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Zwangsmühle für Lentföhrden - Alt Bramstedt

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<strong>Zwangsmühle</strong> <strong>für</strong> <strong>Lentföhrden</strong><br />

Die Kampener Mühle<br />

Gesammelt und aufgeschrieben<br />

von Uwe Looft<br />

<strong>Lentföhrden</strong>er Ortsgeschichte<br />

7


<strong>Zwangsmühle</strong> <strong>für</strong> <strong>Lentföhrden</strong><br />

Die Korn- und Knochenmühle in Kampen<br />

Die Mühle in Campen (so schrieb man jahrhundertelang) ist sehr alt – aber wie<br />

alt wirklich, bleibt bisher unbekannt. Der Familienforscher Claus Averhoff<br />

(Voßhöhlen) berichtet 1995 über eine Stauung der Schirnau durch das Zisterzienserkloster<br />

Reinfeld.<br />

Er zitiert aus einer nicht näher beschriebenen Topographie.<br />

Die bis dato älteste bekannte schriftliche Überlieferung stammt aus dem Jahre<br />

1649. Es sollte ein neuer Mühlstein beschafft werden. König Frederik III. verfügt,<br />

ihm die Kosten in Rechnung zu stellen. Daher muss die Mühle in königlichem<br />

Eigentum gewesen sein.<br />

Mittlerweile hat sich ein weiterer Fund ergeben, schon 1966 veröffentlichte<br />

Wolfgang Prange vom Landesarchiv Schleswig einen Artikel zur Entstehung<br />

und inneren Aufbaus des Gutes <strong>Bramstedt</strong>. Diesen Bericht hat Jan-Uwe<br />

Schadendorf wiederentdeckt.<br />

Prange berichtet von Caspar Fuchs, Besitzer des adeligen <strong>Bramstedt</strong>er Gutes.<br />

Er heiratete 1540 Elisabeth Vaget, Tochter des Vorbesitzers Dirick Vaget.<br />

Dieser wird im alten Fleckensbuch um 1530 als Bürgermeister genannt.<br />

8


Karte von Danckwerth, um 1650<br />

Er scheint zu seinem Landesherren in guter Beziehung gestanden zu haben.<br />

Hans Hinrich Harbeck schließt in seiner <strong>Bramstedt</strong>er Chronik aus, dass ihm<br />

sein Fleckensamt die Nutzung dieser Besitztümer eingetragen hat:<br />

10 Hufen in Hitzhusen, Hagen, Borstel, Wiemersdorf, Weddelbrook und <strong>Bramstedt</strong>.<br />

Dazu kamen Wiesen, Weiden, Jagdrechte, Fischereirechte und Holzrechte<br />

sowie Mattenfreiheit (also keine Abgaben in der Mühle). Auch Gerichtsbarkeit<br />

an Halß und Handt, alle Freiheiten, so alß andere vom Adel ihre Güter<br />

in unsern Fürstentümern Schleswig und Holstein inne haben.<br />

Caspar Fuchs war Sekretär des Dänenkönigs Christian III.<br />

Am 28.12.1540 bestätigte der König ihm den erblichen Besitz von Vagets<br />

Gütern. Weiterhin erhielt Caspar Fuchs auf Lebenszeit – nicht erblich! – zwei<br />

Hufen und eine Kate in Weddelbrook und die bei Kampen im Kirchspiel<br />

Kaltenkirchen erbaute Mühle, ebenfalls deren Gerichtsbarkeit.<br />

Demnach muß unsere Mühle schon vor der Säkularisation in königlichem<br />

Besitz gewesen sein.<br />

Mit dem Tod von Caspar Fuchs fiel die Mühle wieder an die dänische Krone,<br />

nach der Reformation kam sie als Fideikommiss (unveräußerliches Stammgut)<br />

1665 an die Barone von Blome in Heiligenstedten.<br />

Weitere frühere bestimmbare Information liegt bisher nicht vor.<br />

9


Das Erdbuch<br />

(steuerliche Grundstücksabgaben) des Amtes Segeberg nennt <strong>für</strong> 1567 als<br />

abgabepflichtige Kampener Hufner Henneke Moller und Hinrich Mhoer.<br />

Für die folgenden Jahre:<br />

1601: Hinrich Stamer Johan, Timme Schutten, Hinrich Schutten, Johan<br />

Borneman, Pawel Weßel.<br />

1606/07: Hinrich Stamer Johan, Timme Schutten, Hinrich Schutten, Johan<br />

Borneman.<br />

1629/30: Hanß Moller, Heinrich Schutten, Tim Schutten Johan Borneman.<br />

1647/48: Hanß Möller, Hinrich Schutte, Tim Schutte, Johan Borneman, Tieß<br />

Tieß.<br />

1656/57: Marx Michels, Tihm Tieß, Paul Borneman, Hinrich Struve, Carsten<br />

Siemens.<br />

1665: Marx Michelsen, Tieß Tieß, Paul Borneman, Detlef Pingell, Carsten<br />

Siemens, Daniel Wulff, Zubauer.<br />

Zeichnung von 1931<br />

10


Kloster Reynevelde<br />

Reinfelder Stadtwappen: Der Krummstab erinnert an das Kloster<br />

1186 ersucht Graf Adolf III. im Rahmen der deutschen Ostkolonisation das<br />

Kloster Loccum um Entsendung von Mönchen und Laienbrüder in den<br />

slawischen Gau Boule. Im Winterfeldzug von 1138-1139 wurden die Wenden<br />

endgültig unterworfen, viele ihrer Orte fielen wüst oder wurden von Kolonisten<br />

aus dem gesamten norddeutschen Raum, aber auch vom Rhein und aus<br />

Friesland, übernommen.<br />

Die grauen Mönche legten Hand an, rodeten den Wald und erbauten bescheidene,<br />

hölzerne Gebäude, in denen sie klösterlich leben konnten. Um<br />

1238 wurde der Klosterstandort verlegt. Die endgültige Klosterkirche wurde<br />

vom Lübecker Bischof geweiht.<br />

Die Zisterzienserregel verbot den Genuss von Fleisch, Fisch hingegen war<br />

ausdrücklich erlaubt. Da auch das frommste Mönchlein essen musste, legte<br />

man im Laufe der Zeit insgesamt 61 Fischteiche an. Gezüchtet wurden<br />

Karpfen, Schleie, Zander, Aale, Hechte und Lachse. Die Karpfenzucht spielt in<br />

Reinfeld noch heute eine Rolle. Man betrieb auch Land- und Forstwirtschaft<br />

sowie ein eigenes Gestüt.<br />

Das Kloster besaß bedeutenden Landbesitz außer dem holsteinischen noch in<br />

Lauenburg, Mecklenburg und Pommern sowie Anteile an der Lüneburger<br />

Saline. Die Mönche verfügten über Mühlen in Wismar (Gröninger Mühle),<br />

Gadebusch, Schwerin (3), Nütschau und Neritz. Zahlreiche Dörfer waren<br />

klosteruntertänig, so auch Fuhlendorf (schon ab 1189), Bimöhlen und<br />

eventuell auch Gayen.<br />

Durch seinen Reichtum und gute Beziehungen zur Hansestadt Lübeck war<br />

das Kloster auch ein Politikfaktor. Die Mönche konnten sogar in Lübeck direkt<br />

eine Handelsniederlage einrichten. 1942 wurde das letzte Gebäude der<br />

Klosterzeit abgerissen und durch einen Luftschutzbunker ersetzt.<br />

11


Die Klostergeschichte begann mit einigen wenigen Mönchen, <strong>für</strong> sein Ende<br />

genügte ein einziger: Martin Luther. Mit einsetzender Reformation entzogen<br />

die Landesherren von Mecklenburg und Pommern dem Betrieb viel Grundbesitz.<br />

Damit begann der wirtschaftliche Niedergang, auch die Lüneburger<br />

Salzpfannen mussten verkauft werden. Ebenso nahm die Zahl der Mönche<br />

ständig ab (in der Blütezeit des Klosters waren es an die 60).<br />

Das endgültige Aus kam im April 1582. Der dänische König Frederik II.<br />

säkularisierte das Kloster und übergab das Abteigebiet an seinen Bruder<br />

Herzog Johann von Sonderburg. Dieser ließ die meisten Bauten schleifen und<br />

erbaute in den Jahren 1755 – 1604 aus dem Abbruchmaterial ein<br />

Renaissanceschloss (1772 abgebrochen).<br />

In Kampen erinnert noch die Flurbezeichnung Klosterwisch an die Mönche.<br />

Nachricht vom Stadtarchiv Reinfeld<br />

Modell des Reinfelder Klosters<br />

12


Diese Karte von Wolfgang Prange stellt den Zustand um 1530 dar.<br />

Demnach besaß das Reinfelder Kloster in Nützen 5 Hufen, in Kampen 3.<br />

13


Es ist durchaus wahrscheinlich, das die Reinfelder Klosterbrüder hier ihre<br />

Finger im Spiel hatten, den Mühlenteich mit Dämmen umgaben und die<br />

Schirnau aufstauten. Wie lange Kampen zum Kloster Reinfeld gehörte, wissen<br />

wir nicht. Im Jahre 1567 erscheint der Ort im Rechnungsbuch des Augustiner-<br />

