aktuelle Ausgabe - starkewerbung
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zahnärzteblatt<br />
rheinland-pfalz<br />
02<br />
2009<br />
Die Zahnärzte und die Krise<br />
Vorsichtig optimistisch<br />
25 Jahre LAGZ<br />
www.lzk-rheinland-pfalz.de<br />
geschaeftsstelle@lzk.de
Eine verbindliche Zusage zur Teilnahme kann erst nach definitiver Begleichung<br />
der Startgebühr gewährleistet werden.<br />
2<br />
Meldeschluss: 14. August 2009<br />
Konto : Dtsch.Apoth. u. Ärztebank Düsseldorf<br />
BLZ 30060601 Konto 070 2496011<br />
Kennwort: Golfturnier 2009<br />
Kostenbeitrag/Startgebühr: 60,00 Euro per Lastschrift oder Scheck oder<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Dr.Holger Dausch Dr. Frank Kornmann<br />
Hegelstraße 61 Sant Ambrogio Ring 39<br />
55122 Mainz 55276 Oppenheim<br />
Tel: 06131-31001 Tel: 06133-4661<br />
Fax: 06131-31002 Fax: 06133-70374<br />
info@dr-dausch.de Frank.Kornmann@t-online.de<br />
Heimatclub<br />
Heimatclub<br />
HCP(Stvgb):<br />
HCP(Stvgb):<br />
Anmeldung an:<br />
Mobil:<br />
Mobil:<br />
Startzeiten ab 14.00 Uhr Kanonenstart<br />
E-Mail<br />
E-Mail:<br />
Fax<br />
Fax<br />
18 - Loch - Meisterschaftsanlage<br />
des Golfclub Rheinhessen<br />
Hofgut Wißberg St.Johann<br />
Telefon<br />
Telefon<br />
Wohnort<br />
Wohnort<br />
am<br />
Freitag, den 28. August 2009<br />
auf der<br />
Straße:<br />
Straße:<br />
Vorname:<br />
Vorname<br />
12. Rheinland-Pfälzisches<br />
Zahnärzte-Golf-Turnier 2009<br />
Name:<br />
Name:<br />
Teilnehmer: Gast:<br />
Hiermit melde ich mich verbindlich für das 12. Zahnärzte-Golfturnier an:<br />
Unter der Schirmherrschaft der<br />
Landeszahnärztekammer Rheinland Pfalz<br />
Vorabanmeldung
Augenmaß und Zielfestigkeit:<br />
Wahljahr 2009<br />
Am 27. September wird in diesem Jahr gewählt. Das<br />
hohe Recht der freien Wahl erfahren die Bürger in<br />
den neuen Bundesländern seit 20 Jahren. Wir, in den<br />
so genannten „alten“ Ländern, also auch hier in Rheinland-<br />
Pfalz, blicken mit dem Jubiläum 60 Jahre Bundesrepublik auf<br />
60 Jahre freie Wahlen zurück. Für uns Zahnärzte ist das Wahljahr<br />
genauso Aufgabe und Verpfl ichtung wie für alle anderen<br />
Bürger. Für den Zahnarzt, gebunden in einer Kammer, für den<br />
Standespolitiker überdies, ist es eine Periode, die vermehrt<br />
von uns verlangt, Position zu beziehen, eigene Leitlinien — in<br />
unserem Fall in der Gesundheitspolitik — zu zeichnen und das<br />
Gespräch mit den Parteien, mit den Abgeordneten, mit der Politik<br />
zu suchen.<br />
In diesem Heft, in einem Gespräch mit Helmut Ahrens, beschreibt<br />
Bundeszahnärztekammerpräsident Dr. Peter Engel<br />
die Zukunft der Zahnärzteschaft in einem Wahljahr, das zudem<br />
ein wirtschaftliches Krisenjahr ist. Engel sieht gelassen in diese<br />
Zukunft. Eine Haltung, die uns ansteht, denn Aufgeregtheit,<br />
Marktschreiertum oder gar verbandspolitische Paukenschläge<br />
haben in diesen schwierigen Tagen keinen Platz, im Gegenteil:<br />
Wird dieses Land sozialistisch? Das fragt sich nicht nur die<br />
Frankfurter Allgemeine Zeitung. Kommen nach den Staatshilfen<br />
für Opel und Gesprächen mit Arcandor, nach Abwrackprämie<br />
und kommunalen Stützungsgeldern noch mehr Steuergeschenke<br />
auf den dicht gepackten Wahltisch?<br />
Ist in einer globalen Krise das Anheben der Staatsquote, das<br />
milliardenfache Ausschütten von Steuergeldern über Banken,<br />
Autoindustrie und kommunale Infrastruktur der einzige Weg?<br />
Gezielte Antworten vermag ich, als Zahnarzt und als Standespolitiker,<br />
hier in Rheinland-Pfalz auch als Standespolitiker<br />
nicht zu geben. Aber ich weiß: Wir wollen, dass die Staatsquote<br />
im Gesundheitswesen nicht steigt. Wir wünschen, dass die<br />
Rechte der Selbstverwaltung erhalten bleiben. Wir sind davon<br />
überzeugt, dass die Heilberufe — und ganz gezielt unsere Profession<br />
— nur zukunftssicher ausgebaut werden kann, wenn<br />
die Eigenverantwortung der Bürger mit der Eigenverantwortung<br />
der Ärzte und Zahnärzte zusammen gebracht werden.<br />
zb_editorial<br />
Unser Ziel bleibt: Der freie Zahnarzt, der freie Arzt, die Sicherung<br />
der Therapiefreiheit. Nicht zuletzt, um in unserem Land<br />
modernste wissenschaftlich gesicherte Medizin zu erlauben<br />
und zu realisieren.<br />
Dabei lassen wir Augenmaß gelten: Die Volksparteien, auch<br />
wenn deren Anteil im Stimmenpotential der Wählerschaft<br />
auf mal 33 mal knapp 40 Prozent gesunken ist, die Sozialdemokraten,<br />
die Christdemokraten, also die, die unsere Große<br />
Koalition stellen, stehen hinter einem System Gesetzlicher<br />
Krankenkassen. Ob sie genauso die Existenz der Privaten Krankenversicherung<br />
favorisieren, lässt sich zu Recht bezweifeln.<br />
Demokratischer Wille ist auch für uns Heilberufl er die eigentliche<br />
Instanz der Berliner Republik. An dieser Stelle verspreche<br />
ich Ihnen, dass die Landeszahnärztekammer Rheinland-<br />
Pfalz zusammen mit der Bundeszahnärztekammer in Berlin<br />
alles tun wird, um im Wahljahr 2009 gehört zu werden. Dabei<br />
bin ich davon überzeugt: Unsere Ziele sind auch Ihre Ziele.<br />
Dr. Peter Mohr,<br />
Vizepräsident der<br />
Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
3
zb_inhalt<br />
Idunt at. Uptat in eugiat.<br />
Idunt at. Uptat in eugiat.<br />
51 klinik und praxis 38 region<br />
Kieferorthopädische Fortbildungsserie<br />
Teil 6: Interdisziplinäre Therapie<br />
Pfälzischer Zahnärztetag<br />
34 hildegard-von-bingen<br />
Hildegard-von-Bingen-Preis an<br />
Necla Kelek<br />
Dieser <strong>Ausgabe</strong> liegen folgende Beilagen<br />
bei:<br />
Neue Arbeitsgruppe Parodontologie,<br />
DGZMK, Konzept-Pharma-Service<br />
4<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
12. rheinland-pfälzisches<br />
zahnärzte-golf-turnier .......... 2<br />
editorial<br />
AUGENMASS UND ZIELFESTIGKEIT<br />
von Dr. Peter Mohr ............................ 3<br />
bild ......................................................................6<br />
news ................................................................. 8<br />
titel<br />
DIE ZAHNÄRZTE UND DIE KRISE<br />
Vorsichtig optimistisch ......................... 16<br />
gespräch<br />
GELASSEN NACH VORNE SCHAUEN<br />
BZÄK-Präsident Engel im Gespräch 21<br />
lagz<br />
25 JAHRE LAGZ .........................................<br />
Zahnmedizinische Prävention mit<br />
Nachhaltigkeit ................................................. 24<br />
gesellschaft<br />
GEWALT AN KINDERN UND FRAUEN<br />
Warum der Zahnarzt nicht schweigen<br />
sollte .................................................................. 28<br />
reportage<br />
MANGELVERSORUNG REALITÄT<br />
112. Deutscher Ärztetag in Mainz... 32<br />
hildegard-von-bingen<br />
Hildegard-von-Bingen-Preis an<br />
Necla Kelek<br />
Einladung...........................................................34<br />
region<br />
PFÄLZISCHER ZAHNÄRZTETAG....... 38<br />
RHEINHESSISCHER<br />
ZAHNÄRZTETAG.............................................41<br />
DIE GOZ-NOVELLIERUNG —<br />
EIN PERPETUUM MOBILE? ................ 45<br />
gesundheitspolitik<br />
DROHT KRANKENHÄUSERN<br />
PLEITENWELLE? ....................................... 38<br />
RISIKOSTRUKTURAUSGLEICH ........ 39
21 gespräch<br />
Gelassen nach vorne schauen<br />
BZÄK-Präsident Engel im Gespräch<br />
BAHR KRITISIERT ..................................... 40<br />
ZUGANG ZUM MEDIZINSTUDIUM<br />
SOLL EINFACHER WERDEN ............... 41<br />
zur person<br />
DR. GERT BEGER<br />
ZUM 60. GEBURTSTAG ......................... 50<br />
Die Zahnärzte und<br />
die Krise<br />
16 TITEL<br />
klinik und praxis<br />
KIEFERORTHOPÄDISCHE FORTBIL-<br />
DUNGSSERIE<br />
Teil 6: Interdisziplinäre Therapie ..... 51<br />
wissenschaft<br />
DER MIT BISPHOSPHONATEN BE-<br />
HANDELTE PATIENT IN DER ZAHN-<br />
ÄRZTLICHEN PRAXIS ............................. 57<br />
praxis<br />
DIE INTRALIGAMENTÄRE ANÄSTHESIE:<br />
Stand der Zahnheilkunde ...................... 62<br />
bundeszahnärztekammer ..66<br />
jubiläum/ ermächtigung68<br />
kleinanzeige .................................... 69<br />
berufsverbände .............................70<br />
termine ........................................................ 75<br />
soziale aktion ............................ 79<br />
24 lagz<br />
Impressum<br />
zb_rubrik<br />
zb_inhalt<br />
25 Jahre lagz<br />
Zahnmedizinische Prävention mit<br />
Nachhaltigkeit<br />
Herausgeber:<br />
Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz<br />
Präsident Dr. Michael Rumpf (Herausgeber)<br />
Chefredaktion:<br />
Helmut Ahrens (verantwortlicher Chefredakteur)<br />
Dr. Peter Matovinovic (Zahnärztlicher Chefredakteur)<br />
Redaktion/Layout:<br />
Zivana Lazic<br />
Gabriela Weber<br />
Redaktionsanschrift:<br />
Zahnärzteblatt Rheinland-Pfalz<br />
Langenbeckstraße 2, 55131 Mainz<br />
Telefon 0 61 31/9 61 36 66, Telefax 0 61 31/9 61 36 89<br />
E-Mail: zahnaerzteblatt@lzk.de<br />
Internet: www.lzk-rheinland-pfalz.de<br />
Druck und Anzeigen:<br />
gzm – Grafi sches Zentrum Mainz Bödige GmbH<br />
Dekan-Laist-Straße 38<br />
55129 Mainz-Hechtsheim<br />
Telefon 0 61 31/58 04 96<br />
Telefax 0 61 31/58 04 15<br />
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der<br />
Redaktion.<br />
Beiträge, die mit dem Namen des Verfassers gekennzeichnet<br />
sind, geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion<br />
wieder. Für unverlangt eingesandte Leserbriefe, Manuskripte,<br />
Fotos und Zeichnungen wird seitens der Redaktion und des<br />
Verlags keine Haftung übernommen. Leserbriefe, namentlich<br />
gekennzeichnete oder signierte Beiträge geben nicht unbedingt<br />
die Meinung der Redaktion wider. Die Redaktion behält<br />
sich das Recht vor, Leserbriefe gekürzt aufzunehmen.<br />
zahnärzteblatt 02 2009 5
zb_bild<br />
6<br />
Die Zahnärzte gehören zum Mittelstand. „Die Mitte<br />
schrumpft“, sagt Stephan Hradil, Professor für Soziologie<br />
in Mainz. In der Krise sehen manche Soziologen<br />
die Sozialstruktur „auf dem Weg von der ‚Zwiebel‘ zur<br />
‚Sanduhr‘.“ Gut qualifi zierte Dienstleistungsmittelschichten,<br />
so Hradil, nehmen ab. Noch geht es den<br />
Heilberufl ern, insbesondere den Zahnärzten, gut,<br />
doch der Unmut der Bürger bringt neue Koalitionen.<br />
Im Frühjahr demonstrierten zehntausende Menschen<br />
(unser Bild zeigt den Protest auf dem Römerberg in<br />
Frankfurt) gegen einen bevorstehenden G20-Gipfel.<br />
Dabei, wie zu erwarten, Globalisierungskritiker, Gewerkschaften,<br />
Parteien — aber eben auch Mittelständler,<br />
vom Handwerksmeister bis zum Arzt. Das Motto:<br />
„Wir zahlen nicht für eure Krise.“<br />
In Frankfurt übrigens warfen die Protestler Eier auf Lafontaine.<br />
(Siehe auch unsere Titelgeschichte „Die Zahnärzte<br />
und die Krise“ auf Seite 16)<br />
zahnärzteblatt 02 2009
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_bild<br />
7
zb_news<br />
Der Bundesverband der Kinderzahnärzte<br />
(BuKiZ), die<br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Kinderzahnheilkunde (DKG) und der<br />
Berufsverband Deutscher Anästhesisten<br />
(BDA) haben mit ihren gemeinsamen<br />
Protesten einen Teilerfolg<br />
erzielt: Ab dem 1. Juli 2009 werden<br />
die dem Regelleistungsvolumen unterliegenden<br />
Narkoseleistungen für<br />
Zahnbehandlungen aus dem Budget<br />
herausgenommen, das seit Januar<br />
dieses Jahres gilt. Die damit verbundene<br />
drastische Honorarabsenkung<br />
hatte dazu geführt, dass insbesondere<br />
Kinderzahnärzte Probleme bekamen,<br />
Anästhesisten zu fi nden, die<br />
sich in der Lage sahen, für nichtkostendeckende<br />
Honorare zwischen 29<br />
und 49 Euro kleine Patienten unter<br />
Narkose zu behandeln. Ende des<br />
Jahres 2008 hatten die Verbände<br />
erstmals Alarm geschlagen.<br />
8<br />
Teilerfolg: Narkose bei schwerer Kinderkaries<br />
ist wieder planbar<br />
Budgetierung für ambulante Narkosen vorerst aufgehoben / Sparkurs verursacht monatelange Wartezeiten für<br />
Kinder und Menschen mit Behinderungen / Einheitliches Narkose-Honorar gefordert<br />
„Das ist ein wichtiger Zwischenschritt“,<br />
sagte BuKiZ-Präsidentin<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
drs. Johanna Kant am Montag in Oldenburg.<br />
Die qualitativ gute Versorgung<br />
von Kleinkindern mit schweren<br />
kariösen Gebisszerstörungen und<br />
erblichen Zahnkrankheiten, aber<br />
auch von extrem ängstlichen und<br />
behinderten Kindern lasse sich nun<br />
wieder planen und mittelfristig sicherstellen.<br />
Bis zu 15 Prozent der<br />
Kleinkinder in Deutschland leiden<br />
an schweren Zahnproblemen, die<br />
oftmals ohne ambulante Narkosen<br />
nicht behoben werden können. Betroffen<br />
sind ca. 70 000 Kinder pro<br />
Geburtsjahrgang.<br />
Gleiches Honorar für alle<br />
ambulanten Narkosen<br />
Die Kinderzahnärzte sind aber noch<br />
nicht zufrieden. „Es ist notwendig, die<br />
Honorierung sämtlicher ambulanten<br />
Narkosen zu vereinheitlichen, damit<br />
die Anästhesisten uns Zahnärzten<br />
ausreichend Leistungen anbieten und<br />
wir unseren Sicherstellungsauftrag<br />
auch langfristig erfüllen können“, for-<br />
dert drs. Kant. Sie verweist auf <strong>aktuelle</strong><br />
Wartezeiten von mehreren Monaten<br />
für Anästhesie-Leistungen in der zahnärztlichen<br />
Behandlung. „Das ist unzumutbar<br />
für unsere Patienten. In den<br />
meisten Fällen muss schnell behandelt<br />
werden, um irreparable Schäden<br />
für Gebiss und Kiefer und damit auch<br />
hohe Folgekosten für die Solidargemeinschaft<br />
zu vermeiden. Ausgerechnet<br />
Kinder und behinderte Patienten<br />
dürfen nicht die Leidtragenden des<br />
Gesundheitssparkurses sein“, betonte<br />
die BuKiZ-Präsidentin und erinnerte<br />
an die UN-Kinderrechtskonvention, Artikel<br />
24: „Kinder haben ein Grundrecht<br />
auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit<br />
sowie auf Inanspruchnahme<br />
von Einrichtungen zur Behandlung von<br />
Krankheiten und zur Wiederherstellung<br />
der Gesundheit.“<br />
BuKiZ<br />
Anmerkung der Redaktion: drs. bezeichnet<br />
„Doctorandus“, ein in den Niederlanden<br />
verliehener Studienabschlusstitel,<br />
der den Titel „Doktor“ nicht einschließt
Fehlentwicklung durch<br />
Gesundheitsfonds<br />
Verbraucherschützer fordern<br />
mehr Rechte<br />
Die Verbraucherzentrale Bundesverband beklagt einen<br />
fehlenden Wettbewerb auf den Energiemärkten, eine<br />
unzureichende Aufsicht über Finanzprodukte sowie<br />
Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen als Folge der<br />
Einführung des Gesundheitsfonds.<br />
Die Verbraucherzentralen fordern daher von der<br />
künftigen Bundesregierung eine deutliche Stärkung<br />
der Konsumentenrechte, berichtet die „Financial<br />
Times Deutschland“ (FTD).<br />
Der Staat müsse Regeln für verbraucherfreundliche Märkte<br />
setzen, verlangte laut FTD Verbandschef Gerd Billen.<br />
Jedes Ministerium müsse einen Verbraucherbeauftragten<br />
benennen, damit die Belange der Konsumenten in Gesetzgebungsverfahren<br />
stärker berücksichtigt würden.<br />
Politische Entscheidungen müssten einem „Verbrauchercheck“<br />
unterzogen werden. Außerdem schlägt der Verband<br />
der FTD zufolge eine stärkere Einbindung der Forschung in<br />
die Verbraucherpolitik vor.<br />
Foto: dpa<br />
Hoppe klagt gegen<br />
BKA-Gesetz<br />
Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Prof. Dr.<br />
Jörg-Dietrich Hoppe, hat wie angekündigt Verfassungsbeschwerde<br />
gegen das BKA-Gesetz eingereicht.<br />
Nach Ansicht der BÄK schränken die mit dem Gesetz<br />
erweiterten Ermittlungsbefugnisse der Fahnder<br />
das Arztgeheimnis und das Zeugnisverweigerungsrecht<br />
von Medizinern in unzulässiger Weise ein.<br />
Mit Hoppe klagen auch der ehemalige Bundesinnenminister<br />
Gerhart Baum, „Zeit“-Herausgeber Dr. Michael<br />
Naumann und der Chef der Psychotherapeutenkammer<br />
Hessen, Jürgen Hardt.<br />
Dr. Michael Naumann<br />
Gerhart Baum<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_news<br />
Fotos: dpa<br />
9
zb_news<br />
Einheitsversicherung geht<br />
zu Lasten der Patienten<br />
BÄK und PVS-Verband monieren<br />
Der im internationalen Vergleich<br />
hohe Standard der<br />
„ medizinischen Versorgung<br />
ist eng verbunden mit dem<br />
Erfolgsmodell des gegliederten<br />
Krankenversicherungssystems“<br />
betonte Dr. Franz Gadomski, Vorsitzender<br />
des Ausschusses „Gebührenordnung“<br />
der Bundesärztekammer.<br />
Eine starke private Vollversicherung,<br />
die bei der Integration medizinischer<br />
Innovationen vorangeht<br />
und den Unterschied zwischen guter<br />
und rationierter Medizin deutlich<br />
macht, werde weiterhin gebraucht,<br />
hob Gadamski hervor.<br />
Trotz der weiteren Ausbreitung der Neuen Grippe<br />
(Schweinegrippe) mahnt die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin<br />
Maly Dreyer zur Besonnenheit.<br />
„Wir nehmen die Situation sehr ernst, aber für Panik<br />
gibt es keinen Anlass“.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) weise seit<br />
geraumer Zeit auf die Möglichkeit<br />
einer weltweiten Ausbreitung<br />
eines neuen Infl uenzatyps<br />
hin. Dreyer: „Wir haben daher in<br />
Rheinland-Pfalz frühzeitig mit den<br />
Vorbereitungen begonnen, um die<br />
Bürgerinnen und Bürger für den Fall einer<br />
Pandemie wirksam zu schützen“.<br />
Grundlage dafür ist der rheinlandpfälzische<br />
Pandemieplan, der sich am<br />
10<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Durch das deutsche Zwei-Säulen-System<br />
habe man bisher die Nachteile<br />
staatlicher Gesundheitssysteme mit<br />
langen Wartelisten, Einschränkungen<br />
der Patientensouveränität und die<br />
Entstehung ‚grauer‘ Gesundheitsmärkte<br />
verhindern können.<br />
„Wer dennoch die Schaffung einer<br />
staatlich verordneten Einheitsversicherung<br />
zu Lasten der PKV propagiert,<br />
nimmt eine Absenkung des Versorgungsniveaus<br />
billigend in Kauf — zum<br />
Nachteil aller Patienten“, so Gadomski.<br />
„Es bedarf einer mutigen und nachhaltigen<br />
Neugestaltung des GKV-<br />
Leistungsspektrums im Sinne einer<br />
nationalen Pandemieplan orientiert.<br />
Rheinland-Pfalz hat nach Angaben<br />
der Ministerin bereits 2005 die erforderlichen<br />
Maßnahmen im Land<br />
abgestimmt und Umsetzungsempfehlungen<br />
mit den anderen für die Gesundheit<br />
der Bevölkerung zuständigen<br />
Stellen entwickelt. Der Pandemieplan<br />
ist auf der Homepage des Ministeriums<br />
unter www.masgff.rlp.de zu fi nden. In<br />
Rheinland-Pfalz sind nach Angaben<br />
der Ministerin enge Informationswege<br />
Ergänzend zur Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
bedürfe es auch künftig einer<br />
starken Privaten Krankenversicherung. Das<br />
erklärten die Bundesärztekammer und der<br />
Verband der Privatärztlichen Verrechnungs-<br />
Stellen (PVS-Verband) auf einer Veranstaltung<br />
zur PKV in Berlin.<br />
Rückführung auf eine tatsächlich<br />
solidarische Grundversorgung“, forderte<br />
auch Dr. Jochen-Michael Schäfer,<br />
Vorsitzender des PVS-Verbandes.<br />
„Die Prognosen zur Kostenentwicklung<br />
im Gesundheitswesen lassen<br />
keinen anderen Lösungsweg zu, als<br />
die über die Grundversicherung hinaus<br />
reichenden Leistungen in privatrechtlichenVersicherungsverhältnissen<br />
abzusichern“, sagte Schäfer.<br />
Wesentliche Bausteine dazu seien<br />
eine Neubestimmung des Verhältnisses<br />
von Solidarität und Subsidiarität<br />
sowie die Stärkung der Eigenverantwortung<br />
der Versicherten.<br />
Schweinegrippe<br />
Dreyer mahnt zur Besonnenheit<br />
aufgebaut worden, die eine schnelle<br />
Informationsweitergabe zwischen allen<br />
beteiligten Akteuren im Gesundheitswesen<br />
sicherstellen.<br />
„Die Ausbreitung eines neuen Infl<br />
uenzavirus ist ein Ereignis, das<br />
international und national eine<br />
hohe Wachsamkeit und Handlungsbereitschaft<br />
erfordert. Das ist<br />
in Rheinland-Pfalz sichergestellt“,<br />
so die Ministerin. Das Warnsystem
Das eingefärbte Foto,<br />
2009 aufgenommen von<br />
der US-Seuchenkontrollbehörde<br />
CDC mit einem<br />
Transmissionselektronen<br />
mikroskop, zeigt einen A/<br />
CA/4/09 Schweinegrippevirus.<br />
Drei-Milliarden-Loch im<br />
Gesundheitsfonds möglich<br />
Ulla Schmidt<br />
Schmidt: „Wenn solche Prognosen<br />
tatsächlich eintreten würden,<br />
würden über drei Milliarden<br />
Euro weniger Beiträge fl ießen.“<br />
Auch die Vorstandsvorsitzende des<br />
Spitzenverbandes der Gesetzlichen<br />
Krankenversicherung (GKV), Doris<br />
Pfeiffer, erklärte: „Wir erwarten infolge<br />
der Krise einen spürbaren Rückgang<br />
der Beitragszahlungen.“<br />
Wenn Ende kommender Woche der<br />
GKV- Schätzerkreis getagt habe, könne<br />
man die Auswirkungen der Rezession<br />
auf die Krankenversicherung<br />
genauer abschätzen.<br />
Foto: dpa<br />
der WHO habe sich bewährt<br />
und eine schnelle<br />
Reaktion auf allen Ebenen<br />
möglich gemacht.<br />
Ein wichtiger Beitrag zum<br />
Frühwarnsystem sei auch<br />
die Meldepfl icht für die<br />
Neue Grippe, die nun in<br />
Kraft tritt. Für die Bevölkerung<br />
in Rheinland-Pfalz<br />
besteht nach Aussage der<br />
Ministerin aktuell keine<br />
allgemeine Gefährdung<br />
durch die Neue Grippe.<br />
Die milden Verläufe in den<br />
USA und Europa ließen<br />
hoffen, dass es selbst bei<br />
einer weiteren Ausbrei-<br />
Schmidt versicherte erneut, in diesem<br />
Jahr würden konjunkturbedingt<br />
ausfallende Beiträge vom Steuerzah-<br />
tung der Neuen Infl uenza auch nach<br />
Rheinland-Pfalz und einer Zunahme<br />
der Fälle keine bedrohliche Entwicklung<br />
für die rheinland-pfälzische<br />
Bevölkerung geben werde. Ganz generell<br />
empfi ehlt die Ministerin den<br />
Menschen aber persönliche Hygienemaßnahmen,<br />
wie beispielsweise<br />
häufi ges Händewaschen, die auch<br />
vor anderen Infektionskrankheiten<br />
schützen könnten.<br />
Weitere Informationen, auch zu Hotlines,<br />
gibt es auf der Homepage des<br />
Ministeriums www.masgff.rlp.de<br />
und des RKI www.rki.de/infl uenza.<br />
Foto: dpa<br />
zb_news<br />
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt<br />
(SPD) rechnet wegen der tiefen Rezession<br />
in Deutschland mit erheblichen Mindereinnahmen<br />
des Gesundheitsfonds. Der prognostizierte<br />
stärkere Einbruch bei Beschäftigung<br />
und Löhnen beeinfl usse natürlich<br />
die GKV-Beiträge.<br />
ler ausgeglichen. Allerdings müssen<br />
die Kassen diesen Zuschuss später<br />
zurückzahlen.<br />
Der Chef der KKH-Allianz, Ingo Kailuweit,<br />
forderte angesichts der Prognose<br />
eine Aufhebung der Rückzahlungspfl<br />
icht für die Krankenkassen. „Bei<br />
einer Finanzlücke in dieser Höhe ist es<br />
unmöglich, dass die Kassen die Beiträge<br />
2011 zurückzahlen“, erklärte er.<br />
„Wenn die Regelung nicht aufgehoben<br />
wird, steht das Gesundheitssystem<br />
vor einem fi nanziellen Kollaps.“<br />
Kailuweit schlug vor, das Darlehen in<br />
einen Dauerzuschuss umzuwandeln.<br />
Das Robert-Koch-Institut hat den ersten<br />
Fall von Neuer Grippe in Rheinland-Pfalz<br />
bestätigt. Das teilte das<br />
rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium<br />
in Mainz mit. Es handelt<br />
sich dabei um ein vierjähriges Mädchen<br />
aus dem Donnersbergkreis, das<br />
sich mit seiner Familie auf einer Rundreise<br />
in den USA aufgehalten hatte.<br />
Die vorläufi gen Laborergebnisse im<br />
Landesuntersuchungsamt waren positiv.<br />
Die Familie des Mädchens steht<br />
unter Beobachtung des örtlichen Gesundheitsamtes.<br />
Bei keinem anderen<br />
Familienmitglied sind bisher Krankheitssymptome<br />
aufgetreten.<br />
Mittlerweile ist die Gesamtzahl der<br />
Erkrankten auf drei angestiegen.<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
11
zb_news<br />
Es nimmt teilweise überhand,<br />
dass vom Medizinischen<br />
Dienst der Krankenversicherung<br />
(MDK) „vorschnell“ Behandlungsberichte<br />
bei Ärzten oder Krankenhäusern<br />
angefordert werden,<br />
rügte der Senatsvorsitzende Ulrich<br />
Hambüchen in Kassel.<br />
„Ärzte werden durch die Bürokratie<br />
immer mehr belastet“, sagte der Richter<br />
der „Osnabrücker Zeitung“ zufolge.<br />
Die Kassen schalten den MDK ein,<br />
wenn sie an der Notwendigkeit einer<br />
Behandlung zweifeln und deshalb<br />
nicht ohne genauere Rechtfertigung<br />
zahlen wollen.<br />
12<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Foto: dpa<br />
Im vorliegenden Fall entschieden die<br />
obersten Sozialrichter trotzdem gegen<br />
einen Arzt, der die Weitergabe<br />
von Patientendaten verweigert und<br />
sich auf die ärztliche Schweigepflicht<br />
berufen hatte.<br />
Bundesweit wurde der MDK nach eigenen<br />
Angaben im Jahr 2007 in rund<br />
5,2 Millionen Fällen von den Kassen<br />
angerufen. Das Bundessozialgericht<br />
betonte laut Zeitung, dass die Bitte<br />
um Behandlungsberichte „im Einzelfall“<br />
begründet werden müsse, erklärte<br />
im vorliegenden Fall die knappen<br />
Worte aber trotzdem für „noch<br />
ausreichend“:<br />
Weitergabe von<br />
Patientendaten<br />
Gericht tadelt Neugier der<br />
Krankenkassen<br />
Das Bundessozialgericht (BSG) kritisiert, dass Krankenkassen<br />
immer öfter Einblick in Patientendaten nehmen<br />
wollen.<br />
Ein 14-tägiger Klinikaufenthalt der<br />
Patientin mit zwei Darmspiegelungen<br />
und einer zeitweiligen Überweisung<br />
in ein anderes Fachkrankenhaus<br />
könne bei der Diagnose<br />
„Angina Pectoris“ durchaus fragwürdig<br />
erscheinen.<br />
Dass die Patientin gleichzeitig an<br />
einem Darmtumor und Lebermetastasen<br />
litt, habe die Kasse nicht<br />
wissen können. Der Senat will die<br />
Anforderungen für die Weitergabe<br />
von Patientendaten an den MDK in<br />
der schriftlichen Urteilsbegründung<br />
genauer definieren.
