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Diethelm Heinrich Lavater (1780-1827) – ein Zürcher Apotheker und ...

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<strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> (<strong>1780</strong>-<strong>1827</strong>) <strong>–</strong><br />

<strong>ein</strong> <strong>Zürcher</strong> <strong>Apotheker</strong> <strong>und</strong> Portraitmaler<br />

Antje Mannetstätter<br />

<strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> wurde am 13. April <strong>1780</strong> als Sohn des<br />

Goldschmiedes <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> (1747-1808) <strong>und</strong> dessen dritter Ehefrau<br />

Catharina Füchslin (1751-<strong>1780</strong>) in Brugg geboren. 1 <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong><br />

<strong>Lavater</strong>, das jüngste von 17 Kindern des <strong>Zürcher</strong> Arztes Johann<br />

<strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> (1698-1774), galt als schwarzes Schaf der Familie.<br />

Während s<strong>ein</strong>e Brüder, der Theologe Johann Caspar <strong>Lavater</strong> (1741-<br />

1801) <strong>und</strong> der Arzt <strong>und</strong> <strong>Apotheker</strong> <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> I (1743-1826)<br />

geachtete Bürger waren, führte <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> <strong>ein</strong>en sehr unsteten<br />

Lebenswandel, der die Familie sowohl moralisch als auch finanziell<br />

schwer belastete. 2 So schrieb beispielsweise Johann <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> Pestalozzi<br />

(1746-<strong>1827</strong>) 1767 nach <strong>ein</strong>em Treffen mit <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> an<br />

s<strong>ein</strong>en Fre<strong>und</strong> Johann Caspar <strong>Lavater</strong>:<br />

„Ach, Euer Bruder ist unaussprechlich tieff in allem Schlamm<br />

des Ellends versunken. [...] Immer voll Gram <strong>und</strong> Unzufriedenheit<br />

<strong>und</strong> dumme Projecte, ist es nicht müglich [!], ihn aufmerksam<br />

auf s<strong>ein</strong>e Arbeit zu erhalten; es ist nicht müglich [!],<br />

ihn die Annehmlichkeiten der Arbeit fühlen zu machen. O m<strong>ein</strong><br />

Gott, m<strong>ein</strong> <strong>Lavater</strong>, daß ich Euch alles sagen muß <strong>–</strong> m<strong>ein</strong> Herz<br />

blutet für Euch!“ 3<br />

Nach zwei kurzen unglücklichen Ehen heiratete <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong><br />

am 8. November 1778 Catharina Füchslin in Brugg. Sie verstarb nur<br />

1 Vgl. Sterberodel <strong>1780</strong>. Mitteilung des Zivilstandsamtes Brugg vom 10. September 2001.<br />

2 Nachdem sich <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> in Betrügereien verwickelt hatte, ließ ihn Johann Caspar<br />

<strong>Lavater</strong> für zwei Jahre auf der Festung Hohentwiel, dem Staatsgefängnis des Großherzogtums<br />

Baden festhalten.<br />

Vgl. SOLAR, Gustav: <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>. Ein <strong>Zürcher</strong> Porträtist des frühen 19. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Separatdruck aus: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie <strong>und</strong> Kunstgeschichte.<br />

Bd. 34, 1977, S. 137-145.<br />

3 Brief von Johann <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> Pestalozzi, Biel an Johann Caspar <strong>Lavater</strong>, Zürich vom 17. Dezember<br />

1767. In: DEJUNG, Emanuel <strong>und</strong> Hans STETTENBACHER [Bearb.]: Johann <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong><br />

Pestalozzi. Sämliche Briefe. Bd. 3, Zürich 1949, S. 1.


