MZ-81-12 – Dezember/Januar - Mänziger Zytig
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Karl Röllin sen. am<br />
Werken mit Enkel<br />
Stefan: «Man muss<br />
sie etwas machen<br />
lassen. Sie kommen<br />
auf Ideen und lernen<br />
etwas dabei.»<br />
THEMA<br />
Jahre). So waren im Mittelalter Singlehaushalte,<br />
Mehrfachheiraten und Patchworkfamilien der Normalfall.<br />
Erst in einer vergleichsweise kurzen Phase<br />
des ausgehenden 19. und des 20. Jahrhunderts<br />
wurde die Kernfamilie zum Ideal, unter anderem<br />
auch begünstigt durch bessere medizinische Versorgung,<br />
wachsende Lebenserwartung und eine Ehemoral,<br />
die zur Treue bis zum Tod verpflichtete, stark<br />
vertreten durch die katholische Kirche. Dass hier<br />
nicht immer alles zum Besten stand, zeigen Enthüllungen<br />
aus neuerer Zeit von überforderten Eltern,<br />
von Spannungen wegen «mitregierenden» Schwiegereltern,<br />
Tanten und Onkeln, von Misshandlungen<br />
und sexuellen Übergriffen in Haus und Heimen, von<br />
so manchem Leid, das unehelich geborenen und<br />
verdingten Kindern widerfuhr.<br />
Auf engem Raum zusammenzuleben, ist nicht jedermanns<br />
und jedefraus Sache, so ideal es dargestellt<br />
werden mag. Menschen brauchen Raum, um ihre<br />
Arbeit und Freizeit einzurichten und einzuteilen. Aktivitäten<br />
und Bedürfnisse können sich im Verlauf des<br />
Lebens wandeln. Nicht von ungefähr wurde im bäuerlichen<br />
Zusammenleben oft auf dem Hof das Stöckli<br />
gebaut, in das sich die ältere Generation zurückzog<br />
und damit die praktische Nähe und gleichzeitig die<br />
erforderliche Distanz gewährleistete. Wir haben in<br />
der Familie Röllin, Schurtannen, eine Lebensgemeinschaft<br />
getroffen, in der drei Generationen auf engem<br />
Raum zusammenleben. Sie waren bereit, uns<br />
einen Einblick in ihren Alltag zu gewähren und darin,<br />
wie sie Nähe und Distanz eingerichtet haben zu einem<br />
gut lebbaren Mit und Nebeneinander.<br />
Viele Ideen zur Umsetzung<br />
Das Stöckli ist nicht einfach Relikt aus einer früheren,<br />
bäuerlichen Gesellschaft. Neuerdings suchen ältere<br />
<strong>Dezember</strong> 20<strong>12</strong> / <strong>Januar</strong> 2013 mänziger zytig Nr. <strong>81</strong><br />
32<br />
Menschen nach Lebensformen für den «dritten Lebensabschnitt».<br />
Da ist etwa die Hausgemeinschaft<br />
Stürlerhaus in Bern, wo zehn Senioren/innen Begegnungen,<br />
Mahlzeiten, Sitzungen, Diskussionen<br />
teilen und gemeinsam gestalten und wo jeder und<br />
jede seine Aufgabe hat. Verantwortliche für Stadtentwicklung,<br />
zum Beispiel in Winterthur, sehen in<br />
der Generationendurchmischung von Stadtteilen,<br />
Quartieren und Gebäuden ein grosses Potenzial. Im<br />
Kanton Zürich entwickelte Pro Senectute das Projekt<br />
«Wohnen für Hilfe», das auf einem Tauschprinzip<br />
zwischen Studierenden und Betagten basiert: Eine<br />
Stunde Hilfe pro Monat gegen einen Quadratmeter<br />
Wohnfläche. Dabei wird nicht nur auf beiden Seiten<br />
die Lebensqualität verbessert, sondern auch das gegenseitige<br />
Verständnis sowie der Austausch von Erfahrung<br />
und Wissen werden gefördert.<br />
Eine Fülle an Ideen zu einem sinnvollen Miteinander<br />
der Generationen bietet die Generationenplattform<br />
www.intergeneration.ch. Neben Hintergrundinformation<br />
listet sie Projekte zur Inspiration und zum<br />
Mitmachen auf <strong>–</strong> allein in der Zentralschweiz finden<br />
sich deren 50. Darunter sind nicht unbekannte wie<br />
«Munterwegs», «Aktion 72 Stunden» oder, ganz in<br />
der Nähe, der «Generationentreff Ägerital».<br />
Wir sind gespannt, welche generationenübergreifenden<br />
Ideen sich aus dem neuen Alterskonzept<br />
Menzingen entwickeln lassen und wann Pfadi oder<br />
Schulklassen zur nächsten «Aktion 72 Stunden» aufbrechen.<br />
Alle können wir aber im Generationenmix<br />
mit einer positiven Haltung beitragen: zum Beispiel<br />
mit etwas mehr Verständnis für die andere Generation<br />
<strong>–</strong> der man selber auch schon angehört hat bzw.<br />
mal angehören wird.<br />
Luna (10) und Estefanie (7) freuen sich, dass ihr Grosi im<br />
gleichen Quartier wohnt: «Wir durften schon beim Grosi<br />
schlafen. Manchmal gehen wir mit ihr spazieren, auf den<br />
Gubel oder nach Edlibach. Einmal sind wir nach Zürich<br />
gegangen. Und auch schon in den Zoo nach Basel.»<br />
Zeichnung: Luna Gomez