Chorherrenstiftes Segeberg.<br />

Für das Jahr 1653 wird ein Marten Lop (auch Loep) als Müller genannt. Er<br />

pachtete <strong>für</strong> jährlich 700 Mark Lübsch. In den schwedischen Kriegswirren kam<br />

ihm der Pachtvertrag abhanden. Der Segeberger Amtmann von Buchwald<br />

stellte einen neuen aus.<br />

Am 21.02.1655 heiratete Daniel Wulff die Witwe Elsabe Lops, eine geborene<br />

Stamer Johan. Ab 1659 ist der Mühlenbetrieb durch Wulff nachweisbar. Wie<br />

lange er lebte, wissen wir nicht, sein Sohn Daniel ertrank 1693 im Mühlenteich.<br />

Kisdorf, 25.02.1663<br />

Beim Kirchspielvogt Dietrich Pohlmann in Kisdorf erscheint Anke Lentforde,<br />

Ehefrau des dortigen Hufners Hanß Lentforde, und sagt freiwillig aus, dass ihr<br />

Großvater Eler Loep das erste Wohnhaus bei der Mühle zu Campen auf seine<br />

Kosten erbaut hat, da zuvor dort kein Haus gestanden, und dass er es an<br />

seinen Sohn Jürgen Loep vererbte.<br />

Dieser habe es nach seinem Tode ihr, seiner Tochter Anke Lentföhr,<br />

vermacht. Sie selbst habe das Haus ihrem Onkel Marten Loep, dem<br />

verstorbenen Ehemann der jetzigen Müllerin Elsabe verkauft.<br />

Martin Loep habe das Haus, nachdem es leider abgebrannt ist, wieder auf<br />

seine Kosten aufbaut und jährlich 24 Schilling Grundheuer gezahlt.<br />

oberschlächtig unterschlächtig<br />

14


Die Kampener Wassermühle wurde mit einem unterschlächtigen Wasserrad<br />

angetrieben.<br />

Das Wasserrad hatte einen Durchmesser von etwa drei Metern und drehte<br />

sich um die 10mal in der Minute.<br />

Seine Tochter Elisabeth heiratete am 15.08.1680 Otto Paustian I.. Dessen<br />

Familie stammte aus Tilsit. Er betrieb die Mühle von 1680 bis 1699. Otto<br />

verstarb am 30. Dezember 1699 um 3 Uhr nachts im 53. Lebensjahr.<br />

Der Ehe entstammten 11 Kinder:<br />

Claus *14.07.1681 ∞ 27.07.1737 Jungfrau Schröder<br />

Elsabe *28.02.1683 t 27.04.1685<br />

Otto *1683 t 27.04.1685<br />

Cathrin Elsbe t 28.09.1689<br />

Daniel *09.03.1687<br />

Otto *17.03.1689 ∞ 27.06.1721 Elisabeth Schacht<br />

Elisabeth *07.12.1690 ∞ 22.09.1713 Lieutnant J. F. Kühfer<br />

Anna Margareth *24.07.1692 ∞ 21.09.1714 Cornet Joh. Fr. Annion<br />

Johan *08.11.1694<br />

Emerentz *15.02.1698 ∞ 19.11.1716 Jochim Aberhof<br />

aus Barmstedt<br />

Andreas Kay *17.04.1700<br />

Im gleichen Jahr ist der <strong>Bramstedt</strong>er Hufner und Kirchspielvogt H. Pawel<br />

Blancke so auf einer Hochzeitt zu Cajen gewesen undtt zwischen den und<br />

Campen unvormothlichen Todes verblichen.<br />

1702 verhört Amtsverwalter Schnell auf Anordnung des Segeberger<br />

Amtmannes von Lenten je zwei alte Männer aus den Dörfern Kisdorf,<br />

Wakendorf, Schmalfeld, Kaltenkirchen, <strong>Lentföhrden</strong>, Nützen, Oersdorf und<br />

Ulzburg. Vermutlich hat sich der Kampener Müller über den Gebrauch von<br />

Grützmühlen (Queeren) beschwert. Nach deren Aussagen ist es altes Recht,<br />

dass die Mühlengäste bis zu 24 Stunden auf das Mahlen ihres Korns warten<br />

müssen, ehe sie berechtigt sind, zu einer anderen Mühle zu fahren, und dass<br />

sich dann mit dem Müller wegen der entzogenen Matten einigen müsse.<br />

Nach Ottos Tod heiratete Witwe Elisabeth mit 8 Kindern 1705 einen Christian<br />

Bartels (Pastor Stocks vermeldet <strong>für</strong> den 24.10.1704 dem Ehepaar Christian<br />

und Elisabeth Bartels die Geburt eines Sohnes Christian Daniel).<br />

Am 12.09.1705 schloss man einen Teilungsvertrag. Witwe Paustian, Bartels<br />

als künftiger Vormund der Kinder sowie der vom Gericht eingesetzte Bauernvogt<br />

Jasper Siemens aus <strong>Lentföhrden</strong>. Es wurde vereinbart, dass jedes der<br />

acht lebenden Kinder 300 Mark Lübsch (100 Reichsthaler) und eine Aussteuer<br />

15


erhalten sollten. Der Vertrag wird am 12.09.1705 in der Kirchspielvogtei<br />

Kaltenkirchen protokolliert. Im Jahr 1717 wird <strong>für</strong> Bartels ein Wohnrecht auf<br />

der Lohe protokolliert.<br />

Christian Bartels starb am 17.04.1733, Elisabeth lebte bis zum 17.04.1743.<br />

1718 kauft Otto Paustian II. sich <strong>für</strong> 5.000 Reichstaler das Erbpachtrecht vom<br />

Preetzer Probst Wolfgang von Blome.<br />

Er betrieb vorher die Oldesloer Mühle des verstorbenen Müllers Schacht und<br />

heiratete dessen Tochter Elisabeth Schacht. Die Mitgift dürfte zum Kauf des<br />

Erbpachtrechtes hilfreich gewesen sein.<br />

Familienkrach<br />

Bei der Umsetzung dieses Kaufes gab es allerdings Probleme. Am 01.11.1718<br />

bitten Blome den Segeberger Amtmann um Rechtshilfe, weil Elisabeth und ihr<br />

Sohn Daniel Schwierigkeiten bei der Herausgabe der Mühle machten.<br />

Otto Paustian II. klagt mit Datum vom 20.04.1719, dass sein Bruder Daniel<br />

eine Schlägerei angefangen habe und seine Mutter ihn einen Dieb gescholten<br />

habe, als er die Mühle übernehmen wollte. Der Amtmann befiehlt Elisabeth,<br />

die Mühle auf dem bevorstehenden Kieler Umschlag 1719 an ihren Sohn Otto<br />

herauszugeben. Sie teilt ihm daraufhin mit, dass ihr der Verkauf nicht<br />

bekanntgegeben worden sei, und Blome möchte sich an den jetzigen Besitzer<br />

Daniel wenden. Daniel teilt dem Amtmann mit, dass seine Mutter und sein<br />

Stiefvater Christian Bartels schuldig seinen, die noch ausstehende Pacht an<br />