Acta - Congressus Historiae Pharmaciae 2001<br />

<strong>ein</strong>e St<strong>und</strong>e nach der Geburt von <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>. 4 Noch<br />

während des Trauerjahres übergab <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> den Sohn in die<br />

Obhut s<strong>ein</strong>es Bruders, des Arztes <strong>und</strong> <strong>Apotheker</strong>s <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> I<br />

<strong>und</strong> dessen Ehefrau Regula Usteri (1740-1800). 5 Dort konnte er unter<br />

finanziell gesicherten Bedingungen aufwachsen, wurde aber von s<strong>ein</strong>em<br />

Onkel mit übertriebener Strenge erzogen, da die Familie stets<br />

das Erwachen <strong>ein</strong>er ererbten Bosheit fürchtete. Ein enges, fast brüderliches<br />

Verhältnis entwickelte sich zwischen <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong><br />

<strong>Lavater</strong> <strong>und</strong> s<strong>ein</strong>em gleichnamigen Cousin <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> II<br />

(1781-1846), der 1781 geboren wurde. 6 <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> I führte,<br />

der Familientradition folgend, neben <strong>ein</strong>er ausgedehnten Arztpraxis<br />

die Apotheke „Zum Hohen Steg“ an der Unteren Zäune in Zürich. 7<br />

<strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> begann <strong>ein</strong>e <strong>Apotheker</strong>lehre bei s<strong>ein</strong>em<br />

Onkel, die er pflichtgemäß, aber ohne allzu großes Engagement absolvierte.<br />

8 <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> II, der zur Übernahme von Arztpraxis<br />

<strong>und</strong> Apotheke ausersehen war, wurde 1796 zunächst an das Institut<br />

von Johann Bartholomäus Trommsdorff (1770-1837) nach Erfurt geschickt.<br />

9 Die aus dieser Zeit noch erhaltene Korrespondenz zwischen<br />

<strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> II <strong>und</strong> s<strong>ein</strong>em Cousin, den er liebevoll „Helmi“<br />

nannte, spiegelt das innige Verhältnis zwischen beiden wider. So<br />

beendete <strong>Lavater</strong> II beispielweise <strong>ein</strong>en Brief folgendermaßen:<br />

4 Vgl. Sterberodel <strong>1780</strong>. Mitteilung des Zivilstandsamtes Brugg vom 10. September 2001.<br />

5 Vgl. LAVATER-SLOMAN, Mary: Genie des Herzens. Zürich/ Stuttgart 1955, S. 269.<br />

Vgl. auch KOERNER, Bernhard: Deutsch-Schweizerisches Geschlechterbuch. Görlitz 1929, S.<br />

156.<br />

6 Vgl. LEDERMANN, Francois [Hrsg.]: Schweizer <strong>Apotheker</strong>-Biographie. Bern 1993, S. 212-<br />

214.<br />

7 Vgl. EIDENBENZ, Emil: Geschichte der zürcherischen Pharmazie seit 1798. Zürich 1918, S.<br />

26-30.<br />

KELLER, C[arl] C[aspar]: <strong>Zürcher</strong>ische Apotheken <strong>und</strong> <strong>Apotheker</strong>. Zürich 1893, S. 39-46.<br />

MEYER-AHRENS, Conrad: Die Ärzte Zürichs. XXXV. Neujahrsblatt zum Besten des Waisenhauses.<br />

Zürich 1872, S. 29-30.<br />

LEDERMANN, Francois [Hrsg.]: Schweizer <strong>Apotheker</strong>-Biographie. Bern 1993, S. 210-212.<br />

8 Vgl. SOLAR, Gustav: <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>. Ein <strong>Zürcher</strong> Porträtist des frühen 19. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Separatdruck aus: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie <strong>und</strong> Kunstgeschichte.<br />

Bd. 34, 1977, S. 137-145.<br />

9 Vgl. GÖTZ, Wolfgang: Die Beziehungen zwischen der <strong>Zürcher</strong> <strong>Apotheker</strong>familie <strong>Lavater</strong><br />

<strong>und</strong> Johann Bartholomäus Trommsdorff. Gesnerus 43 (1986), S. 299-311.