Wartelistenmedizin<br />
droht Foto: dpa<br />
Montgomery fordert mehr Geld<br />
gegen Ärztemangel<br />
Dem zunehmenden Ärztemangel in immer mehr ländlichen<br />
Regionen lässt sich nach Ansicht der Bundesärztekammer<br />
(BÄK) nur mit mehr Geld und besseren<br />
Rahmenbedingungen abhelfen.<br />
Beckenbauer motiviert<br />
Bayerns Zahnärzte<br />
Vertragszahnärztetag Bayern<br />
Unter dem Motto „Positiv in die Zukunft — Fitness<br />
Foto: dpa<br />
zb_news<br />
Ärztliche Arbeit in Klinik und Praxis muss wieder attraktiv<br />
werden“, sagte BÄK-Vizepräsident Frank Ul-<br />
„ rich Montgomery in Berlin. Wieviel zusätzliches Geld<br />
für eine ausreichende ärztliche Versorgung erforderlich sei,<br />
wollte er nicht sagen.<br />
Seit 1991 nahm die Zahl der Mediziner in Deutschland<br />
laut BÄK um gut 30 Prozent zu. Gleichwohl sind nach<br />
Montgomerys Worten in vielen Krankenhäusern 20 bis<br />
50 Prozent der Arzt-Stellen unbesetzt. Überstunden und<br />
gedeckelte Budgets verleideten vielen Medizinern den<br />
Job und ließen sie seit Jahren zu Tausenden ins Ausland<br />
abwandern.<br />
„Wir bewegen uns auf eine Wartelistenmedizin zu.“ Er<br />
machte dafür die Politik verantwortlich. Montgomery kritisierte<br />
die neuen Honorarregeln für niedergelassene Ärzte.<br />
Diese produzierten trotz Steigerung des Honorartopfs auf<br />
gut 30 Milliarden Euro per Umverteilung neben Gewinnern<br />
auch Verlierer. Am Ende seien damit „alle unzufrieden“.<br />
(Siehe unsere Reportage zum Ärztetag auf Seite 32)<br />
Am 24. und 25. April fand in München der Vertragszahnärztetag<br />
Bayern statt. Stargast in diesem Jahr: Franz<br />
Beckenbauer.<br />
für die Praxis“ diskutierten die bayerischen Vertragszahnärzte<br />
am Freitag mit Vertretern des<br />
bayerischen Ministeriums und des Bundesgesundheitsministeriums<br />
sowie der AOK Bayern.<br />
„Die politischen Rahmenbedingungen für uns sind derzeit<br />
alles andere als einfach“, betonte KZVB-Chef Dr. Janusz<br />
Rat. „Dennoch wollen wir unseren Patienten eine<br />
bestmögliche Versorgung ermöglichen und unsere Zahnärzte<br />
für ihre tägliche Arbeit in der Praxis motivieren.“<br />
Am Samstag stand der Auftritt Beckenbauers auf dem<br />
Programm. Zu Gunsten von Beckenbauers Stiftung konnte<br />
man im Anschluss Bayern München-Trikots mit Autogramm<br />
von Beckenbauer und Trikots mit Autogrammen<br />
der Spieler von Schalke 04 ersteigern.<br />
zahnärzteblatt 02 2009 13
zb_news<br />
Patienten sollten sich vor einer Behandlung gut über Möglichkeiten<br />
und Grenzen informieren<br />
Die modernen Strategien in<br />
der Implantologie und ihre<br />
rasante Entwicklung erfordern<br />
gut ausgebildete Zahnärzte.<br />
Doch leider gibt es auch unseriöse<br />
Angebote und Geschäftemacherei.<br />
Darum ist es wichtig, dass sich Patienten<br />
gut über die Möglichkeiten<br />
der Behandlung und über die Qualifikation<br />
ihres Arztes informieren,<br />
erklären Experten der Deutschen<br />
Gesellschaft für Implantologie. In<br />
einem neuen wissenschaftsbasierten<br />
Patientenportal der Gesellschaft<br />
(www.zahnimplantate-infoportal.<br />
de) können sich Patientinnen und<br />
Patienten nun über die Zahn-Implantate<br />
informieren und nach Experten<br />
in ihrer Region suchen.<br />
Wenn Zahnärzte, die bislang keine<br />
Implantate gesetzt haben, auf diesem<br />
Gebiet ohne gründliche Ausbildung<br />
aktiv werden, kann es geschehen,<br />
dass sie bei der Behandlung Risiken<br />
eingehen, die anschließend Probleme<br />
verursachen. Weder moderne Implantatsysteme<br />
noch eine hochgerüstete<br />
technische Ausstattung der Praxis<br />
können Erfahrung und Training ersetzen:<br />
Von ungeübten Händen können<br />
auch angeblich „idiotensichere“ Implantat-Systeme<br />
falsch angewendet<br />
14<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Zahn-Implantate<br />
Ab sofort können sich Patientinnen und Patienten, die sich für Zahn-Implantate interessieren, in einem unabhängigen<br />
Patientenportal über Möglichkeiten und Grenzen der Implantologie informieren. Das Web-Angebot www.zahnimplantateinfoportal.de<br />
wurde von der gemeinnützigen Deutschen Gesellschaft für Implantologie e. V. entwickelt, der größten wissenschaftlichen<br />
Fachgesellschaft Europas auf ihrem Gebiet. In der DGI arbeiten Wissenschaftler und Praktiker zusammen,<br />
um die wissenschaftlichen Standards und Methoden in der Implantologie weiterzuentwickeln.<br />
werden. Marktschreierische Angebote<br />
aus rein kommerziellen Gründen<br />
kommen hinzu.<br />
Darum hat die Deutsche Gesellschaft<br />
für Implantologie, mit über 6 500 Mitgliedern<br />
die größte wissenschaftliche<br />
Fachgesellschaft Europas auf ihrem<br />
Gebiet, bereits vor über zehn Jahren<br />
ein umfangreiches Ausbildungsangebot<br />
entwickelt. Mehr als 3 000 Zahnärztinnen<br />
und Zahnärzte haben das<br />
Curriculum Implantologie durchlaufen,<br />
mehrere Hundert besuchen jährlich<br />
die Kurse im Continuum, in dem<br />
fortgeschrittene Techniken vermittelt<br />
werden, und fast 200 Zahnmediziner<br />
haben den DGI-Studiengang zum<br />
Master of Science in Oral Implantology<br />
aufgenommen bzw. bereits ab-<br />
Foto: prodente<br />
geschlossen. „Dadurch sorgen wir<br />
dafür, dass Zahnärzte, die implantieren<br />
wollen, eine berufsbegleitende<br />
qualifizierte Ausbildung absolvieren<br />
können“, sagt Prof. Günter Dhom,<br />
Präsident der DGI.<br />
Transparenz dient dem Patientenschutz.<br />
Auf dem Gebiet der zahnmedizinischen<br />
Fortbildung gibt es<br />
Ausbildungsangebote von verschiedenen<br />
Anbietern mit deutlichen<br />
qualitativen Unterschieden. Für<br />
Patienten ist diese Titelflut intransparent:<br />
Nicht jede Urkunde, die in<br />
einem Wartezimmer hängt, ist ein<br />
Garant dafür, dass der Implantologe<br />
sein Metier wirklich beherrscht. So<br />
verleiht beispielsweise ein privater<br />
Anbieter den Teilnehmern eines Wochenendkurses<br />
einen „Tätigkeitsschwerpunkt<br />
Implantologie“, ohne<br />
dass dieser den Nachweis erbringen<br />
muss, schon jemals ein Implantat<br />
gesetzt zu haben.<br />
Auf ihrem neuen Patientenportal<br />
listet die DGI darum nicht nur ihre<br />
Mitglieder auf, sondern informiert<br />
auch darüber, welche Qualifikation<br />
diese haben und welche Anforderungen<br />
dazu erfüllt sein müssen.<br />
DGI
Krankheitsbild als Pendant identisch<br />
Die Forscher konnten Genveränderungen auf dem<br />
Chromosom 9 nachweisen, wie sie in der neuesten<br />
<strong>Ausgabe</strong> der Fachzeitschrift PLoS Genetics<br />
berichten. Die krankheitsassoziierte Genveränderung befindet<br />
sich im Gen ANRIL, das wahrscheinlich ein regulatorisches<br />
RNA-Molekül kodiert, eine „antisense RNA“.<br />
Die Bedeutung solcher regulatorischer RNA-Moleküle für<br />
die Entstehung komplexer Erkrankungen wird zunehmend<br />
erkannt: Sie haben vermutlich eine wichtige Aufgabe in<br />
der Kontrolle der Spezifität und Sensitivität grundlegender<br />
physiologischer Prozesse.<br />
„Die mit diesem Krankheitsbild assoziierte genetische Variante<br />
ist identisch mit der von Patienten, die unter einer<br />
Erkrankung der Herzkranzgefäße leiden und bereits einen<br />
Herzinfarkt erlebt hatten“, sagte Autor Dr. Arne Schaefer<br />
vom Institut für Klinische Molekularbiologie der Universität<br />
Kiel und sieht eindeutige Übereinstimmungen in der<br />
Seit 2003 seien mehr als 180 000 Deutsche — nach<br />
Abzug der Rückkehrer — in andere Industriestaaten<br />
ausgewandert, schreibt die „Süddeutsche“ mit Bezug<br />
auf die Studie. Allein 2008 hätten mehr als 3 000 Ärzte<br />
das Land verlassen. Die Auswanderer seien in der Regel<br />
„gut qualifiziert, flexibel, risiko- und leistungsbereit“, sagte<br />
der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Klaus J. Bade.<br />
Der Historiker rief dazu auf, die Ursachen der Auswanderung<br />
zu bekämpfen und trotz Wirtschaftskrise aktiv um qualifizierte<br />
Zuwanderer zu werben.<br />
Die Ökonomen des Ifo-Instituts berechneten für den Sachverständigenrat<br />
erstmals die Folgekosten für einzelne<br />
Auswanderer. Demnach entgehen dem deutschen Staat<br />
genetischen Veranlagung. Schaefer weiter: „Wir haben<br />
die aggressive Form der Parodontitis untersucht, eine in<br />
sehr jungem Alter einsetzende, sehr heftig verlaufende,<br />
entzündliche Krankheitsform der Parodontose.“ Es sei anzunehmen,<br />
dass es zwischen dieser Erkrankung und dem<br />
Herzinfarkt einen ursächlichen Zusammenhang gebe.<br />
Wegen seiner Verbindung zum Herzinfarkt sollte die Parodontitis<br />
von Zahnärzten daher sehr ernst genommen,<br />
frühzeitig diagnostiziert und so bald wie möglich behandelt<br />
werden. Herzinfarkt und Parodontitis haben die<br />
gleichen Risikofaktoren: Sie entstehen vor allem durch<br />
Rauchen, Diabetes und Übergewicht.<br />
Der Herzinfarkt gilt als die weltweit häufigste Todesursache.<br />
Parodontitis ist die Hauptursache für Zahnverlust bei Erwachsenen<br />
über 40 Jahren. Etwa neun von zehn Menschen<br />
im Alter von mehr als 60 Jahren leiden unter Parodontitis.<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_news<br />
Zusammenhang zwischen Parodontitis und Herzinfarkt genetisch belegt<br />
Einem Team aus Wissenschaftlern der Universitäten Kiel, Dresden, Amsterdam und Bonn ist es gelungen, einen Zusammenhang<br />
zwischen aggressiver Parodontitis und Herzinfarkt genetisch zu belegen.<br />
Milliardenverlust<br />
Besonders Ärzte gehen ins Ausland<br />
Deutschland verliert jedes Jahr mehrere Milliarden Euro<br />
durch die Auswanderung von Fachkräften. Dies haben der<br />
Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR)<br />
und das Ifo-Institut in einer Studie festgestellt.<br />
durch einen 30-jährigen Arzt, der auf Dauer ins Ausland<br />
zieht, Steuer- und Sozialversicherungsgewinne von gut<br />
einer Million Euro. Bei einem Facharbeiter aus der Metallindustrie<br />
sind es rund 280 000 Euro — jeweils ohne<br />
die Kosten für die Ausbildung zu berücksichtigen. „Wenn<br />
nur ein Drittel der 2008 weggezogenen Ärzte im Ausland<br />
bleibt, entgehen dem Staat alleine deshalb fast 1,1 Milliarden<br />
Euro“, sagte Bade.<br />
Derzeit arbeiten laut Sachverständigenrat etwa 19 000<br />
deutsche Ärzte im Ausland. Betrachte man alle Auswanderer,<br />
drohe ein Verlust in zweistelliger Milliardenhöhe, sagte<br />
Bade weiter. Es habe sich gezeigt, dass ein bedeutender<br />
Teil der abgewanderten Deutschen nicht mehr zurückkehre.<br />
15
zb_titel<br />
16<br />
Deutschland, Europa, die gesamte Wirtschaft in der Welt erlebt die größte Rezession<br />
seit dem Jahre 1929. Wo steht im bundesrepublikanischen Wahljahr 2009 der<br />
Zahnarzt? Wie überlebt er in einer wirtschaftlichen Zeitenwende, die nicht mehr<br />
auf Wachstum hofft, sondern die Schrumpfung prognostiziert?<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Die Zahnärzte und die Krise
Zunächst dies: Die Wirtschaftskrise<br />
treibt in allen<br />
Staaten der Europäischen<br />
Union das Staatsdefizit weit über<br />
den Referenzwert von 3 Prozent des<br />
Bruttoinlandsproduktes hinaus,<br />
der in den Maastrichter Verträgen<br />
festgelegt worden war. Die Konjunkturprognose<br />
der Europäischen<br />
Kommission revidierte ihre eigenen<br />
Vorsichtig optimistisch<br />
Erwartungen noch vor der Sommerpause<br />
nach unten: Die Mitglieder<br />
der EU werden ein Schrumpfen des<br />
realen Bruttoinlandsproduktes von<br />
4 Prozent erleben.<br />
In Deutschland geht man gar von 5,4<br />
Prozent aus. Wirtschaftsminister zu<br />
Guttenberg stellt in der von seinem<br />
Haus erarbeiteten Schätzung über-<br />
dies ein Absinken der Wirtschaftsgesamtleistung<br />
von über 6 Prozent<br />
in Aussicht.<br />
Die Europäer versuchen zu trösten,<br />
man befände sich „nicht mehr im<br />
freien Fall“. Setzen jedoch hinzu, auch<br />
im Jahr 2010 werde die Wirtschaftsentwicklung<br />
bestenfalls stagnieren. Der<br />
Publizist und Volkswirt Werner Muss-<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_titel<br />
17<br />
Foto: dpa
zb_titel<br />
Von Guttenberg: „Wirtschaftsleistung sinkt um 6 Prozent“<br />
Merkel: „Wir schaffen das“<br />
Engel: „ Orientierung am Nutzen für den Patienten“<br />
18<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Foto: Zimmermann<br />
ler kommentierte: „Die Gewöhnung an immer schlechtere<br />
Konjunkturszenarien ist soweit fortgeschritten, dass<br />
die Prognose der EU-Kommission niemanden mehr überrascht.“<br />
Erschauern lässt die Erwartungshaltung in Brüssel und<br />
Bonn die Wirtschaftsspezialisten dennoch: Die Zahnärzte<br />
spüren den wirtschaftlichen Gegenwind. LZK-Präsident<br />
Dr. Michael Rumpf weiß: „Aufwändiger Zahnersatz,<br />
der nun einmal Kosten verursacht, wird weniger intensiv<br />
nachgefragt.“ Aber Rumpf weiß zu ergänzen: „Insgesamt<br />
jedoch kann von größeren finanziellen Einbußen nicht<br />
berichtet werden.“<br />
Tatsächlich listete das Institut Dresdner Bank Research<br />
zehn Branchen auf, die der Rezession unserer Tage nicht<br />
nur trotzen, sondern Wachstumsmöglichkeiten in sich<br />
tragen. Ganz oben mit dabei: Das Gesundheitswesen.<br />
Außer den Bereichen Bahnindustrie, Landwirtschaft, Erneuerbare<br />
Energien ist diesen Wirtschaftsgebieten gemein,<br />
dass sie allesamt ganz gezielt Dienstleistungen<br />
vorhalten. Die anderen Branchen nämlich heißen Telekommunikation,<br />
Software und IT-Dienste, Rechtsberatung,<br />
Unternehmensberatung, Kantinen und Caterer. Der<br />
Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen<br />
Handwerks, Hanns-Eberhard Schleyer, ergänzt: „Das<br />
deutsche Handwerk wird im Jahr 2009 nicht die Talfahrt<br />
von 9 Prozent erleben, wie sie das Wirtschaftsministerium<br />
prognostiziert. Wir werden nur um zwei Prozent<br />
schrumpfen.“<br />
Schleyer weiß, dass gerade Leistungen, die direkt dem<br />
Kunden angedient werden, auch in Zukunft gewünscht<br />
sind.<br />
Was das Handwerk vermeldet, gilt für den Bereich der<br />
Zahnärzte allemal. Nachgefragt bei Banken und Statistikern<br />
schwanken die Aussagen zwischen „leichtes Wachstum“,<br />
„minus 1,5 Prozent“ oder „Stagnation“. Doch von<br />
einem Erdrutsch spricht niemand. Im Gegenteil.<br />
Schon als im Frühjahr in Köln die Internationale Dentalschau<br />
eröffnet wurde, wusste der Präsident der<br />
Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel: „Die Gesundheitsbranche<br />
ist ein Zukunftsmarkt und der Standort
Deutschland birgt Potenzial.“ Engel bekräftigte: „Wir befinden<br />
uns auf sicherem Untergrund.“<br />
Den Zahnärzten und der Branche empfahl der BZÄK-Präsident<br />
in Köln einen „kritischen Umgang“ mit den Tendenzen<br />
des Berufes und eine „Orientierung am Nutzen<br />
für den Patienten“.<br />
Wer Tendenzen des Berufes beobachtet, sieht einen<br />
Wandel, der letztlich wirtschaftliche Veränderungen nach<br />
sich zieht. Der Mainzer Universitätslehrer und Implantologe<br />
Bernd d`Hoedt sagt: „Wir haben seit Jahren mehr<br />
und mehr Frauen, die sich für das Studium der Zahnmedizin<br />
entscheiden und seit einiger Zeit sind die Damen<br />
deutlich in der Mehrzahl.“<br />
Archibald Salm, Betriebswirt in der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz und Direktor des Instituts<br />
Bildung und Wissenschaft, kommentiert: „Mehr Frauen<br />
im Beruf des Zahnarztes, das bedeutet wirtschaftlich<br />
einerseits kleinere Einheiten in den Praxen. Die allgemeine<br />
Zahnarztpraxis, die jede Leistung vorhält, wird<br />
nicht länger der Standard sein. Denkbar sind vernetzte<br />
Praxen, die da und dort Zentralen bilden. Auch die klassischen<br />
Gemeinschaftspraxen werden deshalb zunehmen,<br />
denn das Interesse der Frauen, Familie, Kind, persönliche<br />
Lebensplanung mit dem Beruf zu verbinden,<br />
bleibt stark.“<br />
Ein Trend, den die Wirtschaft schon heute aufgreift. Der<br />
Begriff „zahnärztinnenfreundlich“ wird schon jetzt als<br />
Marketingvokabel weiter gereicht: Die Firma Syco Tec<br />
beispielsweise entwickelte, wie sie erklärt, den „kleinsten<br />
Motor der Welt“ für die Zahnarztpraxis. Ein Motor, der<br />
ganze 67 Gramm wiegt und eine Länge von nur 31,7 Millimeter<br />
hat. Ein Sprecher: „Der Motor ist mit allen gängigen<br />
Marken, Hand- und Winkelstücken kompatibel“ und<br />
sei damit eben „zahnärztinnenfreundlich“.<br />
Gewiss: Die Volkswirtschafter, die Ökonomen, sind in der<br />
Vertrauenskrise. Das Ansehen jener Wissenschaftler, die<br />
sich mit den Phänomenen der Wirtschaft beschäftigen,<br />
ist in der <strong>aktuelle</strong>n Krise, gelinde gesagt, gesunken. Philip<br />
Plickert, Wirtschaftsjournalist der Frankfurter Allgemeinen<br />
Zeitung ärgert sich: „Kaum einer der bekannten<br />
Prognostiker hat den Absturz der Weltwirtschaft seit<br />
Rumpf: „Insgesamt keine größeren finanziellen Einbußen“<br />
D’Hoedt: „Mehr Frauen beim Studium der Zahnmedizin“<br />
Salm: „Vernetzte Praxen und Zentralen“<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_titel<br />
19<br />
Foto: Zimmermann<br />
Foto:Benz<br />
Foto:Benz
zb_titel<br />
Schleyer: „Handwerk schrumpft nur um 2 Prozent“<br />
Berlin: Ein Bild aus dem Jahr der ersten großen Wirtschaftskrise.<br />
Angestellte und Arbeiter im Jahr 1929<br />
20<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Fotos: dpa<br />
2008 vorhergesehen, weder sein erschreckendes Ausmaß<br />
noch seine zerstörerische Dynamik.“<br />
Warum sollte man also den Vorhersagen aus der Wirtschaftswissenschaft<br />
in der Europakommission oder den<br />
Institutionen des zahnärztlichen Berufsstandes selbst<br />
trauen. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ antwortet darauf:<br />
„Viele Prognostiker geben in diesen Tagen offen zu, dass<br />
ihre Vorhersagemodelle versagt haben und dass ihnen<br />
die Präzedenzfälle für die gegenwärtige Situation fehlen.“<br />
Für die Standespolitiker, aber auch für den einzelnen<br />
Zahnarzt in der Praxis bedeutet dies, er muss seine Entscheidungen<br />
in einer unübersichtlichen Lage treffen. Das<br />
Vorsichtsprinzip empfiehlt sich.<br />
Wenngleich: Wirtschaft ist zu einem guten Teil, das ist<br />
nicht neu, Psychologie. In Mainz rief Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel auf dem Empfang der Kammern den Gästen<br />
in der Rheingoldhalle bewusst optimistisch zu: „Wir<br />
schaffen das!“<br />
In der Branche der Zahnärzteschaft und der Dentalindustrie<br />
verkündet der nicht minder positiv gestimmte<br />
Markus Heibach, Geschäftsführer des Verbandes der<br />
Deutschen Dental-Industrie: „Die gefühlte Krisenstimmung<br />
anderer Branchen lässt sich nicht unmittelbar auf<br />
die Dentalbranche übertragen.“ Er fährt fort: „Dass dies<br />
‚von der realen Situation bestätigt wird‘ zeigt der neueste<br />
Medizinklima Index im Frühjahr 2009. Dort wurde ‚der<br />
Statuts Quo heute besser beurteilt als vor 6 Monaten.‘ “<br />
Heibach: „Auch wenn weiterhin die Sorge besteht, dass<br />
die Zeiten schlechter werden, sind heute mehr Zahnärzte<br />
mit ihrem Ist-Zustand zufrieden, als vor einem halben<br />
Jahr. Das ist doch eine gute Nachricht!“<br />
Helmut Ahrens
Vor der Bundestagswahl und nach dem Urnengang zur Europawahl wurde der Präsident der Bundeszahnärztekammer,<br />
Dr. Peter Engel, nach den Zielen und Zukunftsaussichten seines Berufes befragt. Engel spricht vom wachsenden<br />
wirtschaftlichen Druck und von der Lage seiner Kollegen im Jahr der weltweiten finanzpolitischen Krise. Man kann<br />
gelassen in die Zukunft schauen, sagt der BZÄK-Präsident. Doch ob es in 15 Jahren noch Private Krankenversicherungen,<br />
GKVen oder KZVen geben wird, dies könne man nicht ohne weiteres prognostizieren.<br />
Die Fragen stellte „zahnärzteblatt“ Chefredakteur Helmut Ahrens.<br />
z sind Sie der Präsident<br />
b: Herr Dr. Engel,<br />
in einem<br />
W a h l j a h r<br />
der Bundeszahnärztekammer<br />
geworden. Ein<br />
ganz außergewöhnliches<br />
Wahljahr: 60 Jahre BundesrepublikDeutschland,<br />
in der sich auch<br />
die Geschichte der Heilberufskammernreflektiert.<br />
Überdies ein Jahr<br />
der wirtschaftlichen und<br />
globalen Krise. Wie sehen<br />
Sie die Hauptprobleme<br />
der Zahnärzte?<br />
Engel: Natürlich ist unser<br />
Hauptproblem das<br />
Gesundheitspolitische System. Wir<br />
erkennen, dass die gewollte Ausrichtung<br />
dieses Systems in die Einheitsmedizin<br />
führen soll und die freie<br />
Bestimmung der Selbstverwaltung<br />
und die Eigenverantwortlichkeit der<br />
Profession in zunehmenden Maße<br />
beschneidet. Was uns dereinst das<br />
Bundesverfassungsgericht als Bewegungsspielraum<br />
und Aufgaben in<br />
den Selbstverwaltungen zugebilligt<br />
hatte, wird Stück für Stück zurückgenommen<br />
und in Staatsaufgaben<br />
verwandelt.<br />
Gelassen nach vorne schauen<br />
BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel im Gespräch<br />
zb: Die Bewegungsspielräume der<br />
Selbstverwaltung werden enger, die<br />
Freiberuflichkeit, so konstatieren Sie,<br />
wird eingeschränkt. Dennoch richtet<br />
sich das Augenmerk in der Öffentlichkeit<br />
natürlich konzentriert auf<br />
die Zustände in den Wirtschaften der<br />
westlichen Länder, ja des gesamten<br />
Weltraums der Finanzen. Wie sieht<br />
die Wirtschaftskraft der Zahnärzte<br />
aus? Was bedeutet deren wirtschaftliche<br />
Potenz? Malt der Präsident der<br />
Bundeszahnärztekammer für den<br />
Beruf eine düstere, eine graue Zu-<br />
zb_gespräch<br />
kunft aus? Oder darf<br />
man gelassen nach<br />
vorne schauen?<br />
Engel: Lassen Sie mich<br />
mit einem deutlichen<br />
Satz beginnen: Ich<br />
weiß heute nicht, ob<br />
es in 15 Jahren noch<br />
Private Krankenversicherungen<br />
geben wird.<br />
Ich vermag auch nicht<br />
sicher zu sein, ob es in<br />
den kommenden eineinhalb<br />
Jahrzehnten<br />
noch GKVen oder aber<br />
KZVen geben wird. Von<br />
einem aber gehe ich<br />
aus. Es wird in 15 Jahren<br />
immer noch Zahnärzte<br />
und deren Patienten geben. So<br />
betrachtet sehe ich verhältnismäßig<br />
sorglos in die Zukunft. Sorglos, aber<br />
nicht kritiklos. Denn wir dürfen uns<br />
schon fragen, wie wird die Werteentwicklung,<br />
wie wird die ethische<br />
Grundausrichtung innerhalb der<br />
Zahnärzteschaft ausfallen, wenn Sie<br />
sich einem zunehmenden Wettbewerbsdruck<br />
ausgesetzt sieht? Eines<br />
von vielen Stichworten, das mir hier<br />
einfällt, ist dasjenige der Discountmedizin.<br />
Mein Vorschlag für die<br />
Zahnärzte lautet deshalb, sie sollen<br />
Foto: Zahnärztekammer Nordrhein<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
21
zb_gespräch<br />
Maastricht<br />
Lissabon<br />
22<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Fotos: dpa<br />
sich auf ihre ureigenste Aufgabe besinnen und die Politik<br />
dringend auffordern, dass sie nicht die Dinge, die<br />
die Profession selbst lösen kann, in die Hand nimmt,<br />
sondern eben dieser überlässt – und dies aus Kompetenzgründen.<br />
Erreichen wir dies, dann haben wir – so<br />
denke ich – eine stabile Zukunft vor uns.<br />
zb: Die Politik, auch die Gesundheitspolitik, von der Sie<br />
wünschen, sie solle in der Selbstverwaltung ihre Spielräume<br />
behalten, wird von der Bundesregierung in Berlin<br />
gestaltet. Die Bundeszahnärztekammer hat ihren Sitz in<br />
der Stadt an Havel und Spree. Spürt sie etwas vom Bundestagswahlkampf<br />
in Berlin?<br />
Engel: Vielleicht muss es nicht erstaunen, wenn ich erkläre,<br />