Wulf von Blome zu zahlen, da er selbst mit diesem keinen Vertrag<br />

geschlossen habe. Am 20.04.1719 beschwert sich Otto beim Amtmann<br />

Hanneken darüber, dass sein Bruder Daniel sich unterstanden habe, die<br />

Schütten aufzuziehen, um das Wasser abzulassen und ein Viertel der<br />

Schaufeln des Wasserrades herauszubrechen. Dadurch stand die Mühle vier<br />

Tage still, außerdem habe er ihn geschlagen. Otto verlangte Schadensersatz<br />

und forderte, dass Daniel das zur Mühle gehörende Wohnhaus zu räumen und<br />

bietet ihm an, 200 Reichsthaler zu zahlen, die Daniel dem Stiefvater gegeben<br />

hatte.<br />

Endlich kam es zum Prozess, dessen Urteil sich nicht erhalten hat. Das Urteil<br />

wird zugunsten von Otto Paustian II. und Wulf Blome ausgegangen zu sein, da<br />

Otto in den Kaltenkirchener Kirchenregister als Kampener Müller bezeichnet<br />

wird.<br />

Bartels, der Verlierer, pachtete daraufhin die Mühle des verstorbenen Müllers<br />

Marx Schacht in Oldesloe:<br />

Da sein Stief-Sohn Otto Paustian sich auf die Mühle gesetzet und daselbst<br />

täglich die Haußhaltung führet und das gantze Wesen als Meister regiert, und<br />

16


er, Bartels, wegen Einnahme der Molten und anderer Sach hinlänglich Anstalt<br />

auf der Mühle zu Oldesloe, umb ohne allen Schaden zu seyn, gemacht, und<br />

aber anseiten der Amtsstube zu Reinbek von ihm Versicherung begehrt wird,<br />

daß die Pension an Sechzehen Hundert Mark Lübsch in dänischen Cronen<br />

vom Maytag 1720 an bis Maytag 1721 in Terminen als auf Michaelis und<br />

Ostern bezahlt werden könten und sollten, so verpflichtet sich Bartels unter<br />

Verpfändung seines gesamten Vermögens, die Pacht zu zahlen.<br />

Ottos Ehe blieb kinderlos, von 1728 bis 1758 führte nun sein Bruder die Mühle<br />

weiter. Claus Paustian vergrößerte den Betrieb um eine Krügereikonzession<br />

(Gaststätte). Damit wurden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die<br />

Bauern konnten sich die Wartezeit trefflich verkürzen und der Müller hatte eine<br />

zusätzliche Einnahmequelle. Eine durchaus gängige Praxis. Ob es hier auch<br />

ein Brennrecht gab, ist bisher nicht bekannt. Dieser Claus heiratete 1727.<br />

Claus verstarb am 18.10.1758. Er hatte noch ein zweites Mal geheiratet (E. M.<br />

E. Schröder), die Kinder aus beiden Ehen führten den Betrieb gemeinsam<br />

weiter.<br />

Was kostete ein Kirchenstuhl?<br />

Das älteste bekannte Originaldokument aus dem Jahre 1734 bezeugt den<br />

Kauf eines Kirchenstuhls in der Kaltenkirchener Kirche durch den Pensionär<br />

Claus Paustian.<br />

17


Er ersteigert das Recht, dass er sich auf eigene Kosten den Stuhl sich<br />

zurechtmachen lasse und <strong>für</strong> den Stuhl 16 rtl, schreibe sechzehn Reichsthaler,<br />

an die Kirche zahlen wollt.<br />

Um 1700 kostete eine gute Kuh 30-40 Mark (etwa 10-13 Reichsthaler).<br />

Im Vertrag wurde weiterhin geregelt, dass er oder seine Nachfolger den Stuhl<br />

auf eigene Kosten reparieren sollen, so dass die Kirche damit nicht belastet<br />

werden soll. Er erhielt das Recht, den Stuhl ganz oder teilweise zu verkaufen,<br />

die Kirche hatte keinerlei Rechte am Stuhl, solange die Nachfolger bei Antritt<br />

jeweils einen Reichsthaler bezahlten.<br />

Der Kirchenstuhl wurde jeweils an den folgenden Mühlenbetreiber weitergegeben.<br />

Da<strong>für</strong> wurden Abgaben erhoben. Im Jahre 1829 war es 1 Reichsthaler,<br />

1852 3 Mark und 1883 3 Mark und 60 Pfennig.<br />

Warum kaufte man einen Kirchenstuhl?<br />

Beim Kirchenbesuch wurde nicht nur Gottesdienst abgehalten, der Kirchgang<br />

diente gleichzeitig als Nachrichtenbörse und von der Kanzel wurden auch amtliche<br />

Mitteilungen verlesen.<br />

Wer nun seinen eigenen Stuhl besaß, der gehörte zu den Honoratioren oder<br />

war zumindest gut bei Kasse.<br />

18


Für die <strong>Bramstedt</strong>er Maria-Magdalenen-Kirche waren beispielsweise fünf<br />

Kirchenstühle der Obrigkeit vorbehalten:<br />

Für den Königlichen Kirchspielvogt, dem Adeligen Gut, dem Amtmann des<br />

Amtes Segeberg, und noch zwei weitere <strong>für</strong> das Adelige Gut.<br />

Verlängerungscontract von 1769<br />

19


Der Pastor und das Geld<br />

Da der Kirchenstuhl nicht der Besoldung diente und die Kirche ihre Prediger<br />

nicht bezahlte, wovon lebten diese dann?<br />

Das Kirchspiel Kaltenkirchen umfasste in seiner größten Ausdehnung die Orte<br />

Kaltenkirchen, Nützen, Kampen, <strong>Lentföhrden</strong>, Hasenmoor, Schmalfeld, Ulzburg,<br />

Henstedt, Götzberg, Wakendorf II, Bredenbekshorst, Struvenhütten,<br />

Kattendorf, Hüttblek, Oersdorf, Winsen, Kisdorf, Alveslohe, Kaden, Mönkloh<br />

und Weddelbrook.<br />

Die Gemeindemitglieder mussten ihren Pastor unterhalten und das nicht auf<br />

freiwilliger Basis. Dem Pastor stand eine gewisse landwirtschaftliche Fläche<br />

zu, die von den Gemeinden bewirtschaftet werden mussten. Hand- und<br />

Spanndienste waren verbindlich festgelegt. Auch mussten sie ihm die Ernte<br />

einbringen und mit Feuerung (Holz und Torf) versorgen.<br />

Im Laufe der Zeit wurden diese Lasten durch Geldabgaben ersetzt. Die Höhe<br />

gliederte sich nach Feuer- und Instenstellen. Eine volle Feuerstelle zahlte<br />

einen Reichstaler, ein Inste 16 Schilling (1775).<br />

Weiterhin galt es, Naturalabgaben an die Kirche zu leisten und das Pastorat in<br />

Schuss zu halten.<br />

Eine Fülle von Akzidenzien (Gebühren) sollten Pastor und Organisten Lebensunterhalt<br />

und Amtsführung sichern. So kostete die Taufe eines ehelichen<br />

Kindes 1 Schilling, die eines unehelichen 3 Schillinge, eine Leichenrede mit<br />

Sermon (Ablesen einer vorgedruckten Predigt) 3 Schillinge (1737). Für das<br />

Jahr 1753 heißt es: ...<strong>für</strong> eine Leiche, die unter Absingen eines Liedes um die<br />

Kirche getragen oder in die Stille beerdigt werden, ist die Gebühr.... 12<br />

Schilling.<br />

Trug die Braut auf ihrer Hochzeit die Brautkrone, war wieder Bargeld fällig.<br />

Auch <strong>für</strong> die Konfirmation bzw. den Konfirmationsunterricht musste bezahlt<br />

werden, eine Pflicht seit 1850. Galt doch dieses Ereignis gleichzeitig als Schulentlassung<br />

und als Voraussetzung <strong>für</strong> den Einstieg in das Berufsleben. Für<br />

kinderreiche Familien der unteren sozialen Schicht eine herbe Belastung.<br />

Diese recht weltlichen Forderungen dürften der Gottesfurcht nicht gerade<br />

dienlich gewesen sein. Und ein Pastor <strong>für</strong> 21, wenn auch unterschiedlich<br />

große, Ortschaften, da konnte der Heilige Geist wohl nicht tief durchdringen.<br />