Antje Mannetstätter<br />

„D<strong>ein</strong> Dich (oft erzürnender), aber doch herzlich liebender<br />

brüderlicher Vetter <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong>“. 10<br />

Während <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> II bei Trommsdorff <strong>ein</strong>e f<strong>und</strong>ierte<br />

chemische <strong>und</strong> pharmazeutische Ausbildung erhielt, wurde <strong>Diethelm</strong><br />

<strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> vor allem in den kaufmännischen Tätigkeiten unterwiesen.<br />

Ein Brief vom Oktober 1797 zeigt, daß ursprünglich <strong>ein</strong>e<br />

Zusammenarbeit von beiden in der Apotheke vorgesehen war. <strong>Diethelm</strong><br />

<strong>Lavater</strong> II schrieb aus Erfurt:<br />

„Du siehst <strong>ein</strong>, daß ich jetzt k<strong>ein</strong>e Zeit habe, die Handlung eigentlich<br />

zu erlernen, sondern mich jetzt m[it] chem[ischem],<br />

pharmaceut[ischem] u[nd] hernach <strong>ein</strong>ige Jahre mit medicin[ischem]<br />

abgeben muß; komme ich <strong>ein</strong>mahl nach Hause, so<br />

kann ich von dir in diesem u[nd] du vielleicht in <strong>ein</strong>em anderen<br />

v[on] mir profitiren.“ 11<br />

Nachdem <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> II 1798 s<strong>ein</strong>e Ausbildung bei<br />

Trommsdorff beendet hatte, begab er sich nach Jena <strong>und</strong> Göttingen,<br />

um Medizin zu studieren. Nach bestandenem Examen <strong>und</strong> Promotion<br />

kehrte er 1800 nach Zürich zurück, wo er zunächst in der väterlichen<br />

Arztpraxis mitarbeitete. 12 <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> war zu diesem<br />

Zeitpunkt noch in der Apotheke tätig. Die <strong>Zürcher</strong> Bürgeretats erwähnen<br />

ihn 1803 <strong>und</strong> 1807 als <strong>Apotheker</strong>, ab 1809 dann als Kaufmann<br />

<strong>und</strong> ersten Commis der Handlung. 13 Ab 1811 kam es zunehmend<br />

zu Mißstimmungen zwischen <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> <strong>und</strong><br />

s<strong>ein</strong>em Onkel, was letztendlich 1815 zur Auflösung des Anstellungsverhältnisses<br />

führte. In <strong>ein</strong>em Brief drückte <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> I s<strong>ein</strong>e<br />

Unzufriedenheit darüber aus, daß <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> immer<br />

weniger Zeit in der Apotheke verbrachte. Er schrieb:<br />

10 Brief von <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> II, Erfurt an <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>, Zürich vom 8. Oktober<br />

1796. Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, FA <strong>Lavater</strong> 1781/10.<br />

11 Brief von <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> II, Erfurt an <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>, Zürich vom 30. Oktober<br />

1797. Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, FA <strong>Lavater</strong> 1781/10.<br />

12 Vgl. LEDERMANN, Francois [Hrsg.]: Schweizer <strong>Apotheker</strong>-Biographie. Bern 1993, S. 212-<br />

214.<br />

13 Vgl. Mitteilung des Stadtarchivs Zürich vom 11. September 2001.<br />

Vgl auch SOLAR, Gustav: <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>. Ein <strong>Zürcher</strong> Porträtist des frühen 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts. Separatdruck aus: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie <strong>und</strong> Kunstgeschichte.<br />

Bd. 34, 1977, S. 137-145.


