27.02.2013 Aufrufe

Im Detail: Text und Typographie - Adobe

Im Detail: Text und Typographie - Adobe

Im Detail: Text und Typographie - Adobe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Das TEX-Vermächtnis<br />

Die Gr<strong>und</strong>lagen des Mehr-Zeilen-<br />

Setzers für den <strong>Text</strong>satz beruhen auf der<br />

bahnbrechenden Arbeit von Donald E.<br />

Knuth (Informatiker <strong>und</strong> emeritierter<br />

Professer der Stanford University) <strong>und</strong><br />

seiner Public-Domain-<br />

Schriftsatzanwen-dung TEX. In einer<br />

wissenschaft-lichen Abhandlung zu<br />

Beginn der achtziger Jahre zeigten<br />

Knuth <strong>und</strong> sein Mitautor Michael F. Plass<br />

den Schriftsatz als interessantes,<br />

komplexes Informatikproblem auf <strong>und</strong><br />

begannen mit der Arbeit an der<br />

Verbesserung des zeilenweisen<br />

Ansatzes, der von den meisten<br />

Schriftsatztechnologien verwen-det<br />

wurde. Als anerkannter Autor<br />

technischer Abhandlungen benö-tigte<br />

Knuth darüber hinaus eine Anwendung,<br />

mit der qualitativ hochwertige<br />

Ergebnisse erzielt <strong>und</strong> auch<br />

komplizierte mathema-tische<br />

Sachverhalte problemlos gesetzt<br />

werden konnten. Die Forschungen<br />

führten schließlich zur Entwicklung des<br />

Algorithmus für den Zeilenumbruch,<br />

dem Kernstück von TEX. Stets darauf<br />

bedacht, seine Forschungs-ergebnisse<br />

mit anderen zu teilen, stellte Professor<br />

Knuth TEX als Freeware-Programm zur<br />

Verfü-gung. Die etwas umständliche<br />

Benutzeroberfläche auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

von Eingabeauf-forderungen hat die<br />

Anwendung des Programms bislang<br />

auf wissenschaftliche, mathematische<br />

<strong>und</strong> technische Einsatzgebiete<br />

beschränkt.<br />

Der Ein-Zeilen-Setzer betrachtet stets nur eine einzelne Zeile. Es ist daher nicht möglich, wechselwirkende<br />

Faktoren über mehrere Zeilen hinweg zu berücksichtigen. Beim Ein-Zeilen-Setzer kann durchaus eine Zeile<br />

mit ungünstigen Abständen innerhalb eines ansonsten perfekt gesetzten Absatzes auftreten. Die manuelle<br />

Behebung dieses Problems ist relativ zeitaufwendig. Und genau dieses Problem tritt im Mehr-Zeilen-Setzer<br />

nicht mehr auf.<br />

Die Arbeitsweise des InDesign Mehr-Zeilen-Setzers<br />

Beim Mehr-Zeilen-Setzer werden die Auswirkungen der Umbruchpunkte über eine benutzerdefinierte<br />

Anzahl von Zeilen hinweg berücksichtigt, so daß weitaus bessere Ergebnisse erzielt werden können. Aus<br />

welchem Gr<strong>und</strong>? Der Setzer beschränkt sich nicht darauf, den besten Umbruchpunkt für eine einzelne<br />

<strong>Text</strong>zeile zu ermitteln. Diese Vorgehensweise führt nahezu zwangsläufig zu ungünstig gesetzten Zeilen an<br />

einigen Stellen im Absatz. Statt dessen wird ein Netzwerk von Umbruchpunkten für einen Zeilenbereich<br />

betrachtet. Es ist möglich, die Auswirkungen eines Zeilenumbruchs auf die nachfolgenden Zeilen im Absatz<br />

zu untersuchen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> kann der Setzer einige Zeilen zu Beginn des Absatzes optimieren, so daß<br />

„unschöne“ Zeilenumbrüche im weiteren Verlauf vermieden werden. Das Endergebnis bietet gleichmäßigere<br />