Die Finanzfrage wurde mit Gesetz vom 10.03.1906 in Schleswig-Holstein<br />

durch die Einführung der Kirchensteuer geregelt. Sie setzte sich zusammen<br />

aus Zuschlägen zur Einkommens- und Lohnsteuer und aus Zuschlägen zu<br />

Grund- und Gebäudeabgaben<br />

20


Und, auch wenn es banal ist, selbst ein Pastor brauchte Geld und musste<br />

bezahlt werden. Eine Kirchensteuer gab es noch nicht, dies war ein Mittel der<br />

Kirchenfinanzierung.<br />

Die Kaltenkirchener Michaeliskirche 1861<br />

Das Jahr 1760 bereitet Kopfschmerzen. Eine Quelle berichtet von einen<br />

Johann Hinrich Paustian, Sohn von Claus, der 1775 in das Geschäft von<br />

Friedrich Schulz (Tilsit!) als gleichberechtigter Teilhaber eintrat. Schulz war<br />

Viehhändler. Dieser Paustian ist sonst nicht weiter bekannt. Wir wissen noch,<br />

dass er 1771 Kaufmannsgeselle in Memel war, 1784 wird er als Kaufmann in<br />

Preußen bezeichnet. Ob die Familie noch Vermögen oder Beziehungen zur<br />

alten Heimat hatte, ist bisher nicht sicher zu erkennen.<br />

Das Jahr 1769 wurde von entscheidender Bedeutung. Nicolaus Friedrich<br />

Paustian (*30.09.1744), verheiratet mit Margarethe Tiedemann, Tochter des<br />

Rantzauer Müllers, erhielt seinen Hausbrief. 1780 wird die Mühle Eigentum<br />

der Familie Blome als Gegenleistung der verschuldeten Dänischen Krone. Im<br />

gleichen Jahr schließt Nicolaus Friedrich mit der Familie Blome einen<br />

Erbpachtvertrag bis zum ewigen Tag. Die Mühle wird endgültig Familienbesitz.<br />

Bereits ein Jahr später erweitert er die Wassermühle um eine Windmühle.<br />

21


Auch der Grundbesitz konnte vergrößert werden. Am 01.11.1816 schloss er<br />

auf dem Krankenbett einen Übernahmebetrag mit seinem Sohn Georg<br />

Andreas.<br />

Für 32.000 Reichsbankthaler sollte er die Mühle samt Zubehör übernehmen.<br />

Georg Andreas heiratete am 17.08.1817 die Müllerstochter Catharina Elisabeth<br />

Abel aus Kaden. Die eigentliche Betriebsübernahme erfolgte 1820 nach<br />

dem Tod des Vaters.<br />

Wie viele Menschen auf unserer Mühle Arbeit fanden, ist nicht mehr belegt.<br />

Aber <strong>für</strong> das Jahr 1819 gibt es noch Belege zur Mühle in Kaden. Dort<br />

arbeiteten: Ein Großknecht, ein Futterknecht, im Sommer ein Kuhhirte, zwei<br />

Müllergesellen, gelegentlich ein Brau- und Brennerknecht, ein Ackerbauknecht,<br />

ein Lehrbursche, zwei Hausmädchen und gelegentlich ein Kindermädchen.<br />

Kinder wurden, ebenso wie in Kampen, von Hauslehrern unterrichtet.<br />

1819, Kaden: Die Menge des gemahlenen Roggens<br />

Zur Familie Abel gab es familiäre Beziehungen: Eine Charlotte Kupfer (die<br />

Mutter war eine Paustian) war um 1730 Hausjungfer in Kaden, Georg Andreas<br />

Paustian heiratete 1817 Catharina Elisabeth Abel, 1821 heiratet Friedericia<br />

Sophia Paustian einen Franz Martin Abel aus Kaden.<br />

1852 übernahm Jacob August Christian Paulsen <strong>für</strong> 65.000 Mark Courant ab.<br />

Dieser verstarb 1903. 1861 ging die Mühle <strong>für</strong> 16.000 Taler endgültig in<br />

Familieneigentum über.<br />

22


Der König lässt heiraten<br />

Ein kostbares Schriftstück aus dem Jahre 1806 mit Siegel des Dänenkönigs<br />

Christian VII. zeigt, mit welchen Umständen damals eine Heirat verbunden<br />

sein konnte.<br />

Der Wortlaut dieses seltenen Dokumentes:<br />

Wir Christian der Siebente, von Gottes Gnaden König zu Dänemark,<br />

Norwegen, der Wenden und Gothen, Herzog zu Schleswig, Holstein, Stormarn<br />

und der Dithmarschen, wie auch zu Oldenburg thun kund hiermit, dass Wir auf<br />

geschehenes Ansuchen , allergnädigst concedieren (Anm.: erlauben,<br />

gestatten) und bewilligt haben, wie wir auch hiermit und Kraft dieses<br />

concedieren und bewilligen, dass Hans Mäckelmann in Struvenhütten,<br />

Kirchspiel Kaltenkirchen, sich mit seiner verlobten Braut Wilhelmina Maria<br />

Paustian zu Campen ohne sonst gewöhnlich vorhergehende öffentliche<br />

Verlobung und Ankündigung von der Kanzel, wo und wann sie wollen, durch<br />

des Priesters Hand, im Hause ehelich copulieren (Anm.: trauen, vermählen)<br />

lassen möge. Jedoch mit dem Bedinge, dass diese Ehe nicht zu Recht<br />

Erhebliches im Wege sey, welches der Prediger von dem copuliert werden,<br />

vorher genau zu untersuchen und darüber von ihnen, sofern sie nicht zu<br />

seiner Gemeinde gehören, ordentliche Bescheinigung ihres Seelsorgers oder<br />

allenfalls einen schriftlichen Eid zu fordern hat. Es soll auch Kirchen und<br />

Schulen, samt deren Bedienten, an der ihnen zustehenden Befugniß hierdurch<br />

nichts benommen seyn, wonach sich ein jeder allerunterthänigst zu achten<br />

hat.<br />

Urkundlich unter Unserem vorgedruckten Königlichen Insiegel. Gegeben in<br />

unserer Königlichen Residenzstadt Kopenhagen, byn 10ten Nov. 1804.<br />

Auf Sr. Königlichen Majestät allergnädigsten Befehl.<br />

Den Grund <strong>für</strong> diesen Erlass kennen wir nicht.<br />

Sicher ist nur, dass hier rechtliche Gründe vorgelegen haben müssen, die sich<br />

der unteren Gerichtsbarkeit entzogen und vor Ort nicht entschieden werden<br />

konnten.<br />

Der übliche Obolus, der an die Kirche zu deren Finanzierung nötig war, wurde<br />

auch hier fällig.<br />

23


König Christian VII.<br />

Der dänische König ist mit der Geschichte Holsteins auch durch die Affäre um<br />

den Staatsrat Dr. Johann Friedrich Struensee verbunden.<br />

Der spätere Hofarzt stammte aus <strong>Alt</strong>ona und kam durch Vermittlung an den<br />

dänischen Hof. Er machte schnell Karriere und führte in dem verarmten Land<br />

wichtige Reformen durch: Abschaffung der Folter, Ausbildung erster Geburtshelfer,<br />

Verbesserung der Armen<strong>für</strong>sorge, Abschaffung der Pressezensur und<br />

sein Bruder Karl Gustav sanierte den Staatshaushalt.<br />

Der König galt als willensschwacher, perverser Wüstling.<br />

Struensee und die als schön bezeichnete Königin Karoline Mathilde begannen<br />

eine Liebesaffäre. Das hätte den König nicht weiter gestört, er hatte andere Interessen,<br />

aber der alteingesessene Adel fühlte sich von Struensee brüskiert.<br />

Sein früherer Freund, der ewig klamme Abenteurer Graf Schack Karl zu<br />

Rantzau, fädelte eine Verschwörung ein. Dem König redet er unsinnige Mordpläne<br />

