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zb_gesellschaft<br />
ist vor allem, wie wenig offenbar unternommen<br />
wird, die Verdachtsfälle<br />
genauer zu ergründen.“<br />
Auch der Vorstand der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz hat<br />
sich intensiv mit diesem „Schweigekartell“<br />
auseinandergesetzt und<br />
fordert den eigenen Berufsstand<br />
der Zahnärzte auf, die Mauer des<br />
Schweigens zu durchbrechen und immer<br />
dann die Polizei einzuschalten,<br />
wenn ein Missbrauch,<br />
eine<br />
Misshandlung<br />
sichtbar wird.<br />
LZK-Präsident<br />
Dr. Michael<br />
Rumpf: „Ob<br />
Gewalt gegen<br />
Frauen oder<br />
gegen Kinder,<br />
wir Zahnärzte<br />
müssen lernen<br />
zu erkennen,<br />
welche Verletzung<br />
auf welche<br />
Tat zurückzuführen<br />
ist.“<br />
Das ist nicht einfach. Der Frankfurter<br />
Kinderarzt Gert Jacobi, der in seinem<br />
vor kurzem erschienenen Buch „Kindesmisshandlung<br />
und Vernachlässigung“<br />
furchtbare Fälle schildert, will<br />
mit seiner Arbeit aufrütteln: Eltern,<br />
Behörden, nicht zuletzt Ärzte und<br />
Zahnärzte. Er selbst hat 234 misshandelte<br />
Kinder drei Jahrzehnte lang<br />
als Kinderneurologe an der Universitätsklinik<br />
Frankfurt behandelt und<br />
begutachtet. Sein Fazit: Kinder werden<br />
nicht nur mit Schlägen gequält,<br />
verbrüht, aus großer Höhe gestürzt,<br />
Kinder verhungern, verdursten. Ja,<br />
30<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
es gibt so genannte „spurenarme“<br />
Tötungsdelikte. Hier wird der Herzschlag<br />
manipuliert durch Schütteln<br />
der kleinen Person. Manche Kinder<br />
werden auch einfach erstickt.<br />
Viele der gewaltbereiten Eltern misshandeln<br />
immer wieder. Ein Polizist:<br />
„Gerade deshalb muss dieser Kreislauf<br />
durchbrochen werden. Das ist<br />
nicht einfach, ich weiß es. Bei der<br />
Gewalt gegen Frauen gehen nicht sel-<br />
ten die Ehemänner mit zum Arzt, sitzen<br />
im Wartezimmer und bewachen<br />
die Frau, damit sie ja nichts Falsches<br />
sagt; wollen auch bei der Behandlung<br />
mit dabei sein. Kinder werden<br />
ohnedies von den Eltern begleitet.“<br />
Gerald Flemming, der Zahnarzt aus<br />
Schwerin, weiß: „Da trägt ein Kind<br />
im Hochsommer einen Pullover und<br />
eine Mütze, weil die Eltern nicht wollen,<br />
dass man sieht, dass das Kind<br />
mangelernährt wird.“<br />
Der Vorsitzende der Bezirkszahnärztekammer<br />
Pfalz, Dr. Wilfried<br />
Woop, betont, wie wichtig es ist,<br />
dass sich ein Zahnarzt oder ein Arzt,<br />
wenn der Verdacht auf Missbrauch<br />
erhärtet werden kann, mit der Polizei<br />
bespricht: „Viele Kollegen werden<br />
sich mit diesem Thema vorher<br />
nicht eingehend beschäftigt haben.<br />
In meinem Fall aber gibt es einen<br />
ganz direkten Bezug. Meine Schwester<br />
arbeitet bei der Kriminalpolizei<br />
und berichtet mir immer wieder von<br />
furchtbaren Zuständen, auch in unserem<br />
eigenen<br />
Umfeld. Meine<br />
Schwester<br />
sagt, dass sie<br />
von uns Zahnärzten<br />
viel zu<br />
wenige Hinweise<br />
bekommt.<br />
Wir müssen<br />
sicherlich lernen,<br />
genauer<br />
hinzuschauen,<br />
denn hier<br />
wirkt ein Vers<br />
c h w e i g e n<br />
nur verschlimmernd.“<br />
FAZ-Journalistin Lenzen-Schulte<br />
glaubt, dass Zahnärzte und Ärzte<br />
den Entschuldigungen mancher Eltern,<br />
wenn sie verletzte Kinder in<br />
eine Praxis bringen, mit einer gesunden<br />
Portion Missbrauchen begegnen<br />
sollten. Sie mahnt: „Wenn<br />
ein Kind angeblich wegen eines<br />
beim Schlittenfahren gebrochenen<br />
Unterschenkels eingeliefert wird,<br />
die Wetterverhältnisse zur Unfallzeit<br />
indes zehn Grad über null lagen,<br />
ist jede Gutgläubigkeit fehl<br />
am Platze. Wenn sich deutliche<br />
blaue Flecken an den Innenseiten<br />
der Oberschenkel befinden, ist die