Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF

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25.02.2013 Aufrufe

Aufsätze Rati Bregadze – Die Probleme der Parteimitgliedschaft im Falle der mehrfachen Staatsangehörigkeit MIP 2010 16. Jahrgang Partei nicht ausdrücklich verboten, aber es wird nur das Recht der wahlberechtigten Staatsangehörigen erwähnt. 14 Da sowohl nach russischem, als auch nach georgischem Recht die Partei als freiwillige Vereinigung der Staatsangehörigen verstanden wird, kann im Prinzip der Beitritt des Mitglieds einer russischen Partei auch in einer georgischen nicht als Mitgliedschaft in einer anderen politischen Partei verstanden werden, denn die georgische Partei im Sinne des Parteiengesetzes der RF ist keine politische Partei, sondern eine freiwillige Vereinigung der Ausländer im Ausland. Überdies kann diese in Russland nicht an Wahlen teilnehmen und steht daher auch mit keiner russischen politischen Partei im Wettbewerb. Daraus folgt, wenn es auch politisch inakzeptabel sein sollte, dass die oben beschriebene Konstellation möglich ist und nicht als Verstoß gegen die gesetzliche Forderung, Mitglied nur einer Partei zu sein, qualifiziert werden kann. In einem solchem Fall hat die Person in zwei Parteien die Mitgliederbeiträge zu zahlen, aber es ist zu betonen, dass die Mitgliedschaft einen freiwilligen Akt darstellt. Das Doppelmitglied kann in beiden Ländern Einfluss auf das Geschehen in der Partei bei der Erarbeitung des politischen Programms, dem bei der Artikulierung politischer Zielvorstellungen ein weitreichendes Gewicht auf die politische Willensbildung des Volkes und Willensbildung der staatlichen Organe zukommt, bei der Auflösung, parteiinternen Wahlen, Aufstellung von Kandidaten für Wahlen und auch bei anderen Angelegenheiten ausüben. Für die aktiven Mitglieder eröffnen sich relativ schnell auch die Einwirkungsmöglichkeiten auf die Mandatsträger, die für ihre Wiedernominierung auf die aktive Unterstützung in der Partei angewiesen sind. Einerseits kann das als positive Seite bezeichnet werden, weil dadurch eine Möglichkeit der aktiven Mitwirkung von Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit an der politischen Willensbildung des Volkes in beiden Staaten entsteht, aber andererseits ist zu betonen, dass die Chance der gleichzeitigen Mitgliedschaft einer Person in den politischen Parteien 14 Art. 5 Art.8 des Organischen Gesetzes Georgiens über die politischen Vereinigung der Bürger vom 31.10.1997. 54 der Staaten, die gegeneinander vor kurzem Krieg geführt und bis heute eine äußerst angespannte Beziehungen haben, das Risiko für die Ausnutzung von der Seite der staatlichen Stellen vergrößert, und dadurch auch eine potenzielle Gefahr für die Sicherheit des betroffenen Staates darstellt. Das wäre besonders dann der Fall, wenn die Person in einem Land Mitglied der regierenden Partei wäre. Normalerweise werden die neuen Mitglieder freudig begrüßt und diese Freude ist übrigens echt, denn jedes neues Mitglied stärkt die Vertretung des Ortsvereins in höheren Parteigliederungen. 15 Von dem Zuwachs profitieren Parteien finanziell, es steigt auch das politische Gewicht und verbessert die Chancen für den Erfolg bei den Wahlen. Aber in dem oben beschriebenen Fall ist davon auszugehen, dass es sich hier um eine außergewöhnliche Situation handelt, die sowohl von dem Staat, als auch von den Parteien eine entsprechende Lösung benötigt. Die Vermeidung solcher „doppelten Mitgliedschaften“ könnte die Probleme verringern, wobei die Verwirklichung der Vermeidung wiederum Fragen aufwirft. Die Meinung, nach der die damit verbundene Schmälerung der Rechte der Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit mit dem im Art. 6 der Verfassung der Russischen Föderation verankerten Einheitsprinzip unvereinbar sei16 ist zweifelhaft. Denn selbst die Verfassung lässt die Ausnahmen zu die dann als lex specialis gelten. 17 In Russland hat der Gesetzgeber von der Möglichkeit einer Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht und dadurch, wenn auch unabsichtlich, 15 Colberg E., Männle U., Kleine Fibel für die politische Praxis, München 1974. S. 20. 16 Karpovich V. D. (Hrsg.)Komentarii k konstitucii rosiiskoi federacii (Kommentar zur Verfassung der Russischen Föderation). Moskau 2000. S. 414. 17 Art. 62. Abs. 3 Verfassung der Russischen Föderation vom 12.12.1993. Besitzt ein Bürger der Rußländischen Föderation die Staatsangehörigkeit eines ausländischen Staates, so schmälert dies nicht seine Rechte und Freiheiten und befreit ihn nicht von den sich aus der rußländischen Staatsangehörigkeit ergebenden Pflichten, wenn nicht ein anderes durch Bundesgesetz oder völkerrechtlichen Vertrag der Rußländischen Föderation vorgesehen ist.

