil I Der 11. VGT Diskussionsbeiträge und Arbeitsergebnisse<br />

Behandlung und in die zwangsweise Durchführung der Behandlung einwilligen kann.<br />

Dabei muss man zwei Aspekte unterscheiden:<br />

• Wann darf der Betreuer gegen den „natürlichen“ bzw. tatsächlichen Willen des<br />

Betreuten handeln? – dazu (1.)<br />

• Woran muss sich der Betreuer dann orientieren? – dazu (2.)<br />

(1.) Die Antwort auf die erste Frage ergibt sich einerseits aus § 1901 Abs. 3 Satz 1<br />

BGB, wonach der Betreuer den Wunsch des Betreuten unabhängig von dessen<br />

Geschäfts- oder Einwilligungsfähigkeit zu beachten hat, wenn er nicht dessen Wohl<br />

widerspricht, und anderseits aus § 1896 Abs. 1a BGB. Für die einzelne Zwangsmaßnahme<br />

gegenüber dem Betreuten müssen nämlich dieselben Voraussetzungen<br />

beachtet werden wie für die Bestellung eines Betreuers gegen den Willen des Betreuten<br />

(d.h. für die so genannte Zwangsbetreuung).<br />

Der Betreuer darf demnach eine Entscheidung gegen den „natürlichen“ Willen (=<br />

Wunsch) des Betreuten treffen, wenn5 • der Betreute aufgrund seines Zustands in der konkreten Situation nicht mehr<br />

eigenverantwortlich („frei“) über die Behandlung entscheiden kann, weil sein<br />

„natürlicher Wille“ (= Wunsch) gerade auf der psychischen Krankheit oder Behinderung<br />

beruht;<br />

• der Betreute deshalb die konkret anstehende Entscheidung über die ärztliche<br />

Behandlung nicht mehr selbst treffen kann und<br />

• das Handeln des Betreuers erforderlich ist, weil die Behandlung nicht aufgeschoben<br />

werden kann, ohne dem Betreuten Schaden zuzufügen.<br />

(2) Ist der „natürliche Wille“ (= Wunsch) des Betreuten unbeachtlich, stellt sich die<br />

Frage, woran sich der Betreuer dann orientieren kann und muss. Die Antwort darauf<br />

gibt § 1901 Abs. 2 BGB: am „Wohl“ des Betreuten. Das ist, wie Satz 2 deutlich sagt,<br />

anhand der Wünsche und Vorstellungen des Betreuten zu bestimmen, also aus Sicht<br />

des Betreuten. Der Betreuer hat daher so zu entscheiden, wie der Betreute sich<br />

selbst, aber ohne den Einfluss seiner Krankheit oder Behinderung, entschieden hätte.<br />

Auch wenn also ein psychisch Kranker die medikamentöse Behandlung ablehnt, weil<br />

er krankheitsbedingt glaubt, gesund zu sein, darf der Betreuer gleichwohl nicht einfach<br />

der vorgeschlagenen Behandlung zustimmen. Er muss vielmehr fragen, ob der<br />

Betreute ohne den Einfluss seiner Krankheit dieser Behandlung zugestimmt hätte.<br />

Das macht vor allem dort einen Unterschied, wo es nicht nur eine einzige mögliche<br />

Behandlung, sondern verschiedene Behandlungsalternativen gibt, deren Für und<br />

Wider untereinander abzuwägen ist. 6<br />

4. Rechtliche Grundlagen für die Einwilligung des Betreuers in die<br />

Zwangsbehandlung<br />

Der Bundesgerichtshof hat in drei Entscheidungen betont, dass eine Zwangsbehandlung<br />

auf betreuungsrechtlicher Grundlage nur aufgrund einer besonderen gesetzlichen<br />

Ermächtigung erfolgen darf. Diese Grundlage sieht er in § 1906 BGB. Danach<br />

kann man davon ausgehen, dass eine Zwangsbehandlung auf Grundlage einer Einwilligung<br />

des Betreuers jedenfalls im Rahmen der Unterbringung nach § 1906 Abs.<br />

1 BGB möglich ist. Noch nicht entschieden ist, inwieweit eine Zwangsbehandlung<br />

auch allein auf der Grundlage des § 1906 Abs. 4 BGB erfolgen kann. 7<br />

5 Lipp, BtPrax 2008, 51 (55).<br />

6 Lipp, BtPrax 2008, 51 (55).<br />

7 Dazu Elsbernd/Stolz, BtPrax 2008, 57 ff.; Brosey, BtPrax 2008, <strong>10</strong>8 ff.<br />

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