dass man in Berlin vom Bundestagswahlkampf<br />
wenig merkt. Gewiss, die politischen Parteien haben<br />
ihre Wahlprogramme verteilt. Doch sind diese weitgehend<br />
in den Schubladen verschwunden, werden nicht<br />
intensiver diskutiert. Denn in diesem Jahr gibt es in<br />
der Politik ganz eigene große Themen, die Berlin beherrschen.<br />
Im Vordergrund steht nun einmal die wirtschafts-<br />
und finanzpolitische globale Krise, die in Berlin,<br />
in Europa und international das Handeln der politischen<br />
Akteure bestimmt.<br />
zb: Die Wirtschaft, die Krise der Finanzen hat ihren ei-<br />
genen europäischen und internationalen Rahmen. In<br />
Deutschland, ja in der gesamten europäischen Union<br />
konnten die Bürger vor wenigen Tagen an die Wahlurne<br />
gehen, um das Parlament, das in Brüssel und Straßburg<br />
tagt, zu wählen. Welche Bedeutung hat die Europäische<br />
Union für den Berufstand der Zahnärzte in<br />
Deutschland?<br />
Engel: Die Verträge von Lissabon und Maastricht legen<br />
eigentlich fest, dass die Gesundheitssysteme innerhalb<br />
der Hoheit der einzelnen Länder verbleiben. Dennoch<br />
beobachten wir, dass etwa durch einzelne Gesetzgebungen<br />
des Europäischen Gerichtshofes, auch die nationalen<br />
Gesundheitssysteme durchaus länderübergreifend<br />
gestaltet und beeinflusst werden. Europa wirkt ganz<br />
konkret in die Gesundheitspolitik der Bundesrepublik<br />
Deutschland hinein, das dürfen wir nicht übersehen. Ob<br />
es der Begriff der Kostenerstattung ist oder es sich um<br />
die länderübergreifende Versorgung der Patienten im
Krankenhaus oder im ambulanten<br />
Bereich handelt, überall kämpfen<br />
die Gesundheitssysteme innerhalb<br />
der EU mit einer Verknappung der<br />
Ressourcen, dies führt u. a. auch zu<br />
einer lebhaften Diskussion über die<br />
zukünftige Gewichtung der Hilfsberufe.<br />
Ein Zuwachs der Regulierungsdichte<br />
durch Europa scheint deshalb<br />
geradezu zwangsläufig zu sein.<br />
Wir Zahnärzte müssen uns dem<br />
berufspolitisch stellen. Vor diesem<br />
Hintergrund bekommt das Brüsseler<br />
Büro der Bundeszahnärztekammer<br />
eine zunehmende Bedeutung.<br />
zb: Wenn von Europa die Rede ist,<br />
dann sprechen Sie immer wieder<br />
vom Einfluss der Union, etwa auf die<br />
Ausbildungsrichtlinie des Berufes.<br />
Engel: In der Tat. Schauen wir auf<br />
die Ausbildung, dann müssen wir erkennen,<br />
dass der Begriff „Bachelor/<br />
Master“ insbesondere durch die Europäische<br />
Union in die Gesundheitssysteme<br />
der Mitgliedsländer hineingetragen<br />
wurde. Unser Standpunkt<br />
ist klar: wir wissen, dass der Begriff<br />
„Bachelor/Master“ für die Heilberufe,<br />
für die Medizin und für die<br />
Zahnmedizin, nicht gelten kann, weil<br />
beispielsweise mit dem Abschluss<br />
eines Bachelors nach drei Jahren<br />
in keinster Weise ermöglicht wird,<br />
einen jungen Zahnarzt zu befähi-<br />
gen, Patienten eigenverantwortlich<br />
zu behandeln. Natürlich existieren<br />
überdies von Seiten der Europäischen<br />
Union Ausbildungsrichtlinien<br />
für den Beruf des Zahnarztes und<br />
des Arztes, die eine 5-jährige Ausbildung<br />
dringend vorschreiben.<br />
Deshalb ist es erstaunlich, dass an<br />
einzelnen Universitäten im medizinischen<br />
und zahnmedizinischen<br />
Bereich trotzdem versucht wird,<br />
den Bachelor/Master zu begründen<br />
und nach vorne zu entwickeln. Dies<br />
nährt den Verdacht, dass wir hier<br />
nicht nur mit einem wissenschaftlichen<br />
Hintergrund konfrontiert werden,<br />
sondern auch eine handfeste<br />
finanzielle Motivation konstatieren<br />
müssen.<br />
zb: Welchen Wandel sehen Sie im<br />
Beruf?<br />
Engel: Es gibt heute mehr Zahnärztinnen<br />
als noch vor Jahren. Wir<br />
erleben neue Praxisformen, Gemeinschaftspraxen,<br />
neue Betriebsformen,<br />
die vom deutschen aber<br />
auch vom europäischen Gesetzgeber<br />
gewünscht sind. Der wirtschaftliche<br />
Druck auf die Zahnärzte, von<br />
dem ich eingangs sprach, zeitigt<br />
neue Formen des Wettbewerbs.<br />
Der Beruf erlebt einen deutlichen<br />
Wandel. Dabei sehe ich die größte<br />
Gefahr in einer professionsfremden<br />
Bestimmung und Regulierung des<br />
Berufsstandes.<br />
zb: Herr Dr. Engel, eine letzte Frage:<br />
Welche Bedeutung hat für Sie die<br />
Wissenschaft für den Heilberuf des<br />
Zahnarztes?<br />
Engel: Die Bundesrepublik Deutschland<br />
ist ein wichtiger Standpunkt für<br />
die Wissenschaft der Zahnmedizin.<br />
Die Bundeszahnärztekammer, in<br />
ihrer Kooperation mit den wissenschaftlichen<br />
Fachgesellschaften und<br />
ihrem ständigen Dialog mit den Universitäten,<br />
fördert die Ziele und Aufgaben<br />
unserer Wissenschaftler im<br />
Land. In unserem Beruf verbinden<br />
sich Wissenschaft und Praxis auf<br />
beispielhafte Weise. Eine geglückte<br />
Symbiose, die dem Patienten nutzt<br />
und unseren Beruf definiert. Das<br />
muss so sein und wird auch in Zukunft<br />
so bleiben.<br />
zb: Herr Dr. Engel, wir bedanken uns<br />
für das Gespräch.<br />
zb_gespräch<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
23
zb_lagz<br />
Zahnmedizinische Prävention mit Nachhaltigkeit<br />
24<br />
Unter der Schirmherrschaft von Staatsministerin Malu Dreyer feierte die LAGZ<br />
Rheinland-Pfalz am 27. Mai ihr 25-jähriges Bestehen. Sie sprach von einem „tollen<br />
Projekt unter dem trockenen Namen Gruppenprophylaxe“ und merkte an: „Wir wären<br />
in diesem Lande schon viel weiter, wenn wir uns an diesem Projekt orientieren<br />
würden“. Auch betonte Dreyer, dass die LAGZ schon vor dem gesetzlichen Auftrag<br />
aktiv gewesen war und die Zahlen für sich sprächen: „Ein stolzer Punkt ist der Kariesrückgang<br />
bei den Neunjährigen“. Die Ministerin sicherte auch für die Zukunft<br />
die Förderung der LAGZ durch das Land zu und bedankte sich bei allen Beteiligten:<br />
„Die Kinder profitieren von der Attraktivität dieses Projektes“. Ein besonderer<br />
Dank gilt dem Vorsitzenden, Sanitätsrat Dr. Helmut Stein: „Seine Dynamik und<br />
sein Engagement sind beispielhaft. Er ist das Zugpferd der LAGZ.“<br />
zahnärzteblatt 02 2009
Gründer der LAGZ, Sanitätsrat Dr. Frank<br />
wird mit der Verdienstmedaille für besondere<br />
Verdienste geehrt<br />
Der alternierende Vorsitzende<br />
der Deutschen Arbeitsgemeinschaft<br />
für Jugendzahnpflege<br />
(DAJ) und Vizepräsident der<br />
Bundeszahnärztekammer, Dr. Dietmar<br />
Oesterreich, sieht gerade in der<br />
Verbesserung der Mundgesundheit<br />
ein wesentliches Stück der Chancengleichheit<br />
auch im allgemeinen<br />
präventiven Bereich. Beeindruckt<br />
zeigte er sich vom Engagement des<br />
zuständigen Ministeriums in Rheinland-Pfalz:<br />
„Es sei beispielhaft, dass<br />
sich ein Ministerium im Bereich der<br />
zahnmedizinischen Prävention so engagiert.“<br />
Dr. Michael Rumpf, Präsident der<br />
Landeszahnärztekammer Rheinland-<br />
Pfalz, sprach in seinem Grußwort davon,<br />
dass „der gemeinsame Einsatz<br />
aller Beteiligten keineswegs selbstverständlich<br />
sei.“ „Die Kooperation ist<br />
beispielhaft und die Kinder erhalten<br />
ein Geschenk in Form von Zahngesundheit,<br />
auch weil die Kinder unsere<br />
Zukunft sind.“<br />
Prof. Willershausen stellte die Forderung auf, dass „die Ärzte die Zahnärzte mehr wahrnehmen<br />
müssen“, und dass gerade im Zusammenhang mit einem Herzinfarkt und<br />
auch der diesbezüglichen Prävention, die „zahnärztliche Untersuchung von besonderer<br />
Wichtigkeit sei“<br />
Walter Bockemühl sprach als stellvertretender<br />
LAGZ-Vorsitzender für die<br />
Gesetzliche Krankenversicherung. Er<br />
zollte den damals Beteiligten Respekt<br />
und Anerkennung. „Viel Herzblut wurde<br />
und wird in die Arbeit gelegt. Diese<br />
war Vorbild für den Paragraphen 21<br />
SGB V.“ „Die Krankenkassen stehen<br />
fest zu dem Konzept der LAGZ und<br />
stellen das Geld von 2,1 Millionen<br />
Euro ohne Murren bereit.“<br />
Dass die LAGZ Rheinland-Pfalz bewegt,<br />
konnte und kann man sehen.<br />
Weit über 200 Gäste aus nah und<br />
fern fanden den Weg ins Kurfürstliche<br />
Schloss zu Mainz und auch die LAGZ<br />
musste sich bewegen. Unter tatkräftiger<br />
Unterstützung der Schlossverwaltung<br />
konnten die Räumlichkeiten<br />
in besagt letzter Minute noch gewechselt<br />
werden, damit keiner der<br />
Gäste vor den Türen verharren musste.<br />
Bewegung war auch im Saal angesagt.<br />
Mausini führte erfrischend,<br />
gekonnt und manchmal auch überraschend<br />
durch das Programm. Um<br />
die etwas harte Bestuhlung besser<br />
ertragen zu können und auch als Prävention<br />
vor eventuellen (kiefer-) orthopädischen<br />
Leiden, war Bewegung<br />
angesagt. Leichte Massageübungen<br />
bei dem jeweiligen Nachbarn oder<br />
der Nachbarin, unter der fachmännischen<br />
Leitung von Mausini, galt es<br />
zu trainieren. Dabei kam es durchaus<br />
zu interessanten Konstellationen.<br />
Der Präsident der Landeszahnärztekammer,<br />
Dr. Michael Rumpf, durfte<br />
Herrn Walter Bockemühl „massieren“<br />
und dieser wiederum... Ein Bild,<br />
nicht nur für die Götter, zeigt es doch,<br />
was alles im Rahmen der zahnmedizinischen<br />
Prävention in Rheinland-<br />
Pfalz möglich ist. Apropos Bewegung:<br />
Die Konzepte der LAGZ- Rheinland-<br />
Pfalz haben eine Massenbewegung<br />
ausgelöst. So wurden in den letzten<br />
10 Jahren 305 765 Erstklässler untersucht<br />
und fast eine Million Kinder<br />
aus den zweiten bis vierten Klassen<br />
waren im so genannten Verweisungssystem.<br />
Beeindruckende Zahlen! Wie<br />
kam es dazu?<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_lagz<br />
25
zb_lagz<br />
Um die etwas harte Bestuhlung besser ertragen zu können, und auch als Prävention vor eventuellen (kiefer-) orthopädischen Leiden, war Bewegung angesagt<br />
Schon 1982 galt es, die zahnmedizinische<br />
Prävention für die Kindergärten<br />
zu koordinieren, um überhaupt<br />
einen Zugang zu den Einrichtungen<br />
zu erlangen. Auf freiwilliger Basis<br />
und unter Einbeziehung der Zahnärzte,<br />
Krankenkassen und des Gesundheitsamtes<br />
wurde die erste<br />
rheinland-pfälzische Arbeitsgemeinschaft<br />
Jugendzahnpflege in Pirmasens-Zweibrücken<br />
gegründet. Grundlage<br />
war ein fachliches Konzept zur<br />
Umsetzung von Jugendzahnpflegemaßnahmen<br />
im Modellkindergarten<br />
Rodalben. Wissenschaftlich wurde<br />
dieses Projekt von Professor Dr. Dr.<br />
Werner Ketterl begleitet und 1985<br />
auch publiziert. Der Rückgang der<br />
Karies bei den Sechsjährigen betrug<br />
damals in einem Zeitraum von drei<br />
Jahren 40 Prozent und im Gesamtmodell<br />
Kindergarten war der Rückgang<br />
ebenfalls 40 Prozent. Nach 10 Jahren<br />
erfolgte im Rahmen einer Promotion<br />
eine erneute Untersuchung der gleichen<br />
Kinder und Prof. Ketterl schrieb<br />
in seiner Bewertung: „Es zeigt sich,<br />
dass der Lern- und Erziehungspro-<br />
26<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zess in Kindergärten und Schulen bei<br />
diesen Kindern gegriffen hat.“ Hieran<br />
können Sie, verehrte Leserinnen und<br />
Leser erkennen, dass alle Projekte<br />
der LAGZ auf Nachhaltigkeit angelegt<br />
waren oder sind, weit bevor dieses<br />
Wort zum Modewort wurde.<br />
Einer, der sich schon früh für das<br />
Rodalben/Pirmasenser Geschehen<br />
interessierte, war Sanitätsrat Dr. Herbert<br />
Frank. Der damalige Präsident<br />
der Landeszahnärztekammer hatte<br />
die Verbindungen zu den Vertragspartnern,<br />
zur Landesregierung und<br />
Anderen genutzt, dass unter seiner<br />
Ägide im Jahre 1984 die LAGZ, ebenfalls<br />
auf freiwilliger Basis, gegründet<br />
wurde. Er war ihr erster Vorsitzender<br />
und blieb es mit vielen Verdiensten<br />
bis 1997. Für sein außerordentliches<br />
Engagement um die zahnmedizinische<br />
Prävention verlieh ihm die<br />
LAGZ Rheinland-Pfalz im Rahmen der<br />
25 Jahr Feier die Verdienstmedaille<br />
für besondere Verdienste um die<br />
zahnmedizinische Prävention. Stein<br />
würdigte den Geehrten als einen, der<br />
„die Prävention gegen manche Widerstände<br />
im Berufstand offen vertreten<br />
hat“. Frank, der der erste Träger<br />
dieser Auszeichnung ist, betonte<br />
wiederum, dass „Helmut Stein der<br />
Motor der LAGZ sei. Ohne Stein wäre<br />
die Effizienz nicht gegeben.“<br />
Seit nun mehr als 15 Jahren gibt es<br />
23 Arbeitsgemeinschaften in Rheinland-Pfalz,<br />
die jetzt AGZ im Singular<br />
wie im Plural heißen, um weiteren<br />
Verwechslungen mit der ARGE vorzubeugen,<br />
damit die Hartz IV Anträge<br />
auch gleich beim richtigen Adressaten<br />
abgegeben werden. Inhaltlich<br />
wurde das Ursprungskonzept<br />
weiter auf- und ausgebaut. Neben<br />
der Betreuung der Kindergärten und<br />
Kindertagesstätten, der Grund- und<br />
Förderschulen L sollen zwei Projekte<br />
hier besonders erwähnt werden. Zum<br />
einen das Aktivprogramm Zahnvorsorge<br />
und zum anderen das Projekt<br />
„Gesunde Zähne von Anfang an“.<br />
Im Aktivprogramm werden Grundund<br />
Förderschulen L aufgrund des
Untersuchungsergebnisses der ersten<br />
Klassen ausgewählt. Zugleich können<br />
sich aber auch Schulen bewerben.<br />
Da in den ausgewählten Schulen ein<br />
Großteil der Kinder zu finden ist, die<br />
vermehrt Karies aufweisen und es<br />
damit zu einer Polarisierung der Karies<br />
gekommen ist, dass nämlich in<br />
manchen Jahrgängen 20 Prozent der<br />
Kinder bis zu 80 Prozent der Karies<br />
haben, hat die LAGZ die Frequenz<br />
der Besuche pro Klasse erhöht und<br />
zudem die Untersuchung in jeder<br />
dieser Klassen zu Schuljahresanfang<br />
und -ende eingeführt. Die zweimalige<br />
lokale Fluoridierung in der Schule soll<br />
diesen Kindern und Jugendlichen als<br />
wichtige Säule der Prophylaxe zugute<br />
kommen. Ein Programm, das der<br />
Staatsministerin Dreyer besonders<br />
am Herzen liegt. Und in der Schule<br />
sagen die Lehrkräfte: „ Wenn der<br />
Zahnarzt da ist, dann ist er der meist<br />
gesehene Lehrer.“ Beachtlich!<br />
„Jedes Kind soll die Chance auf naturgesunde,<br />
kariesfreie Zähne haben“,<br />
so der LAGZ- Vorsitzende Stein.<br />
Deshalb gilt der erste Ansatz dem<br />
frühkindlichen Alter mit dem Projekt<br />
„Gesunde Zähne von Anfang an“. Im<br />
Rahmen dieses Modellprojektes werden<br />
Krabbelgruppen, so genannte<br />
Miniclubs oder aber auch Baby-Kind<br />
Messen besucht. Anschauliche Hilfsmittel<br />
unterstützen die Arbeit zu den<br />
Themenkomplexen Trinkgewohnheiten,<br />
Getränke, Mundhygiene, Fluoridierung<br />
und Schnuller.<br />
Wissenschaftlich werden beide Projekte<br />
von Professor Dr. Brita Willershausen<br />
betreut. Apropos Getränke:<br />
Im Rahmen des Festvortrages „Die<br />
Bedeutung der zahnmedizinischen<br />
Prävention für die allgemeine Ge-<br />
sundheit“ sprach Willershausen auch<br />
über die dentalen Erosionen. Bei den<br />
meisten Softgetränken liegt der pH-<br />
Wert deutlich unter drei, ein Wert, bei<br />
dem Schmelz (pH 5,5) und Dentin (pH<br />
6,3-6,5) deutlich geschädigt werden<br />
können. Auch Apfelsaftgetränke, mit<br />
einem Wert von knapp über pH 3,<br />
zeigen unterschiedliche Wirkungen<br />
an Milchzähnen und dentes permanentes.<br />
So werden durch diese Getränke<br />
bei den Milchzähnen mehr<br />
Ca-Ionen freigesetzt. Des Weiteren<br />
betonte Willershausen die Bedeutung<br />
der entzündlichen Infektionen in der<br />
Mundhöhle und den damit verbundenen<br />
Einfluss auf den Gesundheitszustand<br />
eines Menschen. Sie stellte<br />
die Forderung auf, dass „die Ärzte die<br />
Zahnärzte mehr wahrnehmen müssen“,<br />
und dass gerade im Zusammenhang<br />
mit einem Herzinfarkt und auch<br />
der diesbezüglichen Prävention, die<br />
„zahnärztliche Untersuchung von besonderer<br />
Wichtigkeit sei“.<br />
Vieles hat die LAGZ in den letzten<br />
Jahren erreicht oder auf den Weg gebracht.<br />
„Kaum ein weiteres Gebiet<br />
in der Medizin (leider, muss man sagen)<br />
kann auf solche Erfolge in der<br />
Prävention verweisen. Sie rühren mit<br />
Sicherheit nicht auf einer Säule allein,<br />
sondern auf dem Synergieeffekt von<br />
Gruppen- und Individualprophylaxe,<br />
die man Gott sei Dank in Deutschland<br />
parallel angelegt hat. Deutschland hat<br />
in der Zahnmedizin den Wandel hin<br />
zur Prävention geschafft. Wir sind nun<br />
auch auf diesem Gebiet, international<br />
gesehen, ganz vorne mit dabei“, so<br />
Stein. Dazu hat die LAGZ Rheinland-<br />
Pfalz, als echte konzertierte Aktion<br />
im Gesundheitswesen, beigetragen.<br />
Herzlichen Glückwunsch!<br />
Dr. Peter Matovinovic<br />
Mausini führte erfrischend, gekonnt und manchmal<br />
auch überraschend durch das Programm<br />
Die Ministerin sicherte auch für die Zukunft die<br />
Förderung der LAGZ durch das Land zu<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_lagz<br />
27<br />
Fotos: Benz
zb_gesellschaft<br />
28<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Gewalt an Kindern und Frauen<br />
Warum der Zahnarzt nicht schweigen sollte
Foto: dpa<br />
Dipl. Stomatologe Gerald Flemming, Vorstandsreferent<br />
für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der<br />
Zahnärztekammer Mecklenburg-Vorpommern<br />
(seine Praxis betreibt er in Schwerin), lässt in<br />
einem großen Hotelsaal in der Hanse- und Ostseestadt<br />
Rostock, Bilder von misshandelten Patienten,<br />
Kindern, Frauen, alten Menschen, an<br />
die Wand werfen. Seine Zuschauer und Zuhörer:<br />
Zahnärzte, Journalisten, Standespolitiker.<br />
Fachleute aus ganz Deutschland<br />
hören zu, wie Flemming<br />
davon spricht, dass sich viel<br />
zu wenige Zahnärzte ausreichend<br />
mit körperlichen Merkmalen auseinander<br />
setzen, die, so der Referent,<br />
belegen, dass ein Patient falsch<br />
ernährt, geschlagen, körperlich gequält<br />
oder misshandelt wurde.<br />
Flemming in Rostock: „Die Polizei<br />
und die Staatsanwaltschaft brauchen<br />
unsere Hinweise. Verbrechen<br />
können nur aufgedeckt, Misshandlungen<br />
nur gestoppt werden, wenn<br />
wir sie melden.“<br />
Der Zahnarzt aus Schwerin weiß um<br />
die rechtlichen Fragen. Die Schweigepflicht<br />
des Mediziners ist zweifach<br />
normativ verankert, berufsrechtlich<br />
und strafrechtlich. Die Heilberufsgesetze<br />
der Länder, die Berufsordnung<br />
der Zahnärztekammern, zuletzt<br />
auch der § 203 StGB machen es dem<br />
Zahnarzt oder dem Arzt nicht leicht,<br />
ein, wie es so schön heißt „zum persönlichen<br />
Lebensreich gehörendes<br />
fremdes Geheimnis“, welches ihm<br />
anvertraut wurde, Unbefugten zu<br />
offenbaren. Das Gesetz spricht von<br />
Freiheitsstrafe, von Geldstrafe. Die<br />
Schweigepflicht, so scheint es, ist<br />
umfassend, denn grundsätzlich<br />
darf ein Zahnarzt oder ein Arzt seine<br />
professionelle Diskretion nur nach<br />
einer ausdrücklichen Entbindung<br />
durch den Patienten brechen.<br />
Was aber, wenn eine Patientin über<br />
die Ursachen einer Verletzung am<br />
Kiefer falsche Angaben macht, um<br />
einen gewalttätigen Mann zu schützen?<br />
Was, wenn die Eltern eines Kindes<br />
Verletzungen ihres Buben oder<br />
ihres Mädchens verschleiern? Wie<br />
zb_gesellschaft<br />
geht ein Zahnarzt mit solchen Verschleierungen<br />
um?<br />
Wer mit dem Bundeskriminalamt in<br />
Wiesbaden und dem Landeskriminalamt<br />
in Mainz spricht, lernt: Es<br />
kann berufsrechtlich gerechtfertigt<br />
sein, die Schweigepflicht zu brechen.<br />
Immer dann nämlich, wenn<br />
es zum Schutz eines höherwertigen<br />
Rechtsgutes notwendig ist.<br />
In der Fachtagung „Gewalt gegen<br />
Frauen“ informiert ein Anwalt: „Ausdrücklich<br />
spricht das Strafrecht vom<br />
Tatbestand der rechtfertigenden<br />
Nothilfe und zwar im § 34 StGB. Niemand<br />
handelt rechtswidrig, wenn<br />
einer gegenwärtigen, nicht anders<br />
abwendbaren Gefahr für Leib oder<br />
Leben begegnet wird, um die Gefahr<br />
von einem anderen abzuwenden.“<br />
Kurz: Ist Gefahr im Verzug, spricht<br />
nicht wenig dafür, die Schweigepflicht<br />
sofort zu brechen, um die Polizei<br />
oder die Staatsanwaltschaft zu<br />
informieren.<br />
Die Kriminalstatistiker wissen, allein<br />
in Deutschland werden jährlich<br />
je einhunderttausend Einwohnern<br />
vier bis zehn Kinder misshandelt.<br />
Mehrere hundert von ihnen erleiden<br />
dabei vehemente quälende Verletzungen,<br />
an denen sie letzten Endes<br />
sterben. Kriminologen vermuten,<br />
die Dunkelziffer sei noch viel höher.<br />
Die Journalistin Martina Lenzen-<br />
Schulte, die das Thema Kindesmisshandlung<br />
für die Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung recherchierte und<br />
ihrer Arbeit den vielsagenden Titel<br />
„Ein Schweigekartell der Grausamkeiten?“<br />
gab, schreibt: „Erstaunlich<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
29
zb_gesellschaft<br />
ist vor allem, wie wenig offenbar unternommen<br />
wird, die Verdachtsfälle<br />
genauer zu ergründen.“<br />
Auch der Vorstand der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz hat<br />
sich intensiv mit diesem „Schweigekartell“<br />
auseinandergesetzt und<br />
fordert den eigenen Berufsstand<br />
der Zahnärzte auf, die Mauer des<br />
Schweigens zu durchbrechen und immer<br />
dann die Polizei einzuschalten,<br />
wenn ein Missbrauch,<br />
eine<br />
Misshandlung<br />
sichtbar wird.<br />
LZK-Präsident<br />
Dr. Michael<br />
Rumpf: „Ob<br />
Gewalt gegen<br />
Frauen oder<br />
gegen Kinder,<br />
wir Zahnärzte<br />
müssen lernen<br />
zu erkennen,<br />
welche Verletzung<br />
auf welche<br />
Tat zurückzuführen<br />
ist.“<br />
Das ist nicht einfach. Der Frankfurter<br />
Kinderarzt Gert Jacobi, der in seinem<br />
vor kurzem erschienenen Buch „Kindesmisshandlung<br />
und Vernachlässigung“<br />
furchtbare Fälle schildert, will<br />
mit seiner Arbeit aufrütteln: Eltern,<br />
Behörden, nicht zuletzt Ärzte und<br />
Zahnärzte. Er selbst hat 234 misshandelte<br />
Kinder drei Jahrzehnte lang<br />
als Kinderneurologe an der Universitätsklinik<br />
Frankfurt behandelt und<br />
begutachtet. Sein Fazit: Kinder werden<br />
nicht nur mit Schlägen gequält,<br />
verbrüht, aus großer Höhe gestürzt,<br />
Kinder verhungern, verdursten. Ja,<br />
30<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
es gibt so genannte „spurenarme“<br />
Tötungsdelikte. Hier wird der Herzschlag<br />
manipuliert durch Schütteln<br />
der kleinen Person. Manche Kinder<br />
werden auch einfach erstickt.<br />
Viele der gewaltbereiten Eltern misshandeln<br />
immer wieder. Ein Polizist:<br />
„Gerade deshalb muss dieser Kreislauf<br />
durchbrochen werden. Das ist<br />
nicht einfach, ich weiß es. Bei der<br />
Gewalt gegen Frauen gehen nicht sel-<br />
ten die Ehemänner mit zum Arzt, sitzen<br />
im Wartezimmer und bewachen<br />
die Frau, damit sie ja nichts Falsches<br />
sagt; wollen auch bei der Behandlung<br />
mit dabei sein. Kinder werden<br />
ohnedies von den Eltern begleitet.“<br />
Gerald Flemming, der Zahnarzt aus<br />
Schwerin, weiß: „Da trägt ein Kind<br />
im Hochsommer einen Pullover und<br />
eine Mütze, weil die Eltern nicht wollen,<br />
dass man sieht, dass das Kind<br />
mangelernährt wird.“<br />
Der Vorsitzende der Bezirkszahnärztekammer<br />
Pfalz, Dr. Wilfried<br />
Woop, betont, wie wichtig es ist,<br />
dass sich ein Zahnarzt oder ein Arzt,<br />
wenn der Verdacht auf Missbrauch<br />
erhärtet werden kann, mit der Polizei<br />
