Betrifft: Betreuung 10
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C. Wille des Betreuten und Handeln gegen den Willen<br />
fachkundig beraten lassen oder beruflich bzw. privat veranlasst eine intensive<br />
Beschäftigung mit Fragen am Lebensende erfolgte. Hingegen ist eine Befassung des<br />
Betroffenen mit Entscheidungen am Lebensende sorgfältig zu prüfen, wenn der<br />
Betroffene eines der vielen Muster für Patientenverfügungen ohne eigene Ergänzungen<br />
oder eine nachgewiesene Beratung übernommen hat. Das Unterzeichnen einer<br />
Patientenverfügung beweist noch keine Auseinandersetzung mit dem eigenen<br />
Lebensende, sondern kann im Gegenteil auch der eigenen Entlastung von einer Auseinandersetzung<br />
mit dieser Thematik dienen.<br />
2. Ergänzende Auslegung von Patientenverfügungen<br />
Der Wortlaut jeder Erklärung kann eng oder weit ausgelegt werden. Überschreitet die<br />
Auslegung den weitestmöglichen Wortlaut, wird von einer ergänzenden Auslegung<br />
für Situationen, Umstände etc. gesprochen, die der Erklärende mit dem Inhalt seiner<br />
Erklärung nicht umfasst hat. Entscheidungen, Wünsche und Vorstellungen des<br />
Betroffenen für einen Lebenssachverhalt werden so auf einen anderen übertragen, zu<br />
dem sich der Betroffene nicht geäußert hat. Dabei sind im Einzelfall die Grenzen zwischen<br />
einer noch vom Wortlaut gedeckten Auslegung und einer ergänzenden Auslegung<br />
fließend.<br />
Gerade bei Patientenverfügungen ist die Gefahr einer (unbewussten) ergänzenden<br />
Auslegung mangels Möglichkeit, den Verfasser der Erklärung selbst zu befragen,<br />
besonders groß. Es erfordert eine bewusste Kenntnis und Reflexion der eigenen<br />
Überzeugungen und Wertvorstellungen, um den Inhalt einer Patientenverfügung<br />
überhaupt vor dem Hintergrund der Überzeugungen und Wertvorstellungen des<br />
Betroffenen und nicht der eigenen interpretieren zu können. 49<br />
Festzuhalten ist andererseits, dass eine ergänzende Auslegung von Patientenverfügungen<br />
nicht unzulässig ist. Passt die Verfügung nicht auf die konkret vorliegende<br />
Situation, ist sie im Gegenteil ergänzend auszulegen, um aus ihr Wünsche und Vorstellungen<br />
des Verfassers für die aktuell vorliegende Situation abzuleiten. Es wird<br />
dann jedoch eine stellvertretende Entscheidung des Betreuers oder Bevollmächtigten<br />
erforderlich. Die ergänzend ausgelegte Patientenverfügung bildet einen – wesentlichen<br />
– Baustein bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Betroffenen.<br />
Zu beachten ist, dass für die Frage nach dem Inhalt einer Patientenverfügung grundsätzlich<br />
nur Umstände bis zum Zeitpunkt des Verfassens der Erklärung zur Deutung<br />
heranzuziehen sind. Äußerungen, Verhaltensweisen usw. des Betroffenen nach dem<br />
Verfassen der Patientenverfügung sind für die Auslegung des Inhalts der Verfügung<br />
nur insoweit beachtlich als sie Hinweise auf den Willen des Betroffenen zum Zeitpunkt<br />
des Verfassens der Erklärung ermöglich. Im Übrigen sind sie nur ein Anhaltspunkt für<br />
den mutmaßlichen Willen des Betroffenen oder einen Widerruf der Erklärung.<br />
Bezugszeitpunkt einer ergänzenden Auslegung ist – anders als bei einer von Testamenten<br />
– nicht der Moment der Errichtung der Verfügung, sondern derjenige, in dem<br />
die Entscheidung am Lebensende zu treffen ist. Ebenso ist nicht erforderlich, dass<br />
sich beim Vorliegen einer schriftlichen Patientenverfügung in dieser eine Andeutung<br />
für die gewählte Auslegung finden lässt, da eine Patientenverfügung keiner Form<br />
bedarf. 50 Hingegen gilt wie für Testamente in § 2085 BGB ausdrücklich festgelegt,<br />
dass die Unwirksamkeit einer von mehreren in einer Patientenverfügung getroffenen<br />
Festlegungen nicht die Unwirksamkeit der übrigen zur Folge hat, wenn anzunehmen<br />
ist, dass der Betroffene diese Verfügungen auch ohne die unwirksame getroffen<br />
49 Zur Unterscheidung Subjekt Betreuter – Subjekt Betreuer, Krüger BtPrax 2008, 11, 13 ff.<br />
50 Vgl. Roth JZ 2004, 494, 499.<br />
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