Abstände <strong>und</strong> weniger Silbentrennungen – wichtige Ziele bei nahezu allen Designaufgaben.<br />

Der Mehr-Zeilen-Setzer verwendet die festgelegten Satz-Voreinstellungen (öffnen Sie das Dialogfeld über<br />

„Bearbeiten“ > „Voreinstellungen“ > „Eingabe“). Mit der Option „Berücksichtigen: n Zeilen“ bestimmen Sie<br />

die Anzahl der Zeilen, die vom Setzer analysiert werden sollen. Mit „Erwägen: bis zu n Alternativen“ geben<br />

Sie die maximale Anzahl der möglichen Umbruchpunkte an, die pro Zeile zu untersuchen sind. Bei beiden<br />

Einstellungen gilt: Je höher der eingegebene Wert, desto komplexer der Vorgang <strong>und</strong> desto höher die<br />

Gesamtqualität der typographischen Ergebnisse, desto langsamer jedoch auch die Ausführung.<br />

Das Ermitteln <strong>und</strong> Untersuchen möglicher Umbruchpunkte sowie die Zuweisung einer gewichteten<br />

Abwertung ist das Kernstück des Setzens mit dem Mehr-Zeilen-Setzer. Bei der Ermittlung des Abwertungsfaktors<br />

für einen möglichen Umbruchpunkt berücksichtigt die Engine mehrere Gr<strong>und</strong>regeln:<br />

• Gleichmäßige Zeichen- <strong>und</strong> Wortabstände besitzen die höchste Priorität. Mögliche Umbruchpunkte<br />

werden darauf untersucht, inwieweit sie von den gewünschten Abständen abweichen, <strong>und</strong> erhalten eine<br />

entsprechende Abwertung.<br />

• Silbentrennung wird weitgehend vermieden. Zusätzlich zur Abwertung für Abstände werden<br />

Umbruchpunkte, bei denen eine Silbentrennung notwendig ist, weiter abgewertet.<br />

• „Gute“ Umbruchpunkte werden „schlechten“ Umbruchpunkten vorgezogen. Sobald der Mehr-Zeilen-<br />

Setzer die Umbruchpunkte für einen Zeilenbereich ermittelt <strong>und</strong> mit der entsprechenden Abwertung<br />

versehen hat, wird der Abwertungsfaktor quadriert. Auf diese Weise werden die „schlechten“<br />

Umbruchpunkte noch deutlicher erkennbar.<br />

Die möglichen Umbruchpunkte für die einzelnen Zeilen (bis zur festgelegten maximalen Anzahl) werden<br />

mit den potentiellen Umbruchpunkten für die jeweils nachfolgende Zeile verb<strong>und</strong>en. Auf diese Weise<br />

entsteht ein baumähnliches Netzwerk von möglichen Alternativen. Diese Hierarchie erstreckt sich über die<br />

angegebene Anzahl von Zeilen. <strong>Im</strong> nächsten Schritt werden die Abwertungsfaktoren für jeden möglichen<br />

Pfad über den Zeilenbereich addiert. Für den Satz der ersten Zeile im Bereich wird der Umbruchpunkt aus<br />

dem Pfad ausgewählt, der den niedrigsten Gesamtabwertungsfaktor aufweist. Anschließend wird der<br />

Vorgang (Addition der Abwertungsfaktoren, Ermittlung des Pfads mit dem geringsten Gesamtfaktor) für<br />

die zweite <strong>und</strong> jede nachfolgende Zeile wiederholt. <strong>Im</strong> allgemeinen sind die ersten Zeilen in einem Absatz<br />

problematischer, weil weniger Optionen zur Wahl stehen. Die Zeilen im weiteren Verlauf des Absatzes<br />

weisen dagegen in der Regel einheitlichere Abstände auf, weil sie durch Anpassung vorangegangener Zeilen<br />

entsprechend geändert werden können.<br />

3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!