18 3/2003 investment ideas Colin Hawker (51), Banker, Marathonläufer und Fundraiser beim Training. Erreicht er beim Jungfrau-Marathon das Ziel, fliessen Spenden an soziale Institutionen. colin.hawker@credit-suisse.com Foto: Walter Bieri
Colin rennt Jeder kennt die Jungfrau. Ein majestätischer Berg im Berner Oberland. 4158 Meter über Meer. 3591 Meter tiefer liegt Interlaken. Dort unten versammeln sich jedes Jahr im Herbst Hunderte und Aberhunderte zum Jungfrau-Marathon. Junge, Alte, Frauen, Männer, drahtige und weniger drahtige Personen. Alle wollen sie den Berg bezwingen. Colin Hawker auch. Obwohl der Marathonlauf nach der Jungfrau benannt ist, führt er nicht ganz hinauf. Wäre ohne Seil, Pickel und Steigeisen auch gar nicht möglich. Das Ziel liegt zu Füssen der Jungfrau in der Gegend der Kleinen Scheidegg und der höchste Punkt, den die Läufer passieren, auf 2205 Meter an der Zunge des Eigergletschers. Alles zusammen ergibt die übliche Marathondistanz von 42,195 Kilometern und eine absolut unübliche Start/Ziel-Höhendifferenz von 1823 Metern. «Das Ziel», sagt Colin mit Blick auf seine Landsleute in UK, «liegt über 1000 Fuss höher als der Ben Nevis.» Und Ben Nevis, ein kleiner Bruder der Jungfrau, ist immerhin der höchste Berg Grossbritanniens. Colin Hawker gehört rein äusserlich betrachtet zweifellos zu den drahtigen Läufern. Ideales Läuferprofil sozusagen: 1,75 Meter gross, 70 kg schwer, 51jährig, wenig Haare und damit extrem nahe an den Idealmassen der Windschlüpfrigkeit. Gesunde Ernährung, Nichtraucher, Teetrinker, positive Lebenseinstellung. Fast könnte man sagen, der Mann hat all das, was es braucht, um den Jungfrau- Marathon zu gewinnen. Aber Colin Hawker ist Brite. Deshalb hält er es mit einer ur-englischen Maxime: «Mitmachen ist wichtiger als siegen.» Doch er weiss auch, dass jemand wie er, der mit absoluter Sicherheit keinen der ersten drei Plätze und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch keinen der ersten 500 Plätze holen wird, gleichwohl ein Sieger sein kann. ansicht Denn Sieg oder Nicht-Sieg ist eine Frage der Zielsetzung. Für den Banker, der bei der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> in Zürich den Bereich Fund Execution leitet, heisst das Ziel eben nicht 2 Stunden, 53 Minuten und 28 Sekunden, denn das hiesse beim Jungfrau Marathon: Platz 1. Für Colin heisst das Ziel eine Laufzeit von weniger als 6 Stunden und 30 Minuten. Wenn er das schafft, gilt er als klassiert. Schafft Colin Schafft Colin Hawker den Jungfrau-Marathon, müssen alle zahlen. Nicht ihn – ihm bleibt nur die Erschöpfung. Und stille Freude. es nicht, ist er ausgeschieden. Und das wäre fatal. Denn der eigentliche Zweck seiner Teilnahme am Jungfrau Marathon besteht darin, Spenden für soziale Zwecke zu sammeln. Und das macht Colin Hawker auf eine sehr britische Art. Alle seine Arbeitskollegen in Zürich und London, aber auch seine Freunde, Bekannten oder Verwandten haben die Möglichkeit auf ihn zu setzen. Glauben sie, dass ihr Marathon Man innerhalb der vorgeschriebenen Zeit ins Ziel kommt, müssen sie zahlen. Und zwar jenen Betrag, den sie zuvor auf ihn gesetzt haben. So kommt ein hübsches Sümmchen zusammen, denn Colin ist ein sehr hartnäckiger Fundraiser. In Grossbritannien hat er schon mehrmals am London Marathon und an lokalen Läufen teilgenommen und geholfen, das Spendenkonto sozialer Institutionen zu füllen. Für den Jungfrau-Marathon hat Colin das System verfeinert. Seinen Supportern in der Schweiz schlägt er vor, die Multiple Sklerose Gesellschaft zu unterstützen; jenen in Grossbritannien empfiehlt er die «Helen Rollason Cancer Care Charity», deren Gründerin er persönlich kannte. Normalerweise gelingt es Colin Hawker, pro Rennen gegen 10'000 Franken zu sammeln. Diesmal hofft er einen neuen Spendenrekord zu erzielen. Sollte möglich sein, schliesslich geht beim Jungfrau-Marathon ja alles aufwärts. – Also, Colin, Kopf runter und dann hinauf, hinauf und hinauf! Urs Thaler 19 3/2003 investment ideas