Acta - Congressus Historiae Pharmaciae 2001<br />

„Da [...] es d<strong>ein</strong>e Ehre <strong>–</strong> <strong>und</strong> m<strong>ein</strong>e Beruhigung erfordern,<br />

daß die Bücher <strong>und</strong> Scripturen in Ordnung seyen <strong>–</strong> so erwarte<br />

ich, daß nun nicht mehr m<strong>ein</strong>e Geschäfte nur nach comodität<br />

besorgt <strong>–</strong> durch stetes alltägliches Weggehen <strong>–</strong> <strong>und</strong> zuhaus<br />

durch Aliena verschoben <strong>und</strong> in Unordnung bleiben [...]ich<br />

wollte nichts schriftlich äußern <strong>–</strong> aber da man dich selten<br />

sprechen kann <strong>–</strong> <strong>und</strong> [du] kaum belehrbahr bist <strong>–</strong> so muß ich<br />

wohl <strong>–</strong> so unnatürlich es ist. Nun also cathegorisch <strong>–</strong> willst du<br />

diese Zeit ungetheilt zur Berichtigung der Geschäfte anwenden<br />

<strong>–</strong> oder nicht? Im ersten Fall sollst du That zeigen <strong>–</strong> im<br />

letztern deutliche kurze Antwort <strong>–</strong> <strong>und</strong> ich nehme m<strong>ein</strong>e<br />

Maasnahme.“ 14<br />

<strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> besann sich <strong>und</strong> bemühte sich um <strong>ein</strong>e<br />

Ordnung der Geschäfte. Trotzdem kam es 1815 zu <strong>ein</strong>er Trennung in<br />

gegenseitigem Einvernehmen. 15 Die folgenden zwei Jahre liegen im<br />

Dunkeln, nachweisbar ist der Kauf <strong>ein</strong>es Hofes mit Wiesen- <strong>und</strong> Ackerland<br />

in Maur am Greifensee im März 1818. Zu dieser Zeit war<br />

<strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> bereits mit Maria Christina Elisabeth<br />

Bähler (1792-1858) verlobt, die er drei Monate nach dem Hofkauf<br />

heiratete. 16 Offenbar reichten die Erträge des Gutes aber nicht aus,<br />

um die Familie zu ernähren, denn <strong>Lavater</strong> nahm bereits im April<br />

1821 <strong>ein</strong>e Stelle als Stiftschreiber am Großmünster in Zürich an. Im<br />

September des gleichen Jahres verkaufte er das Anwesen in Maur<br />

<strong>und</strong> kehrte mit s<strong>ein</strong>er Frau <strong>und</strong> der erstgeborenen Tochter Magdalena<br />

Elisabetha in s<strong>ein</strong>e Heimatstadt zurück. Um s<strong>ein</strong>e Einkünfte zu<br />

verbessern war <strong>Lavater</strong> ab 1822 zudem als Bücherantiquar <strong>und</strong> Bücherauktionator<br />

tätig. Am 16. Juni <strong>1827</strong> verstarb er mit nur 47 Jahren<br />

in Zürich. 17<br />

14 Brief von <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> I, Zürich an <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>, Zürich vom 8. Januar<br />

1815. Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, FA <strong>Lavater</strong> 1743/13.<br />

15 Vgl. Brief von <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> I, Zürich an <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>, Zürich vom 15.<br />

April 1815. Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, FA <strong>Lavater</strong> 1743/13.<br />

1616 Maria Christina Elisabetha Bähler stammte von Längenbühl im Kanton Bern. Sie starb<br />

am 13. Januar 1858 in Zürich.<br />

Vgl. Stadtarchiv Zürich VIII.C.43, Totenbuch Predigern 1810-1862, VIII.C.146., VI-<br />

II.E.13.:9, <strong>Lavater</strong> Nr.30.<br />

17 Vgl. SOLAR, Gustav: <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>. Ein <strong>Zürcher</strong> Porträtist des frühen 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts. Separatdruck aus: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie <strong>und</strong> Kunstgeschichte.<br />

Bd. 34, 1977, S. 137-145.