MIP 2010 16. Jahrgang Rati Bregadze – Die Probleme der Parteimitgliedschaft im Falle der mehrfachen Staatsangehörigkeit Aufsätze Schritte in Richtung Vermeidung von Parteimitgliedschaften von Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit gemacht: Nach dem russischen Recht haben Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit kein passives Wahlrecht inne. 18 Mit dem Ausschluss dieser Personengruppe aus den potentiellen Volksvertretern schwindet auch die Motivation des Beitritts zur politischen Partei. V.V. Kara-Murza, der neben der russischen auch die Staatsangehörigkeit des Vereinigten Königreichs und Nordirlands besaß und deshalb nicht zu Wahlen kandidieren konnte, erhob gegen die benannte Regelung Klage vor dem Verfassungsgericht. Dieses teilte hielt die Vorschrift für verfassungsgemäß und führte dazu aus: „Für die Person, die neben der russischen auch die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates besitzt, ist wegen ihrer aus der Verfassung und sonstigen Gesetzen ergebenden Pflichten vom jeweiligen Staat, die Bedeutung der Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation, als politisch-rechtlicher Ausdruck der Werte der Verbindung mit dem Vaterland, vermindert. Im Fall der Wahl zum Abgeordneten in einem Volksvertretungsorgan, kann seine Willensäußerung nicht nur von Interessen der Verfassungsordnung und Volkes der Russischen Föderation, sondern auch von den Verpflichtungen, die sich aus seiner Zugehörigkeit zum anderen Staate ergeben, bestimmt werden. Überdies widerspricht die formal-juristische oder faktische Unterwerfung des Abgeordneten neben dem souveränen Willen des russischen auch dem Willen des anderen Volkes, mit den Prinzipien des freien Mandats und staatlichen Souveränität und stellt die Hoheit der Verfassung der Russischen Föderation in Frage.“ 19 18 Art. 4 Abs. 3.1 des Föderalen Gesetzes der Russischen Föderation über die Garantien des Wahlrechts der Staatsangehörigen der Russischen Föderation und des Rechts der Teilnahme an Volksabstimmungen vom 12.06.2002. 19 Определение Конституционного Суда Российской Федерации от 4 декабря 2007 г. N 797-О-О "Об отказе в принятии к рассмотрению жалобы гражданина Кара-Мурзы Владимира Владимировича на нарушение его конституционных прав положением пункта 3 1 статьи 4 Федерального закона "Об основных гарантиях избирательных прав и права на участие в референдуме граждан Российской Федерации" Das georgische Recht, im Unterschied zum russischen, kennt keine, sowohl unmittelbare, als auch mittelbare Beschränkung der politischen Rechte der Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit. Dieser These könnte Art. 70 Abs. 2 der Verfassung Georgiens gegenüberstellt werden, 20 aus dem folgt, dass Personen, die die georgische Staatsangehörigkeit durch Naturalisierung erworben haben, in Georgien bei Präsidentschaftswahlen nicht kandidieren dürfen. Das wäre jedoch ein schwaches Argument, denn diese Bestimmung ist im Unterschied zur russischen nicht direkt auf Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit gerichtet, sondern begrenzt auch das Recht der Personen die nur die georgische Staatsangehörigkeit besitzen. In der politischen Praxis Georgiens bekommen die Bürger mit doppelter Staatsangehörigkeit reale Chancen, in der Politik aktiv zu werden. Ein klares Beispiel dafür ist auch die jetzige Botschafterin Georgiens in der Bundesrepublik Deutschland, Gabriella von Habsburg und auch Salome Zurabishvili, die Botschafterin Frankreichs in Georgien, die später zur georgischen Außenministerin ernannt wurde. 21 Da die Verfassung Georgiens keine Möglichkeit für die Schmälerung der Rechte der Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit vorsieht, ist es die Sache der Parteien, solche Fälle der gleichzeitigen Mitgliedschaft zu vermeiden. Dafür ist es unerlässlich, dass die Personen von den für die Aufnahme von neuen Parteimitgliedern zuständigen Parteimitglieder vor der Aufnahme da- Опубликовано 26 декабря 2007 г. www.rg.ru (Der Beschluß des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation vom 04. 12. 2007. N 797 – O-O „ Über die Nichtzulassung der Beschwerde des Bürgers V. V. Kara-Murza betr. Verlezung seiner Verfassungsrechte durch die Bestimmung des Art. 4Abs. 31 des Föderativen Gesetzes über die grundlegenden Garantien des Wahlrechts und des Rechts der Teilnahme der Bürger am Referendum“ 20 Art. 70 Abs. 2: Wählbar ist, wer das Wahlrecht besitzt, Staatsbürger Georgiens von Geburt ist und das 35. Lebensjahr vollendet hat, wenigstens 15 Jahre in Georgien gelebt hat und zum Tag der Anberaumung der Wahlen in Georgien lebt. 21 Näher dazu. von Habsburg, G.: „Neue Durchblicke bekommen“ www.tagesspiegel.de (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 28.10.2009) 55

<strong>Aufsätze</strong> Rati Bregadze – Die Probleme der Parteimitgliedschaft im Falle der mehrfachen Staatsangehörigkeit MIP 2010 16. Jahrgang<br />

Partei nicht ausdrücklich verboten, aber es wird<br />

nur das Recht der wahlberechtigten Staatsangehörigen<br />

erwähnt. 14 Da sowohl nach russischem,<br />

als auch nach georgischem Recht die Partei als<br />

freiwillige Vereinigung der Staatsangehörigen<br />

verstanden wird, kann im Prinzip der Beitritt des<br />

Mitglieds einer russischen Partei auch in einer<br />

georgischen nicht als Mitgliedschaft in einer anderen<br />

politischen Partei verstanden werden, denn<br />

die georgische Partei im Sinne des Parteiengesetzes<br />

der RF ist keine politische Partei, sondern<br />

eine freiwillige Vereinigung der Ausländer im<br />

Ausland. Überdies kann diese in Russland nicht<br />

an Wahlen teilnehmen und steht daher auch mit<br />

keiner russischen politischen Partei im Wettbewerb.<br />

Daraus folgt, wenn es auch politisch inakzeptabel<br />

sein sollte, dass die oben beschriebene<br />

Konstellation möglich ist und nicht als Verstoß<br />

gegen die gesetzliche Forderung, Mitglied nur<br />

einer Partei zu sein, qualifiziert werden kann.<br />

In einem solchem Fall hat die Person in zwei<br />

Parteien die Mitgliederbeiträge zu zahlen, aber<br />

es ist zu betonen, dass die Mitgliedschaft einen<br />

freiwilligen Akt darstellt. Das Doppelmitglied<br />

kann in beiden Ländern Einfluss auf das Geschehen<br />

in der Partei bei der Erarbeitung des politischen<br />

Programms, dem bei der Artikulierung politischer<br />

Zielvorstellungen ein weitreichendes<br />

Gewicht auf die politische Willensbildung des<br />

Volkes und Willensbildung der staatlichen Organe<br />

zukommt, bei der Auflösung, parteiinternen<br />

Wahlen, Aufstellung von Kandidaten für Wahlen<br />

und auch bei anderen Angelegenheiten ausüben.<br />

Für die aktiven Mitglieder eröffnen sich relativ<br />

schnell auch die Einwirkungsmöglichkeiten auf<br />

die Mandatsträger, die für ihre Wiedernominierung<br />

auf die aktive Unterstützung in der Partei<br />

angewiesen sind. Einerseits kann das als positive<br />

Seite bezeichnet werden, weil dadurch eine<br />

Möglichkeit der aktiven Mitwirkung von Personen<br />

mit doppelter Staatsangehörigkeit an der politischen<br />

Willensbildung des Volkes in beiden<br />

Staaten entsteht, aber andererseits ist zu betonen,<br />

dass die Chance der gleichzeitigen Mitgliedschaft<br />

einer Person in den politischen Parteien<br />

14 Art. 5 Art.8 des Organischen Gesetzes Georgiens über<br />

die politischen Vereinigung der Bürger vom<br />

31.10.1997.<br />

54<br />

der Staaten, die gegeneinander vor kurzem Krieg<br />

geführt und bis heute eine äußerst angespannte<br />

Beziehungen haben, das Risiko für die Ausnutzung<br />

von der Seite der staatlichen Stellen vergrößert,<br />

und dadurch auch eine potenzielle Gefahr<br />

für die Sicherheit des betroffenen Staates<br />

darstellt. Das wäre besonders dann der Fall,<br />

wenn die Person in einem Land Mitglied der regierenden<br />

Partei wäre.<br />

Normalerweise werden die neuen Mitglieder<br />

freudig begrüßt und diese Freude ist übrigens<br />

echt, denn jedes neues Mitglied stärkt die Vertretung<br />

des Ortsvereins in höheren Parteigliederungen.<br />

15 Von dem Zuwachs profitieren Parteien finanziell,<br />

es steigt auch das politische Gewicht<br />

und verbessert die Chancen für den Erfolg bei<br />

den Wahlen. Aber in dem oben beschriebenen<br />

Fall ist davon auszugehen, dass es sich hier um<br />

eine außergewöhnliche Situation handelt, die sowohl<br />

von dem Staat, als auch von den Parteien<br />

eine entsprechende Lösung benötigt. Die Vermeidung<br />

solcher „doppelten Mitgliedschaften“<br />

könnte die Probleme verringern, wobei die Verwirklichung<br />

der Vermeidung wiederum Fragen<br />

aufwirft.<br />

Die Meinung, nach der die damit verbundene<br />

Schmälerung der Rechte der Personen mit doppelter<br />

Staatsangehörigkeit mit dem im Art. 6 der<br />

Verfassung der Russischen Föderation verankerten<br />

Einheitsprinzip unvereinbar sei16 ist zweifelhaft.<br />

Denn selbst die Verfassung lässt die Ausnahmen<br />

zu die dann als lex specialis gelten. 17<br />

In Russland hat der Gesetzgeber von der Möglichkeit<br />

einer Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht<br />

und dadurch, wenn auch unabsichtlich,<br />

15 Colberg E., Männle U., Kleine Fibel für die politische<br />

Praxis, München 1974. S. 20.<br />

16 Karpovich V. D. (Hrsg.)Komentarii k konstitucii rosiiskoi<br />

federacii (Kommentar zur Verfassung der Russischen<br />

Föderation). Moskau 2000. S. 414.<br />

17 Art. 62. Abs. 3 Verfassung der Russischen Föderation<br />

vom 12.12.1993. Besitzt ein Bürger der Rußländischen<br />

Föderation die Staatsangehörigkeit eines ausländischen<br />

Staates, so schmälert dies nicht seine Rechte und Freiheiten<br />

und befreit ihn nicht von den sich aus der rußländischen<br />

Staatsangehörigkeit ergebenden Pflichten,<br />

wenn nicht ein anderes durch Bundesgesetz oder völkerrechtlichen<br />

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