27.02.2013 Aufrufe

Betrifft: Betreuung 10

Betrifft: Betreuung 10

Betrifft: Betreuung 10

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

C. Wille des Betreuten und Handeln gegen den Willen<br />

fachkundig beraten lassen oder beruflich bzw. privat veranlasst eine intensive<br />

Beschäftigung mit Fragen am Lebensende erfolgte. Hingegen ist eine Befassung des<br />

Betroffenen mit Entscheidungen am Lebensende sorgfältig zu prüfen, wenn der<br />

Betroffene eines der vielen Muster für Patientenverfügungen ohne eigene Ergänzungen<br />

oder eine nachgewiesene Beratung übernommen hat. Das Unterzeichnen einer<br />

Patientenverfügung beweist noch keine Auseinandersetzung mit dem eigenen<br />

Lebensende, sondern kann im Gegenteil auch der eigenen Entlastung von einer Auseinandersetzung<br />

mit dieser Thematik dienen.<br />

2. Ergänzende Auslegung von Patientenverfügungen<br />

Der Wortlaut jeder Erklärung kann eng oder weit ausgelegt werden. Überschreitet die<br />

Auslegung den weitestmöglichen Wortlaut, wird von einer ergänzenden Auslegung<br />

für Situationen, Umstände etc. gesprochen, die der Erklärende mit dem Inhalt seiner<br />

Erklärung nicht umfasst hat. Entscheidungen, Wünsche und Vorstellungen des<br />

Betroffenen für einen Lebenssachverhalt werden so auf einen anderen übertragen, zu<br />

dem sich der Betroffene nicht geäußert hat. Dabei sind im Einzelfall die Grenzen zwischen<br />

einer noch vom Wortlaut gedeckten Auslegung und einer ergänzenden Auslegung<br />

fließend.<br />

Gerade bei Patientenverfügungen ist die Gefahr einer (unbewussten) ergänzenden<br />

Auslegung mangels Möglichkeit, den Verfasser der Erklärung selbst zu befragen,<br />

besonders groß. Es erfordert eine bewusste Kenntnis und Reflexion der eigenen<br />

Überzeugungen und Wertvorstellungen, um den Inhalt einer Patientenverfügung<br />

überhaupt vor dem Hintergrund der Überzeugungen und Wertvorstellungen des<br />

Betroffenen und nicht der eigenen interpretieren zu können. 49<br />

Festzuhalten ist andererseits, dass eine ergänzende Auslegung von Patientenverfügungen<br />

nicht unzulässig ist. Passt die Verfügung nicht auf die konkret vorliegende<br />

Situation, ist sie im Gegenteil ergänzend auszulegen, um aus ihr Wünsche und Vorstellungen<br />

des Verfassers für die aktuell vorliegende Situation abzuleiten. Es wird<br />

dann jedoch eine stellvertretende Entscheidung des Betreuers oder Bevollmächtigten<br />

erforderlich. Die ergänzend ausgelegte Patientenverfügung bildet einen – wesentlichen<br />

– Baustein bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Betroffenen.<br />

Zu beachten ist, dass für die Frage nach dem Inhalt einer Patientenverfügung grundsätzlich<br />

nur Umstände bis zum Zeitpunkt des Verfassens der Erklärung zur Deutung<br />

heranzuziehen sind. Äußerungen, Verhaltensweisen usw. des Betroffenen nach dem<br />

Verfassen der Patientenverfügung sind für die Auslegung des Inhalts der Verfügung<br />

nur insoweit beachtlich als sie Hinweise auf den Willen des Betroffenen zum Zeitpunkt<br />

des Verfassens der Erklärung ermöglich. Im Übrigen sind sie nur ein Anhaltspunkt für<br />

den mutmaßlichen Willen des Betroffenen oder einen Widerruf der Erklärung.<br />

Bezugszeitpunkt einer ergänzenden Auslegung ist – anders als bei einer von Testamenten<br />

– nicht der Moment der Errichtung der Verfügung, sondern derjenige, in dem<br />

die Entscheidung am Lebensende zu treffen ist. Ebenso ist nicht erforderlich, dass<br />

sich beim Vorliegen einer schriftlichen Patientenverfügung in dieser eine Andeutung<br />

für die gewählte Auslegung finden lässt, da eine Patientenverfügung keiner Form<br />

bedarf. 50 Hingegen gilt wie für Testamente in § 2085 BGB ausdrücklich festgelegt,<br />

dass die Unwirksamkeit einer von mehreren in einer Patientenverfügung getroffenen<br />

Festlegungen nicht die Unwirksamkeit der übrigen zur Folge hat, wenn anzunehmen<br />

ist, dass der Betroffene diese Verfügungen auch ohne die unwirksame getroffen<br />

49 Zur Unterscheidung Subjekt Betreuter – Subjekt Betreuer, Krüger BtPrax 2008, 11, 13 ff.<br />

50 Vgl. Roth JZ 2004, 494, 499.<br />

<strong>10</strong>3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!