bespricht: „Viele Kollegen werden<br />
sich mit diesem Thema vorher<br />
nicht eingehend beschäftigt haben.<br />
In meinem Fall aber gibt es einen<br />
ganz direkten Bezug. Meine Schwester<br />
arbeitet bei der Kriminalpolizei<br />
und berichtet mir immer wieder von<br />
furchtbaren Zuständen, auch in unserem<br />
eigenen<br />
Umfeld. Meine<br />
Schwester<br />
sagt, dass sie<br />
von uns Zahnärzten<br />
viel zu<br />
wenige Hinweise<br />
bekommt.<br />
Wir müssen<br />
sicherlich lernen,<br />
genauer<br />
hinzuschauen,<br />
denn hier<br />
wirkt ein Vers<br />
c h w e i g e n<br />
nur verschlimmernd.“<br />
FAZ-Journalistin Lenzen-Schulte<br />
glaubt, dass Zahnärzte und Ärzte<br />
den Entschuldigungen mancher Eltern,<br />
wenn sie verletzte Kinder in<br />
eine Praxis bringen, mit einer gesunden<br />
Portion Missbrauchen begegnen<br />
sollten. Sie mahnt: „Wenn<br />
ein Kind angeblich wegen eines<br />
beim Schlittenfahren gebrochenen<br />
Unterschenkels eingeliefert wird,<br />
die Wetterverhältnisse zur Unfallzeit<br />
indes zehn Grad über null lagen,<br />
ist jede Gutgläubigkeit fehl<br />
am Platze. Wenn sich deutliche<br />
blaue Flecken an den Innenseiten<br />
der Oberschenkel befinden, ist die
Erklärung, das Kind sei beim Spielen<br />
unglücklich gestürzt, bereits für<br />
den Laien fadenscheinig. So kann<br />
man nicht fallen, dass sich an diesen<br />
Stellen Blutergüsse bilden.“<br />
Eine Studie aus Leipzig dokumentiert.<br />
In immerhin zweidrittel aller<br />
Fälle sind es Ärzte, die den ersten<br />
Verdacht auf Kindesmisshandlung<br />
formulieren. Deshalb fordern sogar<br />
vorsichtige Rechtsmediziner: Die<br />
Kooperation zwischen Polizei und<br />
Medizin macht beim Thema Gewalt<br />
gegen Frauen oder gegen Kinder<br />
wirklich Sinn!<br />
Philipp von Wrangell, Fachanwalt<br />
für Familienrecht, empfiehlt einem<br />
behandelten Arzt oder Zahnarzt, er<br />
solle sich von einem Rechtsanwalt<br />
Misshandlungsmerkmale<br />
Petechien in der Lidhaut<br />
Stockschlag Unterarm<br />
durchaus beraten lassen, falls er<br />
unsicher ist, ob sein Handeln gerechtfertigt<br />
bleibt. Auch er sagt,<br />
zuerst müsse man daran denken,<br />
einen Patienten vor weiterem<br />
Schaden zu schützen. Von Wrangell:<br />
„Wichtig ist, dass der Arzt<br />
oder der Zahnarzt die Verletzungen<br />
sehr ausführlich dokumentiert.“<br />
Von Wrangell empfiehlt einen Dokumentationsbogen,<br />
spricht von<br />
Fotografien und der Hinzuziehung<br />
eines zweiten Zeugen: „Ein Kollege<br />
oder medizinisches Hilfspersonal.“<br />
Denn: „Die gute Erfassung<br />
der Verletzungen ist im Rahmen<br />
eines Zivil- oder Strafprozesses gegen<br />
den Täter im Zweifelsfall von<br />
entscheidender Bedeutung für die<br />
Verurteilung.“<br />
Nicht frisches Brillenhämatom<br />
zb_gesellschaft<br />
Die Beweislast nämlich trifft immer<br />
die Opfer. Für den Täter gilt vor dem<br />
Strafgericht nun einmal die Unschuldsvermutung.<br />
Rumpf: „Wir wissen, wer von der Kooperation<br />
zwischen Zahnärzten und<br />
der Polizei spricht, wer sich mit dem<br />
Thema Gewalt gegen Frauen oder<br />
Kinder beschäftigt, bewegt sich auf<br />
schwierigem Terrain. Zum Schluss<br />
muss gelten: Letztlich sind wir für<br />
den Patienten da.“<br />
Helmut Ahrens<br />
Fotos: Dr. Bockholdt<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
31
zb_reportage<br />
Eine Aussage, die im Gesundheitsministerium<br />
noch am<br />
selben Tag Kritik hervorrief,<br />
bei den Delegierten jedoch mit Beifall<br />
bedacht wurde.<br />
Man dürfe, so Hoppe in Mainz,<br />
die Priorisierung medizinischer<br />
Leistungen nicht ad acta legen,<br />
wenn künftig nicht ausreichend fi -<br />
nanzielle Mittel in die Versorgung<br />
der Patienten investiert werde. Der<br />
Ärztekammerpräsident: „Im Prinzip<br />
bedeutet Priorisierung, dass ärztliches<br />
Handeln in Diagnostik und<br />
Therapie im Rahmen der zur Verfügung<br />
stehenden Leistungsmöglich-<br />
32<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Mangelversorgung Realität<br />
112. Deutscher Ärztetag in Mainz<br />
Der 112. Deutsche Ärztetag tagte vom 19. bis 21. Mai in Mainz. Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Jörg-<br />
Dietrich Hoppe, sagte anlässlich der Eröffnung: „Wir Ärztinnen und Ärzte in Deutschland wollen keine Rationierung,<br />
keine Streichung von medizinischen Leistungen, aber wir wollen auch nicht weiter für den staatlich verordneten<br />
Mangel in den Praxen und den Kliniken verantwortlich gemacht werden“. Hoppe bekräftigte: „Mangelversorgung ist<br />
in Deutschland leider Realität. Nun müssen wir es endlich schaffen, dass sich Politik und Gesellschaft mit diesem<br />
Thema auch ernsthaft auseinandersetzen.“<br />
keiten eine Auswahl trifft, welche<br />
Therapiemöglichkeiten für welche<br />
Patienten in Zukunft zur Verfügung<br />
stehen und worauf unter Umständen<br />
verzichtet werden muss.“<br />
Interessant für die Zahnärzte: Der<br />
Ärztetag forderte ergebnisoffene<br />
Tests für die Elektronische Gesundheitskarte.<br />
Der Telematikbeauftragte<br />
der Bundesärztekammer, Dr. Franz-<br />
Joseph Bartmann, kommentierte:<br />
„Der Deutsche Ärztetag hat sich für<br />
die Fortführung einer konstruktiv-kritischen<br />
Arbeit an der elektronischen<br />
Gesundheitskarte ausgesprochen.<br />
Unser Ziel bleibt es, die von Deut-<br />
schen Ärztetagen gestellten Forderungen<br />
der elektronischen Gesundheitskarte<br />
weiter zu konkretisieren<br />
und gegenüber der Gematik mit<br />
Nachdruck zu vertreten.“<br />
Die Ärzte in Mainz zeigten sich nicht<br />
davon überzeugt, dass das derzeitige<br />
Konzept für die Elektronische<br />
Gesundheitskarte zukunftsfähig sei.<br />
Dennoch soll auf Basis der Konzeption<br />
der Test weitergeführt werden.<br />
Hauptthema jedoch blieb die Mittelknappheit.<br />
Energisch sprachen sich<br />
die Delegierten gegen ein gesondertes<br />
Patientenrechtsgesetz aus,
denn die individuellen Patientenrechte<br />
seien im Behandlungsvertrag<br />
ausreichend gesichert. Kein neues<br />
Gesetz müsse geschaffen werden,<br />
vielmehr gelte es, die Patientenrechte<br />
in der Gesundheits- und Sozialgesetzgebung<br />
zu sichern. Nicht<br />
die Ärzteschaft gefährde die Rechte<br />
der Patienten, sondern die vorherrschende<br />
staatliche Gesundheitspolitik,<br />
insbesondere jene für die<br />
Gesetzliche Krankenversicherung.<br />
Die Delegierten in einem Beschluss:<br />
„Rationierung gefährdet Patientenrechte.<br />
Rationierung als implizites<br />
Vorenthalten von Versorgungsnotwendigkeiten<br />
und -chancen ist aber<br />
inzwischen Teil der Versorgungswirklichkeit;<br />
dies muss die Politik<br />
transparent machen.“<br />
Gefordert wurde überdies ein umfassender<br />
Zugang zum medizinischen<br />
Fortschritt, der wegen der<br />
forcierten Wettbewerbsorientierung,<br />
die mit einer Risikoauslese einherginge,<br />
unmöglich sei. Es könne,<br />
so die Delegierten, nach zwei Jahrzehnten<br />
Kostendämpfungspolitik,<br />
der Anspruch der Patienten auf eine<br />
qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung<br />
nicht mehr gewährleistet<br />
werden.<br />
Prof. Dr. Christoph Fuchs, der<br />
Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer,<br />
warf der Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt<br />
vor, ihre Politik gefährde die Freiberuflichkeit<br />
der Ärzte. Fuchs: „Ihre<br />
Ideologie ist geprägt von der Vorstellung,<br />
nur der angestellte und<br />
weisungsabhängige Arzt ist ein<br />
guter Arzt“.<br />
Helmut Ahrens<br />
zb_reportage<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
33<br />
Fotos: dpa
zb_hildegard-von-bingen<br />
34<br />
zahnärzteblatt 02 2009
zb_hildegard-von-bingen<br />
zahnärzteblatt 02 2009 35
zb_hildegard-von-bingen<br />
Hildegard-von-Bingen-Preis<br />
an Necla Kelek<br />
Einladung zur Verleihung in Mainz<br />
Der Hildegard-von-Bingen-<br />
Preis für Publizistik wird in<br />
diesem Jahr, am 12. September<br />
2009 um 16.00 Uhr, in den<br />
Räumen des Erbacher Hofes, der<br />
Akademie der Katholischen Kirche in<br />
Mainz, an die Journalistin und Buchautorin<br />
Necla Kelek vergeben.<br />
Das Kuratorium ehrt eine Kollegin,<br />
die in ihren Kommentaren und Analysen,<br />
Zeitungsbeiträgen und Büchern<br />
engagiert, einsatzfroh und eindringlich<br />
vom Wert der Menschenrechte<br />
in der pluralistischen Gesellschaft<br />
Deutschlands berichtet und insbe-<br />
36<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
sondere die Lebenswelt türkischstämmiger<br />
Ehefrauen, Mütter und<br />
Töchter beschreibt, die nicht selten<br />
in der geschlossenen Welt eines<br />
althergebrachten Islam existieren.<br />
Necla Kelek, freie Autorin und Publizistin,<br />
promovierte Sozialwissenschaftlerin<br />
und Frauenrechtlerin, war<br />
Lehrbeauftragte für Migrationssoziologie<br />
in Hamburg und in Greifswald.<br />
Überdies lehrte sie in der Erwachsenenbildung<br />
Staats- und Sozialrecht.<br />
Heute lebt die Journalistin in Berlin.<br />
Necla Kelek beleuchtete die kulturpolitische<br />
Wirkung des Islam und seine<br />
gesellschaftliche Bedeutung in vielen<br />
Büchern. Sie schreibt Reportagen aus<br />
dem Inneren der Türkei und stellt sich<br />
der öffentlichen Debatte. Diskussionserprobt<br />
mischt sich die Publizistin<br />
Kelek in die politische Auseinandersetzung.<br />
Eine Journalistin ohne Angst<br />
vor Kontroversen. Ihr neuestes Buch<br />
heißt „Bittersüße Heimat. Bericht aus<br />
dem Inneren der Türkei“.<br />
Zu den Kuratoriumsmitgliedern gehören<br />
die ehemaligen Preisträger: Die<br />
Interviewerin und Fernsehmoderatorin<br />
Sandra Maischberger, die Leiterin<br />
der nach ihr benannten Gesprächsrunde<br />
des ZDF, Maybrit Illner, die ehemalige<br />
Russlandkorrespondentin der<br />
ARD, Dr. Gabriele Krone-Schmalz, der<br />
Focus-Chefredakteur Helmut Markwort,<br />
der ehemalige Leiter der Bonner<br />
Wirtschaftsredaktion der FAZ, Walter<br />
Kannengießer, der Biograph, Buchautor<br />
und ehemalige Herausgeber<br />
der FAZ, Prof. Dr. Joachim Fest (†), der<br />
Sachbuchautor und Fernsehreporter,<br />
Prof. Dr. Peter Scholl-Latour, der Publizist<br />
Johannes Gross (†), der Musik-,<br />
Literatur- und Theaterkritiker der Süddeutschen<br />
Zeitung, Prof. Dr. Joachim<br />
Kaiser, der Entertainer, Schauspieler<br />
und Publizist, Harald Schmidt, der<br />
Moderator und Redaktionsleiter des<br />
Heute-Journals (ZDF), Dr. Claus Kleber,<br />
der Theaterkritiker der FAZ, Prof.<br />
Dr. Gerhard Stadelmaier, der Chefredakteur<br />
der Wochenzeitung „Die Zeit“<br />
und Mitherausgeber des Berliner<br />
Blattes „Der Tagesspiegel“, Giovanni<br />
di Lorenzo und der Spiegelautor, Kolumnist,<br />
Internetjournalist und Satiriker<br />
Henryk M. Broder.
Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz<br />
Langenbeckstraße 2<br />
55131 Mainz<br />
Fax: 00 61 61 31/9 61 36 36 89<br />
Anmeldeformular<br />
zb_hildegard-von-bingen<br />
Ja, ich komme gerne zur Verleihung des Hildegard-von-Bingen-Preises 2009 an<br />
Necla Kelek<br />
am 12. September 2009, 16.00 Uhr (Erbacher Hof, Grebenstraße 22-24, 55118 Mainz)<br />
Ich nehme teil.<br />
Ich bringe ....... Personen mit.<br />
Name __________________________________________________________________<br />
Anschrift __________________________________________________________________<br />
Unterschrift __________________________________________________________________<br />
Stempel __________________________________________________________________<br />
Rückmeldungen bitte bis 1. September an die Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz<br />
Fotos: dpa<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
37
zb_region<br />
„Wie viel Staat muss sein, wie viel Staat darf sein?“<br />
Er gehört zu den bedeutendsten gesellschaftspolitischen Veranstaltungen der Heilberufe in Deutschland: Der Pfälzische<br />
Zahnärztetag. Es ist die Verbindung von professioneller Wissenschaft, Standespolitik und, allem voran, öffentlichem Vortrag,<br />
zusammengeführt an einem geschichtsträchtigen Ort, der diese Tagung auf ungewöhnliche Weise prägt.<br />
Heuer war es der Festvortrag<br />
von Prof. Dr. Michael Stürmer,<br />
Historiker, Chefkorrespondent<br />
und Publizist für „Die Welt“ und<br />
„Die Welt am Sonntag“, der mit seinen<br />
Überlegungen zum Thema „Wie<br />
viel Staat muss sein, wie viel Staat<br />
darf sein?“ die Tagung bewegte.<br />
Der historische Ort: Das Hambacher<br />
Schloss.<br />
Dr. Wilfried Woop, der Vorsitzende<br />
der BZK Pfalz, begrüßte 260 Ta-<br />
38<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
gungsteilnehmer und Gäste und bereitete<br />
auf ein Programm vor, dass<br />
das unausweichliche Spannungsfeld<br />
zwischen der notwendigen Gestaltungskompetenz<br />
des Staates<br />
und dem nicht minder notwendigen<br />
Freiheitsanspruch des Bürgers oder<br />
aber Mediziners thematisch vertiefte.<br />
Wenn Stürmer nicht ohne Vehemenz<br />
erklärte, dass die Balance<br />
zwischen staatlicher Einflussnahme<br />
und freiheitlicher Bürgerlichkeit,<br />
gelinde gesagt, ins Wanken<br />
geraten sei, so war der standespo-<br />
litische Vortrag von Sanitätsrat Dr.<br />
Helmut Stein, dem Vorsitzenden<br />
der KZV Rheinland-Pfalz, durchaus<br />
als thematische Erweiterung, ganz<br />
aus Sicht des Zahmnediziners, zu<br />
verstehen. Der Titel seines Vortags:<br />
„Patient und Zahnarzt — zwischen<br />
Freiheit und Dirigismus“.<br />
Beide, Woop und Stein, hatten die Kollegen<br />
anlässlich des Pfälzischen Zahnärztetages<br />
2009 schon im Vorhinein<br />
schriftlich auf den Zusammenklang<br />
zwischen Wissenschaft, politischer
Stürmer: Festvortrag<br />
Diskussion und Standespolitik hingewiesen.<br />
Sie schrieben: „Wissenschaftliche<br />
Fortbildung, standespolitischer<br />
Focus und der Blick über den eigenen<br />
beruflichen Horizont hinaus – diese<br />
Trias kennzeichnet den Pfälzischen<br />
Zahnärztetag seit nunmehr zwanzig<br />
Jahren und trägt zu seiner Unverwechselbarkeit<br />
ebenso bei, wie die einzigartige<br />
Atmosphäre, hier, an der Wiege<br />
der Deutschen Demokratie.“<br />
Auch der wissenschaftliche Vortrag<br />
widmete sich im übertragenen Sinn<br />
dem menschlichen Spannungsfeld<br />
zwischen äußerer Freiheit und innerer<br />
Begrenztheit. Prof. Dr. Stephan<br />
Doering aus Münster sprach in „Psychosomatik<br />
in der Zahnheilkunde“<br />
von Haltungen, vom Bewusstsein<br />
und entsprechenden Handlungsräumen,<br />
die der Zahnmedizin offen<br />
stehen. Döring erklärte, dass jeder<br />
zehnte Patient in den Praxen psychosomatische<br />
Auffälligkeiten zeigt.<br />
Wie geht der Behandler mit diesen<br />
Patienten und deren Auffälligkeiten<br />
um, wie kann eine weitergehende<br />
Therapie aussehen und wie führt der<br />
Zahnarzt seine Patienten solch einer<br />
Therapie zu? Ein wichtiger Beitrag.<br />
Dass ein freier Beruf, wie der der<br />
Zahnärzte, auf dem Hambacher<br />
Schloss tagt, jenem Ort, der verbunden<br />
ist mit dem Streben nach<br />
Demokratie, hat Aussagekraft. Am<br />
27. Mai 1832 organisierte der „Deutsche<br />
Preß- und Vaterlandsverein“<br />
und dessen Vorsitzender, der pfälzische<br />
Rechtsanwalt und Abgeordnete<br />
Friedrich Schüler, ein „Volks-<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_region<br />
Stürmer, Christiansen: Buchpräsentation (oben)<br />
Woop: Gruß an 260 Teilnehmer<br />
39
zb_region<br />
Der historische Ort: Hambacher Schloss Stein: Freiheit und Dirigismus<br />
Doering: Psychosomatik in der<br />
Zahnheilkunde<br />
fest“ im damaligen Neustadt an<br />
der Haardt. Hambach, damals noch<br />
ein selbständiges Dorf, mit seinem<br />
Schlossberg, war der Treffpunkt für<br />
30 000 Menschen aus allen Bevölkerungsschichten<br />
und vielen Nationen.<br />
Die Bundesrepublik Deutschland,<br />
das Land Rheinland-Pfalz,<br />
pflegen die Geschichtstradition des<br />
Ortes. Wenn jetzt die pfälzischen<br />
Zahnärzte Michael Stürmer aufs<br />
Hambacher Schloss holten, um mit<br />
ihm zusammen über die Aufgaben<br />
des Staates zu reflektieren, ist dies<br />
Teil dieser Tradition.<br />
Stürmer war in den 80er Jahren politscher<br />
Berater von Bundeskanzler<br />
Helmut Kohl und maßgeblich beteiligt<br />
am so genannten Historikerstreit,<br />
der sich — nicht zuletzt — mit der Frage<br />
beschäftigte, ob es zulässig sei,<br />
das Dritte Reich auch als Deutscher<br />
mit dem Blick des distanzierten Historikers<br />
zu betrachten. Der Wissenschaftler<br />
arbeitete später als Direktor<br />
des Forschungsinstituts für internati-<br />
40<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
onale Politik und Sicherheit in Bayern<br />
und ist seit dem September 1989<br />
Chefkorrespondent der Zeitung „Die<br />
Welt“. In Hambach schilderte er, wie<br />
aus seiner Sicht der Staat seit Beginn<br />
des Ersten Weltkrieges seine Machtsphäre,<br />
seinen Einfluss vergrößerte,<br />
um bald den gesamten Alltag zu umgreifen.<br />
Doch Stürmer sprach auch über<br />
die Krise, die in ihrem Ausmaß<br />
noch nicht erkannt sei und beklagte<br />
schließlich, dass diese Republik<br />
geflohen wird, insbesondere von<br />
den gut ausgebildeten jungen Menschen.<br />
Es sind 150 000 Hochqualifizierte,<br />
so Stürmer, die Jahr um Jahr<br />
das Land verlassen. Der Wissenschaftler<br />
spricht von einer „Republikflucht<br />
der Elite“.<br />
Stürmer, der Autor vieler Artikel, der<br />
Referent unzähliger Vorträge, schrieb<br />
im Jahr 2002 ein Standardwerk über<br />
unsere Geschichte, „Das Jahrhundert<br />
der Deutschen“, und beschäftigte<br />
sich mit den Fragen von Gleichgewicht<br />
und Macht schon 1990 in der Arbeit<br />
„Die Grenzen der Macht. Begegnung<br />
der Deutschen mit der Geschichte“<br />
und 11 Jahre später in „Die Kunst des<br />
Gleichgewichts“. Sein neuestes Buch<br />
„Welt ohne Weltordnung. Wer wird<br />
die Erde erben?“ (auf unserem Bild<br />
sehen wir den Titel, wie Stürmer ihn<br />
zusammen mit der Fernsehmoderatorin<br />
Sabine Christiansen präsentiert)<br />
warnte ahnungsvoll vor den Folgen<br />
eines zügellosen weltweiten Handels,<br />
der mit dem Stichwort Globalisierung<br />
nur ungenau umschrieben ist.<br />
Die Zahnärzte auf dem Hambacher<br />
Schloss wurden schon am Morgen<br />
von einem Fanfarenzug mit einem<br />
„Weckruf“ musikalisch begrüßt.<br />
Dentalfirmen präsentierten in der<br />
Pause ihre Produkte. Zum Schluss<br />
konnte sich Wilfried Woop über einen<br />
reichen, gelungenen Tag freuen<br />
und alle einladen zum „Pfalztreff“.<br />
Ein runder Tag.<br />
Helmut Ahrens
Unter dem Credo:<br />
Rheinhessischer Zahnärztetag 2009<br />
im Schloss Waldthausen<br />
Bereits zum vierten Mal fand der Rheinhessische<br />
Zahnärztetag im Schloss Waldthausen statt und<br />
stand unter dem Thema „Gesichtsschmerz – aus<br />
zahnärztlicher Sicht“.<br />
So waren es über 300 Teilnehmer, die sich im Schloss<br />
Waldthausen intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen<br />
wollten. Eingeladen hatten die BZK Rheinhessen zusammen<br />
mit der KZV Rheinland-Pfalz. Es waren namhafte<br />
Referenten angekündigt, wie Privatdozentin Dr. Dr. Monika<br />
Daubländer (Mainz) und Prof. Dr. Dr. h.c. Georg Meyer<br />
(Greifswald). Aber auch Praktiker, wie der Physiotherapeut<br />
Bernd Peter Gilles und der Orthopäde und Osteopath Dr.<br />
Dietmar Hellmich rundeten das Programm ab. Besonders<br />
interessant dabei war es, dass die Referenten zu ihrem<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_region<br />
Die Zahnmedizin ist neben anderen medizinischen Fachgebieten ein gleichwertiges und unverzichtbares Teilgebiet<br />
der Medizin, u. a. nicht wegzudenken bei der Diagnose und Therapie des Gesichtsschmerzes.<br />
Begrüßung in der Schlosshalle<br />
41
zb_region<br />
Thema jeweils auch einen Workshop<br />
anboten, also gleich das praktische<br />
Üben und Umsetzen des theoretischen<br />
Wissens ermöglichten.<br />
Dem Vorstandsvorsitzenden der BZK<br />
Rheinhessen, Dr. Klaus Bernauer,<br />
war es ein großes Vergnügen, alle<br />
Gäste und Referenten zu begrüßen.<br />
Angereist waren von der LZK Rheinland-Pfalz<br />
der Präsident, Dr. Michael<br />
Rumpf, und von der Versorgungsanstalt<br />
Rheinland-Pfalz der Präsident,<br />
Dr. Gert Beger. Anwesend waren auch<br />
die Vorsitzende der BZK Koblenz, Dr.<br />
Margit Brecht-Hemeyer, mit ihrem<br />
Stellvertreter, Marcus Koller, und<br />
von der BZK Pfalz der stellvertretende<br />
Vorsitzende, Dr. Peter Matovinovic.<br />
Das Nachbarland Hessen war<br />
mit ihrem Präsidenten, Dr. Michael<br />
Frank, und dem Vizepräsidenten,<br />
Dr. Giesbert Schulz-Freywald, vertreten.<br />
Herzlich willkommen hieß Dr.<br />
Bernauer den Vorsitzenden der KZV<br />
Rheinland-Pfalz, Sanitätsrat Dr. Helmut<br />
Stein, und den stellvertretenden<br />
Vorsitzenden, Dr. Michael Reinhard.<br />
Ein besonderer Dank galt dem Fortbildungsreferenten,<br />
Dr. Torsten Conrad,<br />
der für den wissenschaftlichen<br />
Teil der Veranstaltung zuständig war<br />
und auch die Moderation der Veranstaltung<br />
übernahm.<br />
Der stellv. Vorsitzende der KZV Rheinland-Pfalz,<br />
Dr. Jürgen Braun-Himmerich,<br />
betonte in seiner Ansprache den<br />
stets vorbildlichen Fortbildungswillen<br />
der Zahnärzte. Eine gesetzliche Regelung,<br />
so Dr. Braun-Himmerich, wie im<br />
SGB V festgeschrieben, war deshalb<br />
völlig unnötig. Die KZV Rheinland-<br />
Pfalz konnte jedoch eine weitestgehend<br />
unbürokratische Umsetzung<br />
42<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Dr. Klaus Volker Bernauer,<br />
Vorsitzender der BZKR<br />
Dr. Torsten Conrad<br />
Dr. Jürgen Braun-Himmerich,<br />
stellv. Vorsitzender der KZV RLP<br />
dieser Fortbildungskontrolle installieren.<br />
Die Vortragsreihe eröffnete PD Dr.<br />
Dr. Monika Daubländer mit dem Thema<br />
„Differentialdiagnose Gesichtsschmerz“.<br />
Zunächst defi nierte sie<br />
den Schmerz als ein unangenehmes<br />
Sinnes- und Gefühlserlebnis, das<br />
mit einer Gewebeschädigung verknüpft<br />
ist. Bei der Chronifi zierung<br />
des Schmerzes nehmen psychosoziale<br />
Aspekte immer mehr Raum ein<br />
und bestimmen das Schmerzerleben<br />
des Patienten weitgehend. Bei der<br />
Diagnose sei zu berücksichtigen,<br />
dass nicht immer alle Symptome<br />
dem gleichen Krankheitsbild zuzuordnen<br />
sind. Oftmals bestehen Komorbiditäten<br />
und es kann sich dabei<br />
sowohl um systemische als auch um<br />
lokale Erkrankungen handeln. Differenzialdiagnostisch<br />
einzubeziehen<br />
sind stets auch lokale Befunde, wie<br />
zum Beispiel endodontische Versorgungen,<br />
retinierte bzw. verlagerte<br />
Weisheitszähne oder versteckte kariöse<br />
Läsionen.<br />
In vielen Fällen ist eine psychische<br />
Komorbidität (Angst, Depressionen,<br />
Somatisierung) vorhanden, wobei<br />
Angst im Rahmen chronischer<br />
Kiefer- und Gesichtsschmerzen<br />
als wesentliche Komorbidität angesehen<br />
wird. Es sei daher sinnvoll,<br />
sehr frühzeitig die häufi gsten<br />
psychischen Erkrankungen, Angst<br />
und Depressionen, in den diagnostischen<br />
Fokus einzubeziehen. Die<br />
Diagnose und Therapie des Gesichtsschmerzes<br />
sollte auf Grund<br />
der multifaktoriellen Genese und<br />
Komplexität immer als interdisziplinäre<br />
Aufgabe unter besonderer Berücksichtigung<br />
der Zahnheilkunde<br />
angesehen werden.
