25.02.2013 Aufrufe

Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF

Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF

Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

MIP 2010 16. Jahrgang Maximilian Eßer – Vertrauen ist gut, Nachzählung ist besser <strong>Aufsätze</strong><br />

2005 eingesetzt wurden 108 . Dem Wahlfehler<br />

komme schon keine Mandatsrelevanz zu, da der<br />

Einsatz von Wahlcomputern trotz unzureichender<br />

Ausgestaltung der rechtlichen Grundlagen als<br />

solcher das Wahlergebnis nicht beeinflusst<br />

habe 109 . Selbst wenn man Mandatsrelevanz unterstellen<br />

würde, ergebe sich kein anderes Ergebnis,<br />

da nach dem Gebot des geringstmöglichen<br />

Eingriffs 110 das Interesse am Bestandsschutz der<br />

gewählten Volksvertretung die „allenfalls als<br />

marginal“ 111 einzustufenden Auswirkungen des<br />

Wahlfehlers überwiege. Da jegliche Hinweise<br />

auf Manipulationen fehlten und der festgestellte<br />

Verfassungsverstoß nicht vorsätzlich, sondern<br />

bei noch ungeklärter Rechtslage erfolgte, erscheine<br />

der Fortbestand der gewählten Volksvertretung<br />

nicht unerträglich 112 .<br />

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der dem<br />

Einsatz von Wahlcomputern innewohnende Ausschluss<br />

der Öffentlichkeit der Wahl gerade dazu<br />

führt, dass nicht nachgeprüft werden kann, ob es<br />

tatsächlich zu Zählfehlern oder Manipulationen<br />

gekommen ist 113 . Angesichts des knappen Wahlergebnisses<br />

114 stellen die zwei Millionen mittels<br />

Wahlcomputer abgegebenen Stimmen 115 eine erhebliche<br />

Zahl dar, so dass durchaus die Mandatsrelevanz<br />

bejaht werden kann. Zudem erscheint<br />

bedenklich, dass das Interesse am Bestandsschutz<br />

des gewählten Bundestages höher wiegen<br />

soll als das verfassungsrechtliche Prinzip der Öffentlichkeit<br />

der Wahl, welches die Legitimität<br />

der gewählten Volksvertretung gewährleistet.<br />

Nicht zuletzt ist zu berücksichtigen, dass die<br />

Wahl nicht im gesamten Bundesgebiet, sondern<br />

108 BVerfG, 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 Rn. 158.<br />

109 Vgl. BVerfG, 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 Rn. 159.<br />

110 Vgl. BVerfG, 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 Rn. 161.<br />

111 BVerfG, 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 Rn. 162.<br />

112 Vgl. BVerfG, 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 a.a.O.<br />

113 Vgl. Will, in: NVwZ 2009, 700 (702).<br />

114 CDU/CSU erhielten lediglich 436.384 Stimmen mehr<br />

als die SPD, vgl. das amtliche Endergebnis unter http://<br />

www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_<br />

BUND_05/ergebnisse/bundesergebnisse/b_tabelle_99.<br />

html (Abrufdatum: 06.01.2010).<br />

115 Dies entspricht bei einer Wahlbeteiligung von 77,7 %<br />

und ca. 61,9 Millionen Wahlberechtigten einem Anteil<br />

von mehr als 4 % der abgegebenen Stimmen; vgl. Patella,<br />

in: Jura 2009, 776 (780).<br />

lediglich in den betroffenen Wahlkreisen hätte<br />

wiederholt werden müssen 116 .<br />

IV. Die Zukunft verfassungskonformer Wahlcomputer<br />

In seinem Urteil stellt das BVerfG klar, dass der<br />

Gesetzgeber nicht gehindert sei, bei Wahlen<br />

elektronische Wahlgeräte einzusetzen, sofern die<br />

verfassungsrechtlich gebotene Möglichkeit einer<br />

zuverlässigen Richtigkeitskontrolle gesichert<br />

ist 117 . Es regt mehrere Kontrollverfahren an, bei<br />

denen die Stimmen unabhängig von ihrer elektronischen<br />

Speicherung auch in Papierform erfasst<br />

werden, wie etwa den Ausdruck eines für<br />

den Wähler sichtbaren Papierprotokolls 118 , die<br />

Verwendung eines digitalen Wahlstiftes 119 oder<br />

eines Stimmzettel-Scanners 120 . Hierbei sei sichergestellt,<br />

dass die Wähler ihre Stimmabgabe<br />

beherrschen und dass das Wahlergebnis auch<br />

ohne besonderes Vorwissen zuverlässig nachgeprüft<br />

werden kann. Allerdings sind die genannten<br />

Techniken keinesfalls unumstritten 121 . So kann<br />

ein paralleler Stimmzettelausdruck die Manipulationsrisiken<br />

zwar reduzieren, aber nicht ausschließen<br />

122 . Allenfalls durch Abgleich des elektronisch<br />

ausgezählten Ergebnisses mit dem Ergebnis,<br />

welches durch späteres Nachzählen der<br />

116 So auch der Antrag der Beschwerdeführer, vgl.<br />

BVerfG, 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 Rn. 45, 65, 74.;<br />

ebenso Patella, in: Jura 2009, a.a.O.<br />

117 Vgl. BVerfG, 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 Rn. 121.<br />

118 sog. „voter verified paper audit trail“ (VVPAT), vgl.<br />

Sietmann, c’t, 20/2006, 86 (92).<br />

119 Zur Funktionsweise vgl. Khorrami, Bundestagswahlen<br />

im Internet, 2006, S. 30; Sietmann, c’t 6/2006, 90;<br />

Schönau, Elektronische Demokratie, 2007, S. 52.<br />

120 BVerfG, 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 Rn. 121.<br />

121 So wurde auf den geplanten Einsatz von digitalen<br />

Wahlstiften wegen erheblicher Sicherheitsrisiken bei<br />

den Hamburger Bürgerschaftswahlen am 24.2.2008<br />

verzichtet, vgl. Will, CR 2008, 540 mit Fn. 4. Nach bisherigen<br />

Erfahrungen führen auch Wahlzettel-Scanner<br />

überwiegend zu fehlerhaften Ergebnissen, Will, in:<br />

NVwZ 2009, 700 (702) m.w.N.<br />

122 So ist auch eine Manipulation denkbar, bei der das<br />

Wahlgerät so programmiert wird, dass zwar der Stimmzettelausdruck<br />

die wirkliche Wahlentscheidung wiedergibt,<br />

jedoch im internen Stimmspeicher eine manipulierte<br />

Stimme abgelegt wird, vgl. Will, in: NVwZ 2009,<br />

700 (701); ders., in: CR 2008, 540 (542).<br />

77

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!