Struensees ein – dieser wolle selber den Thron besteigen. In einem<br />

bemerkenswert fingierten Scheinprozess wird er zum Tode verurteilt und 1772<br />

hingerichtet.<br />

Die Königin wurde geschieden und sollte auf einem Schloss bei Aalborg<br />

gefangengehalten werde. Jetzt drohte das verwandte britische Königshaus<br />

(King George III. war ihr Bruder) mit Krieg. Das reichte aus, sie wurde<br />

freigelassen, ihre Mitgift zurückbezahlt.<br />

Sie stirbt am 10.05.1755 im Celler Schloss, vor ihrem 24. Geburtstag, an<br />

Scharlach.<br />

Der König wird 1784 von seinem Sohn durch einen längst fälligen Staatsstreich<br />

abgesetzt.<br />

24


Ein folgenreicher Justizirrtum<br />

Das Berliner Kammergericht wird sich mit unserer Mühle nicht befasst haben,<br />

aber mit dem Wassermüller Johann Arnold. Er war Pächter einer gräflichen<br />

Wassermühle in Pommerzig, östlich der Oder (heute Polen). Ein anderer<br />

Adeliger legte Karpfenteiche an, so dass er <strong>für</strong> seine Mühle nicht mehr genug<br />

Energie bekam. Die Erträge sanken, Pacht konnte nicht mehr bezahlt werden.<br />

Der Graf klagte auf Räumung. Dem Einwand Arnolds, er könne nicht mehr<br />

arbeiten wie vorher, wurde nicht stattgegeben. Eine Berufung blieb erfolglos,<br />

es wurde geräumt und versteigert. Hier versagen die Quellen, war er ein<br />

Streithansel oder tatsächlich im Recht? Die Folgen der Aktion lassen auf<br />

ersteres schließen.<br />

1779 erreichte er es, das König Friedrich II. von Preußen ihn an der Bittschriftenlinde<br />

in Potsdam bemerkte und anhörte. Friedrich zog Erkundigungen<br />

über den Querulanten Arnold ein, aber die fielen so einseitig aus, das er das<br />

juristische Urteil als ungerecht empfand.<br />

Die Angelegenheit wurde auf königliche Order an das Berliner Kammergericht<br />

verwiesen, welches schnell arbeiten musste. Das Ergebnis enttäuschte Müller<br />

und König: Die Berufung wurde abgelehnt. Der alte Fritz war sauer, zitierte<br />

Richter und Justizminister ins Berliner Schloss. Friedrichs Zorn war groß: Der<br />

Justizminister von Zedlitz musste gehen, drei Richter auch – aber in Festungshaft.<br />

Preußens König begründete seine Aktion damit, das auch der geringste seiner<br />

Untertanen ebenso ein Mensch sei wie Majestät selbst. Der König hob das<br />

Urteil durch einen Machtspruch auf (wir befinden uns noch im Absolutismus).<br />

Hätte es damals eine Zeitung mit vier großen Buchstaben gegeben, sie hätte<br />

gejubelt, wie das Volk es tat. Die Oberschicht hingegen war empört.<br />

Wassermüller Arnold wurde wieder in seine alten Rechte eingesetzt und damit<br />

hätte der Fall erledigt sein können.<br />

Aber der Fall wirkte nach:<br />

Das Kammergericht hatte Mut bewiesen vor Fürstenwillen. Damals bildete sich<br />

ein geflügeltes Wort: Es gibt noch Richter in Preußen. Der neue Justizminister,<br />

Johann Heinrich Kasimir von Carmer schuf mit zwei Mitarbeitern das<br />

Preußische Allgemeine Landrecht, das modernste Gesetzbuch der damaligen<br />

Zeit (Vorläufer des BGB). Es wurde 1794 verkündet, nach dem Tode des<br />

Königs. Trotzdem, Friedrich hatte seine Finger im Spiel: In einer Randbemerkung<br />

schrieb er 1785 es ist aber sehr Dicke und Gesetze müssen kurtz<br />

und nicht weitläufig seindt.<br />

25


Kosakenwinter 1813/14<br />

Im Rahmen der napoleonischen Kriege stand der dänische Gesamtstaat auf<br />

Seiten Napoleons. Unter dem Oberbefehl des schwedischen Kronprinzen Karl<br />

Johann fiel die alliierte Nordarmee 1813 in Schleswig-Holstein ein.<br />

Diese Truppen (Schweden, Preußen und Russen) musste sich aus dem Land<br />

versorgen und saugten das vormals wohlhabende Land völlig aus. Einzelne<br />

Hofstellen waren mit bis zu 150 Mann belegt.<br />

Die Kosaken waren weder grausamer oder begieriger als die anderen Soldaten,<br />

ihr ungewohntes Aussehen sorgte da<strong>für</strong>, das diese Zeit nach ihnen<br />

benannt wurde.<br />

Auch in Kampen waren sie einquartiert. Eine schwere Belastung <strong>für</strong> die<br />

wenigen Dorfbewohner. Nach einer alten Überlieferung stahlen sie dem Müller<br />

nachts zwei Pferde und versteckten diese im Moor. Der Müllersknecht beobachtete<br />

das jedoch, meldete es seinem Chef Nicolaus Friedrich und der<br />

konnte die Tiere zurückbekommen, was wohl als ein kleines Wunder<br />

angesehen werden darf.<br />

In dieser Zeit sanken die Erträge spürbar, die Familie kämpfte um ihre<br />

Existenz.<br />

Die Einquartierungen des in russischen Diensten stehenden Generals Friedrich<br />

Karl von Tettenborn führten zu einer spürbaren Verarmung in den beiden<br />

Herzogtümern. Diese Zeit brachte Städter und Dorfbewohner in ärgste Bedrängnis,<br />

selbst große Güter gingen in Konkurs.<br />

26


Gut zu erkennen: Die Lage des Mühlenteiches<br />

(Varendorf’sche topographisch militärische Karte von 1789-1796)<br />

Hier betrieben die Müller auch eine Fischzucht<br />

1852 übernahm Jacob August Christian Paulsen <strong>für</strong> 65.000 Mark Courant ab.<br />

Dieser verstarb 1903. 1861 ging die Mühle <strong>für</strong> 16.000 Taler endgültig in<br />

Familieneigentum über.<br />

27


Mühlenzwang<br />

Wassermühlen kamen im späten 8. Jahrhundert auf, sie lösten die schwerfälligen<br />

Quetschmühlen ab und erleichterten eine der härtesten und zeitaufwendigsten<br />

Arbeiten der Bauern.<br />

Die komplizierte Antriebstechnik und die teuren Mahlsteine, die meist von<br />

weither bezogen werden mussten, verlangten allerdings hohe Investitionen.<br />

Im frühen 13. Jahrhundert führten Lehnsherren und Klöster auch hier die neue<br />

Techniken ein (Das Kloster Prüm in der Eifel besaß allein 35 eigene<br />

Wassermühlen). Diese Mühlen waren die ersten Arbeitsgeräte, die ohne<br />

menschliche oder tierische Muskelkraft auskamen.<br />

1185 erließ Kaiser Friedrich I. Barbarossa das Mühlenregal. Danach waren 2/3<br />

der Einnahmen an den Landesherrn bzw. dem Kloster abzuliefern, der<br />

Wasserstand des Mühlenteiches durch einen Merkpfahl zu kontrollieren und<br />

der Mühlenzwang einzuhalten.<br />

Für die Volkswirtschaft war das ein Fortschritt, aber <strong>für</strong> die einzelnen Betroffen<br />

war die Wirkung recht unterschiedlich. Die Mühlenerbauer wollten ihre<br />

Investitionen natürlich wiedersehen und verdienen. Sie achteten streng auf<br />

Rentabilität. Das Herrenrecht legte durch den Mühlenzwang fest, welche<br />

Dörfer bei welcher Mühle mahlen lassen mussten. Für die Bauern, die jetzt<br />

Mahlgäste waren, bedeutete das aber mehr Abgaben, Abhängigkeiten und<br />

Zeitverluste. Bisher mahlten sie ihr Korn selbst, wenn es auch mühsam war.<br />

Sie hatten kleine, handbetriebene Mahlsteine oder Tretmühlen.<br />

Auf der <strong>Zwangsmühle</strong> wurde in Reihenfolge des Eintreffens (Wer zuerst<br />

kommt, mahlt zuerst) gemahlen oder nach Absprache.<br />

Als Entlohnung erhielt der Müller Bargeld oder einem Naturalanteil des<br />

Mahlgutes, die Matte. Obwohl dieser Anteil durch die Landesherrschaften<br />

penibel festgelegt war, kam es hier häufig zu Differenzen.<br />

Eine Mühle besaß häufig auch eine Kruggerechtigkeit und/oder ein Brennrecht<br />