Prof. Dr. Dr. h.c. Meyer spannte<br />
bei seinem Vortrag mit dem Thema<br />
„Schmerztherapie durch Schienentherapie“<br />
den Bogen sehr weit. Er<br />
hob das ärztliche Bewusstsein in<br />
der Zahnmedizin hervor. Gerade in<br />
der Schmerztherapie verfügen die<br />
Zahnärzte mit den Kenntnissen der<br />
modernen Zahnheilkunde über Expertenwissen,<br />
das mehr und mehr<br />
von anderen ärztlichen Disziplinen<br />
nachgefragt wird. Exemplarisch berichtete<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Meyer über<br />
eine interdisziplinäre Kopfschmerzarbeitsgruppe<br />
an der Universität<br />
Greifswald, bei der die Einbeziehung<br />
der zahnärztlichen Kompetenz<br />
bereits Routine sei: In bemerkenswert<br />
vielen Fällen habe die eigene<br />
Disziplin bei vergleichsweise minimalem<br />
Aufwand den Kopfschmerzpatienten<br />
anhaltende Besserung<br />
bis hin zur völligen Beschwerdefreiheit<br />
ermöglicht.<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Meyer berichtete,<br />
dass nicht so sehr die Okklusionsproblematik<br />
ausschlaggebend für<br />
den Kopfschmerz sei, sondern die,<br />
aus welchem Grund auch immer,<br />
hervorgerufene Verspannung der<br />
Kau- und Gesichtsmuskulatur. In<br />
diesem Zusammenhang verwies<br />
er auf eine Studie, die eine erhebliche<br />
Signifi kanz zwischen Kopfschmerz<br />
und der Druckdolenz der<br />
Kaumuskulatur belege, jedoch die<br />
Okklusionsproblematik nicht für<br />
den Gesichtsschmerz verantwortlich<br />
mache. Die Zahnmedizin müsse<br />
sich daher von der falschen und<br />
zu kurz gedachten Vorstellung befreien,<br />
dass bei der CMD-Thematik<br />
die Okklusion das zentrale Thema<br />
sei. Zwar sei eine falsche Okklusion<br />
und Artikulation aus der Sicht der<br />
PD Dr. Dr. Monika Daubländer<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Georg Meyer<br />
Dr. Dietmar Hellmich<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_region<br />
Zahnmedizin natürlich auch therapiebedürftig,<br />
aber ein entspannter<br />
Patient, der seine Kaumuskulatur<br />
nur gering einsetzt, würde damit<br />
selten Probleme bekommen. Eine<br />
nicht stimmende Okklusion einhergehend<br />
mit Stress führe allerdings<br />
häufi g zu einer schmerzhaften dekompensierten<br />
craniomadibulären<br />
Dysfunktion.<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Meyer erinnerte an<br />
die wegweisenden Arbeiten und<br />
Veröffentlichungen des ehemaligen<br />
Mainzer Professors Dr. Götz Siebert<br />
aus den achtziger Jahren, der den<br />
engen Zusammenhang zwischen Gesichtsschmerz<br />
und stomathogenen<br />
Störfaktoren weiter erforscht und beschrieben<br />
hat.<br />
Zum Abschluss appellierte Prof. Dr.<br />
Dr. h.c. Meyer an die medizinische<br />
Verantwortung des zahnärztlichen<br />
Berufsstandes: Nur wir Zahnärzte können<br />
mit unserem Wissen und unserer<br />
Kompetenz als medizinische Teildisziplin<br />
dem Patienten in vielen Fällen<br />
Heilung und Besserung bringen.<br />
Der Vortrag von Dr. Dietmar Hellmich<br />
führte in die Grundlagen der Osteopathie<br />
ein. Er stellte sehr anschaulich<br />
Grundverständnis, Ausbildungsweg<br />
und historische Entwicklung der<br />
Osteopathie dar. Im Vordergrund<br />
stehe die ganzheitliche Betrachtung<br />
des Menschen, denn nur ein gesunder<br />
Körper könne auch eine gesunde<br />
und ungestörte, schmerzfreie Funktion<br />
ermöglichen. So sei oftmals<br />
bei Schmerzen im Gesichtsbereich<br />
und bei verspannter Kaumuskulatur<br />
auch eine Verspannung der Rückenmuskulatur<br />
mit Haltungsschäden zu<br />
beobachten.<br />
43
zb_region<br />
Aber auch für die Zahnmedizinischen Fachangestellten<br />
wurde ein umfangreiches Fortbildungsangebot präsentiert.<br />
In insgesamt 9 Workshops mit Themen wie Prophylaxe,<br />
Ernährung, Notfalltraining, Gebührenordnung,<br />
Anfertigen von Provisorien und Schärfen von Scalern und<br />
Küretten, konnte das Wissen aufgefrischt werden.<br />
Nicht zuletzt rundete eine kleine Dentalausstellung das<br />
Programm ab.<br />
Als Resümee kann man feststellen, dass der Zahnärztetag<br />
im Schloss Waldthausen eine anspruchsvolle und gelungene<br />
Veranstaltung war. Dies bestätigt die hohe Zahl<br />
der Teilnehmer sowohl an den Vorträgen als auch an den<br />
Workshops.<br />
Wir alle freuen uns jetzt schon auf ein Wiedersehen<br />
zum nächsten Rheinhessischen Zahnärztetag im Jahr<br />
2011!<br />
Dr. Hubertus Utz<br />
stellv. Öffentlichkeitsreferent<br />
44<br />
zahnärzteblatt 02 2009
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_region<br />
Die GOZ-Novellierung – ein Perpetuum Mobile?<br />
Auch wenn von offi zieller<br />
Seite, sprich: dem Verordnungsgeber,<br />
der vorgelegte<br />
Referentenentwurf zu einer neuen<br />
Gebührenordnung nicht zurückgezogen<br />
wurde, dieser aus wahltaktischem<br />
Geplänkel heraus vielleicht<br />
sogar noch ins Kabinett eingebracht<br />
wird, so rechnet niemand mehr<br />
ernsthaft mit einer neuen Gebührenordnung<br />
für Zahnärzte noch in<br />
diesem Jahr oder gar in dieser Legislatur.<br />
Genauso wenig ist zu erwarten,<br />
dass in der neuen Legislatur ein<br />
komplett neuer Entwurf im Sinne<br />
der Zahnärzte auf den Tisch gelegt<br />
werden wird. Unabhängig davon,<br />
wer dann das zuständige Ministerium<br />
besetzt, das Rad wird sicherlich<br />
nicht neu erfunden werden. Und<br />
doch geht das Spiel wieder von vorne<br />
los: Hintergrundgespräche, Mosaiksteinchen<br />
aus nichtöffentlichen<br />
Verhandlungen, die plötzlich öffentlich<br />
werden, bewusst lancierte<br />
Informationen, die den Berufsstand<br />
verunsichern, ein monatelanges,<br />
vielleicht jahrelanges Gezerre um<br />
eine Gebührenordnung, die eigentlich,<br />
wie vieles andere auch, auf<br />
den berühmten Bierdeckel passen<br />
würde. Dann vielleicht wieder eine<br />
„dramatisch“ inszenierte Veröffentlichung<br />
eines Referentenentwurfs<br />
und wochenlange Diskussion innerhalb<br />
des Berufsstandes. Andere,<br />
sicherlich auch für den Berufsstand<br />
wichtige Themen, werden erneut in<br />
den Hintergrund gedrängt.<br />
Das Rad dreht sich weiter und weiter,<br />
ist es das ewig gesuchte Perpetuum<br />
Mobile?<br />
Perpetuum Mobile des Villard de Honnecourt<br />
(um 1230). Quelle: http://<br />
de.wikipedia.org/wiki/Perpetomobile<br />
Nein! Denn es gibt sie, die Gewinner,<br />
die an diesen unsäglichen Diskussionen<br />
und dem Dauerstreit verdienen<br />
und die die Energie dazu aufbringen,<br />
die das Ganze in Bewegung hält.<br />
Die Gewinner der vergangenen Runde<br />
in diesem Spiel „Gebührenordnung“<br />
sind nicht nur die Kostenerstatter,<br />
wie im Kommentar der DZW<br />
17/09 zu lesen war. Gewinner sind<br />
darüber hinaus und insbesondere<br />
die, die das Gerangel um die GOZ<br />
ausnutzen, um über das Land zu ziehen,<br />
die Kolleginnen und Kollegen<br />
mit Halbinformationen aufmischen<br />
und sich dabei die eigenen Taschen<br />
füllen. Gewinner sind die, die durch<br />
ihre Informationsveranstaltungen,<br />
noch gesponsert vom Handel, die<br />
Solidarität des Berufsstandes untergraben,<br />
Strategien des Berufsstandes<br />
unterlaufen und unter dem<br />
Deckmäntelchen des angeblichen<br />
Informationsbedürfnisses die Verhandlungspositionen<br />
schwächen.<br />
Gewinner auf dem eigenen Konto<br />
sind die, die Ängste schüren und<br />
Untergangsstimmung verbreiten<br />
und dabei eigene Informationsveranstaltungen<br />
als heilbringend propagieren.<br />
Gewinner sind die, die<br />
vermeintliche Informationsvorsprünge<br />
in bares Geld umwandeln, ohne<br />
Rücksicht auf Verluste und ideelle<br />
Schäden.<br />
Es ist eben wie immer – es gibt Gewinner<br />
und Verlierer – und damit das<br />
Potenzial, das das Rad in Schwung<br />
hält, die Energie liefert und das Perpetuum<br />
Mobile wieder in den Bereich<br />
der Unmöglichkeit drängt.<br />
Es bleibt die Hoffnung, dass der Berufsstand<br />
lernfähig ist und bleibt,<br />
und beim nächsten Anlauf in Richtung<br />
neuer Gebührenordnung oder<br />
auch bei anderen Projekten, die sich<br />
die Politik ausdenkt, um den Berufsstand<br />
zu drangsalieren, sich daran<br />
erinnert, wer seriöse, fundierte Informationen<br />
anbietet und wer die Unsicherheit<br />
für eigene fi nanzielle oder<br />
machtpolitische Interessen und die<br />
Steigerung des eigenen Marktwertes<br />
ausnutzt.<br />
Dr. Holger Kerbeck<br />
45
zb_gesundheitspolitik<br />
46<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Droht Krankenhäusern Pleitewelle?<br />
Eine der bedeutendsten Wirtschaftszeitungen Europas,<br />
die „Financial Times Deutschland“ berichtet von einer<br />
Tabuverletzung, denn vor der Wahl zum Parlament und<br />
zur neuen Regierung am 27. September diesen Jahres,<br />
werde von den Parteien und der Politik ein Thema verschwiegen:<br />
Den Krankenhäusern droht eine Pleitewelle<br />
in Deutschland.<br />
Die Redaktion der „Financial Times“ bezieht sich in<br />
ihrer Berichterstattung auf eine Studie des rheinischwestfälischen<br />
Instituts für Wirtschaftsforschung. Die<br />
Wissenschaftler haben sich mit der Situation der Krankenhäuser<br />
in Deutschland beschäftigt. Ihr Urteil: Den<br />
Krankenhäusern steht in den kommenden Jahren eine<br />
Pleitewelle bevor. Siebzehn Prozent aller Kliniken dürften<br />
2010 vor der Insolvenz stehen und übernommen<br />
oder geschlossen werden, bis zum Jahr 2020 werden es<br />
sogar knapp ein Drittel sein.<br />
Thema vor der Wahl tabu<br />
Der deutsche Krankenhausmarkt mit einem Jahresumsatz<br />
von 65 Milliarden Euro ist seit Jahren im<br />
Wandel. Dieser Umbruch wird sich jedoch ab 2010<br />
drastisch beschleunigen, sagen die Forschungsinstitute.<br />
Wie eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für<br />
Wirtschaftsforschung (RWI), dessen Tochter HBC und der<br />
Unternehmensberatung Admed verdeutlicht, geht die<br />
Tendenz zunächst Richtung Spezialisierung und Privatisierung.<br />
Später drohten Krankenhausschließungen.<br />
Im Jahr 2020 dürften, dem <strong>aktuelle</strong>n „Krankenhaus Rating<br />
Report 2009“ zufolge, 30 Prozent aller Häuser in<br />
Schwierigkeiten stecken – der Hälfte davon droht das<br />
Aus, schreibt die „Financial Times Deutschland (FTD).<br />
Die Forscher berufen sich auf eine Stichprobe von 546<br />
Jahresabschlüssen aus den Jahren 2006 und 2007, die<br />
832 Krankenhäuser einschließen. Diese Ergebnisse wurden<br />
auf 2008 und 2009 hochgerechnet.<br />
Die Entwicklung zur Privatisierung werde weiter gehen.<br />
„Spätestens ab Ende 2010 bekommt die Privatisierungswelle<br />
neuen Schwung“, zitiert das Blatt Boris Augurzky,<br />
Projektleiter des RWI.<br />
Foto: dpa
2009 stehen die Kliniken laut FTD<br />
wirtschaftlich noch gut da, weil sie<br />
Mehreinnahmen von 4,3 Milliarden<br />
Euro zur Verfügung haben. Das gesetzlich<br />
festgelegte Budget wurde<br />
gegenüber dem Vorjahr um 1,65 Milliarden<br />
Euro angehoben, zusätzlich<br />
erhielten sie eine Finanzspritze von<br />
1,65 Milliarden Euro. Zudem dürfte<br />
das Konjunkturpaket II zu einem<br />
Plus von 1 Milliarde Euro führen.<br />
Das RWI rät den Krankenhäusern,<br />
sich damit einen Puffer anzulegen,<br />
weil die Krankenkassen infolge steigender<br />
Arbeitslosigkeit mit weniger<br />
Beiträgen auskommen müssen.<br />
Im Moment schneiden kleine Krankenhäuser<br />
schlechter ab als große<br />
oder mittelgroße; westdeutsche<br />
Häuser schlechter als ostdeutsche.<br />
Von den kommunalen Kliniken sind<br />
Risikostrukturausgleich<br />
Wieviel Geld eine Kasse bekommt,<br />
hängt maßgeblich<br />
davon ab, welche Krankheiten<br />
ihre Mitglieder haben. Der<br />
AOK-Bundesverband schlägt nun vor,<br />
diese Angaben künftig strenger zu<br />
überprüfen, berichtet „Der Spiegel“.<br />
Es sei falsch, sich allein auf die womöglich<br />
manipulierten Diagnosen<br />
der Ärzte zu verlassen. Stattdessen<br />
sollte kontrolliert werden, ob tat-<br />
24 Prozent insolvenzgefährdet, von<br />
den privaten 14 Prozent, bei freigemeinnützigen<br />
sind es 10 Prozent.<br />
Ab 2010 werden laut Studie nicht<br />
nur die kleinen Häuser zu den Verlierern<br />
gehören: „Nicht nur die 300<br />
Bettenhäuser, sondern auch Maximalversorger<br />
mit 1 000 Betten und<br />
einzelne Unikliniken sind von Insolvenz<br />
bedroht.“<br />
Doch genau darin sehen die Forscher<br />
der FTD zufolge eine Chance:<br />
Wenn bis 2020 ganze 15 Prozent der<br />
Kliniken wegfallen, werde das die<br />
Lage der übrigen stabilisieren.<br />
Vor allem in so genannten Organzentren<br />
sieht der Report die Zukunft: In<br />
den kommenden Jahren würden an<br />
deutschen Kliniken nämlich immer<br />
mehr Fachabteilungen aufgelöst.<br />
Krankenkassen verlangen Reform der Reform<br />
sächlich auch die dafür jeweils vorgesehenen<br />
Medikamente verschrieben<br />
wurden, heißt es in einem zehn<br />
Seiten langen Schreiben des AOK-<br />
Bundesverbands an das zuständige<br />
Bundesversicherungsamt.<br />
Ferner sei darauf zu achten, „dass<br />
keine Anreize für medizinisch nicht<br />
gerechtfertigte Leistungsausweitungen<br />
geschaffen werden“, zitiert „Der<br />
Spiegel“ aus dem Papier.<br />
zb_gesundheitspolitik<br />
Und durch Zentren ersetzt, in denen<br />
sich Spezialisten unterschiedlicher<br />
Fachrichtungen auf die Behandlung<br />
einzelner Organe konzentrieren.<br />
Schon jetzt geht die Entwicklung in<br />
vielen Häusern dahin.<br />
Neben den Unikliniken, die sich via<br />
Spezialisierung profilieren wollen,<br />
könnte es künftig einen weiteren Treiber<br />
in diese Richtung geben: die Krankenkassen.<br />
Sie drängten darauf, mit<br />
Kliniken Selektivverträge über planbare<br />
Operationen abschließen zu dürfen.<br />
Sollte ihnen das nach der Bundestagswahl<br />
ermöglicht werden, könnten<br />
sie das Leistungsspektrum einzelner<br />
Kliniken stark mitbestimmen. Die<br />
Veränderung, die der Report für die<br />
kommenden Jahre vorhersagt, würde<br />
dann maßgeblich von den Kassen mitgestaltet,<br />
schreibt die FTD.<br />
Spitzenvertreter der Gesetzlichen<br />
Krankenversicherung drängen darauf,<br />
die Gesundheitsreform in wesentlichen<br />
Teilen zu korrigieren.<br />
Ihre Kritik richtet sich dabei gegen<br />
den Finanzausgleich zwischen den<br />
Krankenkassen.<br />
Die AOK kritisiert auch, dass einige<br />
schwere Krankheiten mit Komplikationen<br />
und Kassen mit überdurchschnittlich<br />
vielen Sterbefällen<br />
nicht ausreichend berücksichtigt<br />
würden.<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
47<br />
Foto: dpa
zb_gesundheitspolitik<br />
48<br />
Gesundheitspolitik der Regierung führt in die Mangelverwaltung<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Bahr kritisiert<br />
Noch vor Beginn des Wahlkampfs zur Europa- und Bundestagswahl wendet sich die FDP direkt an die Mediziner.<br />
FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr äußert in einem Brief an die Niedergelassenen Verständnis für den Unmut<br />
der Vertragsärzte über die Honorarreform.<br />
Bahr versprach, die FDP werde<br />
alle Anstrengungen darauf<br />
richten, die Fehler der<br />
Das Vergütungssystem sei viel zu<br />
kompliziert und intransparent. „Keiner<br />
blickt mehr durch, mit welchen<br />
Union und SPD die hoch komplizierten<br />
Regelungen zu verantworten,<br />
„denn sie stehen im Gesetz.“<br />
schwarz-roten Reform wie-<br />
Bahr wirft Schmidt zuder<br />
rückgängig zu machen.<br />
dem vor, sie sei dabei,<br />
die Private Krankenver-<br />
Im Gegensatz zu Aussagen<br />
sicherung systematisch<br />
von Bundesgesundheits-<br />
abzuschaffen.<br />
ministerin Ulla Schmidt<br />
(SPD) sei die Gesetzliche<br />
„Niemand zieht die<br />
Krankenversicherung auch<br />
Reißleine auf dem Weg<br />
nach der Gesundheitsre-<br />
in eine planwirtschaftform<br />
immer noch unterlicheEinheitsversichefinanziert,<br />
schreibt Bahr<br />
rung mit zentral vorge-<br />
dem Deutschen Ärzteblatt<br />
gebener Staatsmedizin,<br />
zufolge.<br />
Rationierung, Verlust<br />
von Therapiefreiheit,<br />
„Mangelverwaltung und<br />
Ende der freien Arztwahl<br />
Wartelisten werden die<br />
und Gefährdung der me-<br />
Folge sein. Sinnvolle VerdizinischenFreiberufträge<br />
werden gekündigt<br />
lichkeit“, schreibt Bahr<br />
und innovative Projekte<br />
gestoppt“, heißt es in dem<br />
laut DÄ.<br />
zweieinhalbseitigen Brief<br />
Ziel der FDP sei dage-<br />
vom 14. April, der dem DÄ<br />
gen eine echte Struktur-<br />
nach eigenen Angaben Bahr: „Gesetzliche Krankenversicherung ist auch nach der reform, die Patienten,<br />
vorliegt.<br />
Gesundheitsreform immer noch unterfinanziert.“<br />
Versicherten und Angehörigen<br />
der Gesund-<br />
Auch die Aussage Schmidts, dass Einnahmen er planen kann. Wer als heitsberufe mehr Wahlfreiheit<br />
die Regierung mit der Honorarre- Arzt mehr arbeitet, bekommt das bringe. Anders als in FDP-Äußeform<br />
die geltenden Budgets am nicht leistungsgerecht honoriert“, rungen aus den vergangenen Wo-<br />
1. Januar 2009 aufgehoben habe, schreibt Bahr.<br />
chen fehlt in Bahrs Brief die Forde-<br />
sei falsch. Bahr: „Die Budgetierung,<br />
die KVen abzuschaffen.<br />
rung lebe lediglich in anderer Form Anders als Schmidt behaupte, hät-<br />
wieder auf.“<br />
ten nicht Ärzte und Kassen, sondern<br />
Foto: dpa
Vor allem in der Eifel, im Münsterland<br />
und im Sauerland<br />
gebe es Regionen, in denen in<br />
den kommenden zehn Jahren fast die<br />
Hälfte der Hausärzte ins Rentenalter<br />
kommen, sagte Landesgesundheitsminister<br />
Karl-Josef Laumann (CDU).<br />
Laumann kündigte neben der Erhöhung<br />
der Zahl der Medizinstudenten<br />
auch Stipendien und Prämien<br />
an, um Anreize zu geben, dass sich<br />
junge Mediziner zum Hausarzt ausbilden<br />
lassen und Landarztpraxen<br />
übernehmen.<br />
Der Minister kritisierte aber auch<br />
die ärztliche Selbstverwaltung. In<br />
anderen Bundesländern würden<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
medizinische Leistungen besser bezahlt,<br />
weil die KVen in NRW schlecht<br />
mit den Krankenkassen verhandelt<br />
hätten.<br />
„Es kann nicht sein, dass auf dem<br />
Land irgendwann die Gemeindeschwester<br />
kommt, während die<br />
jungen Ärzte Praxen in anderen Bundesländern<br />
aufmachen“, sagte der<br />
Minister. Allerdings könne er bei der<br />
derzeitigen Lage verstehen, dass<br />
sich ein Arzt statt im Münsterland<br />
lieber im 20 Kilometer entfernten<br />
Emsland niederlässt, weil er dort<br />
deutlich besser verdiene.<br />
Der Ärztemangel liege nicht am mangelnden<br />
Interesse junger Menschen<br />
zb_gesundheitspolitik<br />
Zugang zum Medizinstudium soll einfacher werden<br />
An den Universitäten in NRW sollen künftig mehr Mediziner ausgebildet werden. Ein leichterer Zugang zum Medizinstudium<br />
außerhalb des Numerus Clausus und die Schaffung zusätzlicher Professuren für Allgemeinmedizin sollen<br />
den drohenden Mangel an Haus- und Landärzten verhindern.<br />
am Ärzteberuf. „Auf einen Studienplatz<br />
gibt es zehn Bewerber“, sagte<br />
Laumann. Man müsse auch Bewerber<br />
ausbilden, die nicht ihr Abitur<br />
mit 1,1 gemacht haben.<br />
„Absolventen mit einem solchen<br />
Abitur sind wahrscheinlich nicht<br />
die, die nachher eine Arztpraxis auf<br />
dem Land aufmachen“, sagte er.<br />
Seine Pläne würden von seinem für<br />
die Universitäten zuständigen Kabinettskollegen<br />
Andreas Pinkwart<br />
(FDP) unterstützt.<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
49<br />
Fotos: dpa
zb_zur Person<br />
50<br />
Dr. Gert Beger<br />
zum 60. Geburtstag<br />
Anlässlich des 60. Geburtstages<br />
von Dr. Gert Beger, der<br />
seine Freunde in das Sympathiehotel<br />
Fürstenhof in Bad Kreuznach<br />
eingeladen hatte, übermittelte<br />
der Präsident der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz, Dr. Michael<br />
Rumpf, neben zahlreichen Ehrengästen<br />
aus allen Bereichen des öffentlichen<br />
Lebens, die herzlichsten<br />
Glückwünsche der Kollegenschaft.<br />
Dr. Gert Beger wurde am 18. Mai<br />
1949 in Bad Kreuznach geboren und<br />
kann somit zusammen mit der Bundesrepublik<br />
Deutschland auf eine<br />
60-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken.<br />
Offensichtlich wurde ihm<br />
mit der gleichzeitigen Verkündung<br />
des Grundgesetzes der Bundesrepublik<br />
Deutschland durch den parlamentarischen<br />
Rat sein Gerechtigkeitssinn<br />
in die Wiege gelegt.<br />
Als drittes Kind von Zahnarzt Joachim<br />
Beger, der bis zu seinem frühen<br />
Tod Vorsitzender der BZK Koblenz<br />
war, trat er schnell in die Fußstapfen<br />
seines Vaters. Nach dem Zahnmedizinstudium<br />
in Mainz, wo er wissenschaftlicher<br />
Assistent bei Professor<br />
Fuhr war, ließ er sich 1976 in eigener<br />
Praxis in Bad Münster a. Stein-<br />
Ebernburg nieder.<br />
Deshalb war es nur folgerichtig, dass<br />
er sich frühzeitig standespolitisch engagierte.<br />
So war er kurz nach seiner<br />
Niederlassung Mitglied der Vertreterversammlungen<br />
der BZK Koblenz, der<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Landeszahnärztekammer Rheinland-<br />
Pfalz, der Versorgungsanstalt bei der<br />
Landeszahnärztekammer Rheinland-<br />
Pfalz und der KZV Koblenz-Trier, hier<br />
deren stellvertretender Vorsitzender.<br />
Nach seiner Funktion als stellvertretender<br />
Präsident der VA wurde er im<br />
Juni 2007 zu deren Präsidenten gewählt.<br />
Neben seiner Berufsschullehrertätigkeit<br />
in Bad Kreuznach leitete er<br />
15 Jahre lang die Kreisvereinigung<br />
des Kreises Bad Kreuznach. Darüber<br />
hinaus ist er in zahlreichen Gremien<br />
aller zahnärztlichen Organisationen<br />
tätig.<br />
Dr. Gert Beger ist verheiratet. Er und<br />
seine ihn stets vorbehaltlos unterstützende<br />
Ehefrau Edith können mit<br />
Freude auf ihren Medizin studierenden<br />
Sohn Benjamin blicken.<br />
Trotz seiner vielfachen verantwortlichen<br />
ehrenamtlichen Tätigkeiten<br />
findet Kollege Beger immer noch Zeit,<br />
in seinen Hobbies einen Ausgleich zu<br />
finden. Deshalb kann es auch passieren,<br />
dass man ihn im Wald oder<br />
auf dem Golfplatz antrifft. Eine „gute<br />
Sicht“ vorausgesetzt, kann dem Erfolg<br />
mit dem richtigen Standpunkt<br />
nichts mehr im Wege stehen!<br />
Neben seinen vielfältigen berufspolitischen<br />
Aktivitäten engagiert<br />
sich Kollege Beger auch im sozialen<br />
Bereich. So ist er als Mitglied des Li-<br />
ons Club Bad Kreuznach Initiator der<br />
„Aktion Tulpe gegen Drogen“.<br />
Gert Beger ist bekannt dafür, dass<br />
er kein Mensch der lauten Töne ist,<br />
sondern sich ruhig und verlässlich<br />
immer für die Interessen der Kollegenschaft<br />
einsetzt. Insbesondere<br />
liegt ihm hier der Erhalt der Selbstständigkeit<br />
und der Freiberuflichkeit<br />
der Zahnärzteschaft am Herzen.<br />
Wir gratulieren Dr. Gert Beger<br />
ganz herzlich, verbunden mit dem<br />
Wunsch, dass ihm vor allem Gesundheit,<br />
seine Schaffenskraft und nicht<br />
zuletzt sein Humor erhalten bleiben.<br />
Ad multos annos!<br />
Dr. Michael Reinhard
zb_klinik und praxis<br />
Kieferorthopädische Fortbildungsserie<br />
Teil 6: Interdisziplinäre Therapie<br />
Viele kieferorthopädische Behandlungsfälle benötigen für ihren 100-prozentigen Erfolg eine enge Zusammenarbeit<br />
der einzelnen zahnmedizinischen Fachbereiche. Denn nicht selten ist die kieferorthopädische Aufgabenstellung<br />
mit zusätzlichen interdisziplinären Befunden vergesellschaftet, die dental, parodontal und auch skelettal<br />
gelagert sein können. Im jugendlichen Gebiss sind dies meist Abweichungen der Zahnform oder der Zahnzahl. Obwohl<br />
sich bei Dysplasien der Zahnanlagen deutliche populationsspezifische und ethnische Unterschiede nachweisen lassen,<br />
scheinen diese Fehlbildungen in der heutigen Zeit insgesamt öfter beobachtet zu werden. Europäer haben mit dem Auftreten<br />
eines aplastischen Zahnes (ausschließlich der Weisheitszähne) von 6 bis 10 Prozent zu rechnen und liegen mit<br />
diesem Prozentwert im Mittelfeld der Wahrscheinlichkeit. Bei Afrikanern findet sich die geringste Häufigkeit von unter<br />
3 Prozent, bei Afroamerikanern sind es jedoch schon über 11 Prozent und bei amerikanischen Indianern etwa 13 Prozent.<br />
Rein mathematisch würden die Angaben für unsere Region bedeuten, dass heute jede durchschnittliche Schulklasse<br />
ein bis zwei betroffene Kinder aufweist. Die häufigsten fehlenden Zähne sind dabei die zweiten Prämolaren des<br />
Unterkiefers, gefolgt von den seitlichen Schneidezähnen sowie zweiten Prämolaren des Oberkiefers und letztlich die<br />
unteren mittleren Schneidezähne. Abgesehen von den Zähnen 41 und 31 zeigt sich ein bestimmtes Entstehungsmuster,<br />
wonach bei jeder Zahngruppe der jeweils distalste Zahn nicht angelegt wird, also im oberen Frontbereich die<br />
Zähne 12 und 22, bei den Prämolaren in beiden Kiefern die 5er und bei den Molaren die 8er. Als Mikrosymptom einer<br />
Nichtanlage sind alle Kümmer- und Zapfenformen, Spätanlagen sowie verspätete Mineralisationen zu werten.<br />
Nach Abschluss der kieferorthopädischen Korrektur kann also auch schon bei jungen Patienten ein Bedarf an prothetischem<br />
oder implantologischem Zahnersatz bzw. an konservierenden Versorgungen zum Breitenaufbau hypoplastischer<br />
Zähne bestehen. Abbildung 1 zeigt ein 14-jähriges Mädchen mit Aplasie 12 und Hypoplasie 22. Die Oberkieferstrukturen<br />
