Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
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<strong>Aufsätze</strong> Johannes N. Blumenberg/Manuela S. Kulick – Zur Perspektive der SPD nach der Bundestagswahl 2009 MIP 2010 16. Jahrgang<br />
eine vorhandene Parteiidentifikation jedoch<br />
nicht, dass Wähler stets für die gleiche Partei votieren.<br />
Beispielsweise können Koalitionsüberlegungen<br />
einen taktischen Wähler trotz starker<br />
Parteiidentifikation dazu bewegen, seine Stimme<br />
einer anderen Partei zu geben. 13<br />
Neben der Parteiidentifikation wirken sich weiterhin<br />
Issue- und Kandidatenorientierung auf die<br />
Wahlentscheidung aus, wobei der langfristige<br />
Faktor Parteiidentifikation auch Einfluss auf diese<br />
beiden kurzfristigen Faktoren hat. Es ist davon<br />
auszugehen, dass Personen mit einer starken<br />
Parteiidentifikation auch die Kandidaten und<br />
Themen „ihrer“ Partei eher positiv bewerten.<br />
Selbst bei Wahlen wo sie bei Sachfragen oder<br />
mit der Kandidatenkür nicht einverstanden sind,<br />
wird in den meisten Fällen die vorhandene Parteiidentifikation<br />
sie dennoch dazu veranlassen<br />
„ihre“ Partei zu wählen. 14<br />
Wichtige Themen bei der Bundestagswahl waren<br />
unter anderem die Arbeitslosenzahlen und die<br />
Wirtschaftskrise. Allerdings nahm die Wirtschafts-<br />
und Finanzkrise einen weitaus geringeren<br />
Stellenwert ein, als aufgrund des tatsächlichen<br />
Umfangs der Krise zu erwarten gewesen<br />
wäre. 15 Dies lässt sich mit dem persönlichen<br />
Empfinden der Menschen erklären. Trotz Rückgang<br />
des Bruttoinlandsproduktes, Pleiten großer<br />
Firmen wie Arcandor, Karmann oder Schiesser,<br />
bekam die Masse der Bevölkerung die wahren<br />
Ausmaße der Krise nicht direkt zu spüren. Dies<br />
ist den weitreichenden Konjunkturpaketen der<br />
Bundesregierung zu verdanken. So konnte bei-<br />
13 Ein Beispiel ist das Splitten von Erst- und Zweitstimme,<br />
wenn eine Parteiidentifikation zugunsten einer<br />
kleineren Partei vorhanden ist, diese aber keine Chance<br />
auf das Direktmandat im Wahlkreis hat. Ebenso geben<br />
taktische Wähler mit einer Parteiidentifikation für die<br />
Union teilweise ihre Stimme der FDP um eine bürgerliche<br />
Mehrheit herbeizuführen.<br />
14 Brettschneider, Frank (2001): Candidate-Voting. Die<br />
Bedeutung von Spitzenkandidaten für das Wählerverhalten<br />
in Deutschland, Großbritannien und den USA<br />
von 1960 bis 1998. In: Klingemann, Hans-Dieter/Kaase,<br />
Max (Hrsg.): Wahlen und Wähler - Analysen aus<br />
Anlass der Bundestagswahl 1998, Wiesbaden, S. 361f.<br />
15 Neu, Viola (2009): Bundestagswahl in Deutschland am<br />
27. September 2009. Konrad-Adenauer-Stiftung<br />
(Hrsg.): http://www.kas.de/wf/de/33.18443<br />
, S. 33f.<br />
62<br />
spielsweise durch das Kurzarbeitergeld die Zahl<br />
der Arbeitslosen niedrig gehalten werden und<br />
aufgrund der Abwrackprämie parkte vor vielen<br />
Haushalten trotz der Krise ein neues Auto. Des<br />
Weiteren wurde vor der Wahl über die Beteiligung<br />
der Bundeswehr in Afghanistan diskutiert<br />
sowie die Frage nach mehr Sozialleistungen verbunden<br />
mit höheren Steuern, bzw. weniger Sozialleistungen<br />
und weniger Steuern aufgeworfen.<br />
Um zu entscheiden, inwieweit die ehemaligen<br />
SPD-Wähler von der SPD zurückgewonnen werden<br />
können, müssen die Faktoren, die zu der<br />
endgültigen Wahlentscheidung gegen die SPD<br />
geführt haben, untersucht werden. Dabei wird<br />
auf zwei Bereiche eingegangen: Kandidaten und<br />
Issues. Die Parteiidentifikation kann an dieser<br />
Stelle nicht untersucht werden, da die Gruppenbildung<br />
(kurzfristig abgewanderte Wähler und<br />
verlorene Wähler) unter anderem mit Hilfe dieser<br />
Variable vorgenommen wurde. Eine mögliche<br />
Korrelation würde durch sich selbst entstehen.<br />
1. Kandidaten<br />
Aufgrund der Abnahme der Parteiidentifikation<br />
und einer daraus resultierenden Zunahme der<br />
Relevanz der beiden kurzfristigen Faktoren,<br />
nimmt die Personalisierung der Wahlkämpfe immer<br />
mehr zu. Als neu ist diese Entwicklung jedoch<br />
nicht zu bezeichnen. Bereits 1953 warb die<br />
CDU mit Wahlkampfplakaten, auf denen ein<br />
Bild ihres Kanzlers Konrad Adenauer abgebildet<br />
war. Unwichtig waren Personen im politischen<br />
Geschehen also nie. Dies liegt auch in den Inhalten<br />
der Politik begründet, welche aufgrund ihres<br />
Maßes an Abstraktion und ihrer teilweisen Ferne<br />
vom täglichen Leben nicht immer einfach zu<br />
vermitteln sind. Für die Wähler wird die Politik<br />
in Folge oftmals besser verständlich, wenn sie<br />
Kandidaten mit bestimmten Inhalten in Verbindung<br />
bringen können und diese dann für eine bestimmte<br />
Position stehen. In den letzten Jahren ist<br />
in diesem Zusammenhang eine Zunahme der<br />
Wichtigkeit der Spitzenkandidaten für die Wahlentscheidung<br />
zu beobachten; waren die Kandidaten<br />
zur Bundestagswahl 2005 nur für 19 Prozent<br />
der Wähler wahlentscheidend, so stieg der Anteil