(Beispielsweise Rusch-Korn aus Itzehoe, auch die Mühle in Kaden hatte<br />

diese Privilegien).<br />

Die Kampener Wassermühle war die <strong>Zwangsmühle</strong> <strong>für</strong> das gesamte Kirchspiel<br />

Kaltenkirchen und damit auch <strong>für</strong> <strong>Lentföhrden</strong>. Die Bauern der Dörfer waren<br />

der Mühle auch zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet. Auch ein Grund,<br />

Müller nicht populär zu machen.<br />

Der Mühlenzwang in Holstein wurde mit Gesetz vom 10.05.1854 aufgehoben.<br />

28


J. F. Andersen<br />

Am 28.03.1843 kaufte Georg Andreas Paustian in Kisdorf das Grundstück<br />

Achtern Sengel von Görries Stegemann. Im gleichen Jahr erbaute er hier eine<br />

Windmühle und einige Nebengebäude, da die Kampener am 15.02.1843<br />

abbrannte. Er verlegte seinen Standort, um näher an seinen Kunden zu sein.<br />

Am 07.07.1852 übernahm sein Sohn Jakob August Christian Paustian <strong>für</strong><br />

65.000 Mark Courant den Betrieb. Danach wurde der Müller Johann Heinrich<br />

Sebelin Pächter, 1862 konnte er <strong>für</strong> 16.000 Reichsthaler kaufen.<br />

7.000 Thaler konnte er in bar begleichen, der Rest wurde mit 4 % verzinst.<br />

Zusätzlich kaufte er die Mühlenhufe <strong>für</strong> 2.666 2/3 Thaler. Daneben musste er<br />

das <strong>Alt</strong>enteil <strong>für</strong> die Witwe Hartmann (ehemals Mühlenhufe) übernehmen.<br />

Damit kaufte er zu teuer. Sebelin verstarb 1879. Schon in finanziellen<br />

Schwierigkeiten, führte seine Witwe Hedwig den Betrieb bis 1881 weiter.<br />

Danach fiel der Betrieb an August Paustian zurück, der ihn am 01.07.1884 an<br />

den Müller Johann Friedrich Andersen aus Winsen verkaufte.<br />

1888 brannte die Mühle durch Blitzeinschlag ab.<br />

Der Betrieb entwickelte sich zur größten Landhandelsfirma des Kreises und<br />

hatte Niederlassungen in Hamburg-Berne, Bad <strong>Bramstedt</strong>, Bad Segeberg,<br />

Ochsenzoll, Friedrichsgabe und Wakendorf II.<br />

Kisdorfer Mühle 1888<br />

29


Gutsbesitzer Nicolaus Friedrich Paustian<br />

(1825-1920)<br />

nimmt in der Müllerfamilie eine Sonderstellung ein.<br />

Der Sohn des Georg Andreas Paustian und der Catharina Elisabeth (geb.<br />

Abel) war der erste Bürgerliche, der das Gut <strong>Bramstedt</strong> sowie das <strong>Bramstedt</strong>er<br />

Schloss erwerben konnte (1857). Der Vorbesitzer, Graf Ludwig von<br />

Kielmannsegge aus Wunstorf, ließ das Gut schon vorher von N. F. Paustian<br />

verwalten.<br />

König Christian IV. von Dänemark schenkte das Gut 1633 der ihm zur linken<br />

angetrauten Wiebeke Kruse. Bis zu diesem Zeitpunkt unterstand die Mühle<br />

dem königlich dänischen Amt Segeberg. Die Pacht wurde an die Glückstädter<br />

Kanzlei gezahlt, daher der Name Kanzleimühle. Ab etwa 1720 wurde sie (mit<br />

kurzen Unterbrechungen) von der Müllerfamilie Wichmann bewirtschaftet.<br />

Paustian heiratete am 01.11.1846 Meta Elisabeth Wichmann, Tochter des<br />

Erbpachtmüllers Johann Nicolaus Wichmann.<br />

Das <strong>Bramstedt</strong>er Gut wurde 1874 aufgehoben, die Gemeinden Hitzhusen und<br />

30


Weddelbrook, bisher gutszugehörig, wurden eigenständige Kommunen. Die<br />

Gutsherrschaft umfasste auch noch Bereiche von Wiemersdorf, Hagen und<br />

Borstel.<br />

Neben der Wassermühle besaß Paustian auch kurzfristig den Hof in Bissenmoor<br />

und das Gut Gayen, welches 1891 an seinen Sohn Otto übergeben<br />

wurde. Im gleichen Jahr entstand dort ein neues Wohnhaus mit Wirtschaftsgebäude.<br />

Gayen, vorher vom <strong>Bramstedt</strong>er Gut aus mitbetrieben,<br />

konnte nun unter Carl Paustian selbständig wirtschaften. 1903 wurde Gayen<br />

an den Bergwerksbesitzer Dr. Schrader aus Recklinghausen verkauft.<br />

Das Gut besaß auch Ländereien in <strong>Lentföhrden</strong> (zwischen dem Lohn und<br />

Bissenmoor).<br />

Müller Otto Paustian besaß in <strong>Bramstedt</strong> den ersten Telefonanschluß mit der<br />

Rufnummer 1.<br />

Der letzte Betreiber der <strong>Bramstedt</strong>er Mühle war Fritz Paustian. In den 60er<br />

Jahren musste sie, technisch völlig veraltet, dem Neubau der Kreissparkasse<br />

weichen.<br />

Ironie der Geschichte? Einst war die Kampener Mühle <strong>Bramstedt</strong>er Gutsbesitz,<br />

dann kam das <strong>Bramstedt</strong>er Gut in den Besitz eines Kampener Müllersohnes....<br />

Auch sie ist verschwunden: Die Mühle in Bad <strong>Bramstedt</strong><br />

31


Ein Kampener Mühlenarbeiter (aus einem Ahnenpass).<br />

Karl Oeser diente im 1. Weltkrieg und war vor Verdun eingesetzt. Nach Kriegsende<br />

wurde er durch ein Missverständnis erst spät entlassen. Sein Geburtsort<br />

32


Kampen wurde mit Sylt gleichgesetzt. Dorthin wurden die Soldaten nicht entlassen,<br />

da sie an der Volksabstimmung zu Dänemark nicht teilnehmen durften.<br />

Ein Kaufvertrag<br />

Über die Bedingungen einer Betriebsübernahme sind wir durch folgenden<br />

erhaltenen Vertrag unterrichtet:<br />

Kund und zu wissen sei hiermit, dass zwischen dem Mühlenbesitzer Jacob<br />

August Christian Paustian in Kampen, als Verkäufer einerseits und seinem<br />

Sohn August Paustian daselbst, als Käufer andererseits, nachstehender<br />

Kaufvertrag verabredet und unterm heutigen Tage förmlich vollzogen worden<br />

ist.<br />

§ 1<br />

Er verkauft, überläßt und tritt zum Eigentum ab, der Mühlenbesitzer Jacob<br />

August Christian Paustian in Kampen<br />

1) Seine in der Grundsteuermutterrolle des Gemeindebezirks Kampen unter<br />

Artikel Nr. 6 aufgeführten Grundgüter, groß nach dem angehefteten Auszug 35<br />

