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<strong>Aufsätze</strong> Rati Bregadze – Die Probleme der Parteimitgliedschaft im Falle der mehrfachen Staatsangehörigkeit MIP 2010 16. Jahrgang der, die die deutsche und eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen, sowie 20.000 Mitglieder, die nur eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen. Diese Gruppierung wird nicht deshalb zu einer Ausländerpartei, weil sie 60.000 Mitglieder mit ausländischer Staatsangehörigkeit hat, aber nur 50. 000 Mitglieder mit deutscher Staatsangehörigkeit, denn die 40.000 Mitglieder mit deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit zählen für § 2 Abs. 3 Nr. 1 PartG als Deutsche und nicht als Ausländer. Dieses Ergebnis ist nicht ganz unproblematisch, weil damit die neben der deutschen Staatsangehörigkeit bestehende ausländische Staatsangehörigkeit dieser Parteimitglieder praktisch negiert wird, und damit der Sinn des § 2 Abs. 3 Nr. 1 PartG, nämlich die Verhinderung übermäßigen ausländischen Einflusses auf die Partei und der Schutz deutscher Parteimitglieder2 , in Frage gestellt wird. Aber der Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 1 PartG lässt wohl keine andere Lösung als die hier vertretene zu. Parteien sind politische Organisationen, die mit anderen Parteien im Wettbewerb stehen. Parteien sind, so kann man sie übertrieben bezeichnen, Kampfverbände. Die Satzungen der politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland schließen deshalb eine Doppelmitgliedschaft aus. 3 Demgemäß kann der Eintritt eines Parteimitglieds in eine zusätzlich andere Partei einen Ausschlussgrund im Sinne des § 10 Abs. 4 PartG darstellen. Für Mitglieder mit mehreren Staatsangehörigkeiten gilt insoweit keine Besonderheit. Ist das Parteimitglied (mit doppelter Staatsangehörigkeit) aber nicht nur Mitglied in einer deutschen Partei, sondern auch in einer in 2 Dolde K.-P., Die politischen Rechte der Ausländer in der Bundesrepublik, Berlin 1972, S. 23. 3 Eine interessante, aber in der Praxis nicht relevante Bestimmung enthält die Satzung der Partei »Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative« – Die PARTEI – vom 9. November 2004 in § 2 Abs. 3: Die gleichzeitige Mitgliedschaft in der PARTEI und bei einer anderen mit ihr im Wettbewerb stehenden Partei oder Wählergruppe ist nicht ausgeschlossen. Lediglich die Mitgliedschaft in einer Organisation oder Vereinigung, deren Zielsetzung den Zielen der PARTEI widerspricht, ist nicht zulässig. 52 Deutschland existierenden Gruppierung, in der die Mitglieder des Vorstandes oder die Mitglieder selbst in der Mehrheit Ausländer sind und es sich folglich bei der Gruppierung gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 PartG nicht um eine Partei im Sinne des Parteiengesetzes handelt, so liegt kein Konkurrenzverhältnis zwischen zwei politischen Parteien vor. Es kommt in diesem Fall vielmehr darauf an, ob die ausländische Gruppierung inhaltliche Ziele verfolgt, die der Zielsetzung der deutschen politischen Partei widersprechen. Wieder eine andere Frage ist, ob eine Doppelmitgliedschaft eines Deutschen mit mehreren Staatsangehörigkeiten in einer deutschen Partei in Deutschland und gleichzeitig in einer ausländischen Partei im Ausland zulässig ist. Handelt es sich bei diesen beiden Parteien um solche mit gleicher politischer Zielsetzung, so können eigentlich keine durchgreifenden Bedenken gegen eine solche Doppelmitgliedschaft in mehreren politischen Parteien in verschiedenen Ländern erhoben werden. Handelt es sich dagegen bei der ausländischen Partei um eine Organisation, die als politische Vereinigung im Inland gem. Art. 9 Abs. 2 GG und § 14, § 18 VereinsG im Inland verboten ist, so liegt in jedem Fall ein Ausschlussgrund hinsichtlich der Mitgliedschaft in der deutschen Partei vor. III. Georgien und Russland Eine ganz besondere – fast absurde – Situation ist gegeben, wenn eine Person mit doppelter Staatsangehörigkeit Mitglied in zwei verschiedenen Parteien in zwei Staaten ist, die sich miteinander im Kriegszustand befinden. Diese Situation hat es im Georgienkrieg von 2008 gegeben. Die Auflösung der Sowjetunion stellte in jeder Hinsicht eine große Herausforderung für alle infolge der Dismembration entstandenen Staaten. Gesellschaften, die viele Jahre lang unter kommunistischer Herrschaft gelebt hatten und an eine entsprechende Mentalität und politische Kultur gewöhnt waren, mussten von einem Tag auf den anderen ein völlig neues Leben beginnen. In den neunziger Jahren, die durch Bürger-
MIP 2010 16. Jahrgang Rati Bregadze – Die Probleme der Parteimitgliedschaft im Falle der mehrfachen Staatsangehörigkeit <strong>Aufsätze</strong> krieg zwischen den Anhängern des ersten georgischen Staatspräsidenten Zviad Gamsachurdia und seinen Gegnern und Kriege in Südossetien und Abchasien gekennzeichnet waren, geriet Georgien sowohl politisch als auch wirtschaftlich in eine dramatische Lage. Das hatte große Abwanderungen zur Folge. Nach der Rosenrevolution im Jahr 2003 wurde der Versuch unternommen, die Emigranten zur Rückkehr zu bewegen. Präsident Saakashvili erließ am 26 Januar 2006 die Anordnung „über die Regel der Verleihung der georgischen Staatsangehörigkeit an Staatsangehörige anderer Staaten“, wodurch der Erwerb der georgischen Staatsangehörigkeit erleichtert wurde4 . Neben anderen haben davon auch die Staatsangehörigen der Russischen Föderation Gebrauch gemacht. Meistens ging es in diesen Fällen um Personen, die während dieser oben beschriebenen besonders schwierigen Zeit Georgien verlassen haben und in Russland tätig waren. Der Bürger der Russischen Föderation kann in Übereinstimmung mit Bundesgesetz oder völkerrechtlichem Vertrag die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates besitzen5 und der Erwerb anderer Staatsangehörigkeit ist nach dem russischen Recht auch kein Grund für den Verlust der russischen Staatsangehörigkeit. 6 Die Zulassung der doppelten Staatsangehörigkeit durch die Verfassung zielte von Anfang an darauf hin, diese Bestimmungen in erster Linie in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten anzuwenden. 7 Es könnte als Ironie des Schicksals bezeichnet werden, dass während des russisch-georgischen 4 Gem. Art. 2 Abs. 1 kann dem ausländischen Staatsangehörigen nach der Entscheidung des Präsidenten die Staatsangehörigkeit Georgiens verliehen werden, wenn die Person einen besonderen Verdienst an Georgien hat, oder wenn es von den Staatsinteressen bestimmt wird. Der Abs. 2 dieses Artikels besagt, dass in besonderen Fällen mit der Initiative des Präsidenten die georgische Staatsangehörigkeit ohne Berücksichtigung von diesen Anforderungen verliehen werden kann. Das zeigt, dass im Prinzip alles sehr stark von der politischen Entscheidung abhängig ist. 5 Art. 62 Abs. 1 der Verfassung der Russischen Föderation vom 12.12.1993. 6 Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation vom 31.05.2002. 7 Toporina, B. N., Baturina Ju. M, Orechova, R. G (Hrsg.). Kommentar zur Verfassung der Russischen Föderation. Moskau 1994, Art. 62, S. 309. Krieges der Stellvertretende Außenminister Georgiens, Giorgi Vashadze, 8 der dann später zum Außenminister ernannt wurde, sowohl die georgische, als auch die russische Staatsangehörigkeit besaß. Im November 2009 hat der Außenminister bei den entsprechenden Behörden den Antrag über den Austritt aus der russischen Staatsangehörigkeit gestellt. 9 Diese paradoxale Situation betrachtend, taucht die Frage auf, ob die gleichzeitige Mitgliedschaft einer Person, die sowohl die russische als auch georgische Staatsangehörigkeit besitzt, sowohl in einer russischen als auch in einer georgischen Partei möglich wäre. Auf den ersten Blick kann das unter Berücksichtigung der aktuellen politischen Umstände10 bezweifelt werden, aber bei der genaueren Betrachtung der betreffenden Rechtsnormen ergibt sich ein anderes Bild. Im Unterschied zum Parteiengesetz der Bundesrepublik Deutschland ist die Mitgliedschaft von Ausländern und die gleichzeitige Mitgliedschaft in zwei oder mehreren Parteien durch die Gesetzgebung Russlands11 und Satzungen12 russischer und georgischer politischer Parteien verboten. Nach dem georgischen Parteiengesetz darf eine Person nur Mitglied einer politischen Partei sein. 13 Den Ausländern wird der Beitritt in eine 8 Lebenslauf von Giorgi Vashadze www.mfa.gov.ge 9 www.interpressnews.ge 04.11.2009. 10 Die georgischen Produkte sind in Russland mit einem Importverbot belegt. Nach dem russisch-georgischen Krieg hat Russland die Unabhängigkeit der autonomen Republiken Georgiens Abchasien und Südossetien anerkannt und seine militärische Präsenz erhöht. Es werden auf der internationalen Bühne starke diplomatische Kampagnen gegeneinander geführt. Georgien strebt in die NATO und Russland versucht, mit allen möglichen Mitteln das zu verhindern. Es gibt keine direkte Flugverbindung zwischen den Staaten. 11 Art. 23 Abs. 6 des Föderalen Gesetzes der Russischen Föderation über die Politischen Parteien vom 11.07.2001. 12 RUSSLAND. Art. 6.2 Art. 6.3. Satzung der politischen Partei „Jabloko“. Art. 4.1.1. Art. 4.1.3. Satzung der politischen Partei „Edinaja Rossija“. Art. 4. 3. Satzung der politischen Partei LDPR Art 14. Abs. 1 Abs. 3. Satzung der politischen Partei „Sojuz Pravix sil“. GEOR- GIEN Art.3.1. Satzung der politischen Partei Vereinigte Nationale Bewegung. 13 Art 9 des Organischen Gesetzes Georgiens über die politischen Vereinigung der Bürger vom 31.10.1997. 53
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