haben sich bereits dem unterdimensionierten Zahnmaterial angepasst und eine sagittale Verkürzung<br />
erfahren. Gleichzeitig liegt eine Wachstumstendenz zu einem prognathen Unterkiefer und damit zur Entwicklung einer<br />
skelettalen Klasse III vor. Aus diesem Grund wurde die Lücke regio 12 trotz des bereits weit aufgewanderten Eckzahnkeimes<br />
für eine spätere implantologische Versorgung geöffnet. Bis zum vollständigen Wachstumsabschluss wird die<br />
Lückensituation mit einem kieferorthopädischen Miniimplantat gehalten, das eine Wurzelkippung der Nachbarzähne<br />
verhindert und nach neuesten wissenschaftlichen Berichten ggf. vor einer Inaktivitätsatrophie des Alveolarkammes<br />
schützen könnte. Der hypoplastische Pfeiler 22 ist für eine ästhetische Facettengestaltung ausgerichtet worden und<br />
wird direkt nach Entfernung der festsitzenden Apparatur rekonstruiert.<br />
Anfang<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
51
zb_klinik und praxis<br />
vor Ende KFO direkt nach der Versorgung<br />
Abbildung 1. Patientin L. W. mit Aplasie 12 und Hypoplasie 22 sowie den typischen dentalen und kephalometrischen Anzeichen<br />
zur Ausbildung einer dezenten skelettalen Klasse III (Kreuzbiss 22, ANB: -1°, Retroinklination der Unterkiefer-Front von 4,5°). Trotz<br />
Mesialdrift des Eckzahnkeimes wurde die Indikation zur Lückenöffnung gestellt.<br />
Die untere Bildreihe zeigt die Patientin kurz vor Ende der aktiven Zahnbewegungen mit temporär versorgter Lücke regio 12 durch<br />
ein Miniimplantat sowie erfolgter Lückengestaltung für den Größenausgleich des Zapfenzahnes 22 und direkt nach der ästhetischen<br />
konservierenden Versorgung.<br />
Während der aktiven Behandlung ist die Kieferorthopädie bei retinierten und verlagerten Zähnen, hier in erster Linie<br />
die oberen Eckzähne, auf oralchirurgische Unterstützung angewiesen. Bleiben solche Zähne über lange Zeit verlagert,<br />
erschwert sich die Einordnung in den Zahnbogen durch einen weiter fortschreitenden Verlagerungsgrad bis hin zu<br />
einer unmöglichen Mobilisierung infolge einer Ankylose zum umgebenden Knochen. Auf jeden Fall kann der persistierende<br />
Milcheckzahn dem Platzbedarf eines bleibenden Eckzahnes nicht entsprechen, wodurch in der Zahnbogenbilanz<br />
ein Platzdefizit entsteht, meist in Verbindung mit einer Mittenabweichung zur betroffenen Seite oder einer<br />
Aufwanderung der Seitenzähne nach mesial.<br />
Unser Patient in Abbildung 2 war zum Zeitpunkt der Diagnose bereits 21 Jahre alt. Er wies bis auf den verlagerten<br />
Eckzahn 23 keinen größeren kieferorthopädischen Behandlungsbedarf auf. Der noch vorhandene Milcheckzahn stand<br />
kurz vor dem Spontanverlust, sodass sich der Patient für eine chirurgische Freilegung seines palatinal verlagerten<br />
Eckzahnes sowie dessen kieferorthopädische Einordnung entschied.<br />
Abbildung 2. Patient B. S., männlich, 21 Jahre<br />
a. Diagnostische Unterlagen<br />
Zahn 23 liegt seit etwa sieben Jahren verlagert im Gaumenknochen. Im Diagnose-OPG ist die Position des Eckzahnes rot umrandet<br />
dargestellt.<br />
52<br />
zahnärzteblatt 02 2009
zb_klinik und praxis<br />
b. Therapie<br />
Die Freilegung des Eckzahnes übernahm<br />
ein zahnärztlicher Kollege, der<br />
aufgrund der tiefen Knochenlage<br />
bereits während des Eingriffs eine<br />
Zugkette auf der Zahnoberfläche befestigte.<br />
Die Einordnung des palatinal<br />
verlagerten Eckzahnes vollzog sich in 4<br />
Monaten durch eine skelettal verankerte<br />
Hebelarm-Mechanik.<br />
c. Endergebnis<br />
Entfernung der Brackets nach 7 Monaten<br />
aktiver Zahnbewegung.<br />
Zur Feineinstellung des Eckzahnes wurde<br />
die Teilapparatur mit ästhetischen<br />
Brackets für die Zähne 21 bis 23 erweitert.<br />
Eine besonders enge interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern Patienten mit Vorschädigung des Zahnhalteapparats.<br />
Denn seit Etablierung lingual getragener Behandlungsmethoden steigt die Nachfrage erwachsener Patienten für<br />
eine Regulierung parodontologisch bedingter Zahnwanderungen (Abbildung 3).<br />
Zur Abklärung riskanter latenter Prozesse führen wir bei unseren lange erwachsenen Patienten vor Behandlungsbeginn<br />
einen Speichelkeimtest durch und schicken die Proben zur Auswertung an ein Fachinstitut.<br />
Anfang<br />
Ergebnis<br />
Abbildung 3. Infolge parodontologischer<br />
Effekte eingetretene Zahnwanderungen<br />
der oberen Schneidezähne<br />
Die Front wurde über linguale Brackets<br />
retrudiert und das Ergebnis anschließend<br />
mit einem Kleberetainer gesichert.<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
53
zb_klinik und praxis<br />
Genauso kann die Kieferorthopädie ihre Dienste für präprothetische Maßnahmen, wie beispielsweise der orthoaxialen<br />
Ausrichtung von Brückenpfeilern, anbieten (Abbildung 4).<br />
54<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Abbildung 4.<br />
Präprothetische Kieferorthopädie<br />
Nach langjährigem Verlust des Zahnes<br />
46 sollte der mesial gekippte Zahn<br />
47 zur besseren Pfeilerpositionierung<br />
und Brückengestaltung aufgerichtet<br />
und distalisiert werden. Eine 2-Punkt-<br />
Aufrichtemechanik wurde über eine<br />
orthodontische Minischraube abgestützt.<br />
Abschließend erfolgte die Feinausrichtung<br />
der Pfeilerzähne über eine<br />
kleine Teilbogen-Apparatur.<br />
Schließlich stellt die kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Behandlung skelettaler Fehlstellungen wohl<br />
die fachübergreifende „Königsdisziplin“ dar. Für den MKG-Chirurgen und Kieferorthopäden bedeutet das eine jeweils<br />
eigene spezifische Diagnostik, anschließende detaillierte Besprechungen und die Erstellung eines gemeinsamen<br />
Therapiekonzeptes. Nach Abschluss der kieferorthopädischen Vorbehandlung werden die chirurgischen Maßnahmen<br />
mit Animationsprogrammen geplant, eine Modell-OP im Artikulator durchgeführt und Operationssplints angefertigt.<br />
(Abbildung 5).<br />
Abbildung 5. Patientin F. K., weiblich, 19 Jahre, Zähne 15 und 25 nicht vorhanden<br />
a. Präoperative Diagnostik<br />
und OP-Planung<br />
Die Einzelkiefer wurden mit<br />
einer Multiband-Multibracket-Apparaturdekompensiert<br />
und ideal ausgeformt.<br />
Heute kann die Modell-OP<br />
am Computer simuliert werden,<br />
wodurch dem Patienten<br />
ein visueller Eindruck<br />
von seinem postoperativen<br />
Erscheinungsbild vermittelbar<br />
ist.<br />
b. Dentales und skelettales<br />
Endergebnis<br />
Mit der unimaxillären Umstellungsosteotomie<br />
(Osteosynthesplatten<br />
im Fernröntgen-Seitenbild noch zu<br />
sehen) wurden eine Profilverbesserung<br />
sowie eine optimale Okklusion<br />
mit stimmigen Mittenbeziehungen<br />
eingestellt.
zb_klinik und praxis<br />
Im Gegensatz zu jungen Patienten mit gerade abgeschlossenem Wachstum können bei älteren Dysgnathie-Patienten<br />
neben der chirurgischen Bisslagekorrektur auch noch zahlreiche weitere Herausforderungen aus dem allgemeinzahnärztlichen<br />
Bereich zu beheben sein. Abbildung 6 schildert die multidisziplinäre Behandlung eines älteren Patienten<br />
mit skelettalen und dentalen Aufgabenstellungen. Das Behandlungskonzept sah folgende Einzelschritte vor:<br />
Abbildung 6. Patient H. L, männlich, 56 Jahre<br />
Kieferorthopädie: - Ausformung der Zahnbögen zur intermaxillären Kongruenz<br />
- präimplantologisches Lückenmanagement im 4. Quadranten<br />
MKG-Chirurgie / - Extraktion 48 aufgrund der Nähe zur späteren Osteotomielinie<br />
Oralchirurgie: - Umstellungsosteotomie des Unterkiefers (Set forward)<br />
- Entfernung der Osteosyntheseplatten<br />
- Einbringung dentaler Implantate regio 44 und 46<br />
Zahnmedizin: - ästhetische Komposit-Technik der abradierten Frontzähne<br />
- Suprakonstruktionen der Implantatpfeiler<br />
Anfang präprothetisch<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
55
zb_klinik und praxis<br />
Die Serie findet mit diesem Beitrag ihren Abschluss. Die Facetten der Zahnmedizin sind vielfältig und das hier Gezeigte<br />
ist tendenziell und kann nur als Anregung für ein weiteres und intensives regionales Miteinander in der Zahnmedizin<br />
dienen.<br />
Wir hoffen, den gegenseitigen Gedankenaustausch innerhalb des interdisziplinären Netzwerkes „Zahnmedizin“ und<br />
den jeweiligen kieferorthopädischen Fachpartnern vor Ort angeregt zu haben.<br />
Der BDK (Bund Deutscher Kieferorthopäden) ist in Rheinland-Pfalz im Landesverband organisiert und ein aktiver<br />
Partner, wenn es um die Bildung regionaler Qualitätszirkel oder „interdentaler“ Zusammenschlüsse im Sinne einer<br />
besseren Patientenversorgung und eines gemeinsamen Gedankenaustausches geht.<br />
Bei Interesse, BDK Rheinland Pfalz:<br />
E-Mail: rheinland-pfalz@bdk-online.org<br />
56<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Der richtige Partner …<br />
… immer für Sie da.<br />
– Praxisplanung – Praxispartnervermittlung<br />
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und Neugründungsmöglichkeiten. Besuchen Sie<br />
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1. Einleitung:<br />
zb_wissenschaft<br />
Der mit Bisphosphonaten (BP) behandelte<br />
Patient in der zahnärztlichen Praxis<br />
Bisphosphonate (BP) stellen derzeit eine Standardbehandlung bei Patienten mit fortgeschrittenem Tumorleiden<br />
dar, wenn es zu einer Metastasierung in das Skelettsystem gekommen ist, bzw. bei einer tumorbedingten<br />
Hypercalzemie oder bei multiplen Myelomen. BP werden aber auch zur Prophylaxe bzw. Therapie einer<br />
Osteoporose verordnet. Neben der Osteoklastenhemmung haben die BP eine antiangiogenetische Wirkung. Seit<br />
MARX und STERN 2003 erstmals über die intraoralen Komplikationen nach BP-Therapie berichteten, häuften sich<br />
die Mitteilungen über die Komplikationen im Kieferbereich unter dieser Behandlung (vgl. Literaturverzeichnis). Die<br />
intraoralen Knochennekrosen traten entweder spontan auf oder entwickelten sich nach einer „einfachen“ Zahnextraktion<br />
oder bei Schleimhautläsionen im Sinne von Prothesendruckstellen.<br />
2. Zur Klinik:<br />
Die häufigsten klinischen Befunde bei den eigenen Fällen (vgl. Tabelle 1) und auf Grund der Mitteilungen in der Literatur,<br />
sind zu Beginn nur kleine Bezirke von Mundschleimhautläsionen mit Exposition devitalen Knochens (Vgl. Abb.<br />
1 und Abb. 2).<br />
Abb. 1:<br />
Klinisches Bild einerbisphosphonatassoziirtenKiefernekrose<br />
nach<br />
ZOMETA-Therapie<br />
wegen Plasmozytom<br />
Abb. 2:<br />
Mit Aktinomyzeten<br />
besiedelter Sequester<br />
aus Abbildung<br />
1<br />
Die Umgebung der Knochennekrose ist entzündet und schmerzhaft, während der freiliegende Knochen asymptomatisch<br />
ist und bei der Sequesterentfernung in der Regel keine Blutungen auftreten. Unbehandelt schreitet die Knochennekrose<br />
weiter fort und bezieht die benachbarten Zähne und Kieferanteile ein.<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
6.<br />
7.<br />
8.<br />
9.<br />
10.<br />
11.<br />
12.<br />
13.<br />
m/w<br />
w<br />
w<br />
w<br />
w<br />
m<br />
w<br />
w<br />
m<br />
w<br />
m<br />
m<br />
w<br />
w<br />
Alter<br />
55<br />
58<br />
71<br />
74<br />
67<br />
66<br />
64<br />
77<br />
65<br />
57<br />
70<br />
56<br />
71<br />
BP<br />
Zometa<br />
Zometa<br />
Fosamax<br />
Fosamax<br />
Zometa<br />
Fosamax<br />
Actonel<br />
Arava<br />
Fosamax<br />
Zometa<br />
Fosamax<br />
Zometa<br />
Zometa<br />
Indikation<br />
Klinische/histologische Diagnose<br />
metast. Mamma-CA Osteomyelitis OK nach X 27<br />
metast. Mamma-CA Osteomyelitis UK nach X 34<br />
Plasmozytom<br />
Osteomyelitis OK und UK<br />
manif. Osteoporose Osteonekrose UK nach Explantation<br />
metast. Prostata-CA Osteonekrose OK u. UK n. Zahnextraktion<br />
prim. Hyperpara-thyreoid BP-Nebenwirkungen, Zahnsanierung<br />
Osteoporoseprophylaxe Sequestrierende Osteomyelitis UK<br />
Osteoporoseprophylaxe Chron. Osteomyelitis UK bds. nach Zahnextraktion<br />
Plasmozytom<br />
Aseptische Knochennekrose UK n. Zahnextraktion<br />
Prostata-NPL<br />
Aseptische Knochennekrose/Prothesendruckstelle<br />
Plasmozytom<br />
Aseptische Knochennekrose n. Extraktion 27<br />
Plasmozytom<br />
Osteonekrose re. Oberkiefer nach Zahnextraktion<br />
Plasmozytom<br />
Osteonekrose re. Oberkiefer nach Extraktion 16<br />
Tabelle 1:<br />
Eigene Fälle in der<br />
MKG-Klinik Ludwigshafen<br />
im Zeitraum<br />
2003-2005<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
57
zb_wissenschaft<br />
3. Röntgen:<br />
Spezifische radiographische Zeichen finden sich bei der BP-bedingten Kiefernekrose nicht. Im Vergleich zur gesunden<br />
Seite handelt es sich um röntgenologisch opakere, dichtere Strukturen und sind Zahnextraktionen vorausgegangen,<br />
zeigt sich im Röntgenbild ein Persistieren der sogenannten „leeren“ Alveole, als Ausdruck einer gestörten Knocheneinheilung,<br />
eines gestörten Knochenremodelling.<br />
4. Pathohistologie:<br />
In der Literatur existieren verschiedene Namen für die BP-bedingte Osteonekrose. Die historische Bezeichnung ist der<br />
Bis-phossy-jaw (vgl. Hellstein et al 2005).<br />
In der <strong>aktuelle</strong>n Literatur werden synonym folgende Bezeichnungen gebraucht:<br />
58<br />
Bisphosphonat-bedingte avaskuläre Nekrose<br />
Bisphosphonat-Osteomyelitis<br />
Bisphosphonat-Osteonekrose<br />
Bisphosphonat-Nekrose<br />
Bisphosphonat-Osteo-chemo-nekrose.<br />
Der Begriff Phossy-jaw wurde erstmals in der Mitte des 19. Jahrhunderts von Lorinser beschrieben. Es handelte sich<br />
um eine ungewöhnliche Nekrose des Kiefers und trat bei Arbeiter/Innen in den Streichholzfabriken auf. Es handelte<br />
sich um intraorale Schleimhautläsionen, einen ausgeprägten Foetor ex ore, sowie freiliegenden Knochen mit einem<br />
sich über Jahre hinziehenden Krankheitsverlauf mit Sequesterbildung des Kiefers. Die Phosphor-Nekrose des Kiefers<br />
bei dieser Berufsgruppe war im Hinblick auf Morbidität und Mortalität signifikant. In der prä-antibiotischen Ära betrug<br />
die Mortalität 20 Prozent.<br />
Der pathohistologische Befund ist gekennzeichnet durch hyperostotischen Knochen, durch eine Umwandlung von<br />
spongiösen Anteilen in sklerotische Knochenareale. Daneben finden sich kleine, nicht vitale Knochenfragmente. Nach<br />
Hellstein und Marek gehört eine, auch im Lichtmikroskop sichtbare, subepitheliale Bakterienrasenbildung dazu. Die<br />
Autoren sind der Ansicht, dass es noch nicht geklärt ist, ob die bakterielle Besiedelung eine primäre Rolle bei der<br />
Kiefernekrose spielt, oder eine sekundäre Infektion darstellt.<br />
5. Klinischer Verlauf:<br />
Beispielhaft soll aus der Arbeit von Schirmer et al (2005) ein Patient herausgestellt werden:<br />
Es handelte sich um eine 73 Jahre alte Frau mit Z. n. Zahnextraktion. In deren Folge kam es zu mehrfachen operativen<br />
Revisionen:<br />
- 05/2001 Oberkiefer und Kieferhöhle links<br />
- 06/2001 Unterkiefer links<br />
- 02/2003 Unterkiefer rechts<br />
- 07/2003 Unterkieferfrontzahnbereich<br />
- 11/2003 Unterkiefer rechts<br />
- 06/2004 Unterkiefer links<br />
- 08/2004 neuerliche Zahnextraktion; chirurgische Revision;<br />
Entfernung der Nekrosen und Deckung der Defekte im<br />
Oberkiefer; mehrfache Knochenanfrischungen<br />
Ein Therapieerfolg stellte sich erst nach radikaler chirurgischer Revision ein.<br />
zahnärzteblatt 02 2009
Beispielhaft soll nun hier die Krankengeschichte der Patientin Nr. 9 aus dem eigenen Patientengut der MKG-Klinik<br />
Ludwigshafen (vgl. Tabelle 1) erwähnt werden:<br />
Es handelte sich um eine 65-jährige Patientin und die Chronologie des Leidens sah wie folgt aus:<br />
- 03/2003 Ulceration 048 (Prothesendruckstelle)<br />
- 05/2003 Unterkieferosteomyelitis mit VINCENT Symptom<br />
- 06/2003 Sequestrotomie, Antibiose und Septopalkette<br />
- 01/2004 Sequestrotomie und Antibiose<br />
- 04/2004 Decortikation, Antibiose und Septopalkette<br />
- 08/2004 Revision bei bestehender Eiterung<br />
- 01/2005 Fistelverschluss<br />
- 07/2005 Revision wegen Eiterung<br />
- 08/2005 Unterkieferkontinuitätsresektion (vgl. Abb. 3)<br />
Wie aus den beispielhaften Verläufen zu entnehmen ist, stellt sich die Behandlung der Osteonekrose derzeit als<br />
schwierig und herausfordernd dar. Es gibt kein spezifisches Behandlungsprotokoll für Patienten mit einer BP-induzierten-Osteonekrose.<br />
6. Therapie:<br />
zb_wissenschaft<br />
Abb. 3<br />
Bisphosphonate<br />
und Kiefernekrosen<br />
Die erste Maßnahme besteht in einer lokalen chirurgischen Behandlung und einer Sequestrotomie. Die parenterale<br />
antibiotische Therapie ist obligat und die Chlorhexidin-Spülungen haben sich als unterstützende therapeutische Maßnahme<br />
bewährt. Auch bei kunstgerechtem Vorgehen sind Rezidive der BP-bedingten Osteonekrose nahezu die Regel.<br />
Wegen der bislang unbefriedigenden therapeutischen Maßnahmen hat die DGZMK unter Federführung von GRÖTZ<br />
Behandlungsempfehlungen gegeben. Diese Empfehlungen gelten in erster Linie für Patienten mit einem relevanten<br />
Risiko (high risk) bei intravenöser hochdosierter langfristiger BP-Medikation. Das Risiko steigt noch einmal an, bei<br />
zusätzlicher Bestrahlung bzw. antineoplastischer Chemotherapie.<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
59
zb_wissenschaft<br />
7. Prophylaxe vor BP-Medikation:<br />
Alle Patienten sollten vor einer BP-Therapie klinisch und röntgenologisch zahnärztlich auf chronisch entzündliche<br />
Prozesse im intraoralen Schleimhaut- und Kieferbereich hin untersucht und saniert werden. Dies schließt eine Röntgenuntersuchung<br />
ein.<br />
Der Sanierungsplan gliedert sich wie folgt:<br />
60<br />
a) Beratung und Aufklärung über das Risiko einer Kiefernekrose unter und nach Bisphosphonattherapie<br />
b) Sanierung potentieller entzündlicher Prozesse im Kiefer- und Mund-höhlenbereich<br />
c) Glätten scharfer Knochenkanten<br />
d) restaurative Maßnahmen an erhaltungswürdigen Zähnen<br />
e) Intensivierung der Mundhygiene<br />
f) Überprüfung des tegumental getragenen Zahnersatzes auf das Risiko von Druckstellen<br />
g) Einbinden in ein kontinuierliches Recall<br />
Die prophylaktische Zahnentfernung sollte Patienten mit hohem Risikoprofil vorbehalten werden.<br />
Auch wenn z. Zt. valide Untersuchungen fehlen, sollte die Zahnsanierung bei Hochrisikopatienten vor Beginn der BP-<br />
Behandlung abgeschlossen sein. Wünschenswert wäre, dass zwischen Sanierung und Therapiebeginn ein Intervall<br />
von 14 Tagen besteht.<br />
8. Prävention und Früherkennung unter laufender BP-Therapie:<br />
Patienten, die mit dieser Medikamentengruppe behandelt werden, sollten sich alle sechs Monate bei ihrem Hauszahnarzt<br />
vorstellen. Bei der Prävention sollte der konservativen gegenüber der operativen Therapie (insbesondere bei Parodontopathien)<br />
der Vorzug gegeben werden. Notwendige chirurgische Eingriffe sollten aber nicht hinausgeschoben werden<br />
und bei Hochrisikopatienten unter den gleichen Kautelen erfolgen, wie nach einer tumortherapeutischen Bestrahlung<br />
im Kopf-Hals-Bereich. Falls Operationen erforderlich sind, ist auf eine möglichst atraumatische Operationstechnik und<br />
eine systematische antiinfektiöse Prophylaxe hinzuweisen, z. B. die orale Gabe von Amoxicillin 3 x 750 mg, oder Clindamycin<br />
4 x 300 mg pro Tag. Diese Therapie sollte bis zum Abschluss der primären Wundheilung fortgeführt werden. Die<br />
Nahtentfernung erfolgt nicht vor dem zehnten postoperativen Tag. Eine Sekundärheilung ist nicht anzustreben, sondern<br />
die plastische Deckung des Wundareals, auch bei „einfachen“ Zahnextraktionen. Bei der Mobilisation der Schleimhaut<br />
sollte der epiperiostalen Methode der Vorzug gegeben werden, um das Areal freiliegenden Knochens zu reduzieren.<br />
9. Therapie der BP-assoziierten Osteonekrose:<br />
Wie oben schon beispielhaft dokumentiert, handelt es sich in der Regel um schwierige und langwierige therapeutische<br />
Einzelschritte und die Prognose, im Hinblick auf die Ausheilung, ist ungewiss. Führen bei kleinen Befunden die Therapieversuche<br />
nicht zum Erfolg, oder liegen ausgedehnte Befunde mit großen Arealen freiliegenden Knochens vor, so sollte<br />
die Therapie unter Allgemeinnarkose, stationärer Betreuung und parenteraler antiinfektiöser Therapie erfolgen.<br />
10. Implantatversorgung und BP-Medikation:<br />
Die derzeitige Datenlage reicht noch nicht aus, um allgemeine Empfehlungen zu geben. Die DGZMK empfiehlt, dass<br />
eine Implantation unter einer laufenden BP-Therapie individuell abzuwägen ist. So lange alternative suffiziente Versorgungsmöglichkeiten<br />
bestehen, sollte z. Zt. bei Hochrisikopatienten, die eine intravenöse BP-Gabe wegen einer<br />
malignen Grunderkrankung erhalten, auf Implantate verzichtet werden. Da die Halbwertzeit der BP im Knochen sehr<br />
lange ist (ca. 10 Jahre), kann ein Zeitintervall zur unkritischen Implantation nach Absetzen einer BP-Therapie bei Hochrisikopatienten<br />
wahrscheinlich gar nicht gegeben werden. Die Tatsache, dass unter BP schwer zu behandelnde Kiefernekrosen<br />
auftreten können, muss allen bekannt sein, die BP verordnen und applizieren.<br />
zahnärzteblatt 02 2009
zb_wissenschaft<br />
Die BP bedingte Kiefernekrose manifestiert sich in der Regel an einem anderen Ort, als dem primären Tumorgeschehen.<br />
Daher muss die Kommunikation zwischen den Onkologen und Zahnärzten/MKG-Chirurgen verbessert werden.<br />
Der Unterzeichner möchte dringend empfehlen, dass bei den in den Praxen erstellten Anamnesebögen unbedingt<br />
nach einer BP-Gabe gefragt werden sollte, so wie es heute schon gängig ist, sich nach blutverdünnenden Mitteln zu<br />
erkundigen.<br />
11. Derzeit verwendete Bisphosphonate (BP):<br />
Intravenös verabreichte BP Oral verordnete Bisphosphonate<br />
(häufig bei Patienten mit malignen<br />
Erkrankungen)<br />
(häufig bei Osteoporose)<br />
Zoledronat (Zometa) Ibandronat (Bonviva)<br />
Pamidronat (Aredia) Alendronat (Fosamax)<br />
Ibandronat (Bondronat) Risedronat (Actonel)<br />
Tiludronat ( Skelid *)<br />
Clodronat (Ostac, Bonefos)<br />
Etidronat (Didronel, Diphos)<br />
* nicht zugelassen für Osteoporose, zugelassen für Morbus Paget<br />
Literaturnachweise können in der Redaktion angefordert werden.<br />
Prof. Dr. Dr. Rolf Singer<br />
Ludwigshafen/Frankenthal<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
61
zb_praxis<br />
Die Leitungs- und die Infiltrationsanästhesie sind nach wie vor indiziert<br />
Wegen der eng begrenzten Ausbreitung des injizierten Anästhetikums und der relativ kurzen Dauer der intraligamentären<br />
Anästhesie (ILA) kann diese Lokalanästhesie-Methode die Anforderungen für extensive<br />
chirurgische Eingriffe nicht erfüllen. Es ist zwar möglich, den Ausbreitungsraum der Analgesie durch zusätzliche<br />
Injektionspunkte und die Erhöhung der Anzahl der intraligamentalen Injektionen zu vergrößern, die ILA<br />
sollte aber trotzdem nicht für länger dauernde und ausgedehnte dentoalveoläre chirurgische Eingriffe gewählt werden<br />
(Dirnbacher und Weber 2006, Glockmann et al. 2005).<br />
Komplikationen der intraligamentären Anästhesie<br />
Die im Zusammenhang mit intraligamentalen Injektionen – vor allem in englischsprachigen Publikationen – beschriebenen<br />
Komplikationen, die 1983 im Auftrag der American Dental Association von Giovannitti und Nique zusammengefasst<br />
wurden, und die – damals noch offenen – Fragen, sind in den letzten 25 Jahren systematisch beantwortet<br />
wurden.<br />
Histologische Effekte<br />
Alle durchgeführten histologischen Studien (Walton und Garnick 1982, Fuhs et al. 1983 und Galili et al. 1984) kommen<br />
zu dem Ergebnis, dass intraligamentale Injektionen keinen histologischen Befund von Gewebe-Zerstörungen und keinen<br />
Beweis von irgendwelchen Gewebeschäden gleich auf welcher Ebene zeitigten. Schlussfolgerung aller Autoren:<br />
Die intraligamentäre Zahnanästhesie ist sicher – mit minimalen, kurzzeitigen und reversiblen Entzündungen – und<br />
erweitert die Zahnheilkunde um eine zuverlässige Lokalanästhesie-Methode.<br />
Die Auswirkung intraligamentaler Injektionen auf das Pulpagewebe wurde 1985 von Lin et al. untersucht. Sie beobachteten<br />
weder pathologische Veränderungen wie hydropische Degeneration oder ischämische Nekrosen noch Entzündungen<br />
in den Pulpen der im Rahmen der Studie untersuchten Zähne.<br />
62<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Die intraligamentäre Anästhesie:<br />
Stand der Zahnheilkunde<br />
Teil 1<br />
Ist die intraligamentäre Anästhesie wirklich so effektiv, dass sie als primäre Lokalanästhesiemethode anstelle von<br />
Leitungs- und Infiltrationsanästhesie angewandt werden sollte? Dies war die zentrale Frage einer zahnmedizinischen<br />
Fortbildung in Kandel. Die Teilnehmerzahl des Workshops mit praktischen Übungen am Schweinekiefer war aus technischen<br />
Gründen auf 25 Personen begrenzt – für die Teilnehmer eine wirkungsvolle Fortbildung. Nachstehend eine<br />
Zusammenfassung der vorgestellten und ausführlich diskutierten Fakten, die für alle Teilnehmer weitgehend neu<br />
und auch vor dem Hintergrund der <strong>aktuelle</strong>n Rechtsprechung hochaktuell waren.<br />
Der Referent der Fortbildungsveranstaltung, Lothar Taubenheim (Düsseldorf), der gemeinsam mit Professor Eike Glockmann<br />
(Jena) zahlreiche Studien koordiniert und international publiziert hat, stellte die wissenschaftlichen und<br />
klinischen Ergebnisse der <strong>aktuelle</strong>n Studien vor und zeigte Grenzen und Nutzen der intraligamentalen Einzelzahnanästhesie<br />
auf.
