Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
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MIP 2010 16. Jahrgang Johannes N. Blumenberg/Manuela S. Kulick – Zur Perspektive der SPD nach der Bundestagswahl 2009 <strong>Aufsätze</strong><br />
Dieses auf die Unterscheidung zwischen loyalen<br />
und ehemaligen Wählern bezogene Ergebnis<br />
lässt sich weiter übertragen auf die Vergleichsgruppen<br />
– kurzfristige und dauerhaft verlorene<br />
Wähler. Das Ergebnis, dass besonders jüngere<br />
Wähler für die SPD dauerhaft verloren gingen,<br />
wird dabei noch einmal unterstützt. So sind von<br />
den jüngeren Wählern fast zwei Drittel dieser<br />
Kategorie zuzuordnen. Auch hier kehrt sich das<br />
Verhältnis bei den älteren Wählern um. Diese<br />
stehen folglich zu einem relativ großen Anteil<br />
weiterhin für die SPD als Wählerpotential zur<br />
Verfügung.<br />
Ebenfalls signifikant (p = 0,000) ist der Zusammenhang<br />
(Cramers V = 0,182) bei der Links-<br />
Rechts-Selbst-Einstufung der Befragten. Wie<br />
Abbildung 2 zeigt, weisen die ehemaligen SPD-<br />
Wähler nicht nur eine wesentlich größere Varianz<br />
in ihrer Selbsteinstufung auf, sondern neigen<br />
auch im arithmetischen Mittel eher zu einer linken<br />
Position. Bemerkenswert ist gleichsam das<br />
75% Perzentil, nach dem sich 25% der ehemaligen<br />
SPD-Wähler im Bereich 6 und mehr, also im<br />
Abschnitt Mitte-Rechts, einordnen. Sofern man<br />
der Selbsteinstufung Glauben schenkt, sind die<br />
Verluste der SPD demnach auf alle Flügel verteilt.<br />
Bei der stärkeren Unterteilung der ehemaligen<br />
SPD-Wähler zeigt sich kein Unterschied<br />
zwischen den beiden gebildeten Vergleichsgruppen.<br />
Abb. 2: Links-Rechts-Selbsteinstufung<br />
Quelle: GLES, eigene Zusammenstellung.<br />
Es ist zu folgern, dass sich die Wähler der SPD<br />
auch in Konkurrenz zur Linken weiterhin als<br />
Mitte-Links ansehen. Bestrebungen der Partei<br />
DIE LINKE der SPD eine stärker sozialistisch<br />
ausgeprägte Politik aufzudrängen um die verlorenen<br />
Wähler zurück zu gewinnen, dürften demnach<br />
nicht von Erfolg gekrönt sein. Nach den Ergebnissen<br />
der Links-Rechts-Selbsteinstufung<br />
könnte dies sogar zu einem gegenteiligen Effekt<br />
führen.<br />
III. Analyse der ehemaligen SPD-Wählerschaft<br />
Welcher Partei ein Wähler sein Kreuz in der<br />
Wahlkabine gibt, kann verschiedene Gründe haben.<br />
Nach dem Modell der Michigan-School in<br />
Ann Arbor wird deshalb versucht „die Stimmabgabe<br />
einer Person auf deren politische Einstellungen<br />
und Wahrnehmungen zurückzuführen.“ 10<br />
Es wird davon ausgegangen, dass drei Faktoren<br />
einen wesentlichen Einfluss auf das Wahlverhalten<br />
haben. Die Parteiidentifikation, als eine langfristige<br />
und stabile Bindung einzelner Wähler an<br />
eine bestimmte Partei, steht dabei an erster Stelle.<br />
Sie ist unabhängig von kurzfristigen Einflüssen,<br />
stabilisiert sich durch wiederholte Wahl für<br />
dieselbe Partei und ändert sich, nachdem sie einmal<br />
erworben wurde, nur in Ausnahmefällen.<br />
Die Parteiidentifikation, welcher auch systemstabilisierende<br />
Effekte nachgesagt werden, ist der<br />
einflussreichste der drei Faktoren des Ann-Arbor-Modells.<br />
11 Allerdings ist die Parteiidentifikation<br />
bei beiden deutschen Volksparteien rückläufig.<br />
So verfügten bei der Bundestagswahl 2005<br />
nur noch je ein Viertel der Wähler der Union<br />
bzw. SPD über eine ausgeprägte Parteiidentifikation<br />
zu ihrer Partei. 12 Nichtsdestotrotz bedeutet<br />
10 Schoen, Harald/Weins, Cornelia (2005):Der sozialpsychologische<br />
Ansatz zur Erklärung von Wahlverhalten.<br />
In: Falter, Jürgen W./Schoen, Harald (Hrsg.): Handbuch<br />
Wahlforschung, Wiesbaden, S. 199f.<br />
11 Gabriel, Oscar W. (1997):Parteiidentifikation, Kandidaten<br />
und politische Sachfragen als Bestimmungsfaktoren<br />
des Parteienwettbewerbs. In: Gabriel, Oscar W. /<br />
Niedermayer, Oskar/Stöss, Richard: Parteiendemokratie<br />
in Deutschland, Wiesbaden, S. 237f.<br />
12 Holtmann, Everhard (2006): Repräsentation des Volkes<br />
durch Volksparteien? Nach wie vor hohes Maß an<br />
Parteiidentifikation. In: Jesse, Eckhard/Sturm, Roland<br />
(Hrsg.): Bilanz der Bundestagswahl 2005. Voraussetzungen,<br />
Ergebnisse, Folgen, Wiesbaden, S. 216f.<br />
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