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Betrifft: Betreuung 10

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Teil I Der 11. VGT Diskussionsbeiträge und Arbeitsergebnisse<br />

spricht. Durch den Entwurf soll die Rechtsprechung des BGH 57 zur Genehmigungsbedürftigkeit<br />

von Entscheidungen am Lebensende fortgesetzt werden, nach der ein<br />

betreuungsgerichtliches Verfahren einen geeigneten Rahmen für die Prüfung der<br />

Frage darstellt, ob ein Betreuer bzw. Bevollmächtigter den in einer Patientenverfügung<br />

geäußerten Willen eines Betroffenen erschöpfend ermittelt hat, und um für alle<br />

Beteiligten verbindlich festzustellen, dass eine vom Betreuer bzw. Bevollmächtigten<br />

gewünschte Einstellung der Behandlung in der konkreten Lebens- und Behandlungssituation<br />

dem Willen eines Betroffenen entspricht. 58 Das <strong>Betreuung</strong>sgericht kommt<br />

zugleich seinen Überwachungs- und Aufsichtspflichten nach, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1,<br />

1837 Abs. 2 BGB.<br />

Nicht ganz eindeutig ist der Entwurf im Hinblick auf die Frage, ob ein Genehmigungsverfahren<br />

nur bei Meinungsdifferenzen zwischen Betreuer bzw. Bevollmächtigten und<br />

behandelndem Arzt oder auch in den Fällen durchgeführt werden kann, in denen<br />

jeder der an der Auslegung Beteiligten sich selbst nicht sicher ist, welchen Inhalt eine<br />

Patientenverfügung hat bzw. wie der (mutmaßliche) Wille des Betroffenen lautet,<br />

quasi ein Konsens über die Mehrdeutigkeit besteht, 59 was insbesondere bei bloß<br />

mündlichen Patientenverfügungen oft der Fall sein dürfte. 60 Problematisch an letzterer<br />

Auffassung ist, dass das Gericht in diesen Fällen letztlich nicht mehr die Entscheidung<br />

eines Betreuers oder Bevollmächtigten (nicht) genehmigt, sondern eine eigene<br />

Sachentscheidung trifft. Die Aufsichts- und Kontrollfunktion des Gerichts und seine<br />

gegenüber denen von Betreuer, Bevollmächtigen und Arzt weitgehenderen Möglichkeiten<br />

zur Feststellung des Sachverhalts, sprechen nach hier vertretener Ansicht<br />

gleichwohl dafür, dass in allen Konstellationen, in denen sich Betreuer bzw. Bevollmächtigter<br />

und behandelnder Arzt über die Auslegung der Verfügung, ihren Widerruf<br />

und ihre Passgenauigkeit für die aktuelle Situation nicht sicher sind, ein gerichtliches<br />

Verfahren durchzuführen ist. 61 Ob sich bei einer derartigen Auslegung einer Regelung<br />

wie der im Gesetzentwurf-Stünker et al. 62 vorgeschlagenen, die Anzahl der<br />

betreuungsgerichtlichen Verfahren nicht erhöhen würde, bliebe abzuwarten.<br />

Ein betreuungsgerichtliches Verfahren kann als Amtsverfahren durch einen Betreuer<br />

bzw. Bevollmächtigten, den behandelnden Arzt oder durch Dritte angeregt werden,<br />

§ 24 FamFG. Nach dem Gesetzentwurf-Stünker et al. ist für den Betroffenen zwingend<br />

ein Verfahrenspfleger zu bestellen, § 67 Abs. 1 FGG-E, und hat das Gericht vor seiner<br />

Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, § 69d Abs. 2 FGG-<br />

E. Zudem sind nach § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG-E unbeschadet des § 20 FGG auch der<br />

Ehegatte bzw. Lebenspartner eines Betroffenen, diejenigen, die mit dem Betroffenen<br />

in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad<br />

verwandt sind sowie die zuständige Behörde beschwerdeberechtigt. Zur Wahrung<br />

effektiver Beschwerdemöglichkeiten wird eine genehmigende Entscheidung erst<br />

57 BGHZ 154, 205 ff. = BtPrax 2003, 123 ff. = FamRZ 2003, 748 = NJW 2003, 1588.<br />

58 Gesetzentwurf-Stünker, BT-Drs. 16/8442, <strong>10</strong> f.<br />

59 Vgl. Gesetzentwurf-Stünker, BT-Drs. 16/8442, 3: „bedürfen bei Zweifeln über den Patientenwillen<br />

der Genehmigung“, 12: „wenn zwischen behandelndem Arzt und Betreuer unterschiedliche<br />

Auffassungen über den Patientenwillen bestehen“, 19: „bei unterschiedlichen Auffassungen<br />

oder bei Zweifeln des behandelnden Arztes und des Betreuers über den Behandlungswillen“.<br />

60 Roth JZ 2004, 494, 502.<br />

61 Abzulehnen ist die Auffassung des LG Essen NJW 2008, 1170 ff. = ZfL 2008, 22, nach dem eine<br />

Genehmigungsbedürftigkeit auch bei Einvernehmen bereits dann besteht, wenn über einen längeren<br />

Zeitraum eine künstliche Ernährung durchgeführt wurde; ähnlich wie LG Essen LG<br />

Waldshut-Tiengen FamRZ 2007, 79 ff. = ArztR 2007, 48 = NJW 2006, 2270 = PflR 2007, 131.<br />

62 So Gesetzentwurf-Stünker, BT-Drs. 16/8442, 19; hingegen wie hier eher wachsende Bedeutung<br />

des <strong>Betreuung</strong>srichters Höfling FPR 2007, 67, 69.<br />

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