Gewebstraumatisierungen – Nekrosen<br />
In ihrer Observationsstudie betrachteten Zugal et al. (2005) ganz speziell den Aspekt der in der Literatur beschriebenen,<br />
im Tierversuch histologisch festgestellten, Gewebstraumatisierungen (Galili et al. 1984, Walton und Garnick<br />
1982) beim Eindringen der Kanüle ins Desmodont (Nadeltrauma), sowie Abrisse der Desmodontalfasern von der<br />
Alveolenwand und Knochenumbaureaktionen (Plagmann und Jagenow 1984). Bei 205 dokumentierten Fällen (132<br />
Patienten in 186 Sitzungen) wurden keine Gewebsveränderungen (Nekrosen) oder sonstige Auffälligkeiten (Druckschmerz)<br />
mitgeteilt, gemeldet oder diagnostiziert.<br />
In seinem Basisartikel über die intraligamentäre Anästhesie schreibt Einwag bereits 1985, dass Nekrosen im Bereich<br />
der Einstichstelle Einzelfälle sind, die im Wesentlichen durch falsche Injektionstechnik (zu schnelles Infiltrieren, falsche<br />
Lage der Kanülenspitze) generiert wurden. Mit modernen Applikationssystemen ist – bei ausreichender Methoden-Beherrschung<br />
– nicht mehr mit Drucknekrosen zu rechnen.<br />
Dolor post extractionem – Wundheilungsstörungen<br />
Heizmann verglich 1987 in einer prospektiven Studie jeweils 110 Fälle von unter intraligamentärer bzw. Leitungs- oder<br />
Infiltrationsanästhesie extrahierten Zähnen mit Blick auf Wundheilungsstörungen (Dolor post extractionem bzw. trockene<br />
Alveole). Dabei applizierte er 4%ige Articainhydrochlorid-Lösung mit 1:200.000 Adrenalin. Für die intraligamentalen<br />
Injektionen verwendete er die Dosierhebelspritze Citoject. Bei insgesamt 330 Fällen dokumentierte er 14 Fälle<br />
von Wundheilungsstörungen. Es gab keinen signifikanten Unterschied bei den drei verglichenen Lokalanästhesiemethoden.<br />
In ihrer Publikation kommen Heizmann und Gabka zu dem Schluss, dass die Infektionen wahrscheinlich nicht<br />
durch die Injektion ausgelöst werden, sondern speziell durch die apikale Ostitis bei zerstörten Zähnen.<br />
Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Tsirlis et al. 1992 mit Blick auf die Häufigkeit des “Dry socket” nach Extraktionen<br />
unter Leitungsanästhesie bzw. intraligamentärer Anästhesie. Sie applizierten 2%iges Lidocain mit 1:80.000 Adrenalin<br />
– bei den intraligamentalen Injektionen mit einer Peripress-Pistolenspritze – und stellen fest, dass der Effekt der trockenen<br />
Alveole bei den dokumentierten 305 Fällen insgesamt elfmal eintrat und es keinen signifikanten Unterschied<br />
zwischen den beiden Methoden gab.<br />
Bakteriämien<br />
Beim Thema Bakteriämien ist die Sepsis von Interesse, die möglicherweise durch die Forcierung von Bakterien in das<br />
Gewebe und in die Blutbahn (Bakteriämie) durch die Injektionsnadel resultieren kann. Beim Gesunden mit funktionsfähiger<br />
Abwehr werden die Mikroorganismen durch Mikro- und Makrophagen innerhalb von Minuten eliminiert,<br />
sodass eine Vermehrung im Blut oder eine Absiedlung in Organen in der Regel auszuschließen ist.<br />
1987 veröffentlichten Rahn et al. die Ergebnisse einer Studie, in der sie feststellten, dass zur Herbeiführung einer<br />
ausreichenden Anästhesietiefe zwar ein bestimmter Mindestdruck des Lokalanästhetikums erforderlich ist, eine<br />
Überschreitung dieses Drucks bzw. der entsprechenden Injektionskraft aber keine Verbesserung der Wirkung bringt<br />
sondern die Häufigkeit der Bakteriämien nach intradesmodontaler Anästhesie signifikant erhöht. Sie verwendeten für<br />
die 50 dokumentierten Fälle eine Ligmaject-Pistolenspritze.<br />
Walton und Abbott (1981) präzisieren, dass bei intraligamentalen Injektionen Bakteriämien ausgelöst werden können,<br />
aber wahrscheinlich in keinem größeren Umfang als bei anderen zahnmedizinischen Verfahren. Die intraligamentale<br />
Injektion kann mit subgingivalem Scaling (Scaling und Root Planing) verglichen werden, was in einem kleinen Prozentsatz<br />
der Fälle zu Bakteriämien führt. Diese Bakteriämien waren transient. Während einer mehr als 10jährigen<br />
breiten Anwendung in Klinik und Praxis haben Heizmann und Gabka (1994) keine Bakteriämie beobachtet, was auch<br />
von Endo et al. (2008) und von Zugal et al. (2005) bestätigt wird.<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_praxis<br />
63
zb_praxis<br />
Eine besondere Betrachtung erfordert das Vorliegen einer Endokarditis, der Status nach einer Endokarditis sowie von<br />
Erkrankungen oder Ersatz von Herzklappen! In diesen Fällen kann eine Absiedlung von Bakterien aus dem Blut zu<br />
ernsthaften Komplikationen für den Patienten führen. Daher ist es selbstverständlich, unter strenger Beachtung der<br />
Anamnese bei o. g. Erkrankungen, das mögliche Auftreten einer Bakteriämie als Risikofaktor in zahnärztlichen Behandlungsplänen<br />
und -abläufen zu berücksichtigen; insbesondere sind invasive Eingriffe unter Antibiotikaschutz vorzunehmen.<br />
Diese Vorsichtsmaßnahme ist nicht nur bei einer ILA sondern auch bei anderen Manipulationen am Zahnfleischsulkus,<br />
z. B. Zahnsteinentfernungen, einzuhalten (Aderholt und Leilich 1997, Knirsch et al. 1999). Für den gefährdeten<br />
Patientenkreis sollte neben dem indizierten Antibiotikaschutz als weitere Vorsichtsmaßnahmen eine Verringerung der<br />
Keimzahl der Mundhöhle – unabhängig von der Methode der Lokalanästhesie – selbstverständlich sein.<br />
Bei Endokarditisrisiko besteht somit eine berechtigte Einschränkung für die Anwendung der ILA, da auch ihre Durchführung<br />
zu vermehrtem Auftreten einer Bakteriämie führt (Rahn et al. 1987). Für Glockmann und Taubenheim (2002)<br />
stellt Endokarditisrisiko eine absolute Kontraindikation für die intraligamentäre Anästhesie dar.<br />
Injektionsschmerzen<br />
Das Phänomen „Angst vor der Spritze“ kommt nicht nur bei Kindern und geistig Behinderten vor, es ist durchaus auch bei<br />
Erwachsenen zu finden. „Spritzenangst“ kann sich zu einer manifesten Spritzenphobie steigern. Der Einstichschmerz,<br />
das Aussehen der Injektionsspritze selbst, der Geruch des Anästhetikums, möglicherweise eigene unangenehme Erfahrungen<br />
verbinden sich zu einer Aversion gegen die „Spritze“ – in diesem Fall als Synonym für Lokalanästhesie.<br />
Bei einer lege artis durchgeführten intraligamentären Anästhesie treten praktisch kaum Injektionsschmerzen auf.<br />
Der von Zugal (2001) bei 205 durchgeführten intraligamentären Anästhesien in 27 Fällen notierte Injektionsschmerz<br />
wurde überproportional von Kindern berichtet.<br />
Besonders nett erklärte Einwag (1982) bisher unkooperativen Kindern, dass nicht „in das Zahnfleisch eingestochen“,<br />
sondern „die Nadel nur in den Spalt zwischen Zahn und Zahnfleisch eingeschoben“ würde. Ein anschaulicher Vergleich:<br />
Ein Spalt wie zwischen Fingernagel und Fingerkuppe. Von 31 bisher nichtkooperativen Kindern ließen sich 28<br />
mit der „neuen“ Technik der ILA injizieren. Nach 53 erfolgreichen Injektionen wurden 19 Extraktionen, 30 Kavitätenpräparationen<br />
und 4 endodontische Behandlungen durchgeführt. Bei einer erneuten Einbestellung dieser Kinder kam<br />
es in keinem der Fälle zu einer Behandlungsverweigerung.<br />
Die intraligamentäre Anästhesie verursacht infolge der verwendeten feinen Kanülen selten stärkere Einstichschmerzen.<br />
Das Phänomen der Spritzenangst des Patienten kann somit reduziert werden. Allerdings geben Heizmann<br />
und Gabka (1994) zu bedenken, dass auch Injektionsapparate,<br />
die nicht aussehen wie Spritzen,<br />
zwar für die Vorstellung des Patienten vorteilhaft<br />
sind, aber bei überängstlichen Patienten dennoch<br />
Spritzen bleiben.<br />
64<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Abb. 1:<br />
Zur Reduzierung des Empfindens<br />
des Einstiches empfiehlt es sich,<br />
unmittelbar vorher einen Tropfen<br />
Anästhetikum an der Injektionsstelle<br />
abzulegen.
Unerwünschte Effekte der intraligamentären Anästhesie<br />
In diversen Publikationen werden u. a. von Faulkner 1983, Glockmann et al. 1997, Kaufman et al. 1983, Malamed 1982,<br />
Plagmann 1987 ungewünschte Effekte (Vorkontakte, Diskomfort, Elongationsgefühl, Druckschmerz) nach dem Abklingen<br />
der intraligamentären Anästhesie beschrieben. Grund dafür ist oft, dass die Injektion der Anästhesie-Lösung<br />
nicht unter ausreichender Berücksichtigung der individuellen anatomischen Verhältnisse des Patienten erfolgt ist.<br />
Huber und Wilhelm-Höft (1988) haben in einer Studie gezeigt, dass Zähne in ihrer Alveole bewegt werden können:<br />
Während der Injektion wird ein Flüssigkeitsvolumen in einen Raum gepumpt, der bereits vollständig ausgefüllt ist. Da<br />
Flüssigkeiten inkompressibel sind, kommen primär nur eine Dehnung des Alveolarfaches oder eine Verlagerung des<br />
parodontalen Flüssigkeitspolsters nach Art eines hydraulischen Druckausgleiches in Betracht (was von den zahnumgebenden<br />
Nevenendigungen registriert wird).<br />
Um die angesprochenen ungewünschte Effekte zu vermeiden, ist das Anästhetikum sehr langsam zu injizieren, um<br />
dem Gewebe Gelegenheit zu geben, die applizierte Lösung zu resorbieren. Mit zunehmender Injektionszeit nimmt der<br />
erforderliche Injektionsdruck zur Überwindung des Gewebswiderstands kontinuierlich ab, weshalb für die Injektion<br />
von circa 0,2 ml eine Injektionszeit von ~20 Sekunden empfohlen wird; bei einer 2. Wurzel desselben Zahns sollte die<br />
Injektionszeit etwas verlängert werden (>20 sec) und bei einer dritten Wurzel sollte sie >25 Sekunden betragen.<br />
Anästhesieversager<br />
Einwag (1985) schreibt, dass in der Anfangsphase der klinischen Erprobung bei jeder zweiten intraligamentären Anästhesie<br />
ein Misserfolg zu verzeichnen war. Diese hohe Zahl von Anästhesieversagern beruhte weitgehend auf Unterdosierung.<br />
Durch Zusatzapplikationen konnte der Anästhesieerfolg auf 90 Prozent gesteigert werden. Aktuelle Studien<br />
zeigen, dass der Erfolg der Anästhesie auch von den angewandten Instrumenten, den applizierten Anästhetika und<br />
der Methoden-Beherrschung abhängig ist. Zugal (2001) kommt auf einen Anästhesieerfolg von 97,5 Prozent, Dirnbacher<br />
(2002) auf 98,0 und Weber (2005) auf 97,8 bzw. 94,1 Prozent – vor angezeigten Caries-profunda-Behandlungen<br />
bzw. Vitalexstirpationen.<br />
Bei sicherer Methoden-Beherrschung ist die intraligamentäre Anästhesie bei allen Zähnen erfolgreich, sowohl im<br />
Frontzahn- als auch im Seitenzahnbereich – auch als Alternative zur Leitungsanästhesie des N. alveolaris inferior.<br />
Gegebenfalls muss bei stark entzündetem Gewebe mit mehr als 30 Sekunden Latenzzeit gerechnet werden, sie kann<br />
auf circa 60-90 Sekunden steigen (Weber et al. 2006).<br />
Anästhetika-Unverträglichkeit<br />
Die Frage von Brännström (1982), ob der Zusatz von Vasokonstringenzien für die Anästhesiedauer der ILA von Bedeutung<br />
ist – oder ob man darauf verzichten kann – wurde in diversen Studien u. a. von Garfunkel et al. 1985, Heizmann 1987,<br />
Glockmann et al. 1997 auch immer mit betrachtet. Gray et al. (1987) sind dieser Frage konkret nachgegangen und kommen<br />
im Rahmen ihrer Vergleichsstudie (48 vs. 50 Fälle) zu dem Ergebnis, dass der Zusatz von Adrenalin zur Anästhetika-<br />
Lösung die Erfolgssicherheit der Analgesie mehr als verdoppelt: 91,6 Prozent Erfolgsrate bei Verwendung von Lignocaine<br />
2 Prozent mit Adrenalin 1:80.000 vs. 42,0 Prozent Anästhesieerfolg bei Verwendung von Lignocaine 2 Prozent ohne<br />
diesen vasokonstriktorischen Zusatz.<br />
Heizmann und Gabka (1994) schreiben: Bei den Anaesthetika gibt es keine Einschränkungen; alle üblicherweise verwendeten<br />
Substanzen können uneingeschränkt eingesetzt werden. Infolge der geringen Dosierung können – selbst<br />
bei Risikopatienten – auch Lösungen verwendet werden, die einen relativ hohen Adrenalinzusatz haben.<br />
Dr. Kerstin Bienroth<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
zb_praxis<br />
65
zb_bundeszahnärztekammer<br />
Parlamentarischer Abend stand im<br />
Zeichen der „Mundgesundheit von<br />
Menschen mit Behinderungen“<br />
Als großen Erfolg für die politische und öffentliche<br />
Wahrnehmung der Probleme im Zusammenhang<br />
mit der notwendigen Verbesserung<br />
bei der zahnmedizinischen Versorgung von Menschen<br />
mit Behinderungen wertet der Vizepräsident der<br />
Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Dr. Dietmar Oesterreich,<br />
den Parlamentarischen Abend, den die BZÄK und<br />
die CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf Koschorrek<br />
und Dr. Hans Georg Faust, Mitte April gemeinsam in Berlin<br />
veranstaltet haben. Der Zahnarzt und der Facharzt<br />
für Anästhesie, zugleich stellvertretender Vorsitzender<br />
des Gesundheitsausschusses im Bundestag, hatten<br />
neben Parlamentariern auch Vertreter von Ministerien,<br />
Verbänden und Vereinen sowie der Zahnärzteschaft<br />
zum Thema „Mundgesundheit von Menschen mit Behinderungen“<br />
eingeladen. „Die guten Besucherzahlen<br />
der Veranstaltung zeugen von einem wachsenden<br />
Problembewusstsein für diese versorgungspolitische<br />
Herausforderung“, erklärte Oesterreich im Anschluss<br />
an die Veranstaltung. „Notwendig sind jetzt konkrete<br />
Handlungsansätze für die besonderen Behandlungsbedürfnisse<br />
von Menschen mit Behinderungen.“ Dafür<br />
müssten gesetzliche Grundlagen geschaffen werden,<br />
die auch Präventionsangebote und Planungsgrundsätze<br />
außerhalb des Budgets zuließen. Neben der Verbesserung<br />
der Mundgesundheit zielen die Aktivitäten der<br />
BZÄK auch auf die Vermeidung von Folgeerkrankungen,<br />
die Verbesserung der Lebensqualität und der Rehabilitation/Integration<br />
sowie der sozialen Akzeptanz.<br />
„Hier haben wir einen Stein ins Rollen gebracht“, setzt<br />
Oesterreich auf eine gesteigerte Sensibilität für diese Anliegen.<br />
Als ein Beispiel der vielfältigen Aktivitäten der Zahnärzteschaft<br />
stellte Dr. Imke Kaschke, stellvertretende<br />
Vorsitzende der AG Behindertenbehandlung des Berufsverbands<br />
deutscher Oralchirurgen und Managerin<br />
der Healthy Athletes der Special Olympics Deutschland,<br />
in einem Vortrag Probleme und Ergebnisse des Berliner<br />
Gruppenprophylaxeprogramms zur Mundgesundheit<br />
66<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
behinderter Menschen vor.<br />
Dabei wurde auch klar, dass<br />
es nicht um eine Randgruppe<br />
geht: Insgesamt beträgt die<br />
Zahl der amtlich anerkannten<br />
Schwerbehinderten in der<br />
Bundesrepublik laut Statistischem<br />
Bundesamt etwa 6,6<br />
Millionen. Vor allem bei verminderten<br />
motorischen und/<br />
oder geistigen Fähigkeiten<br />
zählen diese Menschen rasch<br />
zur Hochrisikogruppe für Karies-<br />
und Parodontalerkrankungen.<br />
In Berlin hat etwa das Modell mit Gruppenprophylaxe<br />
in Behinderteneinrichtungen in diesem Bereich<br />
nachweislich gute Erfolge gezeigt.<br />
„Wir sind auf einem guten Weg“, zeigt sich BZÄK-Vizepräsident<br />
Oesterreich zuversichtlich. „Jetzt müssen weitere<br />
gemeinsame Schritte von Standespolitik, Wissenschaft<br />
und Politik folgen. Ziel bleibt es dabei, uns nachhaltig<br />
und wirkungsvoll für die Belange von behinderten Patienten<br />
und Menschen mit besonderen Bedürfnissen<br />
einzusetzen.“ Dies bleibe ein wichtiges präventives und<br />
berufsethisches Handlungsfeld.<br />
Gesetz zur Regelung des Schutzes<br />
vor nichtionisierender Strahlung<br />
Gegen die Erstreckung der Vorschriften aus diesem<br />
Gesetz wird sowohl von der Bundeszahnärztekammer<br />
beim Gesetzgeber als auch von<br />
den (Landes-) Zahnärztekammern durch Einflussnahme<br />
auf den Bundestag und den Bundesrat vehement<br />
opponiert. Beim Bundesministerium für Umweltschutz,<br />
Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) wurden vom<br />
Präsidenten, Dr. Peter Engel, der Staatssekretärin Astrid<br />
Klug, die negativen Auswirkungen auf die Praxisführung<br />
erläutert. Die Staatssekretärin erklärte kategorisch, dass<br />
das Gesetz in vorliegender Fassung verabschiedet werde.<br />
Nach massivem Insistieren erklärte sich die Staatssekretärin<br />
jedoch bereit, die zahnärztlichen Anliegen in<br />
den weiteren Gesprächen bei den noch zu verabschie
denden Verordnungen zur<br />
Durchführung bzw. Umsetzung<br />
zu berücksichtigen. Ergänzend<br />
ist am 13. Mai ein<br />
weiteres Gespräch mit dem<br />
Berichterstatter der SPD-<br />
Bundestagsfraktion im Umweltausschuss,<br />
Detlef Müller,<br />
geplant, um nochmals Einfluss<br />
auf die Entscheidung<br />
im Parlament zu nehmen. Am<br />
29. April haben die Ausschüsse<br />
für Arbeit und Soziales und<br />
für Gesundheit des Bundesrates<br />
mit knapper Mehrheit für den Vorschlag zur Streichung<br />
bezüglich medizinischer Anwendung von nichtionisierender<br />
Strahlung aus dem Gesetz gestimmt, sodass<br />
für die Berücksichtigung zahnärztlicher Interessen bei<br />
der Abstimmung im Bundesrat am 15. Mai wieder Hoffnung<br />
besteht.<br />
Rubehn folgt auf Küchenmeister<br />
Neuer Präsident der Zahnärztekammer Schleswig-<br />
Holstein ist Dr. K. Ulrich Rubehn (Elmshorn). Rubehn,<br />
der sich als Gebührenexperte bundesweit<br />
einen Namen gemacht hat, wird vom wiedergewählten<br />
Vizepräsidenten Dr. Michel Brandt (Kiel) unterstützt. Der<br />
scheidende Präsident, Hans-Peter Küchenmeister, gehörte<br />
dem Vorstand seit 25 Jahren an. Zwölf Jahre war er<br />
Vizepräsident, vier Jahre Präsident. Küchenmeisters Spezialgebiet<br />
war die Öffentlichkeitsarbeit, in der er bundesweit<br />
Akzente setzen konnte. Der 64-jährige wird als Vorsitzender<br />
des Landesverbandes der Freien Berufe im Norden<br />
aktiv bleiben.<br />
zb_bundeszahnärztekammer<br />
BZÄK und<br />
Patientenrechterichtlinie<br />
Als zwiespältig sieht die Bundeszahnärztekammer<br />
(BZÄK) das Ergebnis der Abstimmung des<br />
Europäischen Parlaments (EP) zur Patientenrechterichtlinie<br />
an. Intention dieser europäischen Initiative<br />
ist die Verstärkung der grenzüberschreitenden<br />
Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen<br />
innerhalb der Europäischen Union, z. B. durch eine<br />
europaweite Sicherstellung der Kostenerstattung für<br />
Patienten. Dieser Ansatz wird von den deutschen<br />
Zahnärzten ausdrücklich unterstützt. Auch der Vorschlag<br />
des EP, nach dem der Patient künftig dem<br />
Recht des Landes unterliegt, in dem er behandelt wird<br />
(so genannte Behandlungsmitgliedstaatsprinzip), sowie<br />
die Beteiligung der Selbstverwaltung der Heilberufe<br />
bei der Ausgestaltung der Richtlinie werden<br />
begrüßt. Positiv wird außerdem die Abschaffung der<br />
Vorabgenehmigung beim stationären Aufenthalt im<br />
Ausland gewertet.<br />
Kritisch hingegen beurteilt die BZÄK u. a. die Vorschläge<br />
zur elektronischen Übermittlung von Patientendaten<br />
und zur Weiterbehandlung im Inland nach<br />
eventuell missglückter Behandlung im Ausland.<br />
Darüber hinaus wehrt sich die BZÄK gegen jegliche<br />
Versuche, von der europäischen Ebene aus Einfluss<br />
auf die Gebührenstrukturen in den Mitgliedstaaten<br />
zu nehmen.<br />
„Auch wenn einige Aspekte der Abstimmung von<br />
uns mitgetragen werden können, sind wir der Auffassung,<br />
dass es einer ausführlicheren Folgenabschätzung<br />
vor der entscheidenden Abstimmung im EP bedurft<br />
hätte. Bei zu vielen Forderungen des EP ist noch<br />
überhaupt nicht absehbar, zu welchen praktischen<br />
Folgen dies in den Mitgliedstaaten führt“, so BZÄK-<br />
Präsident Dr. Peter Engel. Die BZÄK behalte es sich<br />
daher vor, entsprechende Änderungen nach Beendigung<br />
der Diskussionen auf Ebene des Ministerrates<br />
gegebenenfalls in der zweiten Lesung in Brüssel<br />
durchzusetzen, so Engel weiter.<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
67
zb_jubiläum/ermächtigung<br />
Wir gratulieren!<br />
68<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Am 01. Juli 2009 begehen Frau Tanja Lorenz (li.)<br />
und Frau Michaela Wichter (re.) ihr 25–jähriges<br />
Berufsjubiläum in der Praxis Dr. Hans-Joachim<br />
Kötz in Idar-Oberstein. Nach dem gemeinsamen Schulbesuch<br />
begannen sie zur gleichen Zeit ihre Ausbildung,<br />
die erwartungsgemäß auch gemeinsam abgeschlossen<br />
wurde. Unterbrechungen der beruflichen Tätigkeit gab es<br />
lediglich während der „Elternzeiten“.<br />
Vor zehn Jahren begann Frau Monja Barth (unten) ihre<br />
Ausbildung. Am 01. August 2009 kann sie auf ununterbrochene<br />
Praxiszugehörigkeit zurückblicken.<br />
Einem Praxisinhaber, der nicht nur die beispielhafte Treue<br />
seiner Mitarbeiterinnen erfährt, sondern auch spürt, dass<br />
sie sich in „ihrer“ Praxis wohl fühlen, kann nichts Besseres<br />
widerfahren. Dr. Kötz bedankt sich für die Loyalität, die<br />
fachliche Kompetenz und den verbindlichen Umgang im<br />
zurückliegenden Vierteljahrhundert.<br />
Ermächtigung auf dem Gebiet der „Zahnärztlichen Chirurgie“<br />
gem. §§4,15 der Weiterbildungsordnung vom<br />
20.12.2004 (befristet auf 5 Jahre)<br />
(anrechenbare Weiterbildungsberechtigung 1 Jahr gem. § 16<br />
Abs. 3 WBO<br />
Dr. Ingrid Kästel<br />
Fachzahnärztin für Oralchirurgie<br />
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Unterschrift<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
69
zb_berufsverbände Freier Verband Deutscher Zahnärzte e. V.<br />
Die diesjährige Landesversammlung<br />
des FVDZ RLP am 16. Mai 2009<br />
in Mainz stand ganz im Zeichen des<br />
Widerstandes gegen die Einführung<br />
der elektronischen Gesundheitskarte.<br />
Die Landesvorsitzende Dr.<br />
Marianne Biermeyer informierte die<br />
Delegierten in ihrem Bericht u. a.<br />
ausführlich über den <strong>aktuelle</strong>n Stand<br />
der elektronischen Gesundheitskarte<br />
und legte dabei insbesondere im<br />
Hinblick auf die fehlende Datensicherheit<br />
den Finger in die Wunde.<br />
Bei der anschließenden angeregten<br />
Podiumsdiskussion unter Leitung<br />
von Herrn RA Lennartz zeigten das<br />
FVDZ-Bundesvorstandsmitglied ZA<br />
Die Tatsache, dass alleine die<br />
Anschaffung eines solchen<br />
Gerätes alle Beteiligten circa<br />
2,4 Milliarden Euro kostet, wird unter<br />
den Tisch gekehrt. Als besonders<br />
peinlich empfindet der Bundesvorsitzende<br />
des Freien Verbandes, Dr.<br />
Sundmacher, den beschwichtigen<br />
Tonfall mancher Politiker bezüglich<br />
der elektronischen Gesundheitskarte<br />
angesichts der mit Datum 06.<br />
Mai 2009 aus den USA kommenden<br />
Nachricht, dass dort Hacker offenbar<br />
die äußerst sensiblen Krankendaten<br />
von circa acht Millionen Schmerzpatienten<br />
aus dem Zentralcomputer<br />
des „Virginia Prescription Monitoring<br />
Programs“ entwendet haben. Es<br />
handelt sich hierbei um ein System,<br />
das auch die E-Card unterstützen<br />
soll.<br />
70<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Landesverband Rheinland-Pfalz<br />
Landesversammlung lehnt die Einführung der<br />
elektronischen Gesundheitskarte ab!<br />
Bertram Steiner, Dipl. Informatiker<br />
Thomas Maus und Dr. Jürgen Braun-<br />
Himmerich, zuständiges Vorstandsmitglied<br />
der KZV Rheinland-Pfalz die<br />
Schwachstellen des Milliardenprojekts<br />