Antje Mannetstätter<br />

Bereits während s<strong>ein</strong>er Tätigkeit in der Apotheke des Onkels hatte<br />

<strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> mit dem Zeichnen von Portraits begonnen.<br />

Erhalten <strong>und</strong> gesichert sind heute 78 Bildnisse, von denen sich<br />

44 in der Graphischen Sammlung der Zentralbibliothek Zürich, 19 im<br />

<strong>Zürcher</strong> Kunsthaus, elf in der Graphischen Sammlung der ETH Zürich,<br />

zwei in Basler <strong>und</strong> zwei in Berner Privatbesitz sowie je <strong>ein</strong>e in<br />

der Basler Universitätsbibliothek <strong>und</strong> der Zofinger Stadtbibliothek<br />

befinden. 18 Die Zeichnungen wurden größtenteils mit schwarzer <strong>und</strong><br />

weißer Kreide angefertigt, 74 der 78 Portraits sind strenge Profile.<br />

<strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> entwickelte diese Technik möglicherweise<br />

unter dem Einfluß s<strong>ein</strong>es Onkels Johann Caspar <strong>Lavater</strong>, der durch<br />

s<strong>ein</strong>e Physiognomie-Studien Beziehungen zu zahlreichen bekannten<br />

Künstlern wie Daniel Chodowiecki (1726-1801), Johann <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong><br />

Meyer (1760-1832) <strong>und</strong> Johann <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> Lips (1758-1817) unterhielt.<br />

Für s<strong>ein</strong>e Untersuchungen der Gesichtszüge nutzte Johann Caspar<br />

<strong>Lavater</strong> häufig die Profildarstellung. 19 Als weiterer Einfluß können<br />

die im 18. <strong>und</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>ert sehr beliebten Schattenrisse <strong>und</strong><br />

Silhoutten angesehen werden. Die Portraits <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>s<br />

zeichnen sich durch <strong>ein</strong>e sehr lebendige Darstellung aus. Die abgebildeten<br />

Personen lassen sich grob in vier Gruppen <strong>ein</strong>teilen:<br />

1. Familienmitglieder<br />

2. bekannte Natur- <strong>und</strong> Geisteswissenschaftler Zürichs<br />

3. Mitglieder der <strong>Zürcher</strong> Künstlergesellschaft bzw. Mitarbeiter<br />

Johann Caspar <strong>Lavater</strong>s<br />

4. Mitglieder der „Gesellschaft zur fre<strong>und</strong>schaftlichen Ausbildung“,<br />

<strong>ein</strong>er Ver<strong>ein</strong>igung junger Männer <strong>und</strong> Frauen aus Basel, St.<br />

Gallen <strong>und</strong> Bern.<br />

Besonders bemerkenswert ist <strong>ein</strong>e Kreide-Rötel-Zeichnung <strong>Lavater</strong>s,<br />

die den <strong>Zürcher</strong> Geologen Hans Conrad Escher von der Linth<br />

(1767-1823) darstellt <strong>und</strong> um 1800 entstand. Es handelt sich um <strong>ein</strong>es<br />

der wenigen erhaltenen Bildnisse dieses Wissenschaftlers, der<br />

sich nur ungern portaitieren ließ. 20<br />

Der direkte Vergleich <strong>ein</strong>er Zeichnung <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>s<br />

von Johann Jakob Ochsner (1776-1849) mit <strong>ein</strong>er Lithographie<br />

18 ebenda<br />

19 Vgl. GORITSCHNIG, Inge: <strong>Lavater</strong>s auserwählter Künstlerkreis. In: MRAZ, Gerda <strong>und</strong> Uwe<br />

SCHLÖGL: Das Kunstkabinett des Johann Caspar <strong>Lavater</strong>. Wien 1999, S. 96-109.<br />

20 Vgl. HÖSLI, Jost <strong>und</strong> Gustav SOLAR: Hans Conrad Escher von der Linth. Ansichten <strong>und</strong><br />

Panoramen der Schweiz. Zürich 1974, S. 92.


