Betrifft: Betreuung 10
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C. Wille des Betreuten und Handeln gegen den Willen<br />
• Es werden Argumente aus der jeweiligen Sicht der Beteiligten vorgetragen und<br />
abgewogen. Welche Handlungsoptionen bestehen?<br />
• Es wird eine konsensuale Entscheidung angestrebt.<br />
• Letztendlich liegt die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit bei den behandelnden<br />
Ärzten und gesetzlichen Vertretern des Patienten.<br />
Die Vorteile eines Ethikkonsils bestehen in der Teilnahme eines externen Moderators,<br />
der emotional nicht in den Vorgang involviert ist und keine Beziehung zum Patienten<br />
hat. Außerdem ist er nicht Teil der Abteilungshierarchie. In das Ethikkonsil sind Angehörige<br />
einzubinden. Sie stellen eine wichtige Informationsquelle dar, insbesondere in<br />
den Fällen, in denen der Patient keine schriftliche Patientenverfügung in gesunden<br />
Tagen verfasste. Durch das Konsil nehmen die Angehörigen an dem Prozess der Entscheidungsfindung<br />
teil. Ziel ist es, für die Angehörigen seelische Belastungen in den<br />
Grenzfragen am Lebensende zu reduzieren. Ferner besteht für die Angehörigen die<br />
Möglichkeit, nach dem Konsil seelsorgerisch unterstützt zu werden.<br />
Die Betreuer werden ebenso aktiv an der Entscheidungsfindung beteiligt. Häufig<br />
kommt es erst zu einer Betreuerbestellung, wenn eine Entscheidung über die Vornahme<br />
einer passiven Sterbehilfe ansteht. Die gesetzlichen Betreuer lernen erstmalig<br />
den äußerungsunfähigen Betreuten in einer solchen Situation kennen, ohne Näheres<br />
über seine Biografie und Lebenseinstellungen zu wissen. Betreuer haben in diesem<br />
Prozess eine tragende Rolle: Sie sind zum Vertreter des Patienten berufen und haben<br />
dessen Willen nach § 1901 Abs. 3 BGB zu realisieren. Letztlich ist von dem Betreuern<br />
zu verantworten, ob eine lebenserhaltende medizinische Maßnahme durchgeführt<br />
wird oder nicht. Sieht sich ein Betreuer erstmals mit einer derartigen Fragestellung<br />
konfrontiert, stellt sich diese Anforderung als eine ganz besonders schwierige, kaum<br />
zu bewältigende Aufgabe dar. Die Durchführung eines Ethikkonsils ist von daher für<br />
den Betreuer eine Möglichkeit, die Verantwortung für die zu treffende Entscheidung<br />
auf mehrere Schultern zu verteilen und stellt sich damit als haftungsentlastend dar.<br />
Von daher ist vor jeder Therapieeinschränkung ein Ethikkonsil sinnvoll.<br />
Auf Seiten des Arztes besteht das Ziel der Intensivtherapie darin, „dem Patienten ein<br />
Leben zu erhalten, zu dem er nach überstandener Bedrohung ja sagen kann“. 3<br />
Eine Indikation für ein Ethikkonsil besteht in den nachfolgend exemplarisch aufgeführten<br />
Situationen:<br />
• Konflikte zwischen beteiligten Personen,<br />
• Divergierende Wertvorstellungen,<br />
• Unsicherheiten über den Patientenwillen,<br />
• Juristische Überprüfung einer unklaren Situation.<br />
Dabei geht es immer um die Abklärung des ethischen Fundaments der Behandlung.<br />
Der Patientenwille ist die oberste Messlatte für die von einem Ethikkonsil zu treffende<br />
Entscheidung. Der Patientenwille ist im Lichte der medizinischen Indikation einer weiteren<br />
Behandlung abzuklären, wobei die Prognose der Erkrankung unter Beachtung<br />
der Nutzen/Risiko Relation zu berücksichtigen ist. Gerade im Falle einer Prognoseunsicherheit<br />
besteht ärztlicherseits die Neigung, Maximaltherapien anzuwenden –<br />
gemäß dem Grundsatz: in dubio pro vita. Damit steht man haftungsrechtlich nicht auf<br />
der sicheren Seite, entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben. Bei Anwendung<br />
3 Salomon, Leben erhalten und Sterben ermöglichen, Der Anästhesist 2006, 64 ff.<br />
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