Hektar 16 Ar 07 Quadratmeter mit 124 89/100 Thlr. Reinertrag.<br />

2) Von seinen in der Grundsteuermutterrolle des Gemeindebezirks Nützen<br />

unter Artikel Nr. 35 aufgeführten Grundgütern die auf dem angehefteten<br />

Auszug verzeichneten Parzellen groß 33 Hektar 39 Ar 88 Quadratmeter mit<br />

122 78/100 Thlr. Reinertrag mit den sämtlichen darauf stehenden Gebäuden<br />

sowie an Inventar; alles beim Antritt vorhandene Heu, Stroh und<br />

ungedroschene Korn, 4 Pferde, 10 Kühe, 6 Starken, einige Schweine, 4<br />

Bauwagen, 2 Pflüge, 1 Kartoffelpflug, 1 Untergrundpflug, 3 Paar Schottische<br />

Eggen, 1 Dreschmaschine nebst ......, 1 Häckselmaschine, 1 Staubmühle, 1<br />

Ringelwalze, diverses Ackergerät, sämtliches Mühlen und Fabrikinventar und<br />

was Verkäufer sonst noch <strong>für</strong> nötig hält dabei zu geben, und zwar die<br />

Gebäude mit allem was darin und daran ..... niet- und nagelfest ist, die<br />

Ländereien, wie dieselben in ihren Grenzen und Scheiden gelegen, befriedigt<br />

und bestellt sind, mit allen diesem Grundbesitz anklebenden Rechten und<br />

Gerechtigkeiten aber auch Abgaben, Lasten und Beschwerden überhaupt so,<br />

wie die seitherigen Besitzer denselben besessen und benutzt haben, oder<br />

doch den Rechten nach hätten besitzen oder benutzen können an seinen<br />

Sohn August Paustian in Kampen um und <strong>für</strong> die wohlbehandelte Kauf - und<br />

Überlassungssumme von 85.000 M geschrieben: fünfundachtzig Tausend<br />

Reichsmark, wovon <strong>für</strong> das mitverkaufte Inventar 25.000 M gerechnet werden.<br />

§ 2<br />

33


Für die Größe und den Ertrag der Grundstücke wird vom Verkäufer keine<br />

Gewähr geleistet.<br />

§ 3<br />

Die Kaufsumme der 85.000 M wird folgendermaßen berichtigt:<br />

1) Käufer übernimmt die auf dem Besitz protokollierten Schulden zum<br />

Betrage von 52.600 M und zwar die Forderung<br />

a) der Spar- und Leihkasse in Kaltenkirchen von 21.600 M<br />

b) der Witwe J. W. Martens, geb. Paustian in Barmstedt von 12.600 M<br />

c) der Anna Emilie Paustian in Barmstedt von 12.600 M<br />

d) der Sophia Friedr. Böttcher, geb. Paustian in Barmstedt von<br />

3.800 M<br />

sind 52.600 M<br />

2) Der Rest von .................... 32.400 womit die Kaufsumme der 85.000<br />

M erfüllt ist, bleibt <strong>für</strong> den Verkäufer in der Priorität hinter dem im § 4<br />

verschriebenen <strong>Alt</strong>enteil zu vier pro Cent pro Anno, in halbjährlichen<br />

Terminen am 1. Mai und 1. November jeden Jahres zu entrichtenden<br />

Zinsen und gegen halbjährige beiden Teilen zu jeder Zeit<br />

freistehender Loskündigung, deren Kosten stets den Schuldner<br />

treffen, stehen und werden da<strong>für</strong> die Immobilien zum Spezialpfand<br />

gesetzt.<br />

§ 4<br />

Verkäufer reserviert sich <strong>für</strong> sich und seine Ehefrau Sophie Christine geb.<br />

Böttcher, folgenden lebenslänglichen <strong>Alt</strong>enteil:<br />

1) jährlich 800 Pfund Roggenmehl, 400 Pfund Weizenmehl, 200 Pfund<br />

Buchweizenmehl, 1.600 Pfund gute feste Kartoffeln, 100 Pfund<br />

Roggenstroh, 2.500 Soden trockenen Torf, ein fettes Schwein, welches<br />

geschlachtet 200 Pfund wiegen muß und 2 Fuder Busch<br />

2) zwei Pfund Butter wöchentlich, das Mehl ist in vierteljährlichen Raten<br />

am 1. Mai, 1. August, 1. November und 1. Februar, das Schwein in der in<br />

der vollen Woche vor Weihnachten, der Torf vor dem 1. September und<br />

die Kartoffeln vor dem 1. November jedes Jahr zu liefern. Diese <strong>Alt</strong>enteils-<br />

prästationen sind vom Käufer künftigen Wohnsitze des Verkäufers<br />

kostenfrei zu liefern, jedoch nicht weiter als in einer Entfernung von 22<br />

Kilometern.<br />

34


Wenn <strong>Alt</strong>enteiler es vorziehen sollte, den Wert der <strong>Alt</strong>enteilleistung oder<br />

einen Teil desselben in barem Gelde zu empfangen, so muß Käufer oder<br />

dessen Besitznachfolger unweigerlich darauf eingehen und ist alsdann der<br />

Wert der Naturalien durch die beeidigten Kirchspiel........ festzustellen.<br />

Sollte einer der <strong>Alt</strong>enteiler mit Tod abgehen, so bleibt der überlebende Teil<br />

im unverkürzten Genuß des ganzen <strong>Alt</strong>enteils bis an sein Lebensende.<br />

Dieser <strong>Alt</strong>enteil wird in der Priorität vor den in § 3 aufgeführten<br />

Restkaufgelde von 32.400 M protokolliert und werden da<strong>für</strong> die Immobilien<br />

zum Spezialpfand gesetzt.<br />

§ 5<br />

Für das im § 3 aufgeführte Restkaufgeld und <strong>für</strong> den im § 4 verschriebenen<br />

<strong>Alt</strong>enteil haftet das gesamte Inventar als Sicherheit.<br />

§ 6<br />

Käufer hat die auf dem Besitz ruhende Rentenpflicht zu übernehmen, 1.350 M.<br />

§ 7<br />

Das beim Antritt des Käufers vorgefundene Getreide, Mehl, rohe Knochen,<br />

Knochenmehl, Horn und Hornmehl und Düngersäcke übernimmt derselbe<br />

gegen Barzahlung.<br />

§ 8<br />

Sollte Käufer den Besitz wieder verkaufen oder derselbe auf irgendeine Weise<br />

in das Eigentum eines Dritten übergehen, so ist das ganze im § 3 aufgeführte<br />

Restkaufgeld sofort ohne vorherige Kündigung fällig und muß sofort an den<br />

Verkäufer bezahlt werden. Verkäufer reserviert sich <strong>für</strong> alle Fälle das<br />

Vorkaufsrecht.<br />

§ 9<br />

Sollte vor dem Antritt des Käufers ein oder mehrere Gebäude in Feuer<br />

aufgehen, so ist der Verkäufer nicht verpflichtet, dieselben wieder neu<br />

aufführen zu lassen, sondern bleiben lediglich <strong>für</strong> den Käufer die<br />

Brandentschädigungsgelder stehen und hat dieser dann später selbst den<br />

Neubau zu besorgen.<br />

§ 10<br />

Der eigentümliche Ab- und Antritt des Besitzers erfolgt am 1. November 1883,<br />

doch steht es dem Verkäufer frei, den Antrittstermin auf einen früheren oder<br />

späteren Tag zu verlegen.<br />

35


§ 11<br />

Käufer hat, vom Antrittstage angerechnet, alle auf dem Besitz ruhenden und<br />

demselben künftig etwa auferlegte werdenden Königlichen und Kommune<br />

Abgaben, Lasten und Leistungen ohne Ausnahme zu übernehmen und<br />

abzuhalten, wie sie fällig und gefordert werden, ohne Rücksicht auf den<br />

Zeitpunkt ihrer Entstehung und auf den Zeitraum auf welchen dieselben sich<br />

beziehen.<br />

§ 12<br />

Die Kosten dieses Kontrakts einschließlich Stempelabgabe und der<br />

Protokollationsgebühren werden von dem Verkäufer einseitig getragen.<br />

Dessen zur Urkund haben Kontrahenten diesen Kontrakt nach gesehener<br />

Durchlesung und Genehmigung des Inhalte unter Entsagung aller darwieder<br />

zu erdenkenden Einreden und Ausflüchte, namentlich der Einrede der<br />

Simulation, der .......... Lässion sowie der Rechtsregel, dass ein allgemeiner<br />

Verzicht nicht gelte, wenn nicht ein besonderer vorhergegangen, mit<br />

Bewilligung der Protokollation im betreffenden Schuld- und Pfandprotokoll<br />

auch ohne ihre Gegenwart eigenhändig unterschreiben.<br />

So geschehen zu Kaltenkirchen<br />

den 3. April 1883<br />

August Paustian sollte der letzte Müller in Kampen werden.<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts begann ein erstes Mühlensterben. Den Mahlzwang<br />

gab es nicht mehr, eine lange nicht gekannte Marktwirtschaft setzte<br />

sich mit einiger Verzögerung durch, die Industrialisierung des Mühlengewerbes<br />

setzte ein, die Betriebe wurden motorisiert. Dem war man nicht mehr<br />

36


gewachsen. Der Betrieb wurde noch als Knochenmühle weitergeführt. Aber<br />

das Endprodukt entsprach nicht den Erwartungen der Kunden – es war mit<br />

Sand gestreckt worden, vielleicht kriegsbedingt.<br />

Eine geplante Absenkung des Wasserspiegels (aufgrund häufiger Überschwemmungen)<br />

des Mühlenteiches hätte ebenfalls betriebliche Schwierigkeiten<br />

bereitet.<br />

Die alte Mühle wurde 1915 abgebrochen, der etwa 14 Hektar große<br />

Mühlenteich wurde durch russische Kriegsgefangene (sehr wahrscheinlich<br />

vom Lager Springhirsch) zugeschüttet, die Fläche in Wiesen verwandelt, der<br />

Müller finanziell durch die Wassergerechtsame entschädigt. Die Schirnau-Genossenschaft<br />

verkaufte <strong>für</strong> 24.000 Mark an Gutsbesitzer Ebert in Springhirsch.<br />

37


Knochenmehl<br />

Düngung war schon in der Antike bekannt. Homer erwähnt in der Odyssee<br />

einen Misthaufen, den die Knechte auf die Äcker bringen. Die Römer waren<br />

praktische Leute, sie leiteten den Inhalt der Kloaken zur Bewässerung gleich<br />

auf die umliegenden Gärten. Die Inka düngten mit Muscheln und Fisch. Gallier<br />

benutzten Mergel und Kalk. Germanen nutzen Stallmist, der aber nur begrenzt<br />

zur Verfügung stand. Ab dem 16. Jahrhundert setzte man in Deutschland Kalk<br />

und Lupinen ein.<br />

Der Forschungsreisende Alexander von Humboldt machte Europa mit dem<br />

Guano bekannt. Der Pelikankot wurde schon von den Inka zur Dünung<br />

eingesetzt. Bereits 1802 wurde sein Wert erkannt, aber erst ab 1841 wurde<br />

aus Peru importiert. Nach Ausbruch des 1. Weltkrieges spielte er aber in<br />

Deutschland wegen fehlender Seeverbindungen keine Rolle mehr.<br />

In Großbritannien machte man aus Knochen Federmesser und Knöpfe. Das<br />

Rohmaterial wurde weltweit aufgekauft, bis zu 100.000 Tonnen im Jahr. Die<br />

Produktionsabfälle kamen auf die Äcker.<br />

Knochen enthalten Phosphor und Kalk. Das ist gut – schlecht nur, dass sie<br />

sich nicht im Boden lösen. Ein Aufschließen ist nur mit Säure möglich. Den<br />

Gedanken, dem Knochenmehl gleich Säure zusetzen, äußerte Justus von<br />

Liebig laut, die Briten setzten ihn schnell um. Das war um 1840. Sie waren fair<br />

genug, den deutschen Ursprung des nun einsetzenden Erfolges anzuerkennen,<br />

nannten das Düngemittel German Compost.<br />

J. B. Lawes, ein kleiner Gutsbesitzer aus Rothamstedt, beschäftigte sich intensiv<br />

mit dem Thema. Er verbesserte das Verfahren und entwickelte den Superphosphat.<br />

38


August Detlef Paustian<br />

39


Aber die Familiensaga ist hiermit noch nicht beendet. 1920 übernahm August<br />

Detlef Paustian die noch heute bestehende Hofstelle. Er war mit Marie Weidemann<br />

aus Roge (bei Neustadt/Ostholstein) verheiratet. Diese Ehe blieb kinderlos.<br />

Da der traditionsreiche Familienname erhalten werden sollte, wurde<br />

Günther Weidemann (*06.02.1927), ein Sohn des Bruders von Marie Weidemann,<br />

adoptiert. Er kam am 01.11.1949 auf den Hof und heiratete am<br />

20.09.1952 Inge Gripp aus <strong>Lentföhrden</strong>.<br />

Inge und Güe entstammt der Sohn Karsten August, der den rund 40 Hektar<br />

großen Hof heute bewirtschaftet.<br />

Eine alte Scheune<br />

40


Segeberger Zeitung 1938<br />

Die Scheune wurde 1989 wegen Baufälligkeit abgebrochen<br />

Zeittafel der Pächter, Besitzer und Eigentümer<br />

Zisterzienserkloster Reinfeld<br />

Dänische Krone<br />

1540 - Caspar Fuchs vom Gut <strong>Bramstedt</strong><br />

Dänische Krone<br />

Barone von Blome<br />

1659 - 1680 Daniel Wulff<br />

1680 – 1699 Otto Paustian I.<br />

1699 – 1705 Witwe Elisabeth Paustian<br />

1705 – 1718 Daniel und Elisabeth Bartels<br />

1718 – 1727 Otto Paustian II.<br />

1728 – 1758 Claus Paustian<br />

1760 - ? Übergabe an Johann Friedrich Paustian (unsicher!)<br />

41


1758 – 1769 Witwe Schröder und deren Kinder<br />

1769 – 1820 Nicolaus Friedrich Paustian<br />

1820 – 1852 Georg Andreas Paustian<br />

1852 - 1883 Jacob August Christian Paustian<br />

1883 – 1920 August Paustian<br />

seit 1915 ist die Mühle erloschen, die Landwirtschaft wird weiterbetrieben<br />

1920 - 1953 August Detlef Paustian<br />

1953 - 1991 Günther Paustian<br />

1991 - Karsten August Paustian<br />

Die Pinneberger Erbpachtmühle der Familie von Pein um 1850<br />

Auch hier gab es verwandtschaftliche Beziehungen<br />

42


Unehrliche Müller?<br />

Das Mittelalter war eine Ständegesellschaft. Den untersten Stand bildeten die<br />

unehrlichen Berufe. Damit meinte man nicht betrügerisch, sondern ohne<br />

Ansehen, ehrlos. Ein Aufstieg in eine andere Standesklasse war nahezu<br />

unmöglich. Kinder konnten auch nur einen unehrlichen Beruf erlernen, daher<br />

verblieb eine bestimmte Tätigkeit häufig über Generationen innerhalb einer<br />

Familie. Eine Heirat war nur mit einer ebenfalls unterständischen Partnerin<br />

möglich.<br />

Zu dieser Menschengruppe gehörten Scharfrichter, Schauspieler, Tänzer, Abdecker,<br />

Prostituierte (Hübschlerinnen), Büttel (Gendarmen und Gerichtsdiener),<br />

Musikanten, Töpfer, Türmer, das fahrende Volk, Höker, Bettler,<br />

Schäfer, Totengräber und Zöllner (nicht mit denen der Bibel zu verwechseln).<br />

Diese Randgruppen mussten häufig isoliert hausen, teils sogar außerhalb der<br />

Stadtmauern.<br />

Man zählte auch die Müller zu diesem Stand. Als Vertreter der grundherrschaftlichen<br />

Interessen war der Müller in einer bäuerlichen Gesellschaft in<br />

einer zwiespältigen Lage, die mit zum schlechten Ruf des ganzen Berufsstandes<br />

führte.<br />

Da das kostbare Getreide absolut überlebenswichtig war, unterstellte man den<br />

Müllern pauschal, die Matten zu ihrem Vorteil auszulegen und hielt sie im<br />

Zweifelsfalle eher <strong>für</strong> betrügerisch als ehrbar. Ein tatsächlich unehrlicher<br />

Müller war so lebensbedrohend wie der Henker.<br />

43

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