Acta - Congressus Historiae Pharmaciae 2001<br />

Irmingers läßt das Talent des jungen Zeichners erkennen. Während<br />

die Darstellung des Professors für Geschichte <strong>und</strong> Philologie am Collegium<br />

humanitatis in Zürich auf der Lithographie Irmingers fast naiv-dümmliche<br />

Züge trägt, erfaßt die Darstellung <strong>Lavater</strong>s die charakteristischen<br />

Gesichtszüge, ohne Ochsner zu entstellen. 21 Leider geriet<br />

<strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> durch s<strong>ein</strong>en frühen Tod schnell in Vergessenheit.<br />

Zudem hinterließ er viele s<strong>ein</strong>er Zeichnungen unsigniert,<br />

so daß sie häufig anderen Künstlern, wie z. B. Hans Jakob Oeri<br />

(1782-1868) zugeschrieben wurden. Während ihn das Schweizer<br />

Künstler-Lexikon als Dilettanten bezeichnete, gilt <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong><br />

<strong>Lavater</strong> heute als <strong>ein</strong>e große Portraitistenbegabung. Eine Würdigung<br />

s<strong>ein</strong>es Gesamtwerkes steht indes noch aus.<br />

Die Familie des Arztes <strong>und</strong> <strong>Apotheker</strong>s <strong>Diethelm</strong> <strong>Lavater</strong> I ermöglichte<br />

<strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> <strong>ein</strong>e Kindheit <strong>und</strong> Jugend ohne<br />

finanzielle Sorgen. Schon früh kam er durch den Onkel Johann Caspar<br />

<strong>Lavater</strong> mit zahlreichen Künstlern <strong>und</strong> Gelehrten in Kontakt. Der<br />

Tradition folgend ergriff er den Beruf <strong>ein</strong>es <strong>Apotheker</strong>s, obwohl s<strong>ein</strong>e<br />

Interessen sicher mehr auf künstlerischem, als auf naturwissenschaftlichem<br />

Gebiet lagen. Doch auch nachdem er die Offizin s<strong>ein</strong>es<br />

Onkels verlassen hatte, machte er die Malerei nicht zum Beruf. Da er<br />

nahezu alle Bilder unsigniert ließ, kann vermutet werden, daß <strong>Lavater</strong><br />

selbst von s<strong>ein</strong>em Talent nicht überzeugt war. S<strong>ein</strong>e Portraits lassen<br />

jedoch nicht nur zahlreiche bekannte Persönlichkeiten Zürichs<br />

für den Betrachter lebendig werden, sondern rechtfertigen es, <strong>Diethelm</strong><br />

<strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong> als <strong>ein</strong>en bedeutenden aus dem <strong>Apotheker</strong>beruf<br />

hervorgangenen Künstler zu bezeichnen. 22<br />

21 Vgl. SOLAR, Gustav: <strong>Diethelm</strong> <strong>H<strong>ein</strong>rich</strong> <strong>Lavater</strong>. Ein <strong>Zürcher</strong> Porträtist des frühen 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts. Separatdruck aus: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie <strong>und</strong> Kunstgeschichte.<br />

Bd. 34, 1977, S. 140.<br />

22 Zu den bedeutenden Künstlern, die dem <strong>Apotheker</strong>beruf entstammen, gehört neben Carl<br />

Spitzweg auch der Hamburger <strong>Apotheker</strong> <strong>und</strong> Maler Berend Goos, vgl. dazu DANN, Georg<br />

Edm<strong>und</strong>: Berend Goos. Ein <strong>Apotheker</strong> <strong>und</strong> Maler, in: Schelenz-Stiftung, Eutin 1953, S. 66-73<br />

(Veröffentlichungen der Internationalen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie N.F. 1)<br />

<strong>und</strong> FRIEDRICH, Christoph: Die Apotheke von innen gesehen. <strong>Apotheker</strong>autobiographien aus<br />

zwei Jahrh<strong>und</strong>erten. Eschborn 1995, S. 57-65. Zu weitern <strong>Apotheker</strong>künstlern vgl. auch<br />

FRIEDRICH, Christoph: Der <strong>Apotheker</strong> als Künstler <strong>–</strong> Die Leistungen von <strong>Apotheker</strong>n in der<br />

Literatur, bildenden Kunst <strong>und</strong> Musik.

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