Ausstellungskatalog - Botanischer Garten und Botanisches Museum ...
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Vom Original zum Modell<br />
Adolf Engler äußerte klare Vorstellungen zu Zielsetzung<br />
<strong>und</strong> Zielgruppe des auf drei Stockwerken <strong>und</strong> 1600 qm<br />
im Westflügel des Botanischen <strong>Museum</strong>s ab 1907 eingerichteten<br />
öffentlichen Ausstellungsbereiches. „Es soll dem<br />
Studierenden <strong>und</strong> jeder Belehrung suchenden Person<br />
[…] einen Überblick geben über die wichtigsten Erscheinungen<br />
des Pflanzenlebens, der Pflanzengeschichte, der<br />
Pflanzenverbreitung <strong>und</strong> der Verwendung der Pflanzen.“<br />
Sein Verständnis der Ausstellung als „Lehrbuch“ mit instruktiven<br />
Objekten wurde in der Nachkriegszeit beibehalten.<br />
Als man das teilweise zerstörte Schaumuseum auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage des botanischen Standard-Lehrbuches „Strasburger“<br />
neu aufbaute, folgte man Englers Ansatz, jedoch<br />
mit anderen Objekten <strong>und</strong> Methoden <strong>und</strong> ohne dessen<br />
kolonialpolitisch bestimmten Schwerpunkt.<br />
Vor dem Zweiten Weltkrieg waren in Vitrinen, Schubladen<br />
<strong>und</strong> Fächern überwiegend pflanzliche „Originale“<br />
präsentiert worden, d. h. mehr oder minder alles, was nicht<br />
in das Herbar passte. Im Gegensatz dazu setzte man nach<br />
1945 auf neue Ideen <strong>und</strong> didaktische Konzepte aus dem<br />
angelsächsischen Raum: Modelle, Dioramen <strong>und</strong> interaktive<br />
Installationen ergänzten die wenigen pflanzlichen<br />
„Originale“, die zum Teil in den Bombennächten unwie-<br />
Präsentieren <strong>und</strong> Erklären 1910 – 2010 · Presenting and Explaining 1910 – 2010<br />
Oben: Im „neuen“ Botanischen <strong>Museum</strong> kamen verschiedene Modellbautechniken<br />
zum Einsatz. Beim Tiefzugverfahren wird Plastikfolie mit<br />
Hitze über einer Gipsmaquette in Form gebracht, wie 1967 beim Modell<br />
der Goldalge Dioxys rectus.<br />
Links: Ein weiteres Formgebungsverfahren ist die Schleiftechnik. Aus<br />
einem Stück Acrylglas entsteht auf diese Weise nach <strong>und</strong> nach eine Anthere.<br />
BGBM, Archiv.<br />
derbringlich verloren gegangen waren. Zwischen der Wiedereröffnung<br />
am 12. November 1946, der schrittweisen<br />
Erweiterung in den Sechziger Jahren <strong>und</strong> der endgültigen<br />
Fertigstellung 1991 entstand ein in Mitteleuropa gestalterisch<br />
<strong>und</strong> inhaltlich einzigartiges Austellungsensemble.<br />
Obwohl die Tradition der Sonderausstellungen am Botanischen<br />
<strong>Museum</strong> spätestens mit den Ausstellungen frischer<br />
Pilze ab 1914 beginnt, ist erst seit den 90er Jahren<br />
ein starker Anstieg der Ausstellungsaktivitäten zu verzeichnen.<br />
Die verbreiterte Besucherbasis, veränderte Seh- <strong>und</strong><br />
Lerngewohnheiten <strong>und</strong> der Fortschritt der Forschung erforderten<br />
zudem eine Revision <strong>und</strong> Modernisierung der<br />
Dauerausstellung, die in Teilen bis 2006 abgeschlossen<br />
wurde. KG