des BMG´s auf. Für ausreichend<br />
Diskussionsstoff sorgte Dr. Jürgen<br />
Faltin, Referent für Gesundheitsrecht<br />
im Ministerium für Arbeit, Soziales,<br />
Gesundheit, Frauen und Familie in<br />
Mainz unter anderem mit seiner Aussage,<br />
die eGk diene einer „zielorientierten<br />
Führung der Patienten durch<br />
das Gesundheitswesen“. Eine deutliche<br />
Absage an die Einführung der<br />
elektronischen Gesundheitskarte erfolgte<br />
dann durch einen einstimmig<br />
Rollout der elektronischen Gesundheitskarte<br />
Auch der Bonner Informatik-Professor<br />
Hartmut Pohl brachte in einem<br />
Interview mit der „Financial Times<br />
Deutschland“ im Frühjahr dieses<br />
Jahres seine Bedenken bezüglich der<br />
Datensicherheit zum Ausdruck. Ich<br />
zitiere: “…Und selbst wenn der Betreiber<br />
die Daten, zu denen auch der<br />
Arzt Zugang hat, so sicher aufbewahre<br />
wie möglich -… in dem Moment, wo<br />
jemand von außen auf sie zugreift,<br />
sind sie so unsicher wie alles, was auf<br />
einem ganz normalen Server liegt.“<br />
Der gesundheitspolitische Sprecher<br />
der FDP, Daniel Bahr, fordert Datenhoheit<br />
für den Patienten. Auch die Speicherung<br />
von Notfalldaten müsse freiwillig<br />
bleiben, so Bahr. Birgit Bender,<br />
Sprecherin der Partei Bündnis 90/Grüne,<br />
moniert, nicht nur Technik-Freaks,<br />
beschlossenen Antrag der Delegierten<br />
am Nachmittag. Die Anwesenheit<br />
der standespolitischen Vertreter<br />
der LZK Rheinland-Pflaz, der KZV<br />
Rheinland-Pfalz, der Bezirkszahnärztekammern<br />
und der Delegierten des<br />
FVDZ hat die Veranstaltung zu einem<br />
großen Erfolg werden lassen. Nicht<br />
nur der Bundesvorsitzende des FVDZ<br />
Dr. Karl-Heinz Sundmacher, sondern<br />
auch die vier anwesenden Vorsitzenden<br />
der benachbarten Landesverbände<br />
zeigten sich erstaunt über die<br />
große Resonanz, die die Veranstaltung<br />
des Landesverbandes hatte.<br />
Dr. Holger Kerbeck<br />
sondern auch alte Patienten und behinderte<br />
Menschen müssten mit der<br />
E-Card umgehen und ihre sechsstellige<br />
Pinnummer behalten können.<br />
Nun ist aber die elektronische Gesundheitskarte<br />
im Jahr 2003 durch<br />
das GKV-Modernisierungsgesetz<br />
beschlossen und im § 291 a SGB<br />
V verankert worden. So soll nach<br />
dem Willen des Gesetzgebers die<br />
Krankenversichertenkarte zur Verbesserung<br />
von Wirtschaftlichkeit,<br />
Qualität und Transparenz („gläserner<br />
Arzt“) der Behandlung von Patienten<br />
(„gläserner Patient“) zu einer elektronischen<br />
Gesundheitskarte erweitert<br />
werden. Dagegen aber fordert das<br />
im Grundgesetz verankerte Recht auf<br />
informationelle Selbstbestimmung<br />
verbunden mit Patientengeheimnis
Freier Verband Deutscher Zahnärzte e. V.<br />
und ärztlicher Schweigepflicht den<br />
Datenverkehrsschutz ein.<br />
Um die elektronische Gesundheitskarte<br />
und die spätere Online-Anbindung<br />
zu ermöglichen, wurden<br />
Feldversuche durchgeführt, die aber<br />
nur partiell analysiert und bis heute<br />
noch nicht zu Ende geführt wurden.<br />
Ferner wurde die Gematik gesetzlich<br />
beauftragt, Regelungen für den Datenschutz<br />
zu erstellen. Einen zugriffssicheren<br />
Zentralserver gibt es aber<br />
nicht; auch ein Schutz der Stammdaten<br />
ist bisher nicht gewährleistet;<br />
ebenso fehlt eine Zugriffskontrolle<br />
für die Patienten.<br />
Nur eines ist sicher: Die Tatsache<br />
nämlich, dass mit Einführung der<br />
E-Card und der späteren Online-Anbindung<br />
gigantische Kosten auf uns<br />
zukommen. Experten sprechen von<br />
mehreren Milliarden Euro für das gesamte<br />
Bundesgebiet.<br />
Trotz der ganzen noch unausgegorenen<br />
Fakten hat das BMG mit dem<br />
Beginn des Rollout im vergangenen<br />
Herbst begonnen. Der „Startschuss“<br />
fiel am 11. Dezember 2009 in Düren,<br />
nachdem sich zuvor der nordrheinische<br />
KV-Vorsitzende Hansen ohne<br />
erkennbare Not freiwillig dazu bereit<br />
erklärt hatte, dass dieser in seinem<br />
Bereich beginnen solle. Schon in Düren<br />
wehrten sich die Kollegen in einer<br />
Demo vehement gegen die Einführung<br />
der E-Card. In der Folgezeit starteten<br />
der nordrheinische FVDZ-Landesverband<br />
und die Freien Ärzte eine<br />
Kampagne gegen die Einführung der<br />
eGK. Auch die Vertreterversammlung<br />
der KV Nordrhein stellte sich gegen<br />
die Entscheidung ihres Vorsitzenden<br />
Hansen und schloss sich der Forderung<br />
der Ärztekammer Nordrhein an,<br />
den Basis-Rollout vorerst auszusetzen.<br />
Konsequenterweise hatten sich<br />
Ende März 2009 erst 130 von 15000<br />
nordrheinischen Ärzten ein Lesegerät<br />
zugelegt.<br />
Da die Nachbarbundesländer im<br />
„Zwiebelschalen-Modell“ nach Nordrhein<br />
mit der Einführung der elektronischen<br />
Gesundheitskarte beginnen<br />
sollen, wenn dort das Quality-Gate<br />
von 85 Prozent erreicht ist, sind wir in<br />
Rheinland-Pfalz mit Westfalen-Lippe,<br />
Niedersachsen und Bremen die nächsten,<br />
die das Rollout treffen wird. Um<br />
die Kollegen und Patienten frühzeitig<br />
vor den Folgen der elektronischen Gesundheitskarte<br />
zu warnen, vor allem<br />
aber vor denen der Online-Anbindung,<br />
hat ihnen der rheinland-pfälzische<br />
zb_berufsverbände<br />
FVDZ-Landesverband Plakate und Flyer<br />
zukommen lassen, die sie vielfältig öffentlichkeitswirksam<br />
verwenden können.<br />
Der FVDZ-Bundesverband hat im<br />
Januar dieses Jahres in Berlin die alljährlich<br />
stattfindende Pressekonferenz<br />
zum Anlass genommen, die dort anwesenden<br />
Journalisten entsprechend<br />
zu informieren. Parallel dazu hat er mit<br />
einer Wandplakataktion an markanten<br />
Berliner-Zentren begonnen, die Bevölkerung<br />
aufzuklären: Nach dem Moto:<br />
„Stoppt die E-Card!“ Ein entsprechend<br />
informativer Wartezimmer- Flyer wurde<br />
den Kollegen natürlich auch zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Dr. Marianne Biermeyer<br />
Landesvorsitzende<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
71
zb_berufsverbände Freier Verband Deutscher Zahnärzte e. V.<br />
Berlin, Freitag der 13. Februar-<br />
im Pressebüro des Freien<br />
Verbandes Deutscher<br />
Zahnärzte lauschen Mitglieder unterschiedlicher<br />
Landesverbände gespannt<br />
den Ausführungen von Melanie<br />
Fügner.<br />
Welche Spielregeln des Journalismus<br />
muss man beherrschen, um zielge-<br />
72<br />
Profi Pressearbeit perfekt präsentiert<br />
Bericht vom Presseseminar FVDZ in Berlin 13. Februar 2009<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
richtet und wirkungsvoll Informationen<br />
weiterzugeben? Wie arbeiten<br />
die gängigen Zeitungen, wie und wo<br />
werden Nachrichten platziert?<br />
Übersichtlich und gut strukturiert präsentiert<br />
Frau Fügner die erforderlichen<br />
„Zutaten“ für die immer wichtiger werdende<br />
journalistische Basisarbeit in<br />
den Landesverbänden und Bezirks-<br />
gruppen. Ergänzt wird das Ganze<br />
durch praktische Übungen zu <strong>aktuelle</strong>n<br />
Themen.<br />
Und hier zeigt sich: Es ist sehr schwer,<br />
eine Mitteilung kurz, knapp, sachlich<br />
und dennoch informativ zu gestalten.<br />
Knallhart wird im journalistischen Alltag<br />
die Datenflut gesiebt: Wer nicht im<br />
ersten, spätestens jedoch im zweiten
Freier Verband Deutscher Zahnärzte e. V.<br />
Satz den Leser „fesselt“, hat so gut<br />
wie verloren. Die Chance vertan, das<br />
Zielpublikum zu erreichen. Eine ernüchternde,<br />
aber wichtige Erkenntnis.<br />
Zahlreiche Diskussionen über Problematiken<br />
und Herausforderungen<br />
im Pressebereich, mit denen insbesondere<br />
natürlich die Berliner<br />
Geschäftsstelle, aber auch die Basis<br />
konfrontiert werden, lassen die<br />
Stunden wie im Fluge vergehen.<br />
Es fi ndet ein reger Erfahrungsaustausch<br />
zwischen den Kolleginnen und<br />
Interessierte Zuhörer<br />
Kollegen der verschiedenen Bundesländer<br />
statt, angereichert mit Tipps<br />
vom Profi : Was ist sinnvoll für die lokalen<br />
Tageszeitungen? Wie mache ich<br />
auf mein Anliegen aufmerksam, welche<br />
journalistischen Werkzeuge haben<br />
sich dabei besonders bewährt?<br />
Das Fazit: Ein hervorragender Einblick<br />
in die professionelle Pressearbeit,<br />
eine „To do“ und „Not to do„-Liste im<br />
Kopf und im Gepäck und die gewonnene<br />
Einsicht dieses Tages: Zahnärzte<br />
sollen keine Profi -Journalisten werden,<br />
aber gute, solide Basis-Arbeit in<br />
zb_berufsverbände<br />
Melanie Fügner<br />
präsentiert übersichtlich<br />
und gut<br />
strukturiert die<br />
erforderlichen<br />
„Zutaten“ für die<br />
journalistische<br />
Basisarbeit in<br />
den Landesverbänden<br />
und Bezirksgruppen.<br />
diesem Bereich: Yes, we can! mit Unterstützung<br />
des FVDZ-Teams in Berlin<br />
und Presseseminaren wie diesen!<br />
An dieser Stelle sei herzlich Dank<br />
gesagt an unseren Rheinland-Pfälzischen<br />
Landesvorstand, allen voran<br />
Dr. Marianne Biermeyer, die den Besuch<br />
des Presseseminars ermöglicht<br />
hat.<br />
ZÄ Ulrike Stern<br />
FVDZ/Bezirksgruppe Rheinhessen<br />
Dr. Heike Rump-Schäfer<br />
FVDZ/Bezirksgruppe Koblenz<br />
Strahlende Gesichter: Zahnärztin Ulrike Stern (li) und Dr. Heike<br />
Rump-Schäfer<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
73<br />
Fotos: Dr. Rump-Schäfer
zb_berufsverbände Freier Verband Deutscher Zahnärzte e. V.<br />
Einfach super!“ – so positiv lässt sich das Fazit der<br />
Teilnehmer des ersten young-dentists Seminares im<br />
„ Stresemann Institut in Bonn auf den Punkt bringen.<br />
Achtundvierzig Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet<br />
waren an diesem Wochenende nach Bonn gekommen,<br />
um sich innerhalb von zwei Tagen in den Bereichen Betriebswirtschaft/Ökonomie<br />
und Endodontie weiterzubilden.<br />
Nach einer kurzen Begrüßung durch Dr. Norbert Grosse,<br />
Vorsitzender der Akademie Praxis und Wissenschaft, starteten<br />
die sehr engagierten Referenten Dr. Susanne Woitzik<br />
(„So programmieren Sie ihre Praxis auf Erfolg“), Dipl.-Hdl.<br />
Joachim Brandes und RA Michael Lennartz („Optimierte<br />
Praxisabläufe – was sollte und was darf delegiert werden.<br />
Praxismarketing – Was macht Sinn? Was ist erlaubt“).<br />
Durch rege Beteiligung der Teilnehmer und das Fachwissen<br />
der Referenten, auch im Bezug auf <strong>aktuelle</strong> „Stolpersteine“,<br />
verging die Zeit fast schon zu schnell.<br />
Besonders schön war das nun folgende gemeinsame<br />
Abendessen, was zum Kennenlernen untereinander und<br />
Erfahrungsaustausch geradezu einlud. Da auch die Referenten<br />
sich munter dazu gesellten, konnten auch jetzt noch<br />
Fragen in lockerer Atmosphäre beantwortet werden, die vorher<br />
zu kurz oder wie so oft, erst im Anschluss aufkommen.<br />
Der folgende Tag stand dann ganz im Zeichen der Wissenschaft:<br />
Dr. Christoph Zirkel „Endodontie heute – ein<br />
antibakterielles Behandlungskonzept“ zeigte anhand<br />
vieler Falldarstellungen den zeitgemäßen und langfristig<br />
erfolgreichen Weg der modernen Endodontie. Auch er begeisterte<br />
sichtlich alle Seminarteilnehmer und konnte jede<br />
Menge Tipps und Tricks vermitteln. Im Anschluss nutzten<br />
alle Seminarteilnehmer die Möglichkeit, um nach Unterweisung<br />
durch Dr. Zirkel in die richtige Arbeitsweise mit<br />
dem Endomotor VDW Gold/Mtwo-Pfeilensystem, freundlicherweise<br />
durch VDW für alle Seminarteilnehmer bereitgestellt,<br />
das neu Erlernte direkt umzusetzten und unter seinen<br />
aufmerksamen Augen weiter zu verbessern.<br />
Dr. Christian Honert<br />
74<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Erstes yd² young dentists-Meeting<br />
Seminarbericht 17. und 18. April in Bonn<br />
Das young-dentists-Team (v. li.): Thomas Walber, Birgit Barten,<br />
Gabriele Brandenburg<br />
Fröhliche Gesichter unter den Teilnehmern<br />
Dr. Christoph Zirkel: „Endodontie heute – ein antibakterielles Behand-<br />
lungskonzept“<br />
Fotos: Dr. Honert
Hausfortbildungen der Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />
15.07.2009 „Lasertherapie in der Zahnerhaltung: Endodontie, Parodontologie, Zahnhartsubstanz“<br />
Poliklinik für Zahnerhaltung<br />
Prof. Dr. B. Willershausen, Dr. A. Kasaj, ZA A. Azaripour<br />
09.09.2009 „Knochenersatzstoffe“<br />
Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />
Dr. Dr. Klein/ Prof. Dr. H. Duschner (ASMA)<br />
28.10.2009 „Mundschleimhauterkrankungen – moderne diagnostische Verfahren“<br />
Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie<br />
Dr. F. Röder<br />
25.11.2009 „Grundlagen der Datenakquisition bei CAD-CAM-gefertigtem Zahnersatz“<br />
Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik<br />
Dr. K.-M. Lehmann<br />
09.12.2009 „PA- und Allgemeinerkrankungen“<br />
Poliklinik für Zahnerhaltung<br />
Prof. Dr. B. Willershausen, Dr. A. Kasaj<br />
Die Fortbildungen finden im Großen Hörsaal der Klinik für Zahn-, Mundund<br />
Kieferkrankheiten, Augustusplatz 1, 55131 Mainz, jeweils um 17.00<br />
Uhr statt (Dauer ca. 1 Stunde). Die Teilnahme ist kostenlos. Über eine<br />
Spende für die Fachschaft würden wir uns freuen. Prof. Dr. Herbert Scheller,<br />
Geschäftsführender Direktor, freut sich über eine rege Teilnahme. Selbstverständlich<br />
können auch interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
teilnehmen.<br />
Externe Teilnehmer werden um eine Spende für die Studenten/Fachschaft gebeten!<br />
zb_termine<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
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zb_termine<br />
76<br />
Regenerative Parodontaltherapie:<br />
Gewusst wie, wo und wann?<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Fortbildungen anderer Organisationen<br />
Datum: 29.07.2009 — 14.00 bis 18.00 Uhr<br />
Referent: Prof. Peter Eickholz<br />
Ort: Frankfurt<br />
Kursgebühr: 140,00 Euro / 110,00 Euro DGZMK-Mitglieder<br />
90,00 Euro APW-Mitglieder<br />
Kursnummer: ZF-21<br />
Fortbildungspunkte: 4<br />
Kontaktadresse: DGZMK<br />
Liesegangstr. 17 a, 40211 Düsseldorf<br />
Tel.: 0211/61 01 98 24, Fax:/61 01 98 11<br />
Mail: dgzmk.springer@dgzmk.de<br />
Wichtiger Hinweis:<br />
Alle APW- und DGZMK-Mitglieder erhalten im Jubiläumsjahr<br />
35,00 Euro Rabatt auf jeden APW Einzelkurs (ausgenommen APW-<br />
Tagungen).<br />
Redaktion u.v.i.S.d.P.:<br />
Markus Brakel, DGZMK-Pressesprecher, Tel. 0211/71 83-601,<br />
Fax: 0211/71 83-582, Markus.brakel@dgzmk.de<br />
Symposium CMD/Orofaziale Schmerzen<br />
Datum: 26. bis 28. November 2009<br />
Thema: Interdisziplinäre Therapie von schmerzhaften<br />
kraniomandibulären Dysfunktionen (CMD)<br />
Ort: Hotel Mercure Süd an der Goldenen Bremm,<br />
Zinzingerstr. 9, 66117 Saarbrücken<br />
Tel.: 0681-5863-0<br />
Organisation/ Dr. Horst Kares<br />
Anmeldung: Grumbachtalweg 9, 66121 Saarbrücken,<br />
Tel.: 0681/894018, Fax: 0681/5847075<br />
www.dr.kares.de, horst@kares.eu<br />
Detailliertes Programm unter www.sqschmerz.de<br />
10. Deutscher Medizinrechtstag in Frankfurt<br />
Datum: 4. und 5. September 2009<br />
Thema: - Telemedizin: Nutzen und Widerstände<br />
- Delegation ärztlicher Leistungen<br />
- Folgen für die Arzthaftpfl icht<br />
- Folgen für die Abrechnung<br />
- Werberecht für Ärzte<br />
- Neue Strategien des Freiberufl er-Marketings<br />
Das Programm können Sie hier herunterladen:<br />
http://www.stiftung-gesundheit.de/medizinrecht/dmrt.htm<br />
Der jährliche Medizinrechtstag ist eine Tagung von<br />
Medizinrechts-Anwälten und Ärzten. Referenten aus Justiz,<br />
Wissenschaft, Praxis, Verbänden und Politik beleuchten im<br />
Rahmen der Veranstaltung einen Themenkreis aus unterschiedlichen<br />
Perspektiven.<br />
Kontakt: Stiftung Gesundheit<br />
Behringstraße 28 a, 22765 Hamburg<br />
Tel. 040/80 90 87-0; Fax 040/80 90 87-555<br />
E-Mail: info@stiftung-gesundheit.de<br />
http://www.stiftung-gesundheit.de
zb_termine<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
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zb_termine<br />
Fortbildungen der LZK Rheinland-Pfalz<br />
Ihre Ansprechpartnerinnen bei der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz:<br />
Dagmar Wepprich-Lohse, Tel. 06131/9613 662<br />
Alexandra Albrecht, Tel. 0 6131/9613 661<br />
Carolin Faltin, Tel. 0 6131/9613 673<br />
Mittwoch, 16. September 2009 14.00 - 18.00 Uhr<br />
Oralchirurgisches Kompendium: „Von der Extraktion zur Implantation<br />
– Hartgewebsmanagement in der oralen Implantologie“<br />
Ort: Institut Bildung und Wissenschaft der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz, Langenbeckstr. 2, 55131 Mainz<br />
Fortbildungspunkte: 4<br />
Kursnr.: 098114<br />
Teilnahmegebühr: € 150,00<br />
Referentin: Dr. Dr. Daniel Rothamel (Köln)<br />
Mittwoch, 28. Oktober 2009 14.00 - 18.00 Uhr<br />
Oralchirurgisches Kompendium: „Oralchirurgische Eingriffe bei<br />
hämorrhagischen Diathesen – ein Konzept für ein abgestuftes<br />
zahnärztlich-chirurgisches Vorgehen“<br />
Ort: Institut Bildung und Wissenschaft der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz, Langenbeckstr. 2, 55131 Mainz<br />
Fortbildungspunkte: 4<br />
Kursnr.: 098115<br />
Teilnahmegebühr: € 150,00<br />
Referent: Dr. Matthias Burwinkel (Mainz)<br />
Samstag, 7. November 2009 10.00 - 16.00 Uhr<br />
Aktualisierung der Fachkunde im Strahlenschutz für Zahnärztinnen/Zahnärzten<br />
– Examen nach 2004<br />
Ort: Institut Bildung und Wissenschaft der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz, Langenbeckstr. 2, 55131 Mainz<br />
Fortbildungspunkte: 8<br />
Kursnr.: 098134<br />
Teilnahmegebühr: € 150,00<br />
Referent: Dr. Werner Döring (Betzdorf),<br />
Dr. Peter Matovinovic (Kaiserslautern)<br />
78<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
Mittwoch, 9. Dezember 2009 14.00 - 18.00 Uhr<br />
Oralchirurgisches Kompendium: „Dreidimensionale Bildgebung<br />
in der Implantologie“<br />
Ort: Institut Bildung und Wissenschaft der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz, Langenbeckstr. 2, 55131 Mainz<br />
Fortbildungspunkte: 4<br />
Kursnr.: 098116<br />
Teilnahmegebühr: € 150,00<br />
Referent: Prof. Dr. Nikolaus Behneke (Mainz)<br />
Dr. Alexandra Behneke (Mainz)<br />
August 2009 – November 2009<br />
Fortbildungslehrgang zur Zahnmedizinischen Prophylaxe-<br />
assistentin (ZMP)<br />
Ort: Institut Bildung und Wissenschaft der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz, Langenbeckstr. 2, 55131 Mainz und<br />
Universitäts- und Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten<br />
Kursnr.: 098211<br />
Teilnahmegebühr: € 2 250,00<br />
Dauer: ca. 400 Unterrichtsstunden<br />
Anmeldeschluss: 20.06.2009<br />
Oktober 2009 – Februar 2010<br />
Fortbildungslehrgang zur Zahnmedizinischen Verwaltungsassistentin<br />
(ZMV)<br />
Ort: Institut Bildung und Wissenschaft der Landeszahnärztekammer<br />
Rheinland-Pfalz, Langenbeckstr. 2, 55131 Mainz und<br />
externes EDV-Schulungszentrum<br />
Kursnr.: 098212<br />
Teilnahmegebühr: € 2 250,00<br />
Dauer: ca. 420 Unterrichtsstunden<br />
Anmeldeschluss: 20.06.2009
zb_soziale aktion<br />
10 Jahre „ARZT-UND ZAHNARZTHILFE KENYA e.V. “<br />
1999 wurde in Sömmerda (Thüringen) der Verein von engagierten Zahnärzten mit dem Ziel, Not leidende Menschen<br />
zahnärztlich zu versorgen, gegründet. Slumgebiete in Nairobi und Nakuru und das ländliche Gebiet um den Victoriasee<br />
wurden zum Einsatzgebiet gewählt, weil hier auf bestehende Strukturen der Franziskaner zurückgegriffen<br />
werden konnte und Hilfe in vielerlei Hinsicht bitter nötig ist.<br />
Flexibilität und Einfallsreichtum<br />
sind auch heute jederzeit notwendig.<br />
Nicht weniger als acht Zahnstationen<br />
sind mittlerweile durch die<br />
AZHK in Kenia eingerichtet worden. Den<br />
kenianischen Verhältnissen angepasste,<br />
einfach zu wartende, neue und luftgesteuerte<br />
Behandlungseinheiten sind in<br />
allen Stationen installiert.<br />
Erst im Frühjahr haben der Vorsitzende<br />
des Vereins, Hans Joachim Schinkel, und<br />
der Dentaltechniker Torsten Rauch von<br />
der Henry Schein Gruppe, neue Stationen<br />
im St. Monika Hospital Kisumu und<br />
im ländlichen Gebiet von Kaplomboi eingerichtet,<br />
neue Einheiten aufgebaut und<br />
auch in den anderen Stationen umfangreiche<br />
Ausbauten und Reparaturen vorgenommen.<br />
Torsten Rauch hat in all den<br />
Jahren fast jedes Jahr einen Teil seines<br />
Jahresurlaubs geopfert, um die Technik<br />
zu installieren und zu warten. Sein Arbeitgeber,<br />
die Henry Schein Gruppe, die<br />
zu einem wichtigen Sponsor des Vereins<br />
geworden ist, gibt ihm jährlich eine Woche<br />
Sonderurlaub.<br />
Der Verein verwirklicht immer mehr sein<br />
Grundprinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“. Es<br />
wird konsequent die Förderung der Ausbildung<br />
von einheimischen „Oral Health<br />
Officern“ und Zahntechnikern vorangetrieben.<br />
Ein zweiter Studienplatz für<br />
Zahnmedizin für eine geeignete Franziskanernonne<br />
ist ausgeschrieben. Die<br />
Fahrzeuge für die mobilen Einsätze werden<br />
teilweise ausgetauscht und erneuert.<br />
In dem Patenschafts-Programm werden<br />
nunmehr 370 Waisenkinder betreut<br />
und mit allem versorgt, was sie zum Leben<br />
und zur Ausbildung brauchen. Auch<br />
hier kommt die Hilfsbereitschaft direkt<br />
an. Da der Verein schon über 70 Kinder,<br />
die unter unwürdigen Bedingungen litten,<br />
in einem Interimsprogramm übernommen<br />
hat, werden dringend weitere<br />
Pateneltern gesucht, die bereit sind,<br />
einem Kind für einen Betrag von 370<br />
Euro, Lebensperspektiven zu geben.<br />
In sechs der eingerichteten Zahnarztpraxen<br />
arbeiten kenianische Oral Health<br />
Officer. Es besteht aber weiterhin immer<br />
noch Bedarf an Kolleginnen und Kollegen,<br />
die diese einmalige Erfahrung des<br />
direkten Helfens erleben wollen. Neben<br />
den leider meist erforderlichen Notversorgungen<br />
haben wir Präventionsprogramme<br />
einschließlich der Behandlung<br />
der Kinder mit mobilen Einheiten oder<br />
direkt in den Praxen begonnen. Ein<br />
weiterer Schwerpunkt wird die künftige<br />
Kooperation mit der in Gründung befindlichen<br />
medizinisch ausgerichteten<br />
Uzima-Universität in Kisumu sein.<br />
Zur diesjährigen Jahreshauptversammlung<br />
in Dresden am 26. September lädt<br />
der Verein neben den Vereinsmitgliedern<br />
und Sponsoren alle Interessierten ein,<br />
die den Verein in seinen Zielen unterstützen<br />
möchten und sich für die einzelnen<br />
Projekte interessieren. Als Gast<br />
werden wir die von uns geförderte Zahnmedizinstudentin<br />
und Franziskanerin Sr.<br />
Fabienne begrüßen.<br />
Detaillierte Informationen gibt es im Internet<br />
unter www.azhk.de, oder direkt<br />
bei der Vereins-Geschäftsstelle:<br />
Arzt- und Zahnarzthilfe Kenya e. V.<br />
Bahnhofstr.21, 99630 Sömmerda<br />
Tel 03634/621079<br />
Fax 03634/39313<br />
Dr. Peter Dierck<br />
2. Vorsitzender AZHK<br />
zahnärzteblatt 02 2009<br />
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praxis<br />
Die Intraligamentäre Anästhesie