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WEITERE INFORMATIV<br />
EINRICHTUNGEN DES GESUNDHEITSWESENS<br />
82<br />
Schmerztherapie und Palliativmedizin – Zeit zum Umdenken<br />
Wenn wir zum Arzt oder ins Krankenhaus gehen, sehen wir<br />
meist nur die eine Seite der Medizin. Nämlich, dass Ärzte<br />
dazu da sind, den Menschen wieder gesund zu machen.<br />
Aber es gibt auch die andere Seite, wenn es zum Ende des<br />
Lebens hingeht und die Ärzte „nur“ noch dazu da sein können,<br />
Schmerzen zu lindern und einen würdevollen Übergang<br />
zum Tod zu unterstützen. Dieser Bereich wird oft von uns ausgeklammert,<br />
denn der Tod ist ein Tabu in unserer Gesellschaft<br />
und wir wollen möglichst wenig mit ihm zu tun haben. Das<br />
geht nicht nur den Patienten und Angehörigen so, sondern<br />
auch den Ärzten, denn sie haben es naturgemäß verinnerlicht,<br />
den Tod als Gegner ihrer Heilkunst anzusehen. Trotzdem<br />
müssen wir uns damit auseinandersetzen, sonst besteht die<br />
Gefahr, dass letztendlich andere Menschen über die Art unserer<br />
Behandlung entscheiden oder gar vor Gericht über den<br />
mutmaßlich letzten Willen streiten. Viele Menschen stellen sich<br />
folgende Fragen: Wie wird es mit mir zu Ende gehen? Werde<br />
ich einmal zu Hause sterben können oder wird man mich<br />
ins Krankenhaus bringen? Werden vertraute Menschen bei<br />
mir sein können? Werde ich unerträgliche Schmerzen haben?<br />
Wird alles Mögliche gegen meine Schmerzen unternommen?<br />
Oder werde ich ohne Bewusstsein vor mich hindämmern?<br />
So schwer solche Fragen auch sind, so gut ist es auch, ihnen<br />
nicht auszuweichen. Denn Tod und die eigene Sterblichkeit<br />
gehören mit zum Leben.<br />
Vor allem die Aussicht, dass man selbst irgendwann hilfl os da<br />
liegen könnte und mit sich machen lassen müsste, was man<br />
nie gewollt hätte, wäre wohl für jeden von uns beklemmend.<br />
Sie können sich davor schützen, indem Sie so schnell wie<br />
möglich in einer Patientenverfügung festlegen, was mit Ihnen<br />
geschehen soll, wenn durch einen Unfall oder eine Krankheit<br />
bedingt keine Hoffnung mehr auf Heilung besteht.<br />
Es gibt etwas, was die Ärzte jetzt trotzdem noch tun können.<br />
Dies bezeichnet man als „Palliativmedizin“: Sie umfasst therapeutische<br />
Maßnahmen, die nicht auf die Heilung einer Erkrankung,<br />
sondern auf die Linderung der durch sie ausgelösten Beschwerden<br />
ausgerichtet sind. Im Gegensatz dazu bezeichnet<br />
man übrigens die auf Heilung ausgerichteten therapeutischen<br />
Ansätze als kurativ.<br />
Palliativmedizinische Betreuung kann sowohl ambulant<br />
als auch stationär erfolgen. Seit der Eröffnung<br />
der ersten deutschen Palliativstation im Jahr 1983 ist<br />
es in den letzten Jahren zu einem deutlichen Zuwachs<br />
an stationären und ambulanten Einrichtungen gekommen.<br />
Zuerst allerdings begegneten viele Menschen solchen<br />
Einrichtungen sehr skeptisch: „Das ist eine reine Sterbestation,<br />
wer hier einmal liegt, kommt nicht wieder<br />
lebendig raus“, so lauteten die anfänglichen Reaktionen<br />
auf diese Palliativstationen. Mittlerweile aber<br />
würde niemand mehr, der einmal einen Angehörigen<br />
auf eine Palliativstation gebracht hat, sich so äußern.<br />
Denn die Palliativmedizin hat als oberstes Ziel, die Lebensqualität<br />
des Erkrankten zu verbessern. Dazu gehören<br />
die Erhaltung der Würde des Menschen, eine<br />
angemessene Schmerztherapie und Linderung anderer<br />
Symptome (Atemnot, Übelkeit) sowie eine psychische<br />
und spirituelle Betreuung. Um das zu erreichen,<br />
ist in der Palliativmedizin einiges anders als auf einer<br />
normalen Station.<br />
Die Angehörigen dürfen jederzeit kommen, ihre Mithilfe und<br />
Unterstützung ist sogar erwünscht und wird nicht etwa als störend<br />
angesehen. Sie werden ausgiebig aufgeklärt und einbezogen.<br />
Kennzeichnend ist weiterhin die Zusammenarbeit<br />
verschiedener Berufsgruppen, z. B. von Physiotherapeuten,<br />
Ergotherapeuten, Seelsorgern, Ärzten und Krankenpflegern.<br />
Die Anwendung von alternativen Therapiemethoden ist gang<br />
und gäbe, wenn diese helfen, die Beschwerden zu lindern.<br />
Für die Sinnfragen und Ängste sind unter anderem Hospizhelfer<br />
– d. h. Sterbebegleiter – vor allen Dingen da, wenn die<br />
Patienten nicht alleine bleiben wollen. Möglich ist das alles u.<br />
a. deshalb, weil auf einer Palliativstation der Pflegeschlüssel<br />
sehr hoch ist, sodass es mehr Krankenschwestern und -pfleger<br />
als auf einer normalen Station gibt, die sich auch Zeit nehmen<br />
und für den Patienten einfach da sein können.<br />
Was aber nicht zu einer Palliativmedizin gehört, ist eine aktive<br />
Sterbehilfe. Denn die ist in Deutschland absolut und ohne<br />
Kompromisse verboten, und zwar für jeden! Eine sehr gute<br />
palliative und hospizliche Versorgung eines todkranken Menschen<br />
macht in der Regel den Wunsch nach aktiver Sterbehilfe<br />
hinfällig.<br />
Was sollten Sie jetzt also tun? Zuerst ist es wichtig, dass Sie<br />
das Kapitel „Lebensende“ im <strong>Kreis</strong>e der Familie oder Freunde<br />
überhaupt einmal thematisieren. Ihre Angehörigen oder<br />
eine vertraute Person sollten Bescheid wissen, was Sie für sich<br />
im Falle einer schweren Krankheit wünschen. Überlegen Sie,<br />
ob Sie dieser Person eine Betreuungsverfügung aushändigen<br />
möchten. Damit kann die vertraute Person Sie z. B. ohne bürokratische<br />
Hindernisse auf eine Palliativstation einweisen<br />
lassen, auch wenn Sie selbst momentan verwirrt, bewusstlos<br />
oder gar komatös sind. Mit einer Patientenverfügung legen<br />
Sie fest, was mit Ihnen geschehen soll, wenn Sie todkrank<br />
sind, sich aber nicht mehr äußern können. Patienten- und Betreuungsverfügung<br />
erhalten Sie bei der Landesärztekammer-<br />
Hessen, Im Vogelsgesang 3, 60488 Frankfurt am Main, Tel.<br />
(0 69) 9 76 